TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/8 I403 2141863-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 08.07.2020
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Entscheidungsdatum

08.07.2020

Norm

AsylG 2005 §2 Abs1 Z15
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §3 Abs2
AsylG 2005 §3 Abs4
AsylG 2005 §3 Abs5
AsylG 2005 §75 Abs24
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §24 Abs1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I403 2141863-1/17E
I403 2141863-2/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , StA. Irak, vertreten durch Manuel BAGHDI, Erzbischöfliches Sekretariat, Wollzeile 2, 1010 Wien, gegen Spruchpunkt I. des Bescheides des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom 04.11.2016, Zl. XXXX , sowie gegen den Bescheid vom 18.01.2018, Zl. XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 26.06.2020 zu Recht:

A)

I. Der Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des Bescheides vom 04.11.2016 wird stattgegeben. XXXX wird gemäß § 3 Abs. 1 und Abs. 4 AsylG 2005 der Status eines Asylberechtigten zuerkannt. Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 wird festgestellt, dass XXXX damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

II. Der Bescheid vom 18.01.2018 wird ersatzlos behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer reiste zeitgleich mit seiner Mutter, seinem Bruder Mustafa sowie der Ehefrau und den drei Kindern seines Bruders H XXXX in das Bundesgebiet ein und stellte am 27.11.2015 einen Antrag auf internationalen Schutz, welchen er im Wesentlichen mit der Gefahr einer Verfolgung seiner Familie im Irak durch schiitische Milizen begründete. Sein Bruder H XXXX , welcher bereits zuvor aus dem Irak geflüchtet sei und nunmehr in Österreich leben würde, sei von Angehörigen der schiitischen Miliz Asa’ib Ahl al-Haqq mit dem Tod bedroht worden und hätten diese dessen Geschäft niedergebrannt und auch den Vater des Beschwerdeführers entführt. Aus Angst um ihr Leben seien der Beschwerdeführer sowie seine genannten Angehörigen ebenfalls geflüchtet.

In der Folge wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 27.11.2015 mit dem erstangefochtenen Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA / belangte Behörde) vom 04.11.2016 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 wurde ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak zuerkannt (Spruchpunkt II.). Eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wurde ihm gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 bis zum 04.11.2017 erteilt (Spruchpunkt III.). Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers wurde seitens der belangten Behörde für nicht glaubhaft befunden, ihm jedoch angesichts der zu diesem Zeitpunkt volatilen Sicherheitslage im Irak der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt.

Gegen Spruchpunkt I. des Bescheides wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 06.12.2016 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

Am 30.08.2017 brachte der Beschwerdeführer beim BFA einen Antrag auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter ein.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom 18.01.2018 wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom 30.08.2017 auf Verlängerung seiner befristeten Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter gemäß § 8 Abs. 4 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.). Der ihm mit Bescheid vom 04.11.2016 zuerkannte Status des subsidiär Schutzberechtigten wurde ihm gemäß § 9 Abs. 1 AsylG 2005 von Amts wegen aberkannt (Spruchpunkt II.). Die mit Bescheid vom 04.11.2016 erteilte befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter wurde ihm gemäß § 9 Abs. 4 AsylG 2005 entzogen (Spruchpunkt III.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt IV.). Gemäß § 10 Abs. 1 Ziffer 3 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG erlassen (Spruchpunkt V.). Es wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 46 FPG in den Irak zulässig sei (Spruchpunkt VI.). Die Frist für die freiwillige Ausreise wurde gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG mit zwei Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgesetzt (Spruchpunkt VII.). Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass sich die Sicherheitslage im Irak insoweit gebessert habe, dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten im Falle des Beschwerdeführers nicht mehr vorliegen würden.

Gegen den zweitangefochtenen Bescheid wurde fristgerecht mit Schriftsatz vom 09.02.2018 Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht erhoben.

Aufgrund einer Verfügung des Geschäftsverteilungsausschusses vom 15.04.2020 wurden die gegenständlichen Rechtssachen der Gerichtsabteilung I403 des Bundesverwaltungsgerichtes neu zugewiesen.

Am 26.06.2020 wurde vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle XXXX , eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers abgehalten. Hierbei brachte er insbesondere vor, sich nunmehr dem christlichen Glauben zugewandt zu haben.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger des Irak und gehört der Volksgruppe der Araber an. Er ist ledig und kinderlos. Seine Identität steht fest.

Er leidet an keiner lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung und ist erwerbsfähig.

Er hält sich seit 27.11.2015 im Bundesgebiet auf.

Der Beschwerdeführer war sunnitischer Moslem, hat sich in Österreich jedoch aus innerer Überzeugung dem Christentum zugewandt. Er ist Mitglied der römisch-katholischen Kirche und befindet sich in unmittelbarer Vorbereitung auf seine Taufe.

Er stammt aus Bagdad, wo er bis zu seiner Ausreise gelebt hat. Er hat in seinem Herkunftsstaat zwölf Jahre die Schule besucht und im Anschluss seinen Lebensunterhalt als Maler bestritten.

Eine Schwester des Beschwerdeführers hält sich noch im Irak auf, ein Bruder von ihm lebt in der Türkei.

Der Beschwerdeführer befindet sich in keiner Beziehung oder Lebensgemeinschaft und lebt alleine in einem Haushalt. Sein Bruder XXXX ; Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 08.07.2020, Zl. I403 2141866-2), mit welchem er zusammen ins Bundesgebiet eingereist ist, ist in Österreich subsidiär Schutzberechtigter. Sein Bruder H XXXX (IFA-Zl. XXXX lebt mit seiner Ehefrau und drei Kindern als Asylberechtigter in Österreich. Eine Schwester des Beschwerdeführers (IFA-Zl. XXXX ) hält sich mit ihrem Ehemann und zwei Kindern als subsidiär Schutzberechtigte in Österreich auf. Die Mutter des Beschwerdeführers (IFA-Zl. XXXX ), welche ebenfalls mit ihm zeitgleich nach Österreich kam, ist am XXXX 2018 verstorben.

Der Beschwerdeführer ging seit Jänner 2018 in Österreich diversen Erwerbstätigkeiten als Arbeiter – nicht durchgehend und vielfach unterbrochen durch den Bezug von Arbeitslosengeld – nach. Seit dem 26.05.2020 ist er als Arbeiter in einem Logistikunternehmen beschäftigt. Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht er zum Entscheidungszeitpunkt nicht.

Der Beschwerdeführer besucht regelmäßig einen katholischen Gottesdienst und hat insbesondere im Bereich der katholischen Gemeinschaft in Österreich Freundschaften geschlossen.

Er spricht Deutsch auf A1-Niveau und hat diverse Integrationskurse in Österreich besucht.

Er ist strafrechtlich unbescholten.

