TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/9 W170 2232428-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 09.07.2020
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Entscheidungsdatum

09.07.2020

Norm

AsylG 2005 §10
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52
FPG §55
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W170 2232428-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Thomas MARTH über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.04.2020, Zl. 1248799502/191032255, zu Recht:

A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, in Verbindung mit §§ 3, 8, 10, 57 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2020, § 9 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2020, und §§ 52, 55 Fremdenpolizeigesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2020 und BGBl. I Nr. 27/2020, abgewiesen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2020, nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

XXXX (in Folge: beschwerdeführende Partei), ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 10.10.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz.

Im Rahmen des Administrativverfahrens brachte die beschwerdeführende Partei im Wesentlichen vor, in Iran einerseits wegen des früher politisch aktiven Bruders von den iranischen Behörden schikaniert, festgenommen und geschlagen worden zu sein und andererseits in Österreich zum Christentum konvertieren zu wollen, was in Iran zu einer Verfolgung führen würde. Vor dem Bundesamt legte die beschwerdeführende Partei einen iranischen Führerschein vor.

Mit im Spruch bezeichneten Bescheid wurde der gegenständliche Antrag sowohl hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen. Unter einem wurde ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen nicht erteilt, gegen die beschwerdeführende Partei eine Rückkehrentscheidung erlassen und festgestellt, dass deren Abschiebung nach Iran zulässig sei sowie eine Frist für deren freiwillige Ausreise bestimmt.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das auf den Iran bezugnehmende Vorbringen sei nicht glaubhaft gemacht worden und handle es sich bei der Konversion zum Christentum um eine Scheinkonversion.

Der Bescheid wurde der beschwerdeführenden Partei am 14.04.2020 zugestellt.

Mit am 05.05.2020 bei der Behörde eingebrachtem Schriftsatz wurde gegen den Bescheid Beschwerde erhoben.

Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der Beschwerdeführer in Österreich zum Christentum konvertiert sei, hinsichtlich der vorgebrachten Verfolgung in Iran wurde kein Vorbringen erstattet.

Die Beschwerde wurde samt dem bezugnehmenden Verwaltungsakt am 26.06.2020 dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat über die zulässige und rechtzeitige Beschwerde erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. XXXX hat am 10.10.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz eingebracht und im Rahmen der am gleichen Tag durchgeführten Erstbefragung angegeben, er sei als Kurde Teil einer Minderheit. Sein Bruder sei vor vier Jahren wegen politischer Probleme aus dem Iran geflohen und XXXX werde seitdem durch die Behörden schikaniert, kurzfristig festgenommen und geschlagen. Kurz vor der am 15.09.2019 erfolgten Flucht seien Sicherheitsorgane zu XXXX nach Hause gekommen und hätte seine persönlichen Sachen – Laptop, Motorrad – sichergestellt. 4zylindrige Motorräder seien in Iran verboten, weil man damit Überfälle machen könne. Im Falle der Rückkehr werde XXXX wahrscheinlich lebenslang eingesperrt oder sogar getötet.

In der am 29.11.2019 durchgeführten behördlichen Einvernahme gab XXXX an, dass sich seine Eltern noch in Iran aufhalten würden, ebenso eine volljährige Schwester. Die Familie besitze eine eigene Firma und der Vater sei Steinmetz. Immer wenn er Geld gebraucht habe, habe er es vom Vater bekommen.

In Iran sei XXXX von der Geheimpolizei verfolgt worden, die seinen Laptop und sein Motorrad sichergestellt hätten, ihn aber nicht festgenommen haben; andernfalls wäre er ins Gefängnis gekommen oder aufgehängt worden. Die Geheimpolizei suche auf Grund des Jahrestages der Ermordung des ehemaligen Chefs der kurdischen Partei nach Personen, die mit dieser Partei zusammenarbeiