Entscheidungsdatum
29.06.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs1 Z3Spruch
W182 2183842-1/6E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. PFEILER über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Volksrepublik China, vertreten durch MigrantInnnenverein St. Marx, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 12.12.2017, Zl. 1097362208/151908186, gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBI. I. Nr 33/2013 idgF, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
Die Beschwerde wird gemäß §§ 3 Abs. 1, 8 Abs. 1, 10 Abs. 1 Z 3, 57 Asylgesetz 2005 (AsylG 2005), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, § 9 BFA-Verfahrensgesetz (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, und §§ 52 Abs. 2 Z 2, 52 Abs. 9, 46, und 55 Abs. 1 bis 3 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG), BGBl. I Nr. 100/2005 idgF, als unbegründet abgewiesen. Die Frist für die freiwillige Ausreise beträgt 14 Tage ab Wegfall der durch die COVID-19-Pandemie bedingten Ausreisebeschränkungen.
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG), BGBl. I Nr. 1/1930 idgF, nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1. Die Beschwerdeführerin (im Folgenden: BF) ist Staatsangehörige der Volksrepublik China, gehört der Volksgruppe der Han an, ist konfessionslos, reiste am 01.12.2015 illegal ins Bundesgebiet ein und stellte am selben Tag einen Antrag auf internationalen Schutz.
In einer Erstbefragung durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes am 01.12.2015 sowie einer Einvernahme beim Bundesamt für Asyl und Fremdenwesen (im Folgenden: Bundesamt) am 21.08.2017 brachte die BF zu ihren Fluchtgründen im Wesentlichen vor, dass sie ohne Ausbildung in einem Kosmetiksalon gearbeitet habe und eine Kundin nach einer allergischen Reaktion infolge einer Gesichtsfaltenbehandlung mit dem Mittel Botox von ihr Schmerzensgeld verlangt habe. Da die BF diese Summe nicht bezahlen habe können und deshalb eine Gefängnisstrafe von vier bis acht Jahren befürchten habe müssen, habe sie das Herkunftsland verlassen. Sie stamme aus einer Stadt in der Provinz XXXX .
2. Mit dem nunmehr angefochtenen, oben angeführten Bescheid des Bundesamtes wurde der Antrag auf internationalen Schutz der BF gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 bezüglich der Zuerkennung des Status der subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat VR China (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Gemäß § 57 AsylG wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG gegen die BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.), wobei gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt wurde, dass die Abschiebung der BF gemäß § 46 FPG in die VR China zulässig sei (Spruchpunkt V.). Weiters wurde unter Spruchpunkt VI. ausgeführt, dass die Frist für die freiwillige Ausreise der BF gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage. Begründend ging das Bundesamt unter Würdigung einer höchst abstrakten und detailarmen Schilderung der fluchtrelevanten Vorfälle sowie näher erläuterter Widersprüche von der Unglaubwürdigkeit des Fluchtvorbringens der BF aus. Auch Anhaltspunkte für eine Gefährdung im Sinne des Art. 3 EMRK im Fall einer Rückkehr der BF ins Herkunftsland seien nicht gefunden worden. Im Rahmen einer Interessensabwägung nach Art. 8 EMRK kam das Bundesamt zum Ergebnis, dass das öffentliche Interesse an einer Aufenthaltsbeendigung die gegenläufigen privaten Interessen der BF überwiegen würden.
Mit Verfahrensanordnung vom 21.12.2017 wurde der BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG ein Rechtsberater amtswegig zur Seite gestellt.
3. Gegen den Bescheid wurde seitens der Vertretung der BF binnen offener Frist Beschwerde erhoben. Darin wurde der gegenständliche Bescheid zur Gänze angefochten und unrichtige Feststellungen, Mangelhaftigkeit des Verfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung geltend gemacht. Dazu wurde das Vorbringen der BF wiederholt und u.a. ausgeführt, dass die BF die fluchtauslösenden Erlebnisse gerade in der Art und Weise geschildert habe, wie von jemanden mit ihrem Bildungsstatus und ihrer sozialen Herkunft zu erwarten wäre. Dies zumal die BF in ihren Wahrnehmungen aufgrund der Unübersichtlichkeit der Ereignisse überfordert gewesen sei, zumal dies auch traumatisierend gewesen sei, weshalb sie den genauen Verlauf nicht in allen Details schildern habe können. Dem Bundesamt sei es in keiner nachvollziehbaren Weise gelungen, die Glaubwürdigkeit der BF oder die Asylrelevanz ihres Vorbringens zu widerlegen. Das Vorbringen der BF entspreche der Wahrheit, sei glaubwürdig, gründlich substantiiert, in sich konsistent und durch Länderberichte belegt. Bei einer Abschiebung wäre die BF zudem in realistischer Gefahr, in eine existenzbedrohende Lage zu geraten. Auch habe die BF bereits große Anstrengungen hinsichtlich ihrer Integration unternommen, könne sich bereits auf Deutsch verständigen, habe sich ein umfangreiches Netz an sozialen Kontakten aufgebaut und sei arbeitswillig und –fähig. Abschließend wurde u.a. die Durchführung einer mündlichen Verhandlung beantragt.
1.4. Anlässlich der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 25.05.2020, zu der ein Vertreter des Bundesamtes entschuldigt nicht erschienen ist, wurde Beweis aufgenommen durch Einvernahme der BF in Anwesenheit einer Dolmetscherin der chinesischen Sprache, weiters durch Einsichtnahme in die Verwaltungsakten des Bundesamtes sowie in den Akt des Bundesverwaltungsgerichtes.
Die BF brachte in der Beschwerdeverhandlung erneut vor, wegen für sie nicht leistbaren Schmerzensgeldforderungen einer Kundin im Zusammenhang mit einer Gesichtsfaltenbehandlung und einer deswegen drohenden langjährigen Haftstrafe das Herkunftsland verlassen zu haben. Ihre Eltern seien bereits verstorben, als sie noch ein Kind gewesen sei. Sie habe auch keine Geschwister. Sie sei seit 1992 geschieden und kinderlos. In Österreich arbeite die BF im Rotlichtmilieu. Staatliche Leistungen habe sie nicht bezogen. Sie habe sich bisher kaum aktive Deutschkenntnisse angeeignet, verstehe aber mehr. Sie engagiere sich nicht gemeinnützig und habe in Österreich auch keinen Freundeskreis. Bei einer Rückkehr ins Herkunftsland habe sie Angst vor einer Haftstrafe. Ab XXXX würde man in China auch keine Arbeit finden.
Zu den mit der BF in der Verhandlung erörterten Länderberichten zur Situation in China wurde der BF die Möglichkeit zur schriftlichen Stellungnahme binnen zwei Wochen eingeräumt, wovon kein Gebrauch gemacht wurde.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Beschwerdeführerin
Die BF ist Staatsangehörige der Volksrepublik China, gehört der Volksgruppe der Han an und ist konfessionslos. Ihre Identität steht nicht fest.
