TE Bvwg Erkenntnis 2020/6/30 W161 2177768-2

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Veröffentlicht am 30.06.2020
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Entscheidungsdatum

30.06.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §15b Abs1
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §55
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AVG §68 Abs1
BFA-VG §18 Abs1 Z6
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs2 Z6
FPG §55 Abs1a

Spruch

W161 2177768-2/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die die Richterin Dr. Monika LASSMANN als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX alias XXXX , StA. Afghanistan, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 17.04.2020, Zl. 1066198908-200205080, zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF), ein Staatsangehöriger Afghanistans, reiste in das Bundesgebiet ein und stellte am 27.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Am selben Tag wurde der BF durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes der Landespolizeidirektion XXXX niederschriftlich erstbefragt. Dabei gab der BF u.a. an, am XXXX geboren zu sein und der schiitischen Glaubensgemeinschaft anzugehören. Befragt nach seinen Fluchtgründen führte der BF aus, er habe Afghanistan verlassen, weil in seinen Dorf jemand getötet worden sei und er dafür beschuldigt werde.

1.3. Mit Bescheid vom 22.07.2015 wurde der Antrag ohne in die Sache einzutreten vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) als unzulässig zurückgewiesen und Ungarn als zuständiger Staat festgestellt.

Da der dagegen erhobenen Beschwerde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 27.08.2015 zu W125 2111611-1/7E stattgegeben wurde, wurde der BF am 13.09.2017 von dem zur Entscheidung berufenen Organwalter des BFA in Anwesenheit eines Dolmetschers für die Sprache Dari niederschriftlich einvernommen. Der BF wurde dabei u.a. zu seinem Gesundheitszustand, seiner Identität, seinen Lebensumständen in Afghanistan, seinen Familienangehörigen und seinen Lebensumständen in Österreich befragt. Nach den Gründen befragt, die den BF bewogen, seine Heimat zu verlassen, gab er an, er habe, während er Schafe gehütet habe, zwei Schüsse gehört. Er habe dann nachgesehen, was passiert sei und habe gesehen, dass ein ihm bekannter Mann aus seinem Nachbardorf erschossen worden sei. Eine Gruppe habe ihn gesehen, wie er mit seiner Waffe bei dem Mann gewesen sei und ihn deswegen des Mordes beschuldigt. Er sei dann zur Familie des Getöteten gebracht worden, die ihn geschlagen und mehrere Stunden in einer Scheune eingesperrt habe, von wo er jedoch hätte fliehen können.

1.4. Mit Bescheid vom 20.10.2017, dem BF am 27.10.2017 durch Hinterlegung zugestellt, wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem BF nicht erteilt, eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass die Abschiebung zulässig sei (Spruchpunkt III.). Die Frist für die freiwillige Ausreise betrage 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV.).

Begründend führte die Behörde aus, dass eine relevante Gefährdungslage in Bezug auf die Heimatprovinz des BF vorliege, allerdings wäre der BF bei einer Rückkehr nach Kabul keiner Bedrohung oder Verfolgung ausgesetzt, sodass ihm der Status eines Asylberechtigten nicht zuzuerkennen sei. Zu Spruchpunkt II. führte die Behörde aus, dass dem BF eine Rückkehr nach Kabul möglich und zumutbar sei. Gemäß § 57 AsylG sei auch eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz nicht zu erteilen, weil die Voraussetzungen nicht vorlägen. Hinsichtlich Art. 8 EMRK führte das BFA eine Abwägung durch und kam dabei zum Schluss, dass eine Rückkehrentscheidung zulässig sei. Im Falle der Durchsetzbarkeit der Rückkehrentscheidung sowie bei Vorliegen der in § 46 Abs. 1 Z. 1 bis 4 FPG genannten Voraussetzungen sei seine Abschiebung nach Afghanistan zulässig.

1.5. Mit Verfahrensanordnung vom 24.10.2017 wurde dem BF amtswegig ein Rechtsberater zur Seite gestellt.

1.6. Am 17.11.2017 erhob der BF durch seine Rechtsvertretung Beschwerde in vollem Umfang und stellte die Anträge, dem BF den Status des Asylberechtigten zuzuerkennen; in eventu dem BF subsidiären Schutz zuzuerkennen; in eventu die Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig zu erklären.

Begründend wurde dazu ausgeführt, dem BF stehe entgegen der Ansicht des BFA keine innerstaatliche Fluchtalternative offen, es sei ihm daher Asyl zu gewähren. Jedenfalls sei ihm aufgrund der Sicherheitslage subsidiärer Schutz zu gewähren. Allenfalls sei ihm aufgrund seiner guten Integration ein Aufenthaltstitel zu erteilen.

1. 7. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 07.12.2018, GZ 204 2177768-1/6E wurde die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Diese Entscheidung wuchs mit 12.12.2018 in Rechtskraft.

1. 8. Der Beschwerdeführer erhob in der Folge eine außerordentliche Revision. Mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 13.03.2019 wurde die Behandlung der Beschwerde abgelehnt und diese dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten. Mit Beschluss des VwGH vom 19.03.2019 wurde die Revision zurückgewiesen.

1. 9. Am 18.03.2019 entzog sich der nunmehrige Beschwerdeführer dem gelinderen Mittel.

Am 09.04.2019 langte ein Wiederaufnahme Ersuchen Frankreichs bei der österreichischen Behörde ein, welchem am 16.04.2019 entsprochen wurde.

Am 11.10.2019 stellten die deutschen Behörden ein Wiederaufnahmeersuchen an Österreich, welchem am 14.10.2019 zugestimmt wurde.

2.1. Der Beschwerdeführer wurde am 20.02.2020 nach Österreich überstellt.

Noch am selben Tag, dem 20.02.2020 brachte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz ein.

2. 2. Im Rahmen der Erstbefragung am 21.02.2020 gab der Beschwerdeführer zu den Gründen für die erneute Asylantragstellung an, er habe in Afghanistan niemanden und sei krank. Er habe mit Privatpersonen, die er bereits genannt habe, in Afghanistan Probleme, deshalb sei sein Leben in Afghanistan in Gefahr. Diese Privatpersonen seien auch Mitglieder der afghanischen Regierung und mächtig. Deshalb könne er nicht dorthin zurück. Er habe bei seinem letzten Verfahren schon alle Gründe genannt. Bei einer Rückkehr in die Heimat habe er Angst um sein Leben. Er habe momentan keine Beweismittel, jedoch könne er später welche vorlegen. Seit zwei Monaten habe er erfahren, dass er Hepatitis B habe. Im letzten Jahr seien auch seine Eltern verstorben.

2.3. Am 03.03.2020 fand eine niederschriftliche Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA) statt.

Der Beschwerdeführer gab an, er fühle sich psychisch und physisch in der Lage, die an ihn gestellten Fragen wahrheitsgemäß zu beantworten.