1.2. Zu einer Rückkehrgefährdung des Beschwerdeführers:

Im Falle einer Rückkehr in den Irak ist der Beschwerdeführer aufgrund seiner Abwendung vom Islam sowie seiner Zuwendung zum Christentum sowohl der Gefahr einer staatlichen Verfolgung als auch einer Verfolgung durch nicht-staatliche Akteure in Gestalt von Stammesmilizen oder extremistischen Islamisten ausgesetzt und kann er sich einer Verfolgung auch nicht durch Umsiedlung in einen anderen Landesteil entziehen.

1.3. Zu den Feststellungen zur Lage im Irak:

Zur aktuellen Lage im Irak werden folgende Feststellungen getroffen, soweit sie für den vorliegenden Beschwerdefall von Relevanz sind:

„Religionsfreiheit

Die Verfassung erkennt das Recht auf Religions- und Glaubensfreiheit weitgehend an. Gemäß Artikel 2 Absatz 1 ist der Islam Staatsreligion und eine Hauptquelle der Gesetzgebung (AA 12.1.2019). Es darf kein Gesetz erlassen werden, das den „erwiesenen Bestimmungen des Islams“ widerspricht. In Absatz 2 wird das Recht einer jeden Person auf Religions- und Glaubensfreiheit sowie das Recht auf deren Ausübung garantiert. Explizit erwähnt werden in diesem Zusammenhang Christen, Jesiden und Mandäer-Sabäer, jedoch nicht Anhänger anderer Religionen oder Atheisten (RoI 15.10.2005; vgl. USDOS 21.6.2019).

Artikel 3 der Verfassung legt ausdrücklich die multiethnische, multireligiöse und multikonfessionelle Ausrichtung des Irak fest, betont aber auch den arabisch-islamischen Charakter des Landes (AA 12.1.2019; vgl. ROI 15.10.2005). Artikel 43 verpflichtet den Staat zum Schutz der religiösen Stätten (AA 12.1.2019; vgl. ROI 15.10.2005).

Die folgenden religiösen Gruppen werden durch das Personenstandsgesetz anerkannt: Muslime, chaldäische Christen, assyrische Christen, assyrisch-katholische Christen, syrisch-orthodoxe Christen, syrisch-katholische Christen, armenisch-apostolische Christen, armenisch-katholische Christen, römisch-orthodoxe Christen, römisch-katholische Christen, lateinisch-dominikanische Christen, nationale Protestanten, Anglikaner, evangelisch-protestantische Assyrer, Adventisten, koptisch-orthodoxe Christen, Jesiden, Sabäer-Mandäer und Juden. Die staatliche Anerkennung ermöglicht es den Gruppen, Rechtsvertreter zu bestellen und Rechtsgeschäfte wie den Kauf und Verkauf von Immobilien durchzuführen. Alle anerkannten religiösen Gruppen haben ihre eigenen Personenstandsgerichte, die für die Behandlung von Ehe-, Scheidungs- und Erbschaftsfragen zuständig sind. Laut der Regierung gibt es jedoch kein Personenstandsgericht für Jesiden (USDOS 21.6.2019).

Das Gesetz verbietet die Ausübung des Bahai-Glaubens und der wahhabitischen Strömung des sunnitischen Islams (USDOS 21.6.2019; vgl. UNHCR 5.2019).

Die alten irakischen Personalausweise enthielten Informationen zur Religionszugehörigkeit einer Person, was von Menschenrechtsorganisationen als Sicherheitsrisiko im aktuell herrschenden Klima religiös-konfessioneller Gewalt kritisiert wurde. Mit Einführung des neuen Personalausweises wurde dieser Eintrag zeitweise abgeschafft. Mit Verabschiedung eines Gesetzes zum neuen Personalausweis im November 2015 wurde allerdings auch wieder ein religiöse Minderheiten diskriminierender Passus aufgenommen (AA 12.1.2019). Die Religionen, die auf dem Antrag für den nationalen Personalausweis angegeben werden können, sind christlich, sabäisch-mandäisch, jesidisch, jüdisch und muslimisch. Dabei wird zwischen den verschiedenen Konfessionen des Islams (Shi‘a-Sunni) bzw. den unterschiedlichen Denominationen des Christentums nicht unterschieden. Personen, die anderen Glaubensrichtungen angehören, können nur dann einen Ausweis erhalten, wenn sie sich selbst als Muslim, Jeside, Sabäer-Mandäer, Jude oder Christ deklarieren (USDOS 21.6.2019) Artikel 26 besagt, dass Kinder eines zum Islam konvertierenden Elternteils automatisch auch als zum Islam konvertiert geführt werden (AA 12.1.2019). Es wird berichtet, dass das Gesetz faktisch zu Zwangskonvertierungen führt, indem Kinder mit nur einem muslimischen Elternteil als Muslime angeführt werden müssen. Christen, die formell als Muslims registriert sind, aber den christlichen oder einen anderen Glauben praktizieren, berichten auch, dass sie gezwungen sind, ihr Kind als Muslim zu registrieren oder das Kind undokumentiert zu lassen, was die Berechtigung auf staatliche Leistungen beeinträchtigt (USDOS 21.6.2019; vgl. USCIRF 4.2019).

Die meisten religiös-ethnischen Minderheiten sind im irakischen Parlament vertreten. Grundlage bildet ein Quotensystem bei der Verteilung der Sitze (fünf Sitze für die christliche Minderheit sowie jeweils einen Sitz für Jesiden, Mandäer-Sabäer, Schabak und Faili Kurden). Das kurdische Regionalparlament sieht jeweils fünf Sitze für Turkmenen, Chaldäer und assyrische Christen sowie einen für Armenier vor (AA 12.1.2019).

Institutionelle und gesellschaftliche Einschränkungen der Religionsfreiheit sowie Gewalt gegen Minderheitengruppen sind nach Ansicht von Religionsführern und Vertretern von Nichtregierungsorganisationen (NGO), die sich auf Religionsfreiheit konzentrieren, nach wie vor weit verbreitet. Internationale und lokale NGOs geben an, dass die Regierung das Anti-Terror-Gesetz weiterhin als Vorwand nutzt, um Personen ohne zeitgerechten Zugang zu einem rechtmäßigen Verfahren festzuhalten (USDOS 21.6.2019). Diskriminierung von Minderheiten durch Regierungstruppen, insbesondere durch manche PMF-Gruppen, und andere Milizen, sowie das Vorgehen verbliebener aktiver IS-Kämpfer, hat ethnisch-konfessionelle Spannungen in den umstrittenen Gebieten weiter verschärft. Es kommt weiterhin zu Vertreibungen wegen vermeintlicher IS- Zugehörigkeit. Kurden und Turkmenen in Kirkuk, sowie Christen und andere Minderheiten im Westen Ninewas und in der Ninewa-Ebene berichten über willkürliche und unrechtmäßige Verhaftungen durch Volksmobilisierungskräfte (PMF) (USDOS 11.3.2020).

Da Religion, Politik und Ethnizität oft eng miteinander verbunden sind, ist es schwierig, viele Vorfälle als ausschließlich auf religiöser Identität beruhend zu kategorisieren (USDOS 11.3.2020).

