TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/29 W138 2225214-1

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Veröffentlicht am 29.06.2020
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Entscheidungsdatum

29.06.2020

Norm

ABGB §833
ABGB §834
ABGB §835
ABGB §836
ABGB §837
ABGB §838
ABGB §838a
AVG §59
AVG §6
AVG §9
B-VG Art133 Abs4
VermG §25 Abs2
VermG §25 Abs5
VermG §3 Abs4
VermG §34
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §27
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

W138 2225213-1/2E

W138 2225214-1/2E

Im namen der Republik!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag Klaus HOCHSTEINER als Einzelrichter über die Beschwerden des 1. Alois S XXXX (=BF1) und 2. der Evelyn S XXXX (=BF2) beide je anwaltlich vertreten durch RA Mag. Christof SILMBROTH, gegen die beiden gleichlautenden Bescheide des Vermessungsamts Vöcklabruck, beide vom 20.08.2019, Geschäftsfallnummer (GFN) 267/2019/50, zu Recht:

A)

Die beiden gleichlautenden, einerseits an Alois S XXXX und andererseits an Evelyn S XXXX gesondert erlassenen und jeweils gesondert adressierten Bescheide, beide vom 20.08.2019, beide Bescheide mit der identen GFN 267/2019/50, werden behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Aufgrund des Antrages des Gerhard P XXXX und der Renate P XXXX vom 11.03.2019 wurde am 22.05.2019 beim Grundstück 178/2 der XXXX eine Grenzverhandlung gemäß § 18a Abs. 2 VermG abgehalten. Bezüglich der Grenze der Grundstücke 170 und 171/1, der XXXX der beiden Beschwerdeführer zu dem Grundstück 178/2 der XXXX , des Gerhard P XXXX und der Renate P XXXX zwischen dem Grenzstein B und dem amtlichen Grenzpunkt 4138 wurde keine Einigung erreicht.

2. Mangels Einigung über den Grenzverlauf erließ die belangte Behörde zwei gleichlautende, einen an den BF1 und einen an die BF2, gerichtete Bescheide, beide vom 20.08.2019 jeweils mit derselben GFN 267/2019/50. Mit den beiden Bescheiden wurde sowohl der BF1 als auch die BF2 jeweils für sich aufgefordert als EigentümerIn der Grundstücke 170 und 171/1, binnen sechs Wochen ab Zustellung des jeweiligen Bescheides ein für die Bereinigung des Grenzstreites bestimmtes gerichtliches Verfahren anhängig zu machen.

3. Gegen die Bescheide der belangten Behörde vom 20.08.2019, GFN 267/2019/50 erhoben die beiden Beschwerdeführer durch einen anwaltlichen Rechtsvertreter jeweils für sich in zwei getrennten Schriftsätzen beide vom 16.09.2019 inhaltlich gleichlautende Beschwerden.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die obige Verfahrensgangschilderung wird als spruchrelevanter Sachverhalt festgestellt.

Über den vorstehenden Verfahrensgang hinaus ist festzustellen, dass der BF1 und die BF2 zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung und auch aktuell je zur Hälfte schlichte und damit ideelle Miteigentümer der Grundstücke 170 und 171/1, der Katastralgemeinde XXXX waren bzw sind.

2. Beweiswürdigung:

Der Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt.
3. Rechtliche Beurteilung:

§ 25 Abs. 2 VermG, BGBl. Nr. 306/1968 lautet:

"(2) Einigen sich die Eigentümer nicht über den Grenzverlauf und ist noch kein gerichtliches Verfahren anhängig, so ist der Eigentümer, der behauptet, daß die Grenze nicht mit dem sich auf Grund der Behelfe ergebenden Grenzverlauf übereinstimmt, aufzufordern, binnen sechs Wochen ein für die Bereinigung des Grenzstreites bestimmtes gerichtliches Verfahren anhängig zu machen. Läßt sich auf diese Weise der zur Einleitung des gerichtlichen Verfahrens aufzufordernde Eigentümer nicht ermitteln, so ist derjenige Eigentümer aufzufordern, dessen Behauptung den sonstigen in der Grenzverhandlung hervorgekommenen Umständen nach den geringeren Grad der Wahrscheinlichkeit besitzt."