Sein Name sei XXXX , er sei am XXXX geboren und spreche Dari, Deutsch und Farsi. Befragt, ob er an schwerwiegenden Krankheiten leide, gab der BF an, ja, er habe Hepatitis B, er habe am heutigen Tage erfahren, dass er auch Hepatitis C habe. Sein Blut sei untersucht worden und man habe ihm gesagt, dass er in zwei Wochen nochmals Blut abgeben müsse, um feststellen zu können, wie stark er krank sei.

Der Beschwerdeführer legte einen Laborbefund vom 25.02.2020 sowie Medikamente (Mirtazapin wegen Schlafstörungen sowie Galetonin wegen der Nieren) vor.

Der BF gab an, er wisse seit ca. 2 Monaten, dass er an diesen Krankheiten leide. Im Moment benötige er keine weiteren Medikamente wegen der Hepatitis B oder C Erkrankung. Er habe in der Erstbefragung die Wahrheit gesagt. Er möchte diesbezüglich etwas ergänzen. Er habe damals über seine Krankheit gesprochen und gesagt, dass er in Afghanistan niemanden habe. Das dritte sei, dass es in Afghanistan keine Sicherheit gäbe und darüber möchte er bei seiner Einvernahme noch mehr sprechen. Er habe eine Tazkira zur Vorlage seiner Identität. Er habe diese seit seinem 13. Lebensjahr, aber das genau Geburtsdatum stehe nicht darauf. Er habe die Tazirka immer bei sich gehabt und bereits früher vorgelegt. Befragt, warum er einen neuen Asylantrag stelle, gab der Beschwerdeführer an, weil er nicht nach Afghanistan zurück könne. Er habe seit kurzem erfahren, dass er krank sei und er habe dort niemanden. Wenn er mit der Krankheit zurückkehre, habe er das Geld nicht, um dort behandelt zu werden. Zweitens gäbe es dort keine Behandlung. Er habe recherchiert und würden jährlich in Afghanistan über Tausend Menschen sterben, die die gleiche Krankheit wie er hätten. Befragt, ob es noch andere Gründe gäbe, warum er nicht nach Afghanistan zurückkehren könne, gab der Beschwerdeführer an, er habe schon erwähnt, dass er Feinde habe und auch deshalb nicht zurückkönne. Bezüglich der Ausreisegründe, die er im ersten Verfahren angegeben habe, habe sich einiges geändert, das er vor kurzem erfahren habe. Es beziehe sich auf seine Ex-Frau und seine Familie. Befragt nach näheren Angaben dazu, gab der Beschwerdeführer an:

„Es gab Schwierigkeiten und ich ging in den Iran und dann nach Österreich. Ich habe dann erfahren, dass meine Familie in den Iran ging. Ich wusste nicht, dass meine Familie und meine Frau in Afghanistan Schwierigkeiten bekommen haben, das haben sie mir nicht erzählt. Vor ca. 5 bis 6 Monaten haben wir uns scheiden lassen, meine Eltern sind verstorben. Meine Feinde haben meinen Vater geschlagen und sein Auge ist erblindet, dadurch. Meine Frau wurde auch belästigt.“
Der Beschwerdeführer gab in der Folge an, diese Dinge seien passiert, als er in der Türkei gewesen wäre und erfahren hätte, dass seine Familie in den Iran gegangen wäre. Dies sei ca. 2014 gewesen. Er habe erst seit der Scheidung von diesen Vorfällen erfahren, weil seine Familie ihm davon nicht erzählt hätte. Sie hätten Angst gehabt, dass er ansonsten zurückkehren würde. Seine Frau habe sich scheiden lassen, weil sie belästigt worden wäre und Angst gehabt hätte, dass sie nach Afghanistan abgeschoben würde. Wenn er nach Afghanistan abgeschoben würde, wäre seine Frau verpflichtet, auch nach Afghanistan zu gehen. Befragt aus welchem Grund die Frau sich nun habe scheiden lassen – aus Angst vor ihrer Abschiebung oder aufgrund von Belästigungen – gab der Beschwerdeführer an, weil sie in Afghanistan belästigt worden wäre und sie nicht mehr hätte zurück wollen. Bei ihm sei nicht klar, wie es ausgehe. Wenn er abgeschoben werde, sei sein Leben in Gefahr, wegen der Krankheit und wegen der Sicherheit. Befragt, ob es sonst noch Änderungen gäbe, gab der Beschwerdeführer an: “Das war’s.“ Das genau Datum, seit wann er wisse, dass seine Eltern in den Iran gegangen seien, könne er nicht nennen, weil es vor 5 Jahren gewesen wäre. Er sei damals in der Türkei gewesen und habe davon erfahren, dass sie in den Iran gezogen seien. Sie hätten gesagt, dass sie geschlagen worden wären und dass sie mit der Person Schwierigkeiten hätten. Genau hätten sie nicht geschildert was vorgefallen sei. Bis zu seiner Scheidung hätte er nicht gewusst, dass seine Eltern und seine Frau belästigt worden wären. Ganz am Anfang hätte er noch gesagt, dass er etwas ergänzen möchte. Das möchte er ergänzen. Er hätte zuletzt vor ca. 4-5 Monaten Kontakt zu seiner Frau gehabt. Er habe mit ihr über die Scheidung gesprochen. Er hätte sich zuerst nicht scheiden lassen wollen. Nachdem sie ihm von den Problemen erzählt hätte und er gemerkt hätte, dass sein Leben in Gefahr sei und sie dadurch auch Probleme bekommen habe, sei es besser, dass sie sich trennen. Seine Frau habe zu ihm gesagt, dass es schon 5 Jahre wären und er nicht da wäre. Solange seine Eltern gelebt hätten, habe seine Frau bei seinen Eltern gelebt. Nach deren Tod sei sie auch alleine gewesen. Sie hätte nicht zurück nach Afghanistan gewollt. Sie habe ihm von den Vorfällen erzählt und deshalb hätte er dann zustimmen müssen. Mit den Vorfällen meine er, dass sein Vater geschlagen und belästigt worden wäre und seine Frau sexuell belästigt worden wäre. Sein Vater sei vor ca. 10 Monaten und seine Mutter vor ein paar Monaten gestorben. Vom Tod seines Vaters habe er erfahren, als er nach Frankreich gereist sei. Vom Tod seiner Mutter hätten ihn Bekannte telefonisch informiert, als er in Deutschland gewesen wäre.

Ein weiteres Problem für ihn wäre die Sicherheitslage in Afghanistan. Ihm sei gesagt worden, dass es viele Gegenden gäbe, die unsicher seien, aber er könnte in Kabul oder Herat leben. Die Sicherheitslage in Afghanistan sei sehr schlecht, er würde Nachrichten hören und das verfolgen. Von 2014-2018 seien mehr als 50.000 Menschen gestorben. Nach seiner Asylantragsstellung habe er Ende März 2019 Österreich verlassen und sei nach Frankreich gereist, dort habe er sich bis 14.09.2019 aufgehalten. Er habe dort monatelang im Zelt gelebt. Dann hätte er nach Deutschland müssen. Von Deutschland sei er nach Österreich überstellt worden. Er habe in Österreich oder Europa keine Angehörigen, aber viele Freunde. Er habe in Österreich nicht gearbeitet, aber Deutschkurse besucht von 2016-2018 (A1, A2). B1 habe er auch besucht, aber die Prüfung nicht bestanden. Von 2018 bis Ende 2018 habe er seinen Pflichtschulabschluss gemacht und auch bestanden. Er habe keinen Kontakt zu Personen, die in Afghanistan leben.