Vertreter religiöser Minderheiten berichten, dass die Zentralregierung im Allgemeinen nicht in religiöse Handlungen eingreift und sogar für die Sicherheit von Gotteshäusern und anderen religiösen Stätten, einschließlich Kirchen, Moscheen, Schreinen, religiösen Pilgerstätten und Pilgerrouten, sorgt. Manche Minderheitenvertreter berichten jedoch über Schikane und Restriktionen durch lokale Behörden (USDOS 21.6.2019).

Vertreter religiöser Minderheiten berichten weiterhin über Druck auf ihre Gemeinschaften Landrechte abzugeben, wenn sie sich nicht stärker an islamische Gebote halten (USDOS 21.6.2019).

Die Kurdische Region im Irak (KRI) war für viele religiöse und ethnische Minderheiten im Nordirak ein wichtiger Zufluchtsort, während der Phase der konfessionellen Gewalt nach 2003 und während der IS-Krise (USCIRF4.2019). Einige jesidische und christliche Führer berichten über Schikanen und Misshandlungen durch Peshmerga und Asayesh im von der kurdischen Regionalregierung (KRG) kontrollierten Teil von Ninewa, jedoch sagen einige dieser Führer, dass die Mehrheit dieser Fälle eher politisch als religiös motiviert seien (USDOS 21.6.2019).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

-        RoI - Republic of Iraq (15.10.2005): Constitution of the Republic of Iraq, http://www.refworld.org/docid/454f50804.html, Zugriff 13.3.2020

-        UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (5.2019): International Protection Considerations with Regard to People Fleeing the Republic of Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2007789/5cc9b20c4.pdf, Zugriff 13.3.2020

-        USCIRF - US Commission on International Religious Freedom (4.2019): United States Commission on International Religious Freedom 2019 Annual Report; Country Reports: Tier 2 Countries: Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2008186/Tier2_IRAQ_2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

-        USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026340.html, Zugriff 13.3.2020

-        USDOS - US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: https://www.ecoi.net/de/dokument/2011175.html, Zugriff 13.3.2020

Konversion und Apostasie

Das Strafgesetzbuch kennt keine aus dem islamischen Recht übernommenen Straftatbestände, wie z.B. den Abfall vom Islam; auch spezielle, in anderen islamischen Ländern existierende Straftatbestände, wie z.B. die Beleidigung des Propheten, existieren nicht (AA 12.1.2019). Das Zivilgesetz sieht einen einfachen Prozess für die Konversion eines Nicht-Muslims zum Islam vor. Die Konversion eines Muslims zu einer anderen Religion ist jedoch gesetzlich verboten (USDOS 21.6.2019; vgl. EASO 3.2019). Personen, die vom Islam zu einer anderen Religion übertreten, müssen ihre Kinder daher weiterhin als Muslime registrieren (DIS/Landinfo 9.11.2018). Muslimische Männer dürfen eine nicht-muslimische Frau heiraten, muslimische Frauen dürfen jedoch keine Nicht-Muslime heiraten (RoI 30.12.1959).

Personen, die vom Islam zum Christentum konvertieren, können auf Schwierigkeiten mit den Behörden stoßen. Hauptursache für Probleme stellen in der Regel jedoch die Gesellschaft und die Familie dar (EASO 6.2019; vgl. Open Doors 4.2019). Es wird nur selten über Fälle offener Konversion vom Islam zum Christentum berichtet. Personen halten eine Konversion geheim, da Feindseligkeit gegenüber Konvertiten aus der islamischen irakischen Gesellschaft weit verbreitet sind. Familien und Stämme können die Konversion eines ihrer Angehörigen als einen Affront gegen ihre kollektive „Ehre“ interpretieren, weswegen eine offene Konversion Ächtung und/oder Gewalt durch die Gesellschaft, den Stamm, die Familie oder bewaffnete Gruppen nach sich ziehen kann (UNHCR 5.2019).

Es gibt keine gemeldeten Fälle von Personen, die in der Kurdischen Region im Irak (KRI) wegen eines Religionswechsels vor Gericht gestellt wurden. Die Zahl der zum Christentum konvertierten Personen in der KRI wird auf wenige hundert geschätzt (EASO 6.2019). Personen, die vom Islam zu Christentum konvertieren, sind in der KRI in Gefahr Opfer von (auch tödlicher) Gewalt zu werden (DIS/Landinfo 9.11.2018).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

-        DIS/Landinfo - Danish Immigration Service; Norwegian Country of Origin Information Center (9.11.2018): Kurdistan Region of Iraq (KRI): Women and men in honour-related conflicts, https://www.ecoi.net/en/file/local/2016438/Iraq-KRI-Women-and-men-in-honour-related-conflicts-Udl%C3%A6ndingestyrelsen-og-Landinfo-09112018.pdf, Zugriff 13.3.2020

-        EASO - European Asylum Support Office (6.2019): Country Guidance: Iraq; Guidance note and common analysis, https://www.easo.europa.eu/sites/default/files/Country_Guidance_Iraq_2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

-        EASO - European Asylum Support Office (3.2019): Iraq; Targeting of Individuals, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003960/Iraq_targeting_of_individuals.pdf, Zugriff 13.3.2020

-        Open Doors (2020): World Watch List - Iraq, https://www.opendoorsusa.org/christian-persecution/world-watch-list/iraq/, Zugriff 13.3.2020

-        RoI - Republic of Iraq (30.12.1959) Iraq: Personal Status Law and Its Amendments (1959) [Iraq], https://www.refworld.org/docid/5c7664947.html, Zugriff 13.3.2020

-        UNHCR - UN High Commissioner for Refugees (5.2019): International Protection Considerations with Regard to People Fleeing the Republic of Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2007789/5cc9b20c4.pdf, Zugriff 13.3.2020

-        USDOS - US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: https://www.ecoi.net/de/dokument/2011175.html, Zugriff 13.3.2020

Christen

Schätzungen gehen davon aus, dass heute noch etwa 200.000 bis 400.000 Christen im Irak leben (zum Vergleich 2003: 1,5 Mio.) (AA 12.1.2019). Nach Angaben christlicher Führer sind weniger als 250.000 Christen im Irak verblieben (USCIRF 4.2019; vgl. USDOS 21.6.2019). Kernland der christlichen Gemeinschaften im Irak ist der Nordwesten des Landes, die Ninewa-Ebene (USCIRF 4.2019). Ca. 67% der irakischen Christen sind chaldäische Katholiken, fast 20% Mitglieder der Assyrischen Kirche des Ostens. Der Rest sind syrisch-orthodoxe, syrisch-katholische, armenisch-katholische, armenisch-apostolische, anglikanische Christen und andere Protestanten. In der Kurdischen Region im Irak (KRI) gibt es etwa 3.000 evangelikale Christen (Angehörige protestantischer Freikirchen) (USDOS 21.6.2019).

Das Christentum ist per Personenstandsgesetz anerkannt und kann auf den nationalen Identitätsausweisen ausgewiesen werden. Religiöse Angelegenheiten der Christen werden durch das Amt (Diwan) für Religiöse Stiftungen für Christen, Jesiden und Mandäer/Sabäer verwaltet (USDOS 21.6.2019).

