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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §69 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Fürnsinn und die Hofräte Dr. Hargassner, Dr. Bumberger, Dr. Pallitsch und Dr. Beck als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Hofmann, über die Beschwerde der Kurzentrum L Gesellschaft m.b.H. in D, vertreten durch Dr. Harald Ofner und Dr. Thomas Wagner, Rechtsanwälte in Wien XVI, Schuhmeierplatz 14, gegen den Bescheid des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft vom 5. Mai 1997, Zl. 512.286/01-I 596, betreffend Abweisung eines Wiederaufnahmeantrages in einer Wasserrechtsangelegenheit, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 31. Juli 1996 wurde der beschwerdeführenden Partei gemäß § 138 Abs. 1 lit. a des Wasserrechtsgesetzes 1959 (WRG 1959) aufgetragen,
"1. hinsichtlich der Einleitung von schwebstoffbelasteten Waschwässern (= erste, obere Einleitung) bis spätestens 1.2.1997,
2. hinsichtlich der Einleitung von schwefelhältigem Heilwasser (= zweite, untere Einleitung) bis spätestens 1.8.1997,
bauliche Maßnahmen zu setzen, durch die gewährleistet wird, daß keine derartigen Abwässer aus dem Bereich der Schwefelbäder (der beschwerdeführenden Partei) in den S.-Bach eingeleitet werden können."
Begründet wurde diese Entscheidung damit, die beschwerdeführende Partei leite ohne wasserrechtliche Bewilligung schwefel- und schlammhältige Abwässer in den S.-Bach ein. Da dadurch die ökologische Funktionsfähigkeit dieses Baches wesentlich beeinträchtigt werde, erfordere das öffentliche Interesse ein Vorgehen nach § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959.
Mit Eingabe vom 8. Oktober 1996 beantragte die beschwerdeführende Partei die Wiederaufnahme des Verfahrens. Sie begründete diesen Antrag damit, ihr seien Unterlagen bekannt geworden, aus denen sich ergebe, daß im Jahre 1904 die D.R.K. in Wien namens des Donauregulierungsfonds nördlich des damaligen Badhauses und nunmehrigen Kurzentrums und unmittelbar an dieses anschließende, zum Donauhauptstrom hin gelegene Flächen an Freiherrn von L. verkauft habe, wobei diese Flächen damals mit Donauwasser bedeckt gewesen seien. Der Kaufvertrag enthalte eine Klausel, worin hinsichtlich der verkauften Flächen zu Gunsten des Donauregulierungsfonds bzw. seiner Rechtsnachfolger nachstehende Servituten und Reallasten begründet worden seien, nämlich das Recht zur Ausführung jeglicher Wasserbauten nach vorheriger Verständigung des Grundeigentümers, sofern sich dies aus öffentlichen Rücksichten als notwendig erweisen sollte, insbesondere zur Vornahme von Änderungen an den bestehenden Regulierungs- und Verlandungsbauten und das Recht ihrer Verstärkung oder Rekonstruktion, wie auch zur Herstellung neuer Regulierungs- und Verlandungsbauten. Das "Badhaus" der beschwerdeführenden Partei, um das es seinerzeit im Jahr 1904 gegangen sei und um das es auch heute wieder gehe, sei damals unmittelbar an der Donau gelegen gewesen. Die Abwässer seien unmittelbar und direkt in die Donau eingeleitet worden. In der Folge sei es auf den gegenständlichen Flächen zur Errichtung von Dämmen durch die D.R.K. gekommen und es sei das Gelände aufgeschüttet worden, sodaß aus unter Wasser stehendem Donaubereich festes Land geworden sei. Erst in diesem Rahmen sei auch der S.-Bach hinsichtlich seiner Strecke vom "Badhaus" bis zum Donaustrom in seinem heutigen Bett geschaffen, und es sei auf diese Weise bewirkt worden, daß die Abwässer aus dem "Badhaus" nicht mehr direkt in die Donau, sondern in den von der D.R.K.
hergestellten S.-Bach geflossen seien und noch immer fließen würden. Die D.R.K. bzw. der Donauregulierungsfonds hätten daher eben jenen Zustand herbeigeführt, der nunmehr der beschwerdeführenden Partei von den Rechtsnachfolgern dieser Institutionen, dem Land Niederösterreich und der Republik Österreich, vorgeworfen werde und dessen Beseitigung unter Millionenaufwand von der beschwerdeführenden Partei verlangt werde. Es werde daher die Wiederaufnahme des Verfahrens und in weiterer Folge die Abänderung der in diesem Verfahren ergangenen Bescheide dahingehend beantragt, daß der beschwerdeführenden Partei im Zusammenhang mit den in ihrem "Badhaus" anfallenden Abwässern keine baulichen oder anderen Maßnahmen aufgetragen werden.
Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid vom 5. Mai 1997 wies die belangte Behörde den Wiederaufnahmeantrag ab.