Die XXXX -jährige BF ist gesund und arbeitsfähig. Sie ist geschieden und kinderlos. sie hat im Herkunftsstaat die Pflichtschule besucht und war als angelernte Kosmetikerin bis zu ihrer Ausreise selbsterhaltungsfähig.
In Österreich halten sich keine Familienangehörige oder Verwandte der BF auf. Die unbescholtene BF konnte kaum Sprachkenntnisse in Deutsch nachweisen. Staatliche Grundversorgung hat die BF bisher nicht bezogen. Ihren Lebensunterhalt hat sie durch Erwerbstätigkeiten im Rotlichtmilieu bestritten.
Das Vorbringen der BF, dass ihr bei einer Rückkehr ins Herkunftsland wegen einer nicht leistbaren Schmerzensgeldforderung einer Kundin eine langjährige Haftstrafe drohe, hat sich zur Gänze als unglaubwürdig erwiesen. Die BF hat offenbar aus rein wirtschaftlichen Gründen das Herkunftsland verlassen.
1.2. Zur Situation in China
Sicherheitslage
Proteste auf lokaler Ebene haben in ganz China auch 2018 zugenommen. Sie richten sich vor allem gegen steigende Arbeitslosigkeit und Vorenthaltung von Löhnen, hauptsächlich von Wanderarbeitern. Bei den bäuerlichen Protesten auf dem Land geht es meistens um die (entschädigungslose oder unzureichend entschädigte) Enteignung von Ländereien oder die chemische Verseuchung der Felder durch Industriebetriebe oder Umweltkatastrophen. Nachdem die Anzahl sogenannter „Massenzwischenfälle“ über Jahre hinweg mit großer Geschwindigkeit zunahm, werden hierzu seit 2008 (> 200.000 Proteste) keine Statistiken mehr veröffentlicht. Zwei Aktivisten, die seit 2013 durch eigene, über Twitter veröffentlichte Statistiken diese Lücke zu schließen versuchten, wurden im Juni 2016 verhaftet, einer von ihnen zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Die lokalen Behörden verfolgen in Reaktion zumeist eine Mischstrategie aus engmaschiger Kontrolle, die ein Übergreifen nach außen verhindern soll, gepaart mit einem zumindest partiellen Eingehen auf die Anliegen (USDOS 13.3.2019; vgl. AA 14.12.2018)
China hat anhand der Vorkommnisse der späten 1980er Jahre gelernt, dass soziale Spannungen zu einer ernsthaften Gefährdung des Systems führen können. Infolgedessen wurde ein engmaschiges Kontroll- und Regulierungssystem (z.B. Social Credit System) sowohl in urbanen Kerngebieten als auch in den peripheren Siedlungsgebieten der Minderheiten aufgebaut (LVAk 9.2019).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China, https://www.ecoi.net/en/file/local/1456146/4598_1547112750_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-volksrepublik-china-stand-oktober-2018-14-12-2018.pdf, Zugriff 6.12.2019
- LVAk – Landesverteidigungsakademie (9.2019): Buchas, Peter/Feichtinger, Walter/Vogl, Doris (Hg.): Chinas Grand Strategy im Wandel, Militärwissenschaftliche Publikationsreihe der Landesverteidigungsakademie, 1.2019, S.228
- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), https://www.ecoi.net/de/dokument/2004237.html, Zugriff 14.10.2019
Rechtsschutz / Justizwesen
Die Führung unternimmt Anstrengungen, das Rechtssystem auszubauen (AA 14.12.2018). Dem steht jedoch der Anspruch der Kommunistischen Partei auf ungeteilte Macht gegenüber (FH 2.2019a). Gewaltenteilung und Mehrparteiendemokratie werden abgelehnt. Von der Verwirklichung rechtsstaatlicher Normen und einem Verfassungsstaat ist China noch weit entfernt. Im Alltag sind viele Chinesen weiterhin mit Willkür und Rechtlosigkeit konfrontiert, neben sozialer Not eine der Hauptquellen von Unzufriedenheit in der chinesischen Gesellschaft (AA 3.2019a). Eine unabhängige Strafjustiz existiert in China folglich nicht. Strafrichter und Staatsanwälte unterliegen der politischen Kontrolle von staatlichen Stellen und Parteigremien (AA 14.12.2019). Die Kontrolle der Gerichte durch politische Institutionen ist ein verfassungsrechtlich verankertes Prinzip (ÖB 11.2019). Die KP dominiert das Rechtssystem auf allen Ebenen und erlaubt Parteifunktionären, Urteile und Verurteilungen zu beeinflussen. Die Aufsicht der KP zeigt sich besonders in politisch heiklen Fällen durch die Anwendung sogenannter „Leitlinien“. Während Bürger in nicht-politischen Fällen ein gewisses Maß an fairer Entscheidung erwarten können, unterliegen solche, die politisch sensible Fragen oder die Interessen mächtiger Gruppen berühren, diesen „Leitlinien“ der politisch-juristischen Ausschüsse (FH 2.2019a). Seit dem vierten Jahresplenum des 18. Zentralkomitees 2014 betont die Führung die Rolle des Rechts und ergriff Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität gerichtlicher Verfahren und zum Aufbau eines „sozialistisches Rechtssystem chinesischer Prägung“ unter dem Motto „den Gesetzen entsprechend das Land regieren“. Echte Rechtsstaatlichkeit im Sinne der Achtung des Legalitätsprinzips in der Verwaltung und der Unabhängigkeit der Gerichtsbarkeit wird dabei aber dezidiert abgelehnt. Das in den Beschlüssen reflektierte Verständnis von Recht soll die Macht des Staates, d.h. der Kommunistischen Partei (KP), keinesfalls einschränken, sondern vielmehr stärken (ÖB 11.2019).
Die wichtigste Einrichtung der KP zur Kontrolle des Rechtssystems ist die Kommission des Zentralkomitees für Politik und Recht (ZKPR). Das ZKPR ist in unterschiedlichen Unter-Formaten auf jeder gerichtlichen Ebene verankert, wobei die jeweiligen Ebenen der übergeordneten Ebene verantwortlich sind. Die Macht des Komitees, das auf allen Ebenen auf Verfahren Einfluss nimmt, wurde auch seit den Beschlüssen des Vierten Plenums der KP im Oktober 2014 bewusst nicht angetastet (ÖB 11.2019).
Die Richter-Ernennung erfolgt auf Provinzebene durch Rechtskomitees, welchen hochrangige Partei-Funktionäre angehören und welche von einem KP-Inspektorat überwacht werden. Richter sind verpflichtet, über Einflussnahme seitens lokaler Politiker auf Verfahren Bericht zu erstatten. Es ist für Richter schwierig, zwischen „Unabhängigkeit“ von lokalen politischen Einflüssen, und Loyalität zur KP-Linie (welche regelmäßig miteinander und mit einflussreichen Wirtschafts- und Privatinteressen verbunden sind) zu navigieren. Trotz laufender Reformbemühungen gibt es – vor allem auf unterer Gerichtsebene – noch immer einen Mangel an gut ausgebildeten Richtern (ÖB 11.2019).