Sowohl der BF1 als auch die BF2 wurden mit den gegenständlichen Bescheiden jeweils für sich getrennt aufgefordert, binnen sechs Wochen ab Rechtskraft dieses Bescheides ein für die Bereinigung des Grenzstreites bestimmtes gerichtliches Verfahren bezüglich des strittigen Grenzabschnittes zwischen den Grundstücken 170 und 171/1 zu Grundstück 178/2 zwischen dem Grenzstein B der Grenzverhandlungsniederschrift sowie der Aufnahme vom 22.05.2019 und dem amtlichen Grenzpunkt 4138, anhängig zu machen.

Wenn, wie gegenständlich, einmal der BF 1 und ein andermal die BF 2 je für sich getrennt aufgefordert wurden, binnen sechs Wochen ein bestimmtes gerichtliches Verfahren anhängig zu machen, wird nachstehend unter Zitierung der entsprechenden Teile des § 25 Vermessungsgesetz (VermG) nachzuweisen sein, dass damit in Wahrheit zwei normative Aussprüche, einmal zu Lasten des BF 1 und einmal zu Lasten der BF 2, vorgenommen wurden.

§ 25 VermG, der gegenständlich tragend für die Bescheide des gegenständlichen Verwaltungsakts war, regelte zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung und regelt auch aktuell den sogenannten Gerichtsverweis. Dieser erfolgt in Bescheidform, siehe dazu zB Twaroch, Kataster- und Vermessungsrecht3, § 25 VermG Anm 25 mit Verweis auf VwGH Zl 2007/06/0258.

Anhand des Gesetzestexts des § 25 VermG ist ersichtlich, dass ein auf § 25 Abs. 2 VermG gestützter Gerichtsverweisungsbescheid dazu dient, einen im Grenzstreit streitverfangenen Nachbarn, der kurz gesprochen aus Behördensicht die schlechteren Urkunden (Behelfe) bzw. subsidiär den schlechteren sonstigen Standpunkt jeweils zum strittigen Grenzverlauf für sich hat, zu verpflichten, binnen sechs Wochen ein zivilgerichtliches Verfahren (streitig oder außerstreitig) zur Bereinigung des Grenzstreits gegen den angrenzenden Grundnachbarn einzuleiten, weil sonst gemäß § 25 Abs. 5 VermG die Grenzbehauptung des angrenzenden Grundnachbarn gelten soll [und letztlich der Umwandlung in den Grenzkataster zu Grunde zu legen ist - siehe dazu zB insb § 28 Abs. 1 Z 1 VermG].

Ein Bescheid im Sinne des AVG ist ein individuell konkreter normativer Verwaltungsakt, bei dem grundsätzlich nur der Spruch rechtskräftig den normativ – verbindlichen Ausspruch enthält (siehe dazu zB Thienel/Schulev-Steindl, aaO,233).

Nach der Rsp des VwGH liegt ein anfechtbarer Bescheid dabei nur dann vor, wenn aus dem Bescheid oder zumindest aus dessen Zustellverfügung ersichtlich ist, wer der Normadressat dieses individuell - konketen normativen Verwaktungsakts ist.

Der VwGH hat insoweit zB zu 97/06/0217 ausgeführt:

Es bedeutet zwar noch keinen Verstoß gegen die Vorschrift des § 59 AVG, wenn die Behörde im Spruch die Verpflichteten zunächst abstrakt bezeichnet (hier: Miteigentümer der Liegenschaft), dann aber in der Zustellverfügung diejenigen physischen oder juristischen Personen benennt, auf welche sich der Spruch bezieht. Unterbleibt auch dies, mangelt es der Erledigung an der Bescheideigenschaft (Hinweis B 19.5.1994, 92/07/0040, E 10.3.1992, 92/07/0047). Der Umstand, daß die Erledigung "zu Handen" eines Verwalters erging, vermag daran nichts zu ändern, weil auch bei einer Zustellung an einen Vertreter der Adressat aus dem Bescheid zu entnehmen sein mu[ss].