Die Situation der Christen (v. a. assyrische sowie mit Rom unierte chaldäische Christen) hat sich kirchlichen Quellen zufolge seit Ende der Diktatur 2003 stark verschlechtert. Viele Christen sehen für sich keine Zukunft im Irak. In den vergangenen Jahren sind daher hunderttausende irakische Christen ins Ausland geflohen (AA 12.1.2019). Nach dem Vormarsch des IS auf Mossul und das umliegende christliche Kernland ergriffen im Sommer 2014 zehntausende Christen die Flucht in die Kurdische Region im Irak (KRI) und vereinzelt auch nach Bagdad (AA 12.1.2019). Eine begrenzte Anzahl assyrischer und chaldäischer Christen kehrte in ihre Heimat in der Ninewa-Ebene zurück, wie z.B. nach Qaraqosh (USCIRF 4.2019). Viele warten aber noch darauf, dass die mittlerweile befreiten christlichen Städte um Mossul für eine Rückkehr sicher genug und zumindest teilweise wieder aufgebaut sind (AA 12.1.2019). Es mangelt aber an wiederhergestellter Infrastruktur, und es besteht die Gefahr von IS-Sprengfallen und Blindgängern (USCIRF 4.2019).

Es kommt immer wieder zu Angriffen auf Priester, Bombenanschlägen auf Kirchen und christliche Einrichtungen sowie Übergriffen auf von Christen geführte Lebensmittelgeschäfte, in denen gegebenenfalls auch alkoholhaltige Getränke angeboten werden (AA 12.1.2019).

Christen in den von der PMF kontrollierten Städten, insbesondere im mehrheitlich christlichen Distrikt Hamdaniya in Ninewa berichten über Belästigung christlicher Frauen durch PMF-Mitglieder. Christen berichten auch über Versuche von Teilen der Zentralregierung in Bagdad, einen demographischen Wandel zu erleichtern, indem in traditionell christlichen Gebieten Land und Wohnungen für schiitische und sunnitische Muslime zur Verfügung gestellt werden (USDOS 21.6.2019). Die irakische Regierung hat Beschwerden assyrischer und chaldäischer Christen über eine illegale Enteignung ihres Landes im Anschluss an ihre vorübergehende Vertreibung durch den IS im Gouvernement Ninewa weitgehend ignoriert. Heimkehrende christliche Familien sehen sich mit einem Besitzanspruch sunnitischer Araber oder Kurden konfrontiert (USCIRF 4.2019).

Christen werden von der muslimischen Mehrheitsbevölkerung bei von muslimischen Moralvorstellungen abweichendem Verhalten, wie z.B. Alkoholverkauf, unter Druck gesetzt, manchmal auch durch PMF (DIS/Landinfo 5.11.2018).

In der KRI haben seit 2003 viele christliche Flüchtlinge aus anderen Landesteilen Zuflucht gefunden. Es gibt dort keine Anzeichen für staatliche Diskriminierung. Viele Christen haben bereits seit dem Sturz des Regimes von Saddam Hussein in der KRI Zuflucht gefunden. Es gibt christliche Städte oder auch große christliche Viertel in Großstädten wie beispielsweise Ankawa in Erbil, in denen Christen in Frieden leben können (AA 12.1.2019). Die kurdischen Regionalregierung (KRG) hat zusätzlich zu den durch die Zentralregierung anerkannten Religionsgemeinschaften elf evangelikale und andere protestantische Kirchen registriert: die Nahda al-Qadassa Kirche in Erbil und Dohuk, die evangelische Nasari Kirche in Dohuk, die kurdisch-zamanische Kirche in Erbil, die evangelische Ashti Kirche in Sulaymaniyah, die evangelische Freikirche in Dohuk, die Baptistenkirche des Guten Hirten in Erbil, die internationale evangelische al-Tasbih Kirche in Dohuk, die Rasolia Kirche in Erbil, die Vereinigte evangelische Kirche in Erbil, die Assemblies of God in Erbil und die Kirche der Siebenten-Tages-Adventisten in Erbil. Die KRG gestattet die Registrierung neuer christlicher Kirchen ab mindestens 50 Gläubigen. Außerdem können sich christliche Gruppen beim Rat der irakischen christlichen Kirchenführer registrieren, was ihnen Zugang zu Leistungen des kurdischen Ministeriums für Stiftungen und religiöse Angelegenheiten (MERA) und christlichen Stiftung gewährt (USDOS 21.6.2019).

Es gibt 56 syriakische Schulen in der KRI und die syriakische Sprache ist in jenen Verwaltungseinheiten, in denen Christen in großer Dichte auftreten, als Amtssprache anerkannt (USDOS 21.6.2019).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

-        DIS/Landinfo - Danish Immigration Service; Norwegian Country of Origin Information Center (5.11.2018): Northern Iraq: Security situation and the situation for internally displaced persons (IDPs) in the disputed areas, incl. possibility to enter and access the Kurdistan Region of Iraq (KRI), https://www.ecoi.net/en/file/local/1450541/1226_1542182184_iraq-report-security-idps-and-access-nov2018.pdf, Zugriff 13.3.2020

-        USCIRF - US Commission on International Religious Freedom (4.2019): United States Commission on International Religious Freedom 2019 Annual Report; Country Reports: Tier 2 Countries: Iraq, https://www.ecoi.net/en/file/local/2008186/Tier2_IRAQ_2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

-        USDOS - US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: https://www.ecoi.net/de/dokument/2011175.html, Zugriff 13.3.2020

Einreise und Einwanderung in die Kurdische Region im Irak (KRI)

Die Kurdischen Region im Irak (KRI) schränkt die Bewegungsfreiheit in den von ihr verwalteten Gebieten ein (USDOS 11.3.2020). Während die Einreise in die Gouvernements Erbil und Sulaymaniyah ohne Bürgen möglich ist, wird für die Einreise nach Dohuk ein Bürge benötigt. Insbesondere Araber aus den ehemals vom IS kontrollierten Gebieten, sowie Turkmenen aus Tal Afar im Gouvernement Ninewa benötigen einen Bürgen aus Dohuk, es sei denn, sie erhalten eine vorübergehende Reisegenehmigung vom Checkpoint in der Nähe des Dorfes Hatara. Diese Genehmigung wird für kurzfristige Besuche aus medizinischen oder ähnlichen Gründen erteilt (UNHCR 11.2019).