Ein umfassender Regelungsrahmen unterhalb der gesetzlichen Ebene soll „Fehlverhalten“ von Justizbeamten und Staatsanwälten in juristischen Prozessen unterbinden. Das Oberste Volksgericht (OVG) und die Oberste Staatsanwaltschaft haben wiederholt gefordert, "Falschurteile" der Gerichte zu verhindern, die Richterschaft an das Verfassungsverbot von Folter und anderen Zwangsmaßnahmen bei Vernehmungen zu erinnern und darauf hinzuweisen, dass Verurteilungen sich nicht allein auf Geständnisse stützen dürfen. Die Regierung widmet zudem sowohl der juristischen Ausbildung als auch der institutionellen Stärkung von Gerichten und Staatsanwaltschaften seit mehreren Jahren verstärkte Aufmerksamkeit (AA 14.12.2018).
Das umstrittene System der „Umerziehung durch Arbeit“ („laojiao“) für Drogenabhängige wurde aufgrund entsprechender Beschlüsse des 3. Plenums des Zentralkomitees (ZK) im November 2013 offiziell am 28. Dezember 2013 abgeschafft. Es liegen jedoch Erkenntnisse vor, wonach die entsprechenden Haftanstalten lediglich in „legal education centers“ umbenannt wurden (AA 14.12.2018).
Mit der letzten großen Novellierung 2013 sieht die Strafprozessordnung genaue Regeln für Festnahmen vor, führt die „Hochachtung und der Schutz der Menschenrechte“ an und verbietet Folter und Bedrohung bzw. Anwendung anderer illegaler Methoden zur Beweisermittlung. Es besteht jedoch eine teilweise erhebliche Divergenz zwischen den Rechtsvorschriften und deren Umsetzung, und werden diese zum Zwecke der Unterdrückung von politisch unliebsamen Personen instrumentalisiert. Laut Strafprozessordnung müssen auch im Falle einer Festnahme wegen Terrorismus, der Gefährdung der Staatssicherheit oder der schwerwiegenden Korruption die Angehörigen von in Untersuchungshaft sitzenden Personen innerhalb von 24 Stunden über die Festnahme informiert werden, nicht jedoch über den Grund der Festnahme oder über den Aufenthaltsort. Zudem besteht diese Informationspflicht nicht, wenn durch diese Information die Ermittlungen behindert würden – in diesen Fällen müssen Angehörige erst nach 37 Tagen informiert werden. Was eine „Behinderung der Ermittlung“ bedeutet, liegt im Ermessen der Polizei, es gibt kein Rechtsmittel dagegen. Da Verdächtige sich formell in Untersuchungshaft befinden, muss der Ort der Festhaltung laut Gesetz auch in diesen Fällen eine offizielle Einrichtung sein. Das Strafprozessgesetz sieht zudem vor, dass Verdächtige, die die staatliche Sicherheit gefährden, an einem „designierten Ort“ bis zu 6 Monate unter „Hausarrest“ gestellt werden können. Dieser Aufenthaltsort kann auch außerhalb offizieller Einrichtungen liegen. Diese Möglichkeit wurde mit der Strafprozessnovelle 2012 eingeführt und von Rechtsexperten wie dem Rapporteur der UN-Working Group on Enforced or Involuntary Disappearances wegen des inhärenten Folterrisikos als völkerrechtswidrig kritisiert (ÖB 11.2019).
Die Staatsorgane greifen verstärkt auf den „Hausarrest an einem festgelegten Ort“ zurück – eine Form der geheimen Inhaftierung ohne Kontakt zur Außenwelt, die es der Polizei erlaubt, eine Person für die Dauer von bis zu sechs Monaten außerhalb des formellen Systems, das die Inhaftierung von Personen regelt, und ohne Zugang zu einem Rechtsbeistand der eigenen Wahl, zu Familienangehörigen oder anderen Personen der Außenwelt festzuhalten. Dadurch wurden diese Personen der Gefahr ausgesetzt, gefoltert oder anderweitig misshandelt zu werden. Diese Inhaftierungspraxis dient dazu, die Tätigkeit von Menschenrechtsverteidigern – einschließlich der von Rechtsanwälten, politisch engagierten Bürgern und Angehörigen von Religionsgemeinschaften – zu unterbinden (ÖB 11.2019; vgl. AA 14.12.2018, AI 22.2.2018).
Im Zusammenhang mit verwaltungsstrafrechtlich bewehrten rechtswidrigen Handlungen kann die Polizei zudem „Verwaltungsstrafen“ verhängen. Diese Strafen reichen von Ermahnungen über Geldbußen bis hin zu einer „Verwaltungshaft“ (ohne richterliche Entscheidung) von bis zu 15 Tagen. Der Aufenthalt in den offiziell nicht existenten „schwarzen Gefängnissen“ kann zwischen wenigen Tagen und in einigen Fällen langjährigen Haftaufenthalten variieren (AA 14.12.2018).
Das am 1. Januar 2013 in Kraft getretene revidierte Strafverfahrensgesetz verbessert vor allem die Stellung des Verdächtigen/Angeklagten und des Verteidigers im Strafprozess; die Umsetzung steht aber in der durch Behördenwillkür und Intransparenz geprägten Praxis in weiten Teilen noch aus. Auch der Zeugenschutz wird gestärkt. Chinesische Experten gehen davon aus, dass die Durchsetzung dieser Regeln viele Jahre erfordern wird (AA 14.12.2018).
Seit 2014 wurden schrittweise Reformen zur Verbesserung der Justizleistung unter Wahrung der Parteivormachtstellung durchgeführt. Die Änderungen konzentrierten sich auf die Erhöhung der Transparenz, Professionalität und Autonomie gegenüber den lokalen Behörden (FH 2.2019a).
Das chinesische Strafgesetz hat die früher festgeschriebenen „konterrevolutionären Straftaten“ abgeschafft und im Wesentlichen durch „Straftaten, welche die Sicherheit des Staates gefährden“ (Art. 102-114 chin. StGB) ersetzt. Danach können vor allem Personen bestraft werden, die einen politischen Umsturz/Separatismus anstreben oder das Ansehen der VR China beeinträchtigen. Gerade dieser Teil des Strafgesetzes fällt durch eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe auf (AA 14.12.2018). Die Regierung hat weitere Gesetze zur nationalen Sicherheit ausgearbeitet und verabschieden lassen, die eine ernste Gefahr für den Schutz der Menschenrechte darstellen. Das massive landesweite Vorgehen gegen Menschenrechtsanwälte und politisch engagierte Bürger hielt das ganze Jahr 2017 über an (AI 22.2.2018). Prozesse, bei denen die Anklage auf Terrorismus oder „Verrat von Staatsgeheimnissen“ lautet, werden unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Was ein Staatsgeheimnis ist, kann nach chinesischer Gesetzeslage auch rückwirkend festgelegt werden. Angeklagte werden in diesen Prozessen weiterhin in erheblichem Umfang in der Wahrnehmung ihrer Rechte beschränkt. Unter anderem wird dem Beschuldigten meist nicht erlaubt, Verteidiger seiner Wahl zu beauftragen; nur in seltenen Ausnahmefällen wird vom Gericht überhaupt eine Verteidigung bestellt (AA 14.12.2018).