Gegenständlich ist eine gesonderte Zustellverfügung bezüglich der beiden Bescheide dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen.

Die Behörde hat bei Erlassung der Bescheide des (vorgelegten) Verwaltungsakts keine gesonderten, außerhalb der Bescheidausfertigungen dokumentierten Zustellverfügungen verfasst, sondern wurden die beiden getrennten Bescheide jeweils an die BF 2 und an den BF 1 adressiert.

Die belangte Behörde erließ somit zwei normative Aussprüche, einmal zu Lasten des BF1 und einmal zu Lasten der BF2 und damit zwei verschiedene, jeweils durch Rechtsmittel bekämpfbare Bescheide.

Wenn in den beiden Beschwerden am Deckblatt jeweils der BF 1 und die BF2 aufscheinen, interpretiert das BVwG die vorgetragenen Rechtsmittelbegehren so, dass der jeweils den BF 1 und die BF 2 betreffende Bescheid abzuändern bzw aufzuheben ist, nachdem die beiden BF objektiv eindeutig das Rechtsschutzziel verfolgen, dass nicht sie beide auf den Rechtsweg (bei sonstiger Rechtsfolge des § 25 Abs 5 VermG) verwiesen werden; siehe zu dieser Begehrensinterpretation nochmals zB VwGH Zlen 2011/12/0005 und 2009/08/0058.

Die Vertretungsbefugnis der Miteigentümergemeinschaft in Bezug auf die den Miteigentümern nach ideellen Miteigentumsanteilen gemeinsame Sache und deren Verwaltung richtet sich danach, ob in einer Sache der ordentlichen Verwaltung oder iZm wichtigen Veränderungen zu vertreten ist.

3.3.1. Die hier interessierenden Bestimmungen des ABGB lauten wie folgt:

Rechte der Theilhaber in der gemeinschaftlichen Sache:

a) In Rücksicht des Hauptstammes;

§ 833. Der Besitz und die Verwaltung der gemeinschaftlichen Sache kommt allen Theilhabern insgesammt zu. In Angelegenheiten, welche nur die ordentliche Verwaltung und Benützung des Hauptstammes betreffen, entscheidet die Mehrheit der Stimmen, welche nicht nach den Personen, sondern nach Verhältniß der Antheile der Theilnehmer gezählet werden.

§ 834. Bey wichtigen Veränderungen aber, welche zur Erhaltung oder bessern Benützung des Hauptstammes vorgeschlagen werden, können die Ueberstimmten Sicherstellung für künftigen Schaden; oder, wenn diese verweigert wird, den Austritt aus der Gemeinschaft verlangen.

§ 835. Wollen sie nicht austreten; oder geschähe der Austritt zur Unzeit; so soll das Los, ein Schiedsmann, oder, wofern sie sich darüber nicht einhellig vereinigen, der Richter entscheiden, ob die Veränderung unbedingt oder gegen Sicherstellung Statt finden soll oder nicht. Diese Arten der Entscheidung treten auch bey gleichen Stimmen der Mitglieder ein.

§ 836. Ist ein Verwalter der gemeinschaftlichen Sachen zu bestellen; so entscheidet über dessen Auswahl die Mehrheit der Stimmen, und in deren Abgang der Richter.

§ 837. Der Verwalter des gemeinschaftlichen Gutes [...].

§ 838. Wird die Verwaltung Mehrern [...]