Über Vorhalt, dass er bereits in der Einvernahme am 17.09.2017 davon berichtet hätte, dass seine Familie in Afghanistan geschlagen worden wäre und deshalb in den Iran gegangen sei, gab der Beschwerdeführer an: „Ja, das stimmt, aber ich wusste nicht, dass mein Vater deswegen auch gestorben ist und dass auch meine Frau belästigt wurde.“

Über Vorhalt der Anfragebeantwortung der Staatendokumentation vom 31.07.2018, wonach Hepatitis B in Afghanistan behandelbar sei, gab der Beschwerdeführer an: „Ja, aber die Kosten sind sehr hoch. Die ärztliche Versorgung ist nicht so gut wie in Österreich. Es ist Hepatitis B, ich hoffe, dass ich nicht auch Hepatitis C habe.“ Er habe nichts mehr zu sagen, er möchte nur ergänzen, dass er als er Afghanistan verlassen hätte, alles verloren habe, aber seine Gesundheit gehabt hätte, jetzt habe er diese auch verloren.

2. 4. Am 09.03.2020 wurde der Beschwerdeführer neuerlich vor dem BFA einvernommen und gab an, er habe bei der letzten Einvernahme am 03.03.2020 die Wahrheit gesagt und möchte nichts korrigieren oder ergänzen. Befragt nach seinen Hepatitis Erkrankungen gab der Beschwerdeführer an, es sei nicht gut, er fühle sich jeden Tag ein bisschen schlechter. Er müsse die Medikamente einnehmen, es fühle sich sehr schlecht an. Es sei fix, dass er unter Hepatitis B leide. Bezüglich Hepatitis C bekomme er erst das Ergebnis.

Der Beschwerdeführer gab weiters an, er habe einiges zu sagen, insbesondere bezüglich der Sicherheitslage in Afghanistan. Die Sicherheitslage und die allgemeine Lage seien katastrophal. Gerade während er mit dem BFA spreche, hätte man in Afghanistan zwei Präsident, beide würden behaupten, dass sie die Wahl gewonnen haben. Außerdem habe es am Freitag in Kabul wieder einen Selbstmordanschlag gegeben. Er habe mit mehreren Leuten gesprochen und man rede von über 400 Toten und Verletzten. Er kenne mehrere dieser Opfer persönlich. Ein guter Freund von ihm sei am Freitag getötet worden. Sie wären gemeinsam im Iran gewesen. Die Lage sei für alle Afghanen schlecht, sie als Hazara und Schiiten seien dort unmittelbar in Lebensgefahr. Seit Jahren, vielleicht seit Jahrzehnten werde ihre Volksgruppe systematisch vernichtet. Das sei die Lage in Afghanistan. Befragt, mit wem er bezüglich dieses Anschlags gesprochen habe, gab der BF an, er habe die Nachrichten auf Facebook verfolgt. Über Vorhalt, angegeben zu haben, er hätte mit vielen Leuten gesprochen, gab der Beschwerdeführer an: „Mit einigen Leuten im Iran, in Afghanistan nicht. Aber ein Gespräch ist nicht unbedingt notwendig Man findet Videos auf Facebook und im Internet.“

Zu den Länderinformationen betreffend Afghanistan habe er keine Meinung und wollte sich dazu nicht äußern. Die wirkliche Lage der Bevölkerung werde nicht richtig dargestellt und in Wahrheit sei alles viel viel schlimmer.

Seine Einvernahme sei richtig und vollständig protokolliert worden.

2.5. Mit dem im Spruch genannten Bescheid vom 17.04.2020 wies das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl den (zweiten) Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 20.02.2020 gemäß § 68 Abs. 1 AVG hinsichtlich des Status des Asylberechtigten und des Status des subsidiär Schutzberechtigten wegen entschiedener Sache zurück (Spruchpunkte I. und II.). Weiters wurde dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.) und gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 leg.cit. iVm § 9 BFA-VG gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.). Das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl stellte gemäß § 52 Abs. 9 leg.cit. auch fest, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan gemäß § 46 leg.cit. zulässig sei (Spruchpunkt V.). Es wurde weiters festgestellt, dass gemäß § 55 Abs. 1a FPG keine Frist für die freiwillige Ausreise bestehe (spruchpunkt VI.) und einer Beschwerde gegen diese Entscheidung wurde gemäß § 18 abs. 1 Z 6 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.). Zudem erließ das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 2 Z 6 FPG gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Einreiseverbot (Spruchpunkt VIII.). Schließlich sprach das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl aus, dass dem Beschwerdeführer gemäß § 15b Abs. 1 AsylG 2005 aufgetragen worden sei, vom 21.02.2020 bis 20.04.2020 in einem näher genannten Quartier Unterkunft zu nehmen (Spruchpunkt IX.).

In diesem Bescheid wird festgestellt, die Identität des Beschwerdeführers könne mangels entsprechender glaubwürdiger Personaldokumente nicht festgestellt werden. Er sei afghanischer Staatsangehöriger, gehöre der Volksgruppe der Hazara und dem moslemisch/schiitischen Glauben an. Er habe keine Unterhaltspflichten. Im Verfahren seien keine Hinweise auf eine schwere, lebensbedrohende Erkrankung hervorgekommen, die eine Rückkehr nach Afghanistan entgegenstehen würde. Der Antragsteller leide an Hepatitis B und Hepatitis C. Er sei strafrechtlich unbescholten und habe in Österreich oder Europa keine Angehörigen oder sonstigen Verwandten. Er halte sich seit seiner neuerlichen Einreise nach Österreich im Februar 2020 erst wenige Wochen in Österreich auf. Der Antragsteller habe keine neuen Fluchtgründe glaubhaft machen können. Es könne nicht festgestellt werden, dass er im Falle einer Rückkehr nach Afghanistan Verfolgung aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung ausgesetzt sei. In seinem Fall liege eine relevante Gefährdungslage in Bezug auf die Provinz Maidan Wardak – nicht aber Afghanistan allgemein - vor. Die Sicherheits- und Versorgungslage in den Provinzen Herat und Balkh sei ausreichend. Die Städte Herat und Mazar-e Sharif seien jedenfalls sicher mit dem Flugzeug zu erreichen. Der Antragsteller verfüge im Iran über ein familiäres Netzwerk, das ihm bei einer Rückkehr nach Afghanistan unterstützen könne. Auch in Kabul verfüge er über ein Netzwerk, das ihm bei einer Rückkehr unterstützen könne.