Inner-irakische Migration aus dem Zentralirak in die KRI ist grundsätzlich möglich. Durch ein Registrierungsverfahren wird der Zuzug jedoch kontrolliert (AA 12.1.2019). Wer dauerhaft bleiben möchte, muss sich bei der Asayish-Behörde des jeweiligen Bezirks anmelden (AA 12.1.2019; vgl. UNHRC 11.2019). Eine Sicherheitsfreigabe ist dabei in allen Regionen der KRI notwendig (UNHCR 11.2019). Die Behörden verlangen von Nicht-Ortsansässigen, dass sie einen in der Region ansässigen Bürgen vorweisen können (USDOS 11.3.2020). Eine zusätzliche Anforderung für alleinstehende arabische und turkmenische Männer ist, dass sie eine feste Anstellung und ein Unterstützungsschreiben ihres Arbeitgebers vorweisen müssen (UNHCR 11.2019). In Dohuk muss eine Person in Begleitung des Bürgen, der die Einreise ermöglicht, vorstellig werden, um eine Aufenthaltskarte („Informationskarte“) zu erhalten (UNHCR 11.2019). Die Aufenthaltsgenehmigung ist in der Regel einjährig erneuerbar (UNHCR 11.2019; vgl. USDOS 11.3.2020). Personen ohne feste Anstellung erhalten jedoch nur eine einmonatige, erneuerbare Genehmigung (UNHCR 11.2019). Informationen über die Anzahl der Anträge und Ablehnungen werden nicht veröffentlicht (AA 12.1.2019). Bürger, die aus dem Zentral- oder Südirak in die KRI einreisen (egal welcher ethno-religiösen Gruppe sie angehörten, auch Kurden) müssen Checkpoints passieren und Personen- und Fahrzeugkontrollen über sich ergehen lassen (USDOS 11.3.2020).

Die KRI-Behörden wenden Beschränkungen unterschiedlich streng an. Die Wiedereinreise von IDPs und Flüchtlingen wird - je nach ethno-religiösem Hintergrund und Rückkehrgebiet - mehr oder weniger restriktiv gehandhabt. Checkpoints werden manchmal für längere Zeit geschlossen. Beamte hindern Personen, die ihrer Meinung nach ein Sicherheitsrisiko darstellen könnten, an der Einreise in die Region. Die Einreise ist für Männer oft schwieriger, insbesondere für arabische Männer, die ohne Familie reisen (USDOS 11.3.2020).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff 13.3.2020

-        UNHCR - United Nations High Commissioner for Refugees (11.2019): Iraq: Country of Origin Information on Access and Residency Requirements in Iraq (Update I), https://www.ecoi.net/en/file/local/2019573/5dc04ef74.pdf, Zugriff 13.3.2020

-        USDOS - US Department of State (11.3.2020): Country Report on Human Rights Practices 2019 – Iraq, https://www.ecoi.net/de/dokument/2026340.html, Zugriff 13.3.2020”

2. Beweiswürdigung:

Die erkennende Einzelrichterin des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach dem Grundsatz der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Sachverhalt:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des BFA und der vorliegenden Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes. Auskünfte aus dem Strafregister (SA), dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR), dem Hauptverband österreichischer Sozialversicherungsträger (AJWEB-P) und der Grundversorgung (GVS) wurden ergänzend zum vorliegenden Akt eingeholt.

Ergänzend wurde Einsicht genommen in die ho. Gerichtsakten zu den Verfahrenszahlen I403 2141866-1 und I403 2141866-2 hinsichtlich der Verfahren seines in Österreich lebenden Bruders M XXXX , darüber hinaus in den ho. Gerichtsakt zur Zl I411 2141860-2 hinsichtlich des Verfahrens der zwischenzeitlich verstorbenen Mutter des Beschwerdeführers.

Zudem wurde am 26.06.2020 vor dem Bundesverwaltungsgericht, Außenstelle XXXX , eine mündliche Beschwerdeverhandlung in Anwesenheit des Beschwerdeführers und seines Beschwerdeführers abgehalten.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund seines in Vorlage gebrachten und in Kopie im Akt befindlichen irakischen Personalausweises, Führerscheins sowie Staatsbürgerschaftsnachweises fest.

Die Feststellungen hinsichtlich seiner Lebensumstände, seiner Familienverhältnisse, seiner Herkunft, seiner Volksgruppenzugehörigkeit, seiner Schulbildung und Berufserfahrung sowie zu seiner Erwerbsfähigkeit ergeben sich aus den diesbezüglich glaubhaften Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde sowie dem Bundesverwaltungsgericht. Es ist im Verfahren nichts hervorgekommen, das Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufkommen lässt.

Der Umstand, dass seinem Bruder M XXXX der Status des subsidiär Schutzberechtigten zukommt, ergibt sich aus einer Einsichtnahme in den betreffenden Gerichtsakt. Dass sein Bruder H XXXX mit seiner Ehefrau und drei Kindern als Asylberechtigter in Österreich lebt, ergibt sich aus einer Abfrage im Informationsverbund Zentrales Fremdenregister (IZR) sowie im zentralen Melderegister der Republik, ebenso wie der Aufenthalt einer weiteren Schwester des Beschwerdeführers als subsidiär Schutzberechtigte mit ihrem Ehemann und zwei Kindern. Die Feststellung, dass die Mutter des Beschwerdeführers, welche ebenfalls mit ihm zusammen nach Österreich kam, am 1 XXXX 2018 verstorben ist, ergibt sich aus einer Sterbeurkunde in ihrem ho. Gerichtsakt zur Zl. I411 2141860-2 sowie aus einer Abfrage im zentralen Melderegister der Republik.

Zum Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ist festzuhalten, dass seiner Beschwerde gegen den zweitangefochtenen Bescheid ein Befund eines Allgemeinmediziners, datiert mit 06.02.2018, angeschlossen war, in welchem ihm Depressionen, Schlafstörungen, Traumatisierung sowie Panikattacken attestiert werden. Abgesehen von dem Umstand, dass die Diagnosen in dem vorgelegten Befund nicht einem Code des weltweit anerkannten Klassifikationssystem (ICD-10) zugeordnet worden sind und auch nicht schlüssig erkennbar ist, anhand welcher Symptome der Arzt für Allgemeinmedizin zu den betreffenden Diagnosen gelangte - sodass die Aussagekraft des vorgelegten Befundes unter diesem Gesichtspunkt kritisch zu hinterfragen ist, ging der Beschwerdeführer seit Jänner 2018, wenngleich nicht durchgehend, immer wieder diversen Erwerbstätigkeiten in Österreich als Arbeiter nach und wurde von ihm zu keinem Zeitpunkt eine Minderung seiner Erwerbsfähigkeit und auch seit Februar 2018 keine weitere, wie auch immer geartete Gesundheitsbeeinträchtigung mehr geltend gemacht. Aufgrund des erhobenen Sachverhaltes ist davon auszugehen, dass er an keiner lebensbedrohlichen oder dauerhaft behandlungsbedürftigen Gesundheitsbeeinträchtigung leidet und erwerbsfähig ist.

Die diversen Erwerbstätigkeiten des Beschwerdeführers als Arbeiter seit Jänner 2018, sein Bezug von Arbeitslosengeld sowie seine aktuelle Beschäftigung seit dem 26.05.2020 als Arbeiter in einem Logistikunternehmen ergeben sich aus einer Abfrage im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger, seine derzeitige Berufsausübung überdies aus einem vorgelegten Arbeitsvertrag vom 23.04.2020.