§ 838a. Streitigkeiten zwischen den Teilhabern über die mit der Verwaltung und Benützung der gemeinschaftlichen Sache unmittelbar zusammenhängenden Rechte und Pflichten sind im Verfahren außer Streitsachen zu entscheiden.

Ein Miteigentümer, der nur einen ideellen Miteigentumsanteil an einem im Miteigentum stehenden Grundstück hat, ist jedoch kein hinsichtlich der fraglichen Grundstückgrenze einzelvertretungsbefugter (Gesamt- bzw Allein-) Eigentümer und ist daher im Rahmen der außerordentlichen Verwaltung nur gemeinsam mit seinen Miteigentümer vertretungs- und entscheidungsbefugt.

Da die Grundgrenzen bei einem Grundstück denkmöglich lagemäßig immer nur für alle ideellen Miteigentümer die gleichen sein können, stellt die mangels zivilgerichtlicher Schritte iSd § 25 Abs 2 VermG im Raum stehende Rechtsfolge gemäß § 25 Abs 5 VermG, dass die Grenzlinie entsprechend den Behauptungen des im Grenzstreit streitverfangenen Grundnachbarn gelten soll, eine Angelegenheit dar, die eine Willensbildung und allenfalls Vertretungsmaßnahmen der Miteigentümergemeinschaft iZm einer wichtigen Veränderung erforderlich macht.

Unter ordentlicher Verwaltung sind nämlich nur jene Maßnahmen zu verstehen, die zur Erhaltung und zum Betrieb notwendig und zweckmäßig sind, den Interessen aller Miteigentümer dienen und (kumulativ) keine besonderen Kosten hervorrufen, siehe dazu Welser/Kletec?ka, Bürgerliches Recht I15 Rz 925.

Da die Beschreitung des Zivilrechtswegs gemäß § 25 Abs. 2 VermG (mitunter zuvor im außerstreitgen Verfahren bzw sofort oder danach im streitigen Zivilverfahren, evtl bis zum OGH) notorisch jedenfalls einmal mit besonderen und dabei nicht unerheblichen Aufwendungen verbunden sein wird, ist die Entscheidung hälftiger ideeller Miteigentümer, nach einem rechtmäßigen Gerichtsverweis an sie, gemäß § 25 Abs 2 VermG zur Vermeidung der Rechtsfolgen des § 25 Abs 5 VermG den Zivilrechtsweg zu beschreiten, jedenfalls als eine Entscheidung iZm einer wichtigen Veränderung gemäß §§ 834f ABGB zu qualifizieren.

Vertretungsbefugt sind insoweit - mangels hier nicht behaupteter und auch sonst nicht hervorgekommener Verwalterbestellung - nur der BF 1 und die BF 2 gemeinsam, sofern nicht bei Uneinhelligkeit der Miteigentümer samt Stimmengleichheit der Außerstreitrichter gemäß §§ 835 insb letzter Satz und 838a ABGB über die idZ gebotene Verwaltungs- und Vertretungsmaßnahme zu entscheiden hat, siehe dazu nochmals Welser/Kletec?ka, aaO Rz 932.

Wenn nunmehr bei der Grenzvermessung zwecks Umwandlung gemäß § 34 VermG wie vorliegend in der Grenzverhandlung keine Einigung über den Grenzverlauf zwischen den Grundstücksnachbarn zu erzielen war, und daher der Gerichtsverweis gemäß § 25 Abs. 2 VermG auszusprechen war, und zudem dieser Gerichtsverweis in Bescheidform zu ergehen hat (-te), wären nach hier vertretener Auffassung bereits im insoweit allein verbindlichen Spruch eines einzigen Bescheids alle Miteigentümer, hier also die BF 2 und der BF1, gemeinsam aufzufordern gewesen, den entsprechenden Zivilrechtsweg zu beschreiten, um durch diese zivilgerichtlichen Schritte (letztlich) die Rechtsfolgen des § 25 Abs 5 VermG zu vermeiden, nachdem in dieser Sache eben nur die Miteigentümer BF 1 und BF 2 miteigentumsrechtlich gemeinsam darüber entscheiden durften und dürfen, ob man die Rechtsfolgen des § 25 Abs. 5 VermG für das eigene Grundstück iZm dessen Grenzverlauf akzeptiert oder aber den regelmäßig mit entsprechendem Aufwand verbundenen Zivilrechtsweg beschreitet.