Auch 2018 setzten sich die Übergriffe der Behörden auf Menschenrechtsanwälte das ganze Jahr hindurch mit Verhaftungen und strafrechtlicher Verfolgung fort (FH 2.2019a). Anwälte, Mitarbeiter von Kanzleien und Aktivisten, droht bei öffentlicher Kritik am System Festnahme und Haft (AI 1.10.2019; vgl. ZO 29.1.2019, DP 19.1.2018). Von Schikanösen Maßnahmen können auch Familienangehörige betroffen sein (AI 1.10.2019; vgl. TAZ 29.3.2016).
Seit der offiziellen Abschaffung des Systems der „Umerziehung durch Arbeit“ werden Menschenrechtsaktivisten nicht mehr in administrativer Haft angehalten, sondern systematisch auf Basis von Strafrechtstatbeständen wie Staatsgefährdung, Separatismus, Volksverhetzung, oder gemeiner Vergehen oder Verbrechen verurteilt, womit der Anschein der Rechtsstaatlichkeit erweckt werden soll. Aufgrund der vagen Tatbestände, des Zusammenhalts der einzelnen Institutionen und des Mangels an unabhängiger engagierter anwaltlicher Vertretung, kann ein strafrechtlich relevanter Sachverhalt relativ leicht „geschaffen“ werden (ÖB 11.2019). Häufig wurden Anklagen wegen „Untergrabung der staatlichen Ordnung“, „Anstiftung zum Separatismus" oder „Terrorismus“, „Anstiftung zu Subversion" oder „Weitergabe von Staatsgeheimnissen“, wie auch „Streitsucht und Unruhestiftung“ erhoben und langjährige Gefängnisstrafen verhängt (ÖB 11.2019; vgl. AI 22.2.2018).
Wegen der mangelnden Unabhängigkeit der Justiz wählen viele Betroffene von Behördenwillkür den Weg der Petition bei einer übergeordneten Behörde (z.B. Provinz- oder Zentralregierung). Petitionen von Bürgern gegen Rechtsbrüche lokaler Kader in den Provinzen nehmen zu. Chinesischen Zeitungsberichten zufolge werden pro Jahr landesweit ca. 10 Millionen Eingaben [Petente] eingereicht. Petenten, die Vergehen von lokalen Behörden und Kadern anzeigen wollen, werden häufig von angeheuerten Schlägertrupps aufgegriffen und ohne Kontakt zur Außenwelt in Gefängnissen festgehalten. Diese Art des Verschwindenlassens ist eine weit verbreitete, von der Regierung aber stets verleugnete Methode, um unliebsame Personen aus dem Verkehr zu ziehen. Zwischen Februar und April 2014 wurden verschiedene Reformen des Petitionssystems verabschiedet, die eine schnellere Bearbeitung und Umstellung auf mehr Online-Plattformen beinhaltet. Das 4. Plenum des Zentralkomitees der KP hat im Oktober 2014 weitere Schritte zur Regelung des Petitionswesens getroffen, deren Umsetzung aber 2018 noch aussteht (AA 14.12.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (3.2019a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html#doc334570bodyText5, Zugriff 27.9.2019
- AA - Auswärtiges Amt (14.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China, https://www.ecoi.net/en/file/local/1456146/4598_1547112750_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-volksrepublik-china-stand-oktober-2018-14-12-2018.pdf, Zugriff 6.12.2019
- AI – Amnesty International (1.10.2019): Sippenhaft in China, https://www.amnesty.de/informieren/aktuell/china-sippenhaft-china, Zugriff 20.11.2019
- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - China, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424999.html, Zugriff am 23.10.2019
- DP – Die Presse (19.1.2018): Haft für Anwalt: China setzt Verfolgungswelle gegen Kritiker fort, https://www.diepresse.com/5356720/haft-fur-anwalt-china-setzt-verfolgungswelle-gegen-kritiker-fort, Zugriff 20.11.2019
- FH - Freedom House (2.2019a): Freedom in the World 2019 – China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002611.html, Zugriff 21.10.2019
- ÖB Peking (11.2019): Asylländerbericht Volksrepublik China
- TAZ – Die Tageszeitung (29.3.2016): Peking setzt auf Sippenhaft, https://taz.de/Neue-Stufe-der-Repression-in-China/!5291032/, Zugriff 20.11.2019
- ZO – Zeit Online (29.1.2019): Bürgerrechtsanwalt zu viereinhalb Jahren Haft verurteilt. https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-01/tianjin-buergerrechtsanwalt-china-viereinhalb-jahre-haft, Zugriff 21.10.2019
Sicherheitsbehörden
Zivile Behörden haben die Kontrolle über Militär- und Sicherheitskräfte (USDOS 13.3.2019). Die Zentrale Militärkommission (ZMK) der Partei leitet die Streitkräfte des Landes (AA 3.2019a). Xi Jinping, der Vorsitzende der ZMK der Kommunistischen Partei Chinas, ist Oberkommandierender der Streitkräfte, welche seit 1997 direkt der Kommunistischen Partei Chinas unterstellt sind (AA 3.2018a). Die Ausgaben für die innere Sicherheit sind in allen Provinzen und Regionen im Zeitraum von 2007 bis 2016 um 215 Prozent angestiegen und erhöhten sich 2018 insbesondere in sensiblen Minderheitenregionen wie Xinjiang und Tibet weiter (DFAT 3.10.2019).