Der Umstand, dass der Beschwerdeführer zum Entscheidungszeitpunkt keine Leistungen aus der staatlichen Grundversorgung bezieht, ergibt sich aus einer Abfrage in der Applikation Betreuungsinformation (Grundversorgung).

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer Bekanntschaften in Österreich geschlossen hat, ergibt sich aus insgesamt sechs vorgelegten Unterstützungs- sowie Bestätigungsschreiben.

Die Deutsch-Kenntnisse des Beschwerdeführers auf A1-Niveau ergeben sich aus einem in Vorlage gebrachten Prüfungszeugnis vom 21.06.2017, seine diversen, in Österreich besuchten Integrationskurse aus diesbezüglich vorgelegten Bestätigungsschreiben.

Die Feststellung über die strafgerichtliche Unbescholtenheit des Beschwerdeführers ergibt sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich.

2.3. Zur Konfession des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer hatte vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl vorgebracht, sunnitischer Moslem zu sein. Im Rahmen der Beschwerdeverhandlung am 26.06.2020 gab er erstmalig an, sich in Österreich vom islamischen Glauben abgewandt und sich dem christlichen Glauben zugewandt zu haben. Um sein diesbezügliches Vorbringen zu untermauern, brachte er insgesamt vier Schreiben von christlichen Kirchenvertretern/-vertretungen in Vorlage.

Im ersten Schreiben des „Instituts XXXX “ vom 30.08.2018 wird bestätigt, dass der Beschwerdeführer am 30.08.2018 nach dem „Rituale Romanum“ in der Kapelle eines Stifts in den Katechumenat der katholischen Kirche aufgenommen worden sei und ihm dadurch die Mitgliedschaft in der römisch-katholischen Kirche zukomme. Er stehe in der Ausbildung und unmittelbaren Vorbereitung auf die Taufe, wobei die katholische Kirche am Prinzip eines dreistufigen Katechumenats für die Erwachsenentaufe festhalte, womit die gründliche Vermittlung von Glaubenswissen als auch die ganzheitliche Einübung in das christliche Leben bezweckt werde.

Aus einem vorgelegten Schreiben der römisch-katholischen Kirche XXXX vom 17.06.2020 geht hervor, dass der Beschwerdeführer und seine Angehörigen in Österreich der Kirchengemeinde gut bekannt seien. Anfang 2016 seien der Beschwerdeführer, seine beiden Brüder sowie die Ehefrau und die Kinder seines ältesten Bruders H XXXX zur Heiligen Messe in die Pfarre gekommen und hätten sich bereit erklärt, freiwillig in der Kirche zu helfen. H XXXX und dessen Ehefrau und Kinder hätten bereits am 17.06.2017 das Sakrament der Taufe empfangen, während sich eine Tochter derzeit auf das Sakrament der Firmung vorbereite. Der Beschwerdeführer und sein Bruder M XXXX würden aktuell Unterricht sowie Katechese bekommen, wobei der Beschwerdeführer am 30.08.2019 in die katholische Kirche (1. Stufe des Katechumenats) aufgenommen worden sei. Seit September 2017, jenem Zeitpunkt, als der derzeitige Pfarrer in die besagte Kirchengemeinde gekommen sei, hätten der Beschwerdeführer und seine Angehörigen regelmäßig beim Kirchtag, bei Flohmärkten, beim Suppentag sowie bei verschiedenen Pfarraktivitäten fleißig sowie unentgeltlich geholfen. Auch als der Beschwerdeführer und sein Bruder M XXXX Ende 2017 nach Wien gezogen seien, wären sie der Pfarre verbunden geblieben und hätten weiterhin und bis zuletzt die pfarrlichen Tätigkeiten unterstützt.

Datiert mit dem 22.06.2020 wurde ein weiteres Schreiben des „Instituts XXXX “ in Vorlage gebracht, in welchem ergänzend vorgebracht wird, dass der Beschwerdeführer seit Jänner 2019 regelmäßig im katholischen Glauben unterrichtet und nach etwa vier Monaten des gegenseitigen Kennenlernens, in welchen seine Motivation, seine Glaubwürdigkeit sowie seine persönlichen Erwartungen und religiösen Vorstellungen gründlich besprochen sowie geklärt worden seien, in den sogenannten „Vorkatechumenat“ aufgenommen worden sei. Es werde bescheinigt, dass der Beschwerdeführer ein bemühter, ernstzunehmender Taufwerber sei, wobei seine Glaubenskurse aufgrund der aktuellen Corona-Pandemie kurzzeitig eingestellt worden seien. Man hoffe jedoch, ihn noch im Juli 2020 in die zweite Stufe der Taufvorbereitung aufnehmen zu können und dass er Mitte September, nach positivem Abschluss des Katechumenats-Kurses, mit der offiziellen Tauf- und Firm-Erlaubnis des Erzbischofs Dr. Christoph Kardinal Schönborn zur Taufe zugelassen werden könne. Es werde bestätigt, dass die Konversion des Beschwerdeführers zur Katholischen Kirche aufrichtig und nachhaltig sei.

Zuletzt wurde noch ein Schreiben („Empfehlung“) des Kardinals Dr. Christoph Schönborn, Erzbischof von Wien, vom 23.06.2020 in Vorlage gebracht. In diesem wird seitens des Kardinals ausgeführt, er habe den Beschwerdeführer und seine Familie vor einigen Jahren kennengelernt. Der Beschwerdeführer und sein Bruder M XXXX hätten sich entschlossen, katholische Christen zu werden und würden sich diesbezüglich im Katechumenat, dem Vorbereitungsprozess, befinden. Nach mehrmaligen Begegnungen sei der Kardinal von ihrem tiefen Glauben an Christus überzeugt. Auch habe er den Beschwerdeführer zur Feier der Gründonnerstag-Liturgie am XXXX eingeladen und ihn in den Kreis der 12 Apostel gerufen, welchen er die Fußwaschung erteilt habe. Der Beschwerdeführer habe diese Einladung dankend angenommen, auch Mustafa sei bei der Feier anwesend gewesen. Der Kardinal habe die Brüder als ehrliche sowie familientreue Menschen kennengelernt und sei zur Überzeugung gelangt, dass sie den Übertritt zum Christentum sehr ernst nehmen würden. Auch sei dem Kardinal bekannt, dass sie aufgrund ihrer Konversion von ihrem Stamm und ihren nahen Verwandten verstoßen worden seien.

Das Bundesverwaltungsgericht gelangt aufgrund dieser Schreiben und aufgrund des unmittelbaren und persönlichen Eindrucks, welcher im Rahmen der Beschwerdeverhandlung am 26.06.2020 vom Beschwerdeführer gewonnen werden konnte, zum Schluss, dass er sich in Österreich tatsächlich aus innerer Überzeugung vom Islam abgewandt und dem Christentum zugewandt hat.