Teleologisch und sachgerecht iSd Art 2 StGG sind bei einer Miteigentumsgemeinschaft nur alle Miteigentümer gemeinsam der insoweit iSd § 25 Abs. 2 VermG auf den Zivilrechtsweg zu verweisende "Eigentümer". Ein Miteigentümer, der nur einen ideellen Miteigentumsanteil an einem im Miteigentum stehenden Grundstück hat, ist eben kein hinsichtlich der fraglichen Grundstückgrenze einzelvertretungsbefugter (Gesamt- bzw Allein-) Eigentümer.

Wenn man unter verfahrensrechtlicher Zuständigkeit iSd § 6 AVG oder aber des § 27 VwGVG gemeinsam mit zB Thienel/Schulev-Steindl, aaO, 77, die abstrakte Befugnis einer Behörde zu verstehen hat, einen bestimmten Hoheitsakt und insb Bescheid zu erlassen, führt dies unter Berücksichtigung der weiteren vorstehenden Ausführungen dazu, dass der § 25 Abs. 2 VermG iZm zu Gericht zu verweisenden Miteigentümern der Behörde nur die Zuständigkeit einräumt, alle Miteigentümer in einem einzigen Bescheid gemeinsam zu Gericht zu verweisen.

Durch den getrennten normativen Ausspruch an die jeweiligen Miteigentümer und die separate Erlassung der Bescheide hat die Behörde jedoch sowohl dem BF1 als auch der BF2 die Möglichkeit eröffnet den jeweiligen Bescheid einzeln vor dem BVwG zu bekämpfen. Dies ist jedoch rechtlich unzulässig, da ideelle Miteigentümer im Rahmen der außerordentlichen Verwaltung nur gemeinsam vertretungs- und entscheidungsbefugt und somit beschwerdelegitimiert sind. Bei einer getrennten Anfechtbarkeit, könnte es auch zu dem Ergebnis führen, dass ein Bescheid unangefochten bleibt und damit rechtskräftig, der andere Bescheid hingegen erfolgreich bekämpft wird. Dies hätte zur Folge, dass sich zwei entgegengesetzte rechtskräftige normative Aussprüche gegenüberstehen würden. Diese Rechtunsicherheit soll vermieden werden, weshalb Gerichtsverweise nur von allen Miteigentümern gemeinsam angefochten werden können und alle Miteigentümer nur mit einem einheitlichen Bescheid gemeinsam und namentlich genannt auf den Gerichtsweg zu verweisen sind.

Von der belangten Behörde wäre daher ein einziger, an beide Beschwerdeführer adressierter und zuzustellender Bescheid gemäß § 25 Abs. 2 VermG zu erlassen gewesen, mit welchem der BF1 und die BF2 unter namentlicher Nennung aufzufordern gewesen wären, gemeinsam als Miteigentümer der Grundstücke 170 und 171/1, XXXX binnen sechs Wochen ein für die Bereinigung des Grenzstreits bestimmtes gerichtliches Verfahren bezüglich […] anhängig zu machen. Dieser Umstand wäre auch in der Zustellverfügung zu berücksichtigen gewesen. (vgl. BVwG vom 23.04.2020, W131 2162151-1/26E und W131 2162979-1/26E)