Im Verfahren wurden auch ausführliche Feststellungen zur Lage in Afghanistan (Stand 13.11.2019) getroffen, welche auch im Entscheidungszeitpunkt des BVwG noch aktuell sind, sowie zur Pandemie COVID-19 (Stand 17.04.2020) und zur Behandlung von Hepatitis B in Afghanistan (Anfrage der Staatendokumentation).

2.6. Der Beschwerdeführer erhob gegen sämtliche Spruchpunkte des im Spruch angeführten Bescheides fristgerecht Beschwerde und beantragte, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. In der Beschwerde wird insbesondere ausgeführt, der Beschwerdeführer habe im Zuge des Verfahrens geltend gemacht, dass sein Leben für den Fall einer Rückkehr nach Afghanistan gefährdet wäre. Er habe in Afghanistan Probleme mit Privatpersonen. Von diesen Schwierigkeiten habe er bereits im ersten Verfahren berichtet, er hätte zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht gewusst, dass auch seine Eltern und seine Frau von diesen Personen belästigt worden wären. Es bestehe also ein erhebliches Interesse an ihm, ansonsten würde man seine Familie nicht körperlich angreifen. Sein Leben wäre in Afghanistan jedenfalls in Gefahr. Entgegen der Ansicht der Behörde stelle der Umstand, dass seine Familie wegen seiner Person belästigt worden wäre, sehr wohl einen neuen Sachverhalt dar, der einer inhaltlichen Entscheidung, im Hinblick auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten bedurft hätte. Jedenfalls hätte nicht nach § 68 AVG vorgegangen werden dürfen.

Hinsichtlich der Abweisung des Antrages in Bezug auf die Zuerkennung von subsidiären Schutz, werde auf die Aussagen des Beschwerdeführers zur katastrophalen Sicherheitslage in Afghanistan im Verfahren verwiesen. Seine gerade diagnostizierten Hepatitis B und C Erkrankungen würden ein zusätzliches Gefährdungsmoment darstellen. Der Beschwerdeführer habe nicht die finanziellen Mittel, um eine Therapie in Afghanistan bezahlen zu können. Dass eine Behandlung in öffentlichen Spitälern nahezu kostenlos sei, stelle keine Garantie dar, dass der Beschwerdeführer eine notwendige medizinische Versorgung auch erhalte. Völlig außer Acht gelassen, wäre in diesem Zusammenhang wäre die aktuelle Corona-Virus-Pandemie geworden. Durch die Hepatitis B und C Erkrankung sei das Immunsystem des Beschwerdeführers geschwächt und sei er anfälliger für die neue Viruserkrankung. Bereits ohne das Corona-Virus wäre es in Afghanistan schwierig gewesen grundlegende Bedürfnisse nach Nahrung und einer Unterkunft zu befriedigen. Aus einem Bericht der deutschen Tagesschau vom 02.05.2020 ergäbe sich, dass diese Situation durch die Maßnahmen, zur Bekämpfung der COVID-19 Erkrankung getroffen worden wäre, noch verschärft worden wäre.
Der Beschwerdeführer habe sich bereits mehrere Jahre in Österreich aufgehalten, spreche gut Deutsch und habe sein Möglichstes getan, um sich in die österreichische Gesellschaft zu integrieren. Er halte die Verhängung des Einreiseverbotes jedenfalls für unverhältnismäßig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Afghanistans, Angehöriger der Volksgruppe der Hazara und schiitischer Moslem reiste im Frühjahr 2015 illegal ins österreichische Bundesgebiet ein und stellte hier am 27.04.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, welcher mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 20.10.2017 gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG rechtskräftig abgewiesen wurde. Auch der Antrag auf Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Afghanistan wurde gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde nicht erteilt und gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen. Weiters wurde festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zulässig sei und wurde die Frist für die freiwillige Ausreise mit 14 Tagen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt.

Die dagegen erhobene Beschwerde wurde vom Bundesverwaltungsgericht mit Erkenntnis vom 07.12.2018 als unbegründet abgewiesen und erwuchs mit 12.12.2018 in Rechtskraft.

In der Folge begab sich der Beschwerdeführer nach Frankreich und Deutschland und wurde am 20.02.2020 jeweils von Deutschland nach Österreich rücküberstellt.

Am 20.02.2020 brachte der Beschwerdeführer den gegenständlichen Folgeantrag ein.

Das Ermittlungsverfahren aufgrund des Folgeantrags ergab, dass keine neuen Fluchtgründe vorgebracht wurden bzw. kommt dem Vorbringen des Beschwerdeführers bezüglich der behaupteten Probleme seiner Eltern und seiner Ex-Frau kein glaubwürdiger Kern zu.

In der Beschwerde wurde kein neuer Sachverhalt vorgetragen.

Die Identität des Beschwerdeführers steht nicht fest.

Beim Beschwerdeführer wurde eine floride Hepatitis B festgestellt. Er nimmt deswegen das Medikament Galetonin (Kräuterprodukt) ein. Ein Spitalsaufenthalt war deswegen bislandg nicht erforderlich. Hepatitis C wurde beim ihm nicht diagnostiziert.

Der Beschwerdeführer ist strafgerichtlich unbescholten.

Zur maßgeblichen Situation in Afghanistan:

Die allgemeine Situation in Afghanistan hat sich hinsichtlich des im ersten Verfahrensgang herangezogenen Länderberichtsmaterials nicht wesentlich geändert. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle seiner Rückkehr nach Afghanistan Drohungen oder Gewalthandlungen von staatlicher oder privater Seite zu erwarten hätte. Ebenso kann nicht festgestellt werden, dass er bei einer Rückkehr nach Afghanistan in eine seine Existenz bedrohende Notlage geriete.

2. Beweiswürdigung:

Der oben angeführte und festgestellte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und der Gerichtsakten zu den Verfahren auf Grund des Antrages des Beschwerdeführers vom 27.04.2015 und des Folgeantrages vom 20.02.2020.

Die Feststellung über den rechtkräftigen Abschluss des Verfahrens über den ersten Antrag auf internationalen Schutz des Beschwerdeführers ergibt sich aus den Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Die Staatsangehörigkeit, Volksgruppenzugehörigkeit und Religionszugehörigkeit des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen gleichbleibenden Angaben im Verfahren und wurden bereits vom BFA festgestellt.

Die Feststellung zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ergibt sich aus seinen Angaben im Verfahren vor dem BFA, dem von ihm vorgelegten Laborbefund sowie den vom Gericht beigeschafften ärztlichen Unterlagen (siehe medizinische Unterlagen OZ 6 und Aktenvermerk vom 30.06.2020). Die vom BF in der Einvernahme behauptete und in der Beschwerde angeführte Hepatitis C liegt beim BF somit nachweislich nicht vor. Die Feststellung, dass der BF an Hepatitis B und C leide, wurde offenbar von der erstinstanzlichen Behörde ohne nähere Überprüfung aufgrund der Angaben des BF getroffen und ist diese somit nur teilweise richtig. Daraus folgt auch, dass der BF nicht so schwer erkrankt ist, wie von ihm angegeben und in der Beschwerde behauptet.

