TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/9 I422 2232787-1

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Veröffentlicht am 09.07.2020
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Entscheidungsdatum

09.07.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art8
FPG §67
FPG §70 Abs3
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

I422 2232787-1/3Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas BURGSCHWAIGER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Slowakei, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung, Wattgasse 48/3. Stock, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.04.2020, Zl. 494614805/190786081, nach Beschwerdevorentscheidung vom 17.06.2020 zu Recht:

A)

Der Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. der Beschwerdevorentscheidung) wird Folge gegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

1. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer wurde mit dem rechtskräftigen Urteil des Landesgerichts Eisenstadt vom 31.03.2020, zu 07 Hv 58/19z, wegen des Vergehens des gewerbsmäßigen Diebstahls teils durch Einbruch nach den §§ 127, 129 Abs. 1 Z 2, 130 Abs. 1 erster Fall StGB zu einer Freiheitsstrafe in der Dauer von 21 Monaten, davon 14 Monate bedingt und Setzung einer Probezeit von drei Jahren, verurteilt.

Aufgrund der strafgerichtlichen Verurteilung erließ die belangten Behörde mit dem im Spruch bezeichneten Bescheid über den Beschwerdeführer ein Aufenthaltsverbot in der Dauer von sieben Jahren (Spruchpunkt I.). Zugleich erteilte sie ihm keinen Durchsetzungsaufschub (Spruchpunkt II.) und erkannte sie einer Beschwerde gegen das Aufenthaltsverbot die aufschiebende Wirkung ab (Spruchpunkt III.).

Gegen die Entscheidung erhob der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 08.05.2020 fristgerecht Beschwerde. Begründet wurde dies im Wesentlichen damit, dass der Beschwerdeführer lediglich ein Parteiengehör übermittelt worden sei. Dies sei im gegenständlichen Fall nicht ausreichend und hätte sich die belangte Behörde einen persönlichen Eindruck vom Beschwerdeführer machen müssen. Zudem habe die belangte Behörde eine schriftliche Stellungnahme des Beschwerdeführers unberücksichtigt gelassen und habe auch keinerlei ausreichenden Ermittlungen im Hinblick auf das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers vorgenommen. Er habe ein funktionierendes, familiäres und großes soziales Netzwerk im Bundesgebiet. Er pflege zudem einen regelmäßigen Kontakt zu seinen in Österreich lebenden Vater und Bruder. Ebenso würden die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nicht vorliegen. Die belangte Behörde begründe diese lediglich mit der bezeichneten Verurteilung des Beschwerdeführers und nehme keine Würdigung seines persönlichen Verhaltens im Bundesgebiet vor. Der Beschwerdeführer bereue seine Straftaten und bemühe sich um Besserung. Eine Zukunftsprognose hätte deshalb positiv ausfallen müssen. Auch stehe die Dauer des Aufenthaltsverbotes von sieben Jahren im keinem angemessenen Verhältnis zum persönlichen Verhalten des Beschwerdeführers.

Infolge der im Spruch gleichlautenden Beschwerdevorentscheidung der belangten Behörde vom 17.06.2020, Zl. 494614805/190786081, stellte der Beschwerdeführer mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 03.07.2020 rechtzeitig einen Vorlageantrag.

Die belangte Behörde legte die Beschwerde dem Bundesverwaltungsgericht mit dem Antrag vor, sie als unbegründet abzuweisen.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und der für die Frage der aufschiebenden Wirkung maßgebliche Sachverhalt ergeben sich aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Akten des Verwaltungsverfahrens, dem Beschwerdevorbringen sowie aus dem Zentralen Melderegister (ZMR), dem Strafregister und dem Fremdenregister (IZR). Da die Beweisergebnisse keine entscheidungswesentlichen Widersprüche aufweisen, erübrigt sich eine eingehendere Beweiswürdigung.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A) Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Die Beschwerde richtet sich (unter anderem) gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheids, mit dem die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde. Das Bundesverwaltungsgericht hat darüber gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden.

Gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn die sofortige Ausreise der betroffenen EWR-Bürger oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Die Aberkennung bedarf - insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen - einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum darüber hinaus die sofortige Ausreise des BF geboten ist.

Gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG hat das Bundesverwaltungsgericht einer Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit stützt, genau zu bezeichnen.

Der Eintritt der Durchsetzbarkeit des Aufenthaltsverbots ist gemäß § 70 Abs. 1 letzter Satz FPG für die Dauer eines Freiheitsentzuges aufgeschoben, auf den wegen einer mit Strafe bedrohten Handlung erkannt wurde;

Da eine Entlassung des Beschwerdeführers aus der Strafhaft derzeit nicht absehbar ist, ist es nicht notwendig, der Beschwerde die aufschiebende Wirkung abzuerkennen. Da sich jedoch aus dem Verwaltungsakt und dem Beschwerdevorbringen ein mögliches Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers ergibt und nicht hinreichend geklärt ist, ob der Beschwerdeführer dieses Privatleben tatsächlich und vor allem in welcher Intensität führt, besteht bei seiner Abschiebung in die Slowakei die reale Gefahr einer Verletzung seiner nach Art 8 EMRK geschützten Rechte, worauf die Beschwerde zu Recht hinweist. Aus diesen Gründen ist Spruchpunkt III. der Beschwerdevorentscheidung zu beheben und der Beschwerde gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs. 6a BFA-VG.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig, weil es sich um eine Einzelfallentscheidung handelt und das Bundesverwaltungsgericht keine grundsätzlichen Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle zu lösen hatte.

Schlagworte

Aufenthaltsverbot aufschiebende Wirkung Diebstahl ersatzlose Teilbehebung Interessenabwägung Kassation Privat- und Familienleben private Interessen Provisorialverfahren Spruchpunktbehebung Straffälligkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I422.2232787.1.00

Im RIS seit

23.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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