So vermochte er Wissen zum Prozedere des dreistufigen Katechumenats für die Erwachsenentaufe, zu seiner Lieblingspassage in der Bibel sowie zu christlichen Feiertagen und zur Fastenzeit zu demonstrieren. Auch gestalteten sich seine Ausführungen, wie es konkret zu seinem Entschluss gekommen sei, sich dem christlichen Glauben zuzuwenden, schlüssig und nachvollziehbar. Seine Familie im Irak sei niemals streng religiös gewesen. Sein ältester Bruder H XXXX , welcher vor dem Beschwerdeführer als Flüchtling nach Österreich gekommen war, habe sich mit seiner Familie bereits zuvor dem Christentum angenähert und den Beschwerdeführer in eine Kirche nahe seines Wohnortes mitgenommen. Er sei beeindruckt davon gewesen, dass ihm die Menschen in der Kirche Unterstützung ohne jegliche Gegenleistung zukommen hätten lassen und habe sein Interesse am christlichen Glauben stets zugenommen, je öfter er in die Kirche gegangen sei oder er an unterschiedlichen kirchlichen Festen teilgenommen bzw. ausgeholfen habe. Auch habe er wahrgenommen, wie sich H XXXX durch seine Konversion zum Christentum zum Positiven verändert habe und wie dieser nunmehr mit seiner Familie umgehe, sodass der Beschwerdeführer selbst auch die Bibel lesen und mehr erfahren habe wollen.

Die vorgelegten Schreiben belegen ebenso wie das von XXXX , Erzbischöflicher Sekretär, in der mündlichen Verhandlung erstattete Zeugnis, dass der Beschwerdeführer eng in die christliche Gemeinde eingebunden ist und sich intensiv mit dem römisch-katholischen Glauben auseinandergesetzt hat. Von ihm wurde auch darauf hingewiesen, dass man sich im erzbischöflichen Sekretariat bewusst sei, dass teilweise von Asylwerbern mit dem Vortäuschen einer Konversion versucht werde, eine Verfolgungsgefahr glaubhaft zu machen, um den Flüchtlingsstatus zu erlangen und dass daher nicht alle Konvertiten vom erzbischöflichen Sekretariat unterstützt werden.

Aufgrund einer Gesamtschau aus dem seitens des Beschwerdeführers im Rahmen der Beschwerdeverhandlung vermittelten Eindruck und seiner in Vorlage gebrachten Beweismittel ist davon auszugehen, dass er sich mittlerweile – wenngleich er sich zum Entscheidungszeitpunkt noch kurz vor der Taufe befindet - tatsächlich aus einer persönlichen Überzeugung heraus zum Christentum bekennt und seinen Glauben auch praktiziert. Es liegt eine tatsächliche innere Konversion vor.

2.4. Zu einer Verfolgungsgefahr des Beschwerdeführers:

Das Bundesverwaltungsgericht hat bei seiner Entscheidung grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage in seinem aktuellen Entscheidungszeitpunkt abzustellen (vgl. VwGH 25.06.2019, Ra 2019/10/0012, mwH). Insoweit ist fallgegenständlich zu prüfen, ob der Beschwerdeführer als junger Mann, welcher sich in Österreich aus innerer Überzeugung heraus von seinem sunnitisch-moslemischen Glauben abgewandt und sich dem Christentum zugewandt hat – wobei er sich in unmittelbarer Vorbereitung auf seine Taufe befindet und seinen christlichen Glauben auch praktiziert – in seinem Herkunftsstaat Irak der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt ist.

Diesbezüglich ist eingangs insbesondere auf die getroffenen Feststellungen zur allgemeinen Situation im Irak unter Punkt II.1.3. zu verweisen, wonach die Konversion eines Muslims zu einer anderen Religion gesetzlich verboten ist. Personen, welche vom Islam zum Christentum konvertieren, können auch auf Schwierigkeiten mit den Behörden stoßen, wenngleich die Hauptursache für Probleme regelmäßig die Gesellschaft und die eigene Familie darstellen. Es wird nur selten über Fälle offener Konversion vom Islam zum Christentum berichtet und halten Personen eine Konversion in der Regel geheim, da Feindseligkeiten gegenüber Konvertiten aus der islamischen irakischen Gesellschaft weit verbreitet sind. Familien und Stämme können die Konversion eines ihrer Angehörigen als einen Affront gegen ihre kollektive „Ehre“ interpretieren, weswegen eine offene Konversion Ächtung und/oder Gewalt durch die Gesellschaft, den Stamm, die Familie oder bewaffnete Gruppen nach sich ziehen kann. Im Lichte der einschlägigen Länderberichte gestaltet sich auch das Vorbringen des Beschwerdeführers in der Beschwerdeverhandlung, wonach sein Stammesführer seinen zu diesem Zeitpunkt noch im Irak verbliebenen Bruder M XXXX angerufen habe, nachdem er gesehen habe, wie H XXXX s Tochter auf „Facebook“ ein Foto mit Freundinnen sowie ohne Schleier vor einer katholischen Kirche in Österreich gepostet habe und diesen beschimpft und gefragt habe, ob er denn auch Christ sei, sodass M XXXX aus Angst vor dem Stamm und Milizen in die Türkei geflüchtet sei (Verhandlungsprotokoll S 7), durchaus schlüssig und nachvollziehbar. Auch deckt sich dieses Vorbringen mit den Angaben seines Bruders M XXXX in dessen mündlicher Beschwerdeverhandlung am 26.06.2020 (zu den Verfahrenszahlen I403 2141866-1 und I403 2141866-2), wonach der Stammesführer M XXXX bedroht und von ihm verlangt habe, dass er seine Brüder als Ungläubige bezeichne und verstoße (Verhandlungsprotokoll zu den Verfahrenszahlen I403 2141866-1 und I403 2141866-2, S 11).

Wie den Länderberichten unter Punkt II.1.3. überdies zu entnehmen ist, hat sich die Situation von Christen im Irak kirchlichen Quellen zufolge seit Ende der Diktatur 2003 stark verschlechtert und sind in den vergangenen Jahren hunderttausende irakische Christen ins Ausland geflohen. Nach dem Vormarsch des IS auf Mossul und das umliegende christliche Kernland ergriffen im Sommer 2014 zehntausende Christen die Flucht in die Kurdische Region im Irak (im Folgenden: KRI) und vereinzelt auch nach Bagdad. Viele warten aber noch darauf, dass die mittlerweile befreiten christlichen Städte um Mossul für eine Rückkehr sicher genug und zumindest teilweise wieder aufgebaut sind. Es mangelt an wiederhergestellter Infrastruktur, und es besteht die Gefahr von IS-Sprengfallen und Blindgängern. Es kommt immer wieder zu Angriffen auf Priester, Bombenanschlägen auf Kirchen und christliche Einrichtungen sowie Übergriffen auf von Christen geführte Lebensmittelgeschäfte, in denen gegebenenfalls auch alkoholhaltige Getränke angeboten werden.