Die Feststellung zur strafgerichtlichen Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus der Einsichtnahme in das aktuelle Strafregister.

Wie das Bundesamt im bekämpfen Bescheid aufgezeigt hat, konnte der Beschwerdeführer keinen neuen entscheidungsrelevanten Sachverhalt vorbringen.

So stellte der Beschwerdeführer nach seiner Überstellung von Deutschland nach Österreich noch am selben Tag einen neuen Antrag auf internationalen Schutz in Österreich.

Das Verhalten des Beschwerdeführers zeigt vielmehr auf, dass dieser nicht bereit ist, die Gesetze zu respektieren und behördliche bzw. gerichtliche Entscheidungen zu akzeptieren. So verließ er wiederrechtlich Österreich nach negativer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts über seine Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid betreffend seinen ersten Asylantrag und begab sich nach Frankreich und Deutschland, wo er jeweils einen weiteren Asylantrag stellte. Wie dargestellt, stellte er am Tag seiner Rücküberstellung offenbar aus Furcht vor einer Abschiebung nach Afghanistan einen weiteren Asylantrag in Österreich.

Das Bundesamt ist im Ergebnis somit zu Recht davon ausgegangen, dass der Beschwerdeführer keine neuen, entscheidungsrelevanten Fluchtgründe vorgebracht hat.

Die Feststellung, dass sich an der allgemeinen Situation in Afghanistan hinsichtlich des bereits im ersten Verfahrensgang herangezogenen Länderberichtsmaterials nichts wesentlich geändert hat, beruht auf den im nunmehr angefochtenen Bescheid enthaltenen ausgewogenen und aktuellen Länderberichten zur maßgeblichen Situation in Afghanistan; dem Beschwerdeführer wurden in der Einvernahme vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl auch die Länderberichte zur Kenntnis gebracht.

Auch dem Bundesverwaltungsgericht liegt kein Länderberichtsmaterial vor, das im Wesentlichen ein anderes Bild der Lage im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers zeichnen würde. Eine Feststellung, wonach der Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Afghanistan aufgrund der dortigen allgemeinen Situation in eine seine Existenz bedrohende Notlage geriete, konnte sohin nicht getroffen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu A):

Zur Abweisung der – zulässigen – Beschwerde betreffend die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache (Spruchpunkte I. und II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 68 Abs. 1 AVG sind Anbringen von Beteiligten, die außer den Fällen der §§ 69 und 71 AVG die Abänderung eines der Berufung nicht oder nicht mehr unterliegenden Bescheides begehren, wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, wenn die Behörde nicht Anlass zu einer Verfügung gemäß § 68 Abs. 2 bis 4 AVG findet. Diesem ausdrücklichen Begehren auf Abänderung steht ein Ansuchen gleich, das bezweckt, eine Sache erneut inhaltlich zu behandeln, die bereits rechtskräftig entschieden ist (VwGH 30.09.1994, 94/08/0183; 30.05.1995, 93/08/0207; 09.09.1999, 97/21/0913; 07.06.2000, 99/01/0321).

„Entschiedene Sache“ iSd § 68 Abs. 1 AVG liegt vor, wenn sich gegenüber dem Vorbescheid weder die Rechtslage noch der wesentliche Sachverhalt geändert hat und sich das neue Parteibegehren im Wesentlichen mit dem früheren deckt (VwGH 09.09.1999, 97/21/0913; 27.09.2000, 98/12/0057; 25.04.2002, 2000/07/0235). Einem zweiten Asylantrag, der sich auf einen vor Beendigung des Verfahrens über den ersten Asylantrag verwirklichten Sachverhalt stützt, steht die Rechtskraft des Vorbescheides entgegen (VwGH 10.06.1998, 96/20/0266). Es kann aber nur eine solche behauptete Änderung des Sachverhaltes die Behörde zu einer neuen Sachentscheidung – nach etwa notwendigen amtswegigen Ermittlungen – berechtigen und verpflichten, der für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen rechtlich Asylrelevanz zukäme; eine andere rechtliche Beurteilung des Antrages darf nicht von vornherein ausgeschlossen sein (vgl. etwa VwGH 04.11.2004, 2002/20/0391, mwN).

Infolge des in § 17 VwGVG normierten Ausschlusses der Anwendbarkeit des 4. Hauptstücks des AVG im verwaltungsgerichtlichen Verfahren, welcher auch die in § 68 Abs. 1 AVG normierte Zurückweisung wegen entschiedener Sache umfasst, kommt eine unmittelbare Zurückweisung einer Angelegenheit aufgrund der genannten Bestimmung durch das Bundesverwaltungsgericht grundsätzlich nicht in Betracht. Davon unberührt bleibt, dass das Verwaltungsgericht im Verfahren über Bescheidbeschwerden zur Überprüfung der rechtmäßigen Anwendung von § 68 AVG in Bescheiden durch die Verwaltungsbehörde berufen ist (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K10.; vgl. auch VfSlg. 19.882/2014).

In Beschwerdeverfahren über zurückweisende Bescheide des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl wegen entschiedener Sache gemäß § 68 AVG ist „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht die Frage, ob die Zurückweisung des verfahrenseinleitenden Antrags auf internationalen Schutz durch die erstinstanzliche Behörde gemäß § 68 Abs. 1 AVG zu Recht erfolgt ist, ob die Behörde also auf Grundlage des von ihr zu berücksichtigenden Sachverhalts zu Recht davon ausgegangen ist, dass im Vergleich zum rechtskräftig entschiedenen vorangegangenen Verfahren auf internationalen Schutz keine wesentliche Änderung der maßgeblichen Umstände eingetreten ist.

Gelangt das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis, dass die Behörde nicht von entschiedener Sache hätte ausgehen dürfen, sondern aufgrund des Vorliegens neuer Sachverhaltselemente eine inhaltliche Prüfung des Antrages auf internationalen Schutz hätte durchführen müssen, hat es den zurückweisenden Bescheid auf Grundlage des für zurückweisende Entscheidungen im Zulassungsverfahren anzuwendenden § 21 Abs. 3 BFA-VG zu beheben, wodurch das Verfahren vor der Behörde zugelassen ist und eine neuerliche Zurückweisung des Antrages gemäß § 68 AVG unzulässig wird. Hingegen ist dem Bundesverwaltungsgericht ein inhaltlicher Abspruch über den zugrundeliegenden Antrag auf internationalen Schutz in einem Beschwerdeverfahren über einen zurückweisenden Bescheid nach § 68 AVG verwehrt, weil diesfalls die Sache des Beschwerdeverfahrens überschritten würde (vgl. Filzwieser/Frank/Kloibmüller/Raschhofer, Asyl- und Fremdenrecht, § 7 BFA-VG, K11., K17.).