Sicherheitsbehörden sind das Ministerium für Staatssicherheit, das Ministerium für Öffentliche Sicherheit, und die Bewaffnete Volkspolizei (BVP) der Volksbefreiungsarmee. Das Ministerium für Staatssicherheit soll vor Staatsfeinden, Spionen und konterrevolutionären Aktivitäten zur Sabotage oder dem Sturz des chinesischen sozialistischen Systems schützen. In die Zuständigkeit dieses Ministeriums fallen auch der Inlands- und Auslandsgeheimdienst. Die BVP ist in 45 Divisionen unterteilt, bestehend aus Innensicherheitspolizei, Grenzüberwachung, Regierungs- und Botschaftsbewachung, sowie Funk- und Kommunikationsspezialisten. Ein wesentlicher Anteil der in den letzten Jahren vorgenommenen Truppenreduktionen in der Volksbefreiungsarmee war in Wahrheit eine Umschichtung von den Linientruppen zur BVP. Darüber hinaus beschäftigen zahlreiche lokale Kader u.a. entlassene Militärangehörige in paramilitärischen Schlägertrupps. Diese Banden gehen häufig bei Zwangsaussiedlung im Zuge von Immobilienspekulation durchaus auch im Zusammenspiel mit der BVP gegen Zivilisten vor. Das Ministerium für Öffentliche Sicherheit beaufsichtigt alle innerstaatlichen Aktivitäten der zivilen Sicherheitsbehörden (außer derjenigen, die in die Zuständigkeit des Staatssicherheitsministeriums fallen), sowie die BVP. Konkret umfassen seine Aufgaben innere Sicherheit, Wirtschaft und Kommunikationssicherheit, neben der Zuständigkeit für Polizeieinsätze und Gefängnisverwaltung. Die Organisationseinheit auf niedrigster Ebene sind die lokalen Polizeikommissariate, die für den alltäglichen Umgang mit der Bevölkerung verantwortlich sind und die Aufgaben von Polizeistationen erfüllen (ÖB 11.2019).
Im Juni 2017 wurde mit dem Aufklärungsgesetz ("Intelligence Law", 2017; geändert 2018), durch das Ständige Komitee des Nationalen Volkskongresses Chinas, ein neues Gesetz erlassen, welches über die staatlichen Sicherheitsbehörden hinaus jedes einzelne Mitglied der chinesischen Gesellschaft aufruft, zur nationalen Aufklärungsarbeit beizutragen und nachrichtendienstlich relevante Informationen über Dritte, die an Aktivitäten beteiligt sind, welche der nationalen Sicherheit Chinas oder seinen Interessen schaden können, an die Behörden weiterzugeben (DFAT 3.10.2019). Darüber hinaus besteht ein enges Netz an lokalen Partei-Büros welche mittels freiwilliger „Blockwarte“ die Bewegungen der Bewohner einzelner Viertel überwachen und mit der Polizei zusammenarbeiten (ÖB 11.2019).
Die Behörde für Staatssicherheit kann seit Mitte April 2017 Beträge zwischen 10.000 und 500.000 Yuan (etwa 68.000 Euro) für nützliche Hinweise an Informanten auszahlen, welche durch ihre Mitarbeit bei der Enttarnung von ausländischen Spionen helfen. Informationen können über eine speziell eingerichtete Hotline, Briefe oder bei einem persönlichen Besuch bei der Behörde gegeben werden. So sich die Hinweise als zweckdienlichen herausstellen, soll der Informant das Geld erhalten (FAZ 11.4.2017).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (3.2019a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html%20-%20doc334570bodyText5, Zugriff 27.9.2019
- AA - Auswärtiges Amt (14.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China, https://www.ecoi.net/en/file/local/1456146/4598_1547112750_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-volksrepublik-china-stand-oktober-2018-14-12-2018.pdf, Zugriff 6.12.2019
- DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade (3.10.2019): DFAT Country Information Report China, https://www.ecoi.net/en/file/local/2019379/country-information-report-china.pdf, Zugriff 22.11.2019
- FAZ - Frankfurter Allgemeine Zeitung (11.4.2017): Peking belohnt Bürger für Enttarnung ausländischer Spione, http://www.faz.net/aktuell/politik/china-bezahlt-buerger-fuer-enttarnung-auslaendischer-spione-14967307.html, Zugriff 21.10.2019
- ÖB Peking (11.2019): Asylländerbericht Volksrepublik China
- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), https://www.ecoi.net/de/dokument/2004237.html, Zugriff 14.10.2019
Folter und unmenschliche Behandlung
China ratifizierte bereits 1988 die UN-Konvention gegen Folter. Nach Art. 247 und 248 StGB wird Folter zur Erzwingung eines Geständnisses oder zu anderen Zwecken in schweren Fällen mit bis zu drei Jahren Freiheitsstrafe, in besonders schweren Fällen mit bis zu lebenslänglicher Freiheitsstrafe oder Todesstrafe geahndet (AA 14.12.2018). In den letzten Jahren wurden außerdem einige Verordnungen erlassen, die formell für Tatverdächtige im Ermittlungsverfahren einen besseren Schutz vor Folter bieten sollen. Ein großes Problem bleibt jedoch die mangelnde Umsetzung dieser Rechtsinstrumente, die Sicherheitsbehörden genießen weiterhin auch aufgrund des Mangels an Kontrolle und Transparenz einen großen Handlungsspielraum. Sicherheitskräfte setzen sich routinemäßig über rechtliche Schutzbestimmungen hinweg. Für die Polizei stellt Straflosigkeit im Falle von Brutalität und bei verdächtigen Todesfällen in Gewahrsam die Norm dar (ÖB 11.2019; vgl. FH 2.2019a).
Menschenrechtsanwälte äußern Besorgnis darüber, dass Rechtsanwälte und Aktivisten weiterhin nach Inhaftierung verschiedenen Formen von Folter, Misshandlung oder erniedrigender Behandlung ausgesetzt sind. Angehörige der ethnischen Minderheit der Uiguren berichten von systematischer Folter und anderer erniedrigender Behandlung durch im Strafvollzug und in den Internierungslagern beschäftigte Beamte (USDOS 13.3.2019).
Die chinesische Führung erklärte am 4. Parteiplenum 2014 zum Ziel, die Rechtsstaatlichkeit zu verbessern und Folter, Misshandlungen und Missstände in der Justiz zu verhindern. Gleichzeitig wird radikal gegen unabhängige Rechtsanwälte, Menschenrechtsverteidiger, und Medien vorgegangen, sodass das Ziel einer Verbesserung der Rechtsstaatlichkeit in Frage gestellt wird. Neben politischen Absichtserklärungen und einigen wenigen „Vorzeigefällen“, in denen Fehlurteile - etwa nach vollzogener Todesstrafe posthum - revidiert wurden, oder einzelne Polizisten nach tödlicher Folter (und öffentlicher Empörung) entlassen werden, ist jedoch nicht bekannt, dass strukturelle Maßnahmen getroffen werden, um das Risiko von Folter und Misshandlungen zu vermindern (ÖB 11.2019; vgl. AI 22.2.2018).
Das revidierte Strafverfahrensrecht verbietet die Verwendung von Geständnissen und Zeugenaussagen, die unter Folter oder anderweitig mit illegalen Mitteln zustande gekommen sind (neuer Art. 53), sowie sonstiger illegal erlangter Beweismittel (Art. 54) im Strafprozess. Trotzdem soll Folter in der Untersuchungshaft häufiger vorkommen als in regulären Gefängnissen (AA 14.12.2018). Die Anwendung von Folter zur Erzwingung von Geständnissen ist nach wie vor weit verbreitet und wird eingesetzt, um Geständnisse zu erhalten oder politische und religiöse Dissidenten zu zwingen, ihre Überzeugungen zu widerrufen (FH 2.2019a). Von Medien, Menschenrechtsgruppen, Mitgliedern der internationalen Gemeinschaft und Uiguren wird über die Anwendung von Gewalt und Folter gegen Uiguren in Umerziehungszentren berichtet (DFAT 3.9.2019).