Da das Bundesverwaltungsgericht das Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach sein Stamm von seiner (bevorstehenden) Konversion zum Christentum bereits Kenntnis erlangt habe, für glaubhaft erachtet, ist es ihm fallgegenständlich nicht möglich, ohne Gefahr einer Verfolgung in sein ursprüngliches Umfeld in seiner Heimatstadt Bagdad zurückzukehren.

Auch ist nicht ersichtlich, dass ihm im vorliegenden Fall eine innerstaatliche Fluchtalternative zur Verfügung steht. Wenngleich etwa in der KRI seit 2003 viele christliche Flüchtlinge aus anderen Landesteilen Zuflucht gefunden haben und dort auch keine Fälle bekannt sind, wo Personen aufgrund eines Religionswechsels vor Gericht gestellt wurden, so verlangen die lokalen Behörden von Nicht-Ortsansässigen, dass sie einen in der Region ansässigen Bürgen vorweisen können und als zusätzliche Anforderung an alleinstehende arabische und turkmenische Männer, dass sie eine feste Anstellung und ein Unterstützungsschreiben ihres Arbeitgebers vorweisen müssen. Eine Einreise und Einwanderung in die KRI ist dem Beschwerdeführer, auch aufgrund der aktuellen Covid-19-Pandemie und den damit verbundenen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit, somit nicht ohne weiteres möglich. Zudem geht aus dem Länderinformationsblatt der Staatendokumentation ausdrücklich hervor, dass die Zahl der zum Christentum konvertierten Personen in der KRI auf wenige hundert geschätzt wird und Personen, die vom Islam zu Christentum konvertieren, in der KRI in Gefahr laufen, Opfer von (auch tödlicher) Gewalt zu werden. Insofern besteht für den Beschwerdeführer als Konvertit auch in diesem Landesteil, welcher vor dem Hintergrund der Länderberichte tendenziell eher als Zufluchtsort für Christen gilt, die wohlbegründete Furcht, aus Gründen seiner Religion der Gefahr einer Verfolgung ausgesetzt zu sein.

Zusammengefasst kommt das Bundesverwaltungsgericht sohin zum Schluss, dass der Beschwerdeführer im Irak aus Gründen seiner Religion sowohl der Gefahr einer staatlichen Verfolgung als auch der Gefahr einer Verfolgung durch nicht-staatliche Akteure in Gestalt von Stammesmilizen oder extremistischen Islamisten ausgesetzt ist, wobei er sich der Gefahr einer Verfolgung auch nicht durch Umsiedlung in einen anderen, frei zugänglichen Landesteil entziehen kann.

Da dem Beschwerdeführer bereits aufgrund dessen der Status eines Asylberechtigten zuzuerkennen ist, muss auf die Glaubhaftigkeit seines initialen Fluchtvorbringens hinsichtlich der Gefahr einer Verfolgung seiner Familie durch Angehörige der schiitischen Asa’ib Ahl al-Haqq-Miliz nicht weiter eingegangen werden.

2.5. Zum Herkunftsstaat:

Zu den zur Feststellung der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage im Herkunftsstaat ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nicht-staatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht der erkennenden Richterin bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A):

3.1. Zum Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I. des erstangefochtenen Bescheides):

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht wegen Drittstaatsicherheit oder Zuständigkeit eines anderen Staates zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1, Abschnitt A, Z 2 der Genfer Flüchtlingskonvention droht und keiner der in Art. 1 Abschnitt C oder F der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Endigungs- oder Ausschlussgründe vorliegt.

Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK ist, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Wie unter Punkt II.2.4. dargelegt, ist der Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat Irak aufgrund des Umstandes, dass er sich von seinem sunnitisch-moslemischen Glauben abgewandt hat und nunmehr praktizierender Christ ist, sowohl der Gefahr einer staatlichen Verfolgung als auch einer Verfolgung durch nicht-staatliche Akteure in Gestalt von Stammesmilizen oder extremistischen Islamisten ausgesetzt und kann er sich einer Verfolgung auch nicht durch Umsiedlung in einen anderen, frei zugänglichen Landesteil entziehen.

Festzuhalten ist in diesem Zusammenhang, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in Verbindung mit einer Konversion nur dann in Betracht kommt, wenn die Hinwendung zu dem angenommenen Glauben auf einer festen Überzeugung und einem ernst gemeinten religiösen Einstellungswandel und nicht nur auf Opportunitätserwägungen beruht. An dieser Stelle ist festzuhalten, dass aus den oben dargelegten Erwägungen von einer tatsächlichen inneren Konversion im Sinne der nachfolgenden Definition auszugehen ist. Konversion (lat.: conversio ‚Umwendung, Umkehr') bedeutet die Übernahme von neuen Glaubensgrundsätzen, religiösen Traditionen und Bräuchen sowie möglicherweise auch anderen Teilen der mit der fremden Religion verbundenen Kultur durch eine konvertierende Person. Nur, wenn die Konversion des Betroffenen die religiöse Identität in dieser Weise prägt, kann ihm nicht angesonnen werden, in seinem Heimatland auf die Religionsausübung zu verzichten, um Verfolgungsmaßnahmen zu entgehen. Im Fall des Beschwerdeführers ist davon auszugehen, dass das Führen eines christlichen Lebens, die Vornahme christlicher Rituale und der Austausch mit anderen Gläubigen für ihn von zentraler Bedeutung ist.

Der Beschwerdeführer hat daher die wohlbegründete Furcht, aus Gründen seiner Religion im Irak verfolgt zu werden; gegen diese Verfolgungsgefahr besteht kein staatlicher Schutz und er kann sich dieser auch nicht mittels einer innerstaatlichen Fluchtalternative entziehen. Das Vorliegen eines Asylausschlussgrundes (Artikel 1 Abschnitt D, F der GFK und § 6 AsylG 2005) oder eines Endigungsgrundes (Artikel 1 Abschnitt C der GFK) ist nicht hervorgekommen. Dem Beschwerdeführer war daher gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen.

Gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 war die Entscheidung über die Asylgewährung mit der Feststellung zu verbinden, dass ihm damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Der Beschwerdeführer stellte seinen Antrag auf internationalen Schutz am 27.11.2015 und damit nach dem 15.11.2015, wodurch § 3 Abs. 4 iVm § 75 Abs. 24 AsylG 2005 ("Asyl auf Zeit") Anwendung findet.

Aufgrund der Gewährung des Asylstatus war der Bescheid vom 18.01.2018, mit welchem ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt und eine Rückkehrentscheidung ausgesprochen wurde, ersatzlos zu beheben.

Zu B) (Un)Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen.

Schlagworte

Asyl auf Zeit Asylgewährung asylrechtlich relevante Verfolgung Asylverfahren befristete Aufenthaltsberechtigung begründete Furcht vor Verfolgung Christentum Fluchtgründe Flüchtlingseigenschaft Glaubhaftmachung Glaubwürdigkeit Konversion mündliche Verhandlung Nachfluchtgründe Religionsfreiheit religiöse Gründe Verfolgungsgefahr Verfolgungshandlung wohlbegründete Furcht

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2141863.1.00

Im RIS seit

20.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

20.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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