Bei einer Überprüfung einer gemäß § 68 Abs. 1 AVG bescheidmäßig abgesprochenen Zurückweisung eines Asylantrages hat es lediglich darauf anzukommen, ob sich die Zurückweisung auf ein rechtskräftig abgeschlossenes Verfahren bei gleich bleibender Sach- und Rechtslage stützen dürfte. Dabei hat die Prüfung der Zulässigkeit einer Durchbrechung der Rechtskraft auf Grund geänderten Sachverhalts nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ausschließlich anhand jener Gründe zu erfolgen, die von der Partei in erster Instanz zur Begründung ihres Begehrens auf neuerliche Entscheidung geltend gemacht worden sind. Derartige Gründe können im Rechtsmittelverfahren nicht neu geltend gemacht werden (s. zB VwSlg. 5642A; VwGH 23.05.1995, 94/04/0081; zur Frage der Änderung der Rechtslage während des anhängigen Berufungsverfahrens s. VwSlg. 12799 A). Allgemein bekannte Tatsachen sind dagegen jedenfalls auch von Amts wegen zu berücksichtigen (VwGH 29.06.2000, 99/01/0400; 07.06.2000, 99/01/0321).

Dem geänderten Sachverhalt muss nach der ständigen Judikatur des VwGH Entscheidungsrelevanz zukommen (vgl. VwGH 15.12.1992, 91/08/0166; ebenso VwGH 16.12.1992, 92/12/0127; 23.11.1993, 91/04/0205; 26.04.1994, 93/08/0212; 30.01.1995, 94/10/0162). Die Verpflichtung der Behörde zu einer neuen Sachentscheidung wird nur durch eine solche Änderung des Sachverhalts bewirkt, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Parteienbegehrens gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann (VwSlg. 7762 A; VwGH 29.11.1983, 83/07/0274; 21.02.1991, 90/09/0162; 10.06.1991, 89/10/0078; 04.08.1992, 88/12/0169; 18.03.1994, 94/12/0034; siehe auch VwSlg. 12.511 A, VwGH 05.05.1960, 1202/58; 03.12.1990, 90/19/0072). Dabei muss die neue Sachentscheidung – obgleich auch diese Möglichkeit besteht – nicht zu einem anderen von der seinerzeitigen Entscheidung abweichenden Ergebnis führen. Die behauptete Sachverhaltsänderung hat zumindest einen „glaubhaften Kern“ aufzuweisen, dem Asylrelevanz zukommt (VwGH 21.3.2006, 2006/01/0028, sowie VwGH 18.6.2014, Ra 2014/01/0029, mwN). Neues Sachverhaltsvorbringen in der Beschwerde gegen den erstinstanzlichen Bescheid nach § 68 AVG ist von der „Sache“ des Beschwerdeverfahrens vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht umfasst und daher unbeachtlich (VwGH vom 24.6.2014, Ra 2014/19/0018, mwN).

Als Vergleichsbescheid (Vergleichserkenntnis) ist der Bescheid (das Erkenntnis) heranzuziehen, mit dem zuletzt in der Sache entschieden wurde (vgl. in Bezug auf mehrere Folgeanträge VwGH 26.07.2005, 2005/20/0226, mwN). Dem neuen Tatsachenvorbringen muss eine Sachverhaltsänderung zu entnehmen sein, die – falls feststellbar – zu einem anderen Ergebnis als im ersten Verfahren führen kann, wobei die behauptete Sachverhaltsänderung zumindest einen glaubhaften Kern aufweisen muss, dem Asylrelevanz zukommt und an den die oben erwähnte positive Entscheidungsprognose anknüpfen kann (vgl. das schon zitierte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 04.11.2004 mwN). Die Behörde hat sich insoweit bereits bei der Prüfung der Zulässigkeit des (neuerlichen) Asylantrages mit der Glaubwürdigkeit des Vorbringens des Beschwerdeführers (und gegebenenfalls mit der Beweiskraft von Urkunden) auseinander zu setzen. Ergeben die Ermittlungen der Behörde, dass eine Sachverhaltsänderung, die eine andere Beurteilung nicht von vornherein ausgeschlossen erscheinen ließe, entgegen den Behauptungen der Partei in Wahrheit nicht eingetreten ist, so ist der Asylantrag gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückzuweisen. (VwGH 21.10.1999, 98/20/0467; vgl. auch VwGH 17.09.2008, 2008/23/0684; 19.02.2009, 2008/01/0344).

Wird die seinerzeitige Verfolgungsbehauptung aufrechterhalten und bezieht sich der Asylwerber auf sie, so liegt nicht ein wesentlich geänderter Sachverhalt vor, sondern es wird der Sachverhalt bekräftigt (bzw. sein „Fortbestehen und Weiterwirken“ behauptet; vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480), über den bereits rechtskräftig abgesprochen worden ist. Mit einem solchen Asylantrag wird daher im Ergebnis die erneute sachliche Behandlung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezweckt (vgl. VwGH 07.06.2000, 99/01/0321).

Sache des vorliegenden Beschwerdeverfahrens im Sinne des § 28 Abs. 2 VwGVG ist somit nur die Frage, ob das BFA zu Recht den neuerlichen Antrag auf internationalen Schutz gemäß § 68 Abs. 1 AVG zurückgewiesen hat.

Der Beschwerdeführer begründete seinen ersten Antrag auf internationalen Schutz vom 27.04.2015 im Wesentlichen damit, er sei von einer Familie aus einem Nachbardorf beschuldigt worden, für den Tod eines Familienmitglieds verantwortlich zu sein. Er sei deshalb von dieser Familie geschlagen und in eine Scheune eingesperrt worden, von wo er jedoch habe flüchten können.

Der von ihm dargelegte Fluchtsachverhalt wurde in der Folge auch den Entscheidungen des BFA und des BVwG zugrunde gelegt, jedoch gleichzeitig festgestellt, dass dem Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Kabul keine Gefahr durch diese Familie drohe und auch sonst keine Verfolgung aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder einer politischen Gesinnung zu befürchten sei. Der Kern des Fluchtvorbringens des Beschwerdeführers wurde im ersten Verfahren somit für glaubwürdig befunden, jedoch in der Folge festgestellt, dass ein Fluchtgrund iSd Genfer Flüchtlingskonvention in casu nicht vorliege.

Das weitere Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach sich seine Familie eine Woche nach seiner Ausreise im Osten von Kabul für die Dauer von 6-7 Monaten niedergelassen hätte und von der Familie des Verstorbenen dort bedroht worden wäre, wurde hingegen bereits im ersten Verfahren für nicht glaubhaft erachtet und den Feststellungen nicht zugrunde gelegt.