Soweit die chinesische Regierung und die staatlich gelenkte Presse Folterfälle einräumen, stellen sie diese als vereinzelte Übergriffe „unterer Amtsträger“ dar, gegen die man energisch vorgehe (AA 14.12.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China, https://www.ecoi.net/en/file/local/1456146/4598_1547112750_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-volksrepublik-china-stand-oktober-2018-14-12-2018.pdf, Zugriff 6.12.2019
- AI - Amnesty International (22.2.2018): Amnesty International Report 2017/18 - The State of the World's Human Rights - China, https://www.ecoi.net/de/dokument/1424999.html, Zugriff am 23.10.2019
- DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade (3.10.2019): DFAT Country Information Report China, https://www.ecoi.net/en/file/local/2019379/country-information-report-china.pdf, Zugriff 22.11.2019
- FH - Freedom House (2.2019a): Freedom in the World 2019 – China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002611.html, Zugriff 21.10.2019
- ÖB Peking (11.2019): Asylländerbericht Volksrepublik China
- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), https://www.ecoi.net/de/dokument/2004237.html, Zugriff 14.10.2019
Korruption
Korruption stellt nach wie vor ein großes Problem im Land dar (USDOS 13.3.2019). China scheint im Korruptionswahrnehmungsindex (Corruption Perceptions Index) von Transparency International (TI) für das Jahr 2018 mit einer Bewertung von 39 (von 100) (0 sehr korrupt, 100 kaum korrupt) auf dem 87. Rang von 180 Staaten auf (TI 2019). 2017 wurde China mit 41 Punkten (Rang 77 von 180 Staaten) bewertet (TI 2018). Trotz diverser Anti-Korruptionsmaßnahmen bewirken Korruption und deren Auswirkungen auf die Wirtschaft des Landes, nach wie vor deutliche Zeichen von Unzufriedenheit in der Bevölkerung (LVAk 9.2019). Die weitest verbreiteten Formen von Korruption in China sind Bestechung, Veruntreuung öffentlicher Gelder und Günstlingswirtschaft durch Regierungsvertreter. Korruption, politische Einmischung und Vermittlungsleistungen sind beim Erwerb öffentlicher Dienstleistungen und im Umgang mit dem Rechtssystem üblich (DFAT 3.10.2019). Gemäß der Auswertung des Globalen Korruptions-Barometers für China zum Jahre 2017, haben 26 Prozent der Befragten Vermittlungszahlungen geleistet, um Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen, einschließlich Bildung, Leistungen im Gesundheitswesen und der Strafverfolgungsbehörden zu erhalten (TI 2.3.2017). Auch die von der Regierung stark regulierten Bereichen wie Landnutzung, Immobilien, Bergbau und Entwicklung der Infrastruktur sind anfällig für Betrug, Bestechung und Schmiergeldzahlungen. (USDOS 13.3.2019).
Bei seinem Amtsantritt startete Präsident Xi eine landesweite Anti-Korruptionskampagne (DFAT 3.10.2019; vgl. FH 2.2019a). Ziel dieser Kampagne war, hochrangige und niederrangige korrupte Beamte zu fassen. 2013 wurden von den Behörden 172.000 Anti-Korruptionsuntersuchungen durchgeführt, im Jahre 2015 waren es 330.000. 2017 wurden 527.000 Untersuchungen durchgeführt und im im ersten Halbjahr 2017 waren es 302.000 Untersuchungen (DFAT 3.10.2019). Mehr als eine Million Beamte wurden nach offiziellen Angaben bisher überprüft und bestraft (FH 2.2019a). Bis Mitte 2017 sind durch das behördliche Durchgreifen über 1.800 Beamte dingfest gemacht worden, darunter 182 Beamte auf Ebene der stellvertretenden Provinz- oder stellvertretenden Ministerialebene bzw. darüber. Die erfolgten Untersuchungen führten zu Verhaftungen, Ausschlüssen aus der Partei und der Verurteilung von 1.130 Beamten (darunter 139 hoher Beamter) wegen Korruption (DFAT 3.10.2019). Unter den Gemaßregelten befinden sich hochrangige Staats- und Parteifunktionäre aus dem Sicherheitsapparat, dem Militär, dem Außenministerium, staatlichen Unternehmen und den staatlichen Medien (DFAT 3.10.2019; vgl. FH 2.2019a).
Obwohl die Beamten mit strafrechtlichen Sanktionen wegen Korruption konfrontiert waren, haben die Regierung und die CCP das Gesetz nicht konsequent und transparent umgesetzt (USDOS 13.3.2019).
Eine stark auf Parteiloyalität und Verschwiegenheit fokussierte Antikorruptionskampagne kennzeichnet gegenwärtig die innenpolitischen Entwicklungen (AA 14.12.2018).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China, https://www.ecoi.net/en/file/local/1456146/4598_1547112750_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-volksrepublik-china-stand-oktober-2018-14-12-2018.pdf, Zugriff 6.12.2019
- DFAT – Australian Government - Department of Foreign Affairs and Trade (3.10.2019): DFAT Country Information Report China, https://www.ecoi.net/en/file/local/2019379/country-information-report-china.pdf, Zugriff 22.11.2019
- FH - Freedom House (2.2019a): Freedom in the World 2019 – China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002611.html, Zugriff 21.10.2019
- LVAk – Landesverteidigungsakademie (9.2019): Buchas, Peter/Feichtinger, Walter/Vogl, Doris (Hg.):Chinas Grand Strategy im Wandel, Militärwissenschaftliche Publikationsreihe der Landesverteidigungsakademie, 1.2019, S.193
- TI - Transparency International (2019): Corruption Perceptions Index 2018, https://www.transparency.org/cpi2018, Zugriff 20.11.2019
- TI - Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index 2017, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_perceptions_index_2017#regional, Zugriff 20.11.2019
- TI - Transparency International (2.3.2017): Corruption in Asia Pacific: what 20,000+ people told us, https://www.transparency.org/news/feature/corruption_in_asia_pacific_what_20000_people_told_us, Zugriff 20.11.2019
- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), https://www.ecoi.net/de/dokument/2004237.html, Zugriff 14.10.2019
Allgemeine Menschenrechtslage
Die Volksrepublik China erkennt de jure die grundlegenden Prinzipien der Charta der Vereinten Nationen und der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte an. Sie gehört einer Reihe von Übereinkünften zum Schutz der Menschenrechte an, darunter die Konvention gegen Folter. Die VR China hat den Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte 1998 zwar unterzeichnet, allerdings bis heute nicht ratifiziert.(AA 3.2019a).