In der Begründung wird ausgeführt, im Gegenstand sei es um ein wasserpolizeiliches Verfahren gegangen und der beschwerdeführenden Partei sei als Verursacherin der konsenslosen Einleitungen ein wasserpolizeilicher Auftrag erteilt worden. Da ein solcher Auftrag primär an denjenigen zu adressieren sei, dem die Übertretung des WRG 1959 zuzurechnen sei, hätte auch das nunmehrige Vorbringen der beschwerdeführenden Partei keinen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeiführen können, da die Donauregulierungskommission durch Dammschüttung und Neuherstellung des S.-Baches bloß die Voraussetzung für das konsenslose Handeln der beschwerdeführenden Partei geschaffen, jedoch nicht selbst den konsenslosen Zustand, nämlich die Abwassereinleitungen, herbeigeführt habe.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts geltend gemacht wird.
Die beschwerdeführende Partei bringt vor, ursprünglich habe eine Direkteinleitung der Abwässer in die Donau stattgefunden. Eine derartige Direkteinleitung in die Donau werde auch von der Wasserrechtsbehörde keineswegs als konsenslos betrachtet; vielmehr sollten die wasserpolizeilich aufgetragenen Arbeiten diesen Zustand wiederherstellen. Die Veränderungen aber, die nunmehr bauliche Maßnahmen zur Wiedererrichtung eines Direktzuflusses in den Donaustrom erforderlich machten, seien nicht von der beschwerdeführenden Partei herbeigeführt worden. Diese habe daher auch die Vorschriften des WRG 1959 nicht übertreten. Im übrigen sei im Kaufvertrag aus dem Jahr 1904 ausdrücklich festgehalten, daß der Donauregulierungsfonds bzw. seine Rechtsnachfolger zur Ausführung jeglicher Wasserbauten berechtigt seien, insbesondere zur Vornahme von Änderungen an den bestehenden Regulierungs- und Verlandungsbauten, zu ihrer Verstärkung oder Rekonstruktion wie auch zur Herstellung neuer Regulierungs- und Verlandungsbauten. Daß hiedurch auch der damit einhergehende Aus- bzw. Umbau der Abwasseranlagen mit umfaßt sei, sei evident. Tatsächlich habe der Donauregulierungsfonds von den im Kaufvertrag begründeten Servituten und Reallasten Gebrauch gemacht, ohne aber die durch die Veränderungen der topografischen Gegebenheiten erforderlichen Aus- bzw. Umbauten der Abwasseranlagen durchzuführen. Rechtsnachfolger des Donauregulierungsfonds sei die Republik Österreich. Somit verlange ausgerechnet jene Körperschaft, die den konsenslosen Zustand herbeigeführt habe, von der beschwerdeführenden Partei nun dessen Beseitigung.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und in der Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Nach § 69 Abs. 1 AVG ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und:
1. der Bescheid durch Fälschung einer Urkunde, falsches Zeugnis oder eine andere gerichtlich strafbare Handlung herbeigeführt oder sonstwie erschlichen worden ist oder
2. neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeigeführt hätten, oder
3. der Bescheid gemäß § 38 von Vorfragen abhängig war und nachträglich über eine solche Vorfrage von der hiefür zuständigen Behörde (Gericht) in wesentlichen Punkten anders entschieden wurde.
Der Wiederaufnahmeantrag der beschwerdeführenden Partei richtete sich gegen den Bescheid der belangten Behörde vom 31. Juli 1996. Mit diesem Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei der wasserpolizeiliche Auftrag erteilt, bauliche Maßnahmen zu setzen, durch die gewährleistet wird, daß keine schwebstoffbelasteten Waschwässer und keine schwefelhältigen Heilwässer aus dem Bereich der Bäder der beschwerdeführenden Partei mehr in den S.-Bach eingeleitet werden können. Die "eigenmächtig vorgenommene Neuerung" im Sinne des § 138 Abs. 1 lit. a WRG 1959, deren Beseitigung mit diesem Bescheid angeordnet worden war, besteht in einem Dauerzustand, nämlich in der dem WRG 1959 zuwiderlaufenden Einleitung von Abwässern in den S.-Bach. Diese Einleitung erfolgt durch die beschwerdeführende Partei. Sie ist damit die Verursacherin dieser eigenmächtig vorgenommenen Neuerung; ihr war der wasserpolizeiliche Auftrag zu erteilen. Der im Wiederaufnahmeantrag vorgebrachte Sachverhalt ändert nichts daran, daß es die beschwerdeführende Partei ist, die ohne wasserrechtliche Bewilligung und damit entgegen den Bestimmungen des WRG 1959 Abwässer in den S.-Bach einleitet. Die im Wiederaufnahmeantrag vorgebrachten Tatsachen sind daher nicht geeignet, einen im Hauptinhalt des Spruches anderslautenden Bescheid herbeizuführen. Zu Recht hat daher die belangte Behörde den Wiederaufnahmeantrag abgewiesen.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997070108.X00Im RIS seit
12.11.2001