Der Beschwerdeführer sagte in seinem ersten Verfahren bei seiner Einvernahme am 13.09.2017 bereits aus, die Familie des Getöteten habe seine Familie bedroht und es wäre für seine Familie gefährlich gewesen. Seine Familie sei mehrmals von der Familie des Toten bedroht worden, nämlich ca. 3-4 Mal, dies auch in Kabul. Befragt, wann die erste Bedrohung gegenüber seiner Familie gewesen wäre, gab der Beschwerdeführer an: „Genau, an dem Tag, an dem ich aus der Scheune geflüchtet bin. Sie dachten ich wäre bei meinen Eltern. Sie dachten meine Familie versteckt mich. Sie haben meine Eltern, meinen Bruder und meine Frau geschlagen.“ Er schilderte dann noch eine Bedrohung in Kabul, welche angeblich ca. 1 Monat nach der Niederlassung der Familie in Kabul stattgefunden hätte sowie eine dritte Bedrohung in Kabul, drei Monate nach der ersten Bedrohung. Man hätte zu seiner Familie gesagt, er solle sich bei der Familie des Toten stellen oder diese Familie würde seine gesamte Familie töten. Nach dieser Bedrohung habe seine Familie keine Mietwohnungen mehr gemietet, sondern von Gasthaus zu Gasthaus in Zimmern übernachtet.

Zur Begründung seines – nunmehr zu beurteilenden – zweiten Antrages auf internationalen Schutz vom 22.02.2020 gab der Beschwerdeführer zunächst an, er habe mit Privatpersonen, die er bereits genannt habe in Afghanistan Probleme. Diese Privatpersonen seien auch Mitglieder der afghanischen Regierung und mächtig, deshalb könne er nicht dorthin zurück. In der Folge gab er an, er habe bei seinem letzten Verfahren alle seine Gründe genannt. Letztlich gab er noch an, er habe vor 2 Monaten erfahren, dass er Hepatitis B habe und seien im letzten Jahr auch seine Eltern verstorben. Bei seiner ersten Einvernahme vor dem BFA am 03.03.2020 stützte sich der Beschwerdeführer zunächst darauf, dass er unter Hepatitis B und C leide, weiters seine Familie in Afghanistan Schwierigkeiten bekommen hätte und gab an, seine Feinde hätten seinen Vater geschlagen und dieser sei auf einem Auge erblindet. Auch seine Frau sei belästigt worden. Er habe bis zu seiner Scheidung nicht gewusst, dass seine Eltern und seine Frau belästigt worden wären. Dies widerspricht jedoch eindeutig den bereits im ersten Verfahren getätigten Angaben, wonach seine Familie bereits von einer dreifachen Bedrohung seiner Familie in Afghanistan berichtet. Die nunmehr getätigten Angaben des Beschwerdeführers sind nicht glaubhaft und konnte er diese auch durch keine Beweismittel untermauern oder bescheinigen. Die neuen Sachverhaltselemente, die der Beschwerdeführer nunmehr angibt, hätten sich bereits seinen eigenen Angaben zur Folge bereits im Jahr 2014 ereignet und sind nicht geeignet einen Sachverhalt darzustellen, aus dem der Beschwerdeführer einen Asylgrund nach der Genfer Flüchtlingskonvention ableiten könnte.

Mit dem Verweis auf seine nach wie vor in Afghanistan vorliegenden Gründen für seine Ausreise führte der Beschwerdeführer keinen neuen Sachverhalt gemäß der oben dargelegten Judikatur ins Treffen, sondern machte lediglich denselben Fluchtgrund abermals geltend. Er behauptete somit bloß das „Fortbestehen und Weiterwirken“ (vgl. VwGH 20.03.2003, 99/20/0480) jenes Fluchtgrundes, den er bereits im Zuge seines Antrages auf internationalen Schutz vom 27.04.2015 vorbrachte.

Soweit der neuerliche Antrag des Beschwerdeführers unter dem Blickwinkel des subsidiären Schutzes (§ 8 AsylG 2005) zu betrachten ist, ist auf die obigen Aussagen zu verweisen, wonach eine neuerliche Sachentscheidung nur bei einer solchen Änderung des Sachverhaltes geboten ist, die für sich allein oder in Verbindung mit anderen Tatsachen den Schluss zulässt, dass nunmehr bei Bedachtnahme auf die damals als maßgebend erachteten Erwägungen eine andere Beurteilung jener Umstände, die seinerzeit den Grund für die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz gebildet haben, nicht von vornherein als ausgeschlossen gelten kann.

Es sind keine Anhaltspunkte erkennbar, wonach die Rückführung des Beschwerdeführers nach Afghanistan zu einer Situation führen würde, die eine Verletzung der Rechte des Beschwerdeführers nach Art. 2 oder 3 EMRK iSd subsidiären Schutzes mit sich brächte. So ergeben sich aus den Länderfeststellungen zu Afghanistan keine Gründe für die Annahme, dass jeder zurückkehrende Staatsbürger der realen Gefahr einer Gefährdung gemäß Art. 3 leg.cit. ausgesetzt wäre, sodass nicht von einem Rückführungshindernis nach Art. 2 und 3 leg.cit. auszugehen ist. Dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl ist aufgrund der herangezogenen Länderberichte darin beizupflichten, dass sich die Lage im Herkunftsstaat seit der Entscheidung im vorangegangenen Asylverfahren nicht wesentlich geändert – und vor allem nicht wesentlich verschlechtert – hat.

Da somit weder in der maßgeblichen Sachlage – und zwar im Hinblick sowohl auf jenen Sachverhalt, der in der Sphäre des Beschwerdeführers gelegen ist, als auch auf jenen, welcher von Amts wegen aufzugreifen ist – noch in den anzuwendenden Rechtsnormen eine Änderung eingetreten ist, welche eine andere rechtliche Beurteilung des Anliegens nicht von vornherein als ausgeschlossen scheinen ließe, liegt entschiedene Sache vor, über welche nicht neuerlich meritorisch zu entscheiden ist. Die Zurückweisung des Antrages auf internationalen Schutz wegen entschiedener Sache erfolgte durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl daher zu Recht.

Daran vermag auch die zwischenzeitig beim BF festgestellte Infektion mit Hepatitis B nichts zu ändern. Aus dem Akteninhalt ergibt sich, dass die gefährlichere Hepatitis C beim BF entgegen seiner Behauptungen in der Einvernahme und der Beschwerde gar nicht vorliegt. Die bei ihm festgestellte Hepatitis B ist in Afghanistan behandelbar und stellt keine Erkrankung mit solcher Schwere dar, dass sie eine Überstellung in den Heimatstaat unzulässig machen würde.

Auch aus der derzeit herrschenden Corona-Epidemie und den dazu im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen lässt sich nicht ableiten, dass prinzipiell keine Rückkehrentscheidungen in Bezug auf Afghanistan getroffen werden dürfen. Beim jungen und sonst gesunden BF ist nicht von einer besonderen Vulnerabilität in Bezug auf Corona auszugehen. Auch der VwGH hat jüngst in seiner Entscheidung vom 23.06.2020 zu Zl. Ra 2020/20/0188-3 ausgeführt, dass pauschale, auf die allgemeine Situation in Afghanistan bezogene Ausführungen zu Covid-19 nicht ausreichen, um eine reale Gefahr (real risk)einer drohenden Verletzung der durch Art 2 oder 3 EMRK garantierten Rechtes eines Asylwerbers in seinem Heimatstaat darzulegen. In casu beruft sich die Beschwerde lediglich auf einen Bericht der deutschen Tagesschau und geht von einem Krankheitsbild des BF aus, welches tatsächlich gar nicht vorliegt. Der diesbezügliche Beschwerdeeinwand geht sohin ins Leere.