Die Menschenrechtslage in China bietet weiterhin ein zwiespältiges und trotz aller Fortschritte im Ergebnis negatives Bild. 2004 wurde der Begriff „Menschenrechte“ in die Verfassung aufgenommen, die individuellen Freiräume der Bürger in Wirtschaft und Gesellschaft wurden in den letzten Jahren erheblich erweitert. Andererseits bleiben die Wahrung der inneren Stabilität und der Machterhalt der KPCh oberste Prämisse und rote Linie. Vor diesem Hintergrund geht die chinesische Führung kompromisslos gegen jene vor, die als Bedrohung dieser Prioritäten angesehen werden, wie z. B. regierungskritische Schriftsteller, Blogger, Bürgerrechtsaktivisten, Menschenrechtsanwälte, Petitionäre oder Mitglieder nicht anerkannter Religionsgemeinschaften (Falun Gong, Hauskirchen etc.). Seit dem Führungswechsel im März 2013 ist ein noch einmal verstärkt repressives Vorgehen der chinesischen Behörden gegenüber Kritikern der Regierung oder der Partei zu beobachten. Einschüchterungsmaßnahmen umfassen u.a. Hausarrest, willkürliche Haft in sogenannten schwarzen Gefängnissen („black jails“ bzw. „legal education center“), Folter, Berufsverbote und Druck auf Familienangehörige durch Bedrohungen bis hin zur „Sippenhaft“; in einigen Fällen wurden lange Haftstrafen verhängt. Personen, die in Opposition zu Regierung und herrschender Ideologie stehen, setzen sich unmittelbar der Gefahr von Repression durch staatliche Stellen aus, wenn sie aus Sicht der Regierung die Kommunistische Partei, die Einheit des Staates oder das internationale Ansehen Chinas gefährden. Die Schwelle ist immer dann erreicht, wenn die chinesischen Sicherheitsbehörden annehmen, dass ein – noch so loses – Netzwerk gebildet werden könnte. Aus Sicht der Regierung geht von separatistischen Bestrebungen und Untergrundaktivitäten innerhalb Chinas die größte Gefahr aus (AA 14.12.2018).
Oberstes Ziel ist die Aufrechterhaltung „sozialer Stabilität“, die aus Sicht der chinesischen Führung unerlässlich für die weitere Entwicklung des Landes ist (AA 14.12.2018).
Es gibt weiterhin besorgniserregende Verletzungen rechtsstaatlicher Mindeststandards in ganz China. So gibt es immer noch Strafverfolgung aus politischen Gründen, Administrativhaft (Haftstrafe ohne Gerichtsurteil), Verletzung von allgemeinen Verfahrensgarantien im Strafverfahren (zum Beispiel Unschuldsvermutung, Recht auf Verteidigung), sehr häufige Verhängung der Todesstrafe sowie Fälle von Misshandlungen und Folter. Daneben gibt es das Bekenntnis der Regierung zu einem an Recht und Gesetz ausgerichteten sozialen Regierungshandeln und vermehrt Reformbemühungen im Rechtsbereich (AA 3.2019a).
Häufig kommen Übergriffe lokaler Amtsträger bzw. von denen beauftragter Dritter vor, die im Ergebnis den Zielen der Regierungspolitik entsprechen oder der Wahrung des Einkommens dieser Personen dienen. Zumeist handelt es sich um Demonstranten bei Fällen mit wirtschaftlichem Hintergrund (illegale Landnahme, Korruption etc.). Auch Journalisten sind von solchen Fällen betroffen, zum Teil werden offen Kopfgelder ausgesetzt, ohne dass dies rechtliche Konsequenz hat (AA 14.12.2018).
Chinas wissenschaftliches Entwicklungskonzept hält auch Einzug in die „Soziale Steuerung“ durch und für die Partei. Umfassende Sicherheit, so erkannte die Parteiführung, benötigt Big Data über Einstellungen und Stimmungen innerhalb der Bevölkerung sowie deren analytische Aufarbeitung (LVAk 9.2019).
Die chinesische Regierung plant 2020 ein soziales Kreditsystem einzuführen, das Menschen in allen Lebenslagen bewertet und entsprechend belohnt oder bestraft (EuZ 29.8.2019; vgl. LVAk 9.2019). Als Datenquellen werden das Verhalten in den sozialen Medien, beim Online-Shopping, beim Verfassen von Kurznachrichten, aber auch Kranken- und Gerichtsakten, Verkehrsdelikte, Steuersünden, rüpelhaftes Verhalten in der Öffentlichkeit, Rauchen in öffentlichen Räumen etc. genutzt (EuZ 29.8.2019).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (3.2019a): China - Innenpolitik, http://www.auswaertiges-amt.de/DE/Aussenpolitik/Laender/Laenderinfos/China/Innenpolitik_node.html%20-%20doc334570bodyText5, Zugriff 23.8.2017
- AA - Auswärtiges Amt (14.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China, https://www.ecoi.net/en/file/local/1456146/4598_1547112750_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-volksrepublik-china-stand-oktober-2018-14-12-2018.pdf, Zugriff 6.12.2019
- EuZ – Entwicklung und Zusammenarbeit (29.8.2019): Digitale Überwachung, Niemand kann sich entziehen, https://www.dandc.eu/de/article/china-fuehrt-ein-punktesystem-zur-sozialen-bewertung-seiner-buerger-ein, Zugriff 28.11.2019
- HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 – China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002248.html, Zugriff 22.10.2019
- LVAk – Landesverteidigungsakademie (9.2019): Buchas, Peter/Feichtinger, Walter/Vogl, Doris (Hg.):Chinas Grand Strategy im Wandel, Militärwissenschaftliche Publikationsreihe der Landesverteidigungsakademie, 1.2019, S.168
- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), https://www.ecoi.net/de/dokument/2004237.html, Zugriff 14.10.2019
Haftbedingungen
Die Haftbedingungen sind im Allgemeinen hart, mit unzureichender Ernährung, regelmäßigen Misshandlungen und Entzug von medizinischen Hilfeleistungen (FH 2.2019a). Das Gesetz verbietet Misshandlung und Beleidigung von Häftlingen oder Geständnisse zu erzwingen (USDOS 13.3.2019). In vielen Fällen wurde Inhaftierten in Untersuchungsgefängnissen anfänglich der Zugang zu Rechtsbeiständen verwehrt (AI 2.8.2019; vgl. AI 22.8.2019), was mit mit dem „Verdacht auf Untergrabung der Staatsgewalt“ (AI 22.8.2019) oder der „Gefährdung der nationalen Sicherheit“ begründet wurde (AI 22.2.2017).