Da die Behörde mit den jeweils ersichtlichen Bescheidsprüchen allerdings nur den BF 1 und die BF2 als bloße Miteigentümer jeweils getrennt gemäß § 25 Abs 2 VermG auf den Zivilrechtsweg verwiesen hat, und eben gerade nicht jeweils BF 1und BF 2 mit einem einzigen Bescheidspruch aufgefordert hat, gemeinsam als Miteigentümer der Grundstücke 170 und 171/1 binnen sechs Wochen ein für die Bereinigung des Grenzstreits bestimmtes gerichtliches Verfahren [...] einzuleiten, hat die Behörde mit den vorgelegten Bescheiden zwei Bescheide erlassen, für deren Erlassung sie rücksichtlich der richtig nur gemeinsam in einem einzigen Bescheid auf den Zivilrechtsweg zu verweisenden Miteigentümer bereits abstrakt nicht zuständig war.

Insoweit waren die beiden Bescheide des vorgelegten Verwaltungsakts der Behörde, gemäß §§ 27 und 28 Abs 5 VwGVG ersatzlos aufzuheben, da richtiger Weise ein einziger, an beide Beschwerdeführer zuzustellender Bescheid gemäß § 25 Abs 2 VermG zu erlassen gewesen wäre, mit dem der BF 1 und die BF 2 aufzufordern gewesen wären, gemeinsam im Rahmen ihrer miteigentumsrechtlichen Vertretungsbefugnisse binnen sechs Wochen ein für die Bereinigung des Grenzstreits bestimmtes gerichtliches Verfahren [...] gegen die mitbeteiligte Partei einzuleiten.

Dass die Behörde nicht als zuständig angesehen wird, einzelne Miteigentümer alleine je für sich gemäß § 25 Abs 2 VermG auf den Zivilrechtsweg zu verweisen, erscheint auch insoweit sachgerecht iSd Art 2 StGG, als im Sinne einer bürgernahen Verwaltung (hier) die erstbehördlich noch nicht durch Rechtsanwälte oder gleichartige Vertreter vertretenen Miteigentümer durch die Behörde bereits im Verwaltungsverfahren gemäß §§ 13a und (hier insb) 9 AVG entsprechend anzuleiten (gewesen) sind; und danach auch im allein verbindlichen Bescheidspruch nur gemeinsam auf den Zivilrechtsweg zu verweisen (gewesen) sind, weil nur diese Miteigentümer gemeinsam aus ihrem Miteigentumsrecht heraus als dazu legitimiert iSv Welser/Kletec?ka, aaO Rz 932, zu qualifizieren sind, mit ausreichender Vertretungsbefugnis darüber zu entscheiden, ob der gemäß § 25 Abs 2 VermG auferlegte, idR mit erheblichen Kosten verbundene Zivilrechtsweg beschritten wird oder gegenteilig eben die Rechtsfolgen des § 25 Abs 5 VermG durch die Miteigentümergemeinschaft für das gemeinsam eigentümliche Grundstück akzeptiert werden.

Es erschiene idS unsachlich und damit wider den Art 2 StGG, wenn der einzelne Miteigentümer durch einen Bescheidspruch gemäß § 25 Abs 2 VermG verwaltungsbehördlich auf den Zivilrechtsweg verwiesen werden könnte, während miteigentumsrechtlich nur alle Miteigentümer gemeinsam (bzw evtl der Außerstreitrichter gemäß § 838a ABGB) entscheiden können, ob in den Aufwand zivilgerichtlicher Schritte investiert wird oder gegenteilig über § 25 Abs 5 VermG die Grenzbehauptung des Grundnachbarn forthin mit den Rechtsfolgen der Grenzkatasterumwandlung, siehe dazu insb §§ 49f VermG, akzeptiert wird.