Zur Beschwerde gegen die Spruchpunkte III. und IV. des angefochtenen Bescheides:

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß dem 8. Hauptstück des FPG zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG 2005 ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zu erteilen:

1.       wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z oder Z 3 FPG seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht,

2.       zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere an Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder

3.       wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz" zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

Der Beschwerdeführer befindet sich mit 2 Unterbrechungen durch seinen illegalen Aufenthalt in Frankreich und Deutschland seit April 2015 im Bundesgebiet, und sein Aufenthalt ist nicht geduldet. Er ist nicht Zeuge oder Opfer von strafbaren Handlungen und auch kein Opfer von Gewalt. Die Voraussetzungen für die amtswegige Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 liegen daher nicht vor, wobei dies weder im Verfahren noch in der Beschwerde auch nur behauptet wurde.

Gemäß § 52 Abs. 2 FPG hat das Bundesamt gegen einen Drittstaatsangehörigen unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

Der Beschwerdeführer ist als Staatsangehöriger von Afghanistan kein begünstigter Drittstaatsangehöriger, und es kommt ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zu, da mit der erfolgten Abweisung seines Antrags auf internationalen Schutz das Aufenthaltsrecht nach § 13 AsylG 2005 mit der Erlassung dieser Entscheidung endet.

Gemäß § 58 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 leg.cit. von Amts wegen zu prüfen, wenn die Rückkehrentscheidung auf Grund des § 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG rechtskräftig auf Dauer für unzulässig erklärt wird.

Voraussetzung für die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 55 AsylG 2005 ist, dass dies zur Aufrechterhaltung des Privat- und Familienlebens gemäß § 9 Abs. 2 BFA-VG iSd Art. 8 EMRK geboten ist. Nur bei Vorliegen dieser Voraussetzung kommt ein Abspruch über einen Aufenthaltstitel nach § 55 AsylG 2005 überhaupt in Betracht (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

§ 9 Abs. 1 bis 3 BFA-VG lautet:

„(1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2. das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3. die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4. der Grad der Integration,

5. die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6. die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8. die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9. die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§§ 45 und 48 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.“

Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jedermann Anspruch auf Achtung seines Privat- und Familienlebens, seiner Wohnung und seines Briefverkehrs. Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Ob eine Verletzung des Rechts auf Schutz des Privat- und Familienlebens iSd Art. 8 EMRK vorliegt, hängt nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte sowie des Verfassungs- und Verwaltungsgerichtshofes jeweils von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab. Die Regelung erfordert eine Prüfung der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit des staatlichen Eingriffs; letztere verlangt eine Abwägung der betroffenen Rechtsgüter und öffentlichen Interessen. In diesem Sinn wird eine Ausweisung – nunmehr Rückkehrentscheidung – nicht erlassen werden dürfen, wenn ihre Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden (und seiner Familie) schwerer wiegen würden als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von ihrer Erlassung.

Die Verhältnismäßigkeit einer Rückkehrentscheidung ist dann gegeben, wenn der Konventionsstaat bei seiner aufenthaltsbeendenden Maßnahme einen gerechten Ausgleich zwischen dem Interesse des Fremden auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens einerseits und dem staatlichen Interesse auf Verteidigung der öffentlichen Ordnung andererseits, also dem Interesse des Einzelnen und jenem der Gemeinschaft als Ganzes gefunden hat. Dabei variiert der Ermessensspielraum des Staates je nach den Umständen des Einzelfalles und muss in einer nachvollziehbaren Verhältnismäßigkeitsprüfung in Form einer Interessenabwägung erfolgen.

Bei dieser Interessenabwägung sind – wie in § 9 Abs. 2 BFA-VG unter Berücksichtigung der Judikatur der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts ausdrücklich normiert wird – die dort genannten Kriterien zu berücksichtigen (vgl. VfSlg. 18.224/2007; VwGH 26.06.2007, 2007/01/0479; 26.01.2006, 2002/20/0423).

Was einen allfälligen Eingriff in das Familienleben des Beschwerdeführers betrifft, ist Folgendes festzuhalten:

Der Begriff des "Familienlebens" in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kleinfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern und Ehegatten, sondern auch entferntere verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine gewisse Intensität aufweisen, etwa ein gemeinsamer Haushalt vorliegt (vgl. dazu EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; Frowein/Peukert, Europäische Menschenrechtskonvention, EMRK-Kommentar, 2. Auflage (1996) Rz 16 zu Art. 8; Baumgartner, Welche Formen des Zusammenlebens schützt die Verfassung? ÖJZ 1998, 761; vgl. auch Rosenmayer, Aufenthaltsverbot, Schubhaft und Abschiebung, ZfV 1988, 1). In der bisherigen Spruchpraxis der Straßburger Instanzen wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; s. auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Kommission auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215).

Der Beschwerdeführer hat in Österreich keine Familienangehörigen und lebt auch nicht in einer eheähnlichen Lebensgemeinschaft, sodass eine Rückkehrentscheidung schon von vornherein keinen Eingriff in sein Recht auf Achtung des Familienlebens darstellen kann.

Die aufenthaltsbeendenden Maßnahmen könnten daher allenfalls lediglich in das Privatleben des Beschwerdeführers eingreifen.

Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. EuGRZ 2006, 554, Sisojeva ua. gegen Lettland). In diesem Zusammenhang kommt dem Grad der sozialen Integration des Betroffenen eine wichtige Bedeutung zu.

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst der verstrichene Zeitraum im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Die zeitliche Komponente ist insofern wesentlich, weil – abseits familiärer Umstände – eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen ist (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541). Der Verwaltungsgerichtshof geht in seinem Erkenntnis vom 26.06.2007, 2007/10/0479, davon aus, dass „der Aufenthalt im Bundesgebiet in der Dauer von drei Jahren […] jedenfalls nicht so lange ist, dass daraus eine rechtlich relevante Bindung zum Aufenthaltsstaat abgeleitet werden könnte“. Darüber hinaus hat der Verwaltungsgerichthof bereits mehrfach zum Ausdruck gebracht, dass einer Aufenthaltsdauer von weniger als fünf Jahren für sich betrachtet noch keine maßgebliche Bedeutung für die durchzuführende Interessenabwägung zukommt (vgl. VwGH 30.07.2015, Ra 2014/22/0055 ua. mwH).

Außerdem ist nach der bisherigen Rechtsprechung auch auf die Besonderheiten der aufenthaltsrechtlichen Stellung von Asylwerbern Bedacht zu nehmen, zumal das Gewicht einer aus dem langjährigen Aufenthalt in Österreich abzuleitenden Integration dann gemindert ist, wenn dieser Aufenthalt led

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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