Misshandlung von Gefangenen, u. a. auch Zwangsmedikation, wird selbst von staatlichen Stellen eingeräumt. Dies, zusammen mit zum Teil schwierigen Haftbedingungen, führt bei den Gefangenen nicht selten zu gesundheitlichen Schäden. Eine medizinische Versorgung wird von chinesischer Seite zum Teil nicht oder erst nach Zuspitzung der Lage gewährt. Neben der Freiheitsstrafe existieren verschiedene Formen freiheitsentziehender Maßnahmen, sogenannte Administrativhaft: „Haft zur Erziehung“ (shourong jiaoyu), „Haft zur Umerziehung“ und „Zwangsmäßige Drogenrehabilitation in Isolation“. Sie zielen häufig auf Prostituierte und Drogenabhängige, aber auch politisch missliebige Personen (z.B. Anti-Falun Gong-Kampagne) ab (AA 14.12.2018). Erkenntnissen zu Folge wurde nach Abgeschafftung des Systems „Umerziehung durch Arbeit“ („laojiao“) eine Umbenennung von hunderten diesewr Haftanstalten in sogenannte „legal education centers“ betrieben. Menschenrechtsorganisationen kritisieren, dass diese Maßnahmen weder Rehabilitierungs-/Entzugshilfe bieten noch der Resozialisierung der Drogenabhängigen dienen. Vielmehr stehe der Freiheitsentzug (Minimum zwei Jahre) und die Verrichtung unbezahlter Arbeit im Vordergrund (AA 14.12.2018). Die ohne gesetzliche Basis operierenden Umerziehungs-Zentren für Prostituierte und Konsumenten der Prostitution (wobei letztere sich in der Regel per Korruption freikaufen können) bestehen weiter (ÖB 11.2019).
Nach glaubhaften Berichten von NGOs sind mindestens 3.000 politischer Verbrechen angeklagte Peronen in den vergangenen zwei Jahrzehnten in Anstalten für „politisch Anormale“ festgehalten worden; ca. 1.000 Mitglieder von Falun Gong wurden gegen ihren Willen psychiatrischer Behandlung unterzogen. Es wird von Zwangsmedikation und Gewaltanwendung (Elektroschocks) berichtet (AA 14.12.2018).
Berichten zu Folge sind politische Gefangene, darunter Angehörige der Falun Gong, Uiguren, tibetische Buddhisten und im Untergrund ihren Glauben praktizierende Christen, in Haftanstalten der Gefahr von gewaltsamer Organentnahmen ausgesetzt (WSJ 5.2.2019).
Missbräuchliche Einweisungen politisch missliebiger Personen (vor allem Petenten oder Dissidenten) in psychiatrische Anstalten ohne faires Gerichtsverfahren oder aufgrund falscher oder gefälschter medizinischer Gutachten kommen weiterhin vor (AA 14.12.2018). Die Polizei kann in solchen Anstalten Personen nach eigenem Gutdünken ohne zeitliche Begrenzungen festhalten (ÖB 11.2019).
Quellen:
- AA - Auswärtiges Amt (14.12.2018): Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Volksrepublik China, https://www.ecoi.net/en/file/local/1456146/4598_1547112750_deutschland-auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-volksrepublik-china-stand-oktober-2018-14-12-2018.pdf, Zugriff 6.12.2019
- AI – Amnesty International (22.8.2019): Drei NGO-Mitarbeiter wegen Subversion in Haft, https://www.amnesty.de/sites/default/files/2019-08/113_2019_DE_China.pdf, Zugriff 20.11.2019
- AI – Amnesty International (2.8.2019): Aktivist zu 12 Jahren Haft verurteilt, https://www.amnesty.de/sites/default/files/2019-08/284-7_2016_DE_China.pdf, Zugriff 20.11.2019
- AI - Amnesty International (22.2.2017): Amnesty International Report 2016/17 - The State of the World's Human Rights - China, http://www.ecoi.net/local_link/336465/479116_de.html, Zugriff am 20.11.2019
- FH - Freedom House (2.2019a): Freedom in the World 2019 – China, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002611.html, Zugriff 21.10.2019
- ÖB Peking (11.2019): Asylländerbericht Volksrepublik China
- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Reports on Human Rights Practices 2016 - China (includes Tibet, Hong Kong, and Macau), https://www.ecoi.net/de/dokument/2004237.html, Zugriff 14.10.2019
- WSJ – Wall Street Journal (5.2.2019): The Nightmare of Human Organ Harvesting in China, https://www.wsj.com/articles/the-nightmare-of-human-organ-harvesting-in-china-11549411056, Zugriff 22.11.2019
Frauen
Frauen genießen denselben Rechtsstatus und dieselben Rechte wie Männer (USDOS 13.3.2019). Gleichberechtigung zwischen Frauen und Männern ist erklärtes politisches Ziel der Regierung. Allerdings gibt es noch immer wenige Frauen in gehobenen Positionen, so auch in der Politik. Im Ständigen Ausschuss des Polit-Büros ist keine Frau vertreten (AA 14.12.2018; vgl. USDOS 13.3.2019). Das Wahlgesetz sieht ein generelles Kontingent für weibliche Minderheitenvertreter vor, doch die Verwirklichung dieser Kontingente erforderte oft, dass die Wahlbehörden gegen das Wahlgesetz verstoßen (USDOS 13.3.2019).
Häusliche Gewalt ist in China weiterhin weit verbreitet und stellt ein ernsthaftes Problem dar (DFAT 3.10.2019; vg. USDOS 13.3.2019). Es gibt Gesetze zum Schutz von Frauen, dennoch kommt es zu Diskriminierung von Frauen (USDOS 13.3.2019). Es besteht kein politisches Bewusstsein zu Geschlechtergleichheit oder Frauenrechten. Besonders in ländlichen Gebieten kommt es zu geschlechtsspezifischer Diskriminierung, ungleichem Zugang zu öffentlichen Leistungen und Landrechten. Gewalt gegen Frauen und insbesondere häusliche Gewalt und Missbrauch von Mädchen, auch in öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, sind Tabuthemen und weit verbreitet (ÖB 11.2019), in der patriarchalisch veranlagten chinesischen Gesellschaft sind Frauen vor allem in ländlichen Gebieten benachteiligt (AA 14.12.2018). Vergewaltigung ist illegal, Strafen für Vergewaltigung reichen von drei Jahren Gefängnis bis zur Hinrichtung. Die meisten Fälle von Vergewaltigung werden durch private Vergleiche beendet. Die Anerkennung häuslicher Gewalt durch die Gerichte verbesserte sich (USDOS 13.3.2019).
Das erste Gesetz des Landes zur Bekämpfung häuslicher Gewalt trat 2016 in Kraft. Berichten zufolge kommt es in mindestens einem Viertel der Familien zu häuslicher Gewalt (USDOS 13.3.2019; vgl. FH 2.2019a). Das Familiengewaltgesetz definiert häusliche Gewalt als zivile und nicht als kriminelle Handlung zwischen Familienmitgliedern. Auch führt eine Zuordnung häuslicher G