Nur mit dem Verweis aller Miteigentümer gemeinsam im Bescheidspruch eines Bescheides wird zudem der Anschein für den Bürger vermieden, der beim Verweis einzelner Miteigentümer allein entstehen könnte, dass der einzelne ideelle Miteigentümer entsprechend dem (staatlichen) Bescheidspruch zivilverfahrensrechtliche Schritte zur Vermeidung der Rechtsfolgen des § 25 Abs 5 VermG setzen soll und darf, wohingegen später - mitunter für den rechtsunkundigen Bürger überraschend - gemäß § 9 AVG hier nur alle Miteigentümer entsprechend den §§ 833ff ABGB entscheidungs- und vertretungsbefugt betreffend die Frage der Beschreitung des Zivilrechtswegs sein werden (, bzw ggF auch der Außerstreitrichter gemäß § 838a ABGB); was letztlich auch erst in einem rechtskräftig verlorenen zivilgerichtlichen Verfahren zu Tage treten könnte.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Entfall der mündlichen Verhandlung:

Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen. Wurde kein entsprechender Antrag gestellt, ist die Frage, ob von Amts wegen eine Verhandlung durchgeführt wird, in das pflichtgemäße - und zu begründende - Ermessen des Verwaltungsgerichts gestellt, wobei die in § 24 Abs. 2, 3, 4 und 5 normierten Ausnahmebestimmungen als Anhaltspunkte der Ermessensübung anzusehen sind (vgl. zur insofern gleichartigen Regelungsstruktur des § 67d Abs. 1 und 2 bis 4 AVG Hengstschläger/Leeb, AVG, § 67d Rz 17 und 29, mwH).

Gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG kann, soweit durch Bundes- oder Landesgesetz nichts anderes bestimmt ist, das Verwaltungsgericht ungeachtet eines Parteiantrages von einer Verhandlung absehen, wenn die Akten erkennen lassen, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt, und einem Entfall der Verhandlung weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958, noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegenstehen.

Da der entscheidungsrelevante Sachverhalt unstrittig war und anhand des Akteninhalts festgestellt werden konnte, geht das Bundesverwaltungsgericht weiters davon aus, dass die mündliche Erörterung eine weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt.

Von einer mündlichen Verhandlung konnte daher in Anwendung von § 24 Abs. 1 und 4 VwGVG abgesehen werden.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig, weil die Entscheidung von der Lösung von Rechtsfrage abhängt, denen grundsätzliche Bedeutung zukommt.

Es liegt nämlich jedenfalls keine gefestigte Rsp des VwGH zu der Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung vor, inwieweit bei Miteigentümern und einem verwaltungsbehördlichen Gerichtsverweisungsausspruch gemäß § 25 Abs 2 VermG alle Miteigentümer in einem Spruch und somit einer Entscheidung gemeinsam oder gegenteilig jeder einzelne Miteigentümer im Bescheidspruch allein aufzufordern sind, den Zivilrechtsweg zur Vermeidung der Rechtsfolgen des § 25 Abs 5 VermG zu bestreiten.

Insoweit erscheint damit auch unklar, ob der VwGH den vorliegenden miteigentumsspezifischen Fall auch so sehen wird wie hier das BVwG, nachdem der VwGH zB zur Zl 2004/04/0134 vor BGBl I 2014/83 nach hier vertretener Auffassung wertungsgleich zur vorliegenden Entscheidung ausgesprochen hat, dass bei einer als GesbR zu bewertenden Bietergemeinschaft im Vergaberecht nach damaliger Rechtslage die Einbringung eines Nachprüfungsantrags zur Wahrung der Vertragschancen für das gemeinsame Angebot als Maßnahme der außerordentlichen Verwaltung zu sehen war; und daher gerade nicht jeder einzelne Gesellschafter der Bietergemeinschaft allein Nachprüfungsanträge zur Verteidigung des Angebots der Bietergemeinschaft im Vergabewettbewerb an die Rechtsschutzbehörde stellen durfte.

Schlagworte

Anhängigkeit Behebung der Entscheidung Bescheidspruch Bescheidwirkung ersatzlose Behebung Gerichtsverfahren Grenzverhandlung Grenzverlauf Grenzvermessung Kassation Miteigentumsanteile Revision zulässig Vermessung Verweis Wahrscheinlichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W138.2225214.1.00

Im RIS seit

20.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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