Entscheidungsdatum
29.06.2020Norm
AsylG 2005 §10 Abs2Spruch
G310 2232339-1/2Z
TEILERKENNTNIS
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Gaby WALTNER über die Beschwerde von XXXX , geboren am XXXX , StA. Serbien, vertreten durch XXXX , Rechtsanwalt, gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 19.05.2020, Zl. XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung beschlossen und zu Recht erkannt:
A) Die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids und der Beschwerdevorentscheidung) wird als unbegründet abgewiesen. Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG nicht zuerkannt.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
Entscheidungsgründe:
Verfahrensgang und Sachverhalt:
Der Beschwerdeführer (BF) kam in Serbien zur Welt. Seit 04.06.2014 verfügt er über durchgehende Wohnsitzmeldungen in Österreich. Seit 12.01.2016 ging er immer wieder diversen Beschäftigungen im Bundesgebiet nach; bei seinem letzten Arbeitgeber ist er seit 13.01.2020 als Arbeiter beschäftigt.
Am XXXX .2015 ehelichte der BF eine serbische Staatsbürgerin, welche mit Beschluss des Bezirksgericht XXXX vom XXXX .2016, XXXX , einvernehmlich geschieden wurde. Die Ehe blieb kinderlos. Während der Ehe zeugte die Ex-Frau des BF mit ihrem vorherigen Lebensgefährt, mit welchem sie bereits ein Kind hat, ein weiteres Kind.
Mit Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom XXXX .2019, GZ. XXXX , XXXX und XXXX wurde unter anderem die Beschwerde gegen den Bescheid des Landeshauptmanns von XXXX vom XXXX .2019, Zl. XXXX , abgewiesen. Mit dem angefochtenen Bescheid wurden Verfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels „Rot-Weiß-Rot – Karte plus“, gründend auf Anträgen des BF vom 27.08.2015 und vom 18.06.2016 amtswegig wieder aufgenommen und diese Verfahren unter einem gemäß § 11 Abs. 1 Z 4 iVm § 2 Abs. 1 Z 11 NAG abgewiesen. Zudem wurde ein weiterer Verlängerungsantrag des BF vom 18.08.2017 abgewiesen. Begründend wurde das Eingehen einer Aufenthaltsehe genannt.
Derzeit ist der BF nicht im Besitz eines gültigen Aufenthaltstitels.
Mit Schreiben des BFA vom 28.01.2020 wurde der BF aufgefordert, sich binnen einer vierzehntätigen Frist zur beabsichtigten Erlassung einer Rückkehrentscheidung in Verbindung mit einem Einreiseverbot zu äußern. Der BF erstattete keine Stellungnahme.
Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem BF ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt (Spruchpunkt I.), gemäß § 10 Abs. 2 AsylG iVm § 9 BFA-VG gegen den BF gemäß § 52 Abs. 1 Z 1 FPG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt II.), die Zulässigkeit seiner Abschiebung nach Serbien festgestellt (Spruchpunkt III.), keine Frist für die freiwillige Ausreise festgelegt (Spruchpunkt IV.) einer Beschwerde gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.) und gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 8 FPG ein dreijähriges Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt VI.). Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde mit dem illegalen Aufenthalt und dem Eingehen einer Scheinehe zum Zwecke der Erschleichung eines Aufenthaltstitels begründet. Seine sofortige Ausreise sei erforderlich, weil sein Verbleib in Österreich eine gegenwärtige, erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstelle.
In der Beschwerde, die sich gegen alle Spruchpunkte des angefochtenen Bescheids richtet, wird hierzu zusammengefasst ausgeführt, dass unter Verweis auf die Judikatur des VwGH, wonach eine alleine aus dem Eingehen einer Scheinehe resultierenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung als weggefallen zu betrachten sei, wenn die Eheschließung bereits mehr als fünf Jahre zurückliege (vgl. VwGH 26.06.2003, 2001/18/0253). Da die Eheschließung beinahe fünf Jahre zurückliege, sei daraus nicht abzuleiten, dass der Aufenthalt des BF den öffentlichen Interessen widerstreite.
Das BFA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, wo diese am 18.11.2019 einlangten.
Beweiswürdigung:
Der Verfahrensgang und der Sachverhalt ergeben sich ohne entscheidungsrelevante Widersprüche aus dem unbedenklichen Inhalt der Verwaltungsakten des BFA und des Gerichtsakts des BVwG.
Rechtliche Beurteilung:
Zu Spruchteil A):
Gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise eines Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Die Aberkennung bedarf – insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen – einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum darüber hinaus die sofortige Ausreise des BF geboten sei.
Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.
Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-) Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).
Gemäß § 19 Abs. 5 BFA-VG iVm § 1 Z 2 HStV gilt Serbien als sicherer Herkunftsstaat. Anhaltspunkte dafür, dass hier konkret zu berücksichtigende private Interessen vorliegen, die das öffentliche Interesse an einer raschen Aufenthaltsbeendigung allenfalls überwiegen, sind nicht hervorgekommen.
Trotz Abweisung seines Antrages auf Verlängerung seines Aufenthaltstitels ging der BF weiterhin einer Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach. Auch das Gewicht des Privatlebens des BF wird dadurch gemindert, dass es zuletzt zu einer Zeit bestand, zu der sich die Beteiligten des unsicheren Aufenthaltsstatus des BF bewusst waren. Ein berücksichtigungswürdiges Familienleben liegt angesichts der am XXXX .2016 erfolgten Scheidung nicht vor. Trotz der aufgrund des Aufenthalts in Österreich gelockerten Bindungen zu seinem Herkunftsstaat, wo er immerhin bis zu seinem 23. Lebensjahr lebte, ist es dem BF zumutbar, den Verfahrensausgang dort abzuwarten.
Der BF kann den Kontakt zu seinen in Österreich lebenden Bezugspersonen über Telefonate und andere Kommunikationsmittel (E-Mail, Internet) pflegen oder im Rahmen von Treffen in Serbien oder in anderen Staaten, für die die Rückführungsrichtlinie nicht gilt, aufrecht erhalten.
Zu dem in der Beschwerde angeführtem Judikat ist anzuführen, dass zwar vom Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung zum Fremdengesetz 1997 ergangenen Judikatur ausgesprochen wurde, dass nach Verstreichen eines Zeitraums von fünf Jahren seit dem rechtsmissbräuchlichen Eingehen der Ehe die Gefährlichkeitsprognose nicht mehr aufrechterhalten werden könne. Diese Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes wurde allerdings im Anwendungsbereich des FPG (in der hier maßgeblichen Fassung vor dem FrÄG 2011) nicht aufrechterhalten (vgl. VwGH 31.01.2013 mit Verweis auf das Erkenntnis vom 13. September 2012, Zl. 2011/23/0424; siehe auch das auf einen andernfalls auftretenden Wertungswiderspruch zu § 60 Abs. 2 Z 6 FPG hinweisende Erkenntnis des VwGH vom 19. Juni 2008, Zl. 2007/18/0228).
Spruchpunkt V. des angefochtenen Bescheids ist daher nicht zu beanstanden.
Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG.
Zu Spruchteil C):
Die Revision ist wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs. 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen.
Schlagworte
aufschiebende Wirkung - EntfallEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:G310.2232339.1.00Im RIS seit
20.10.2020Zuletzt aktualisiert am
20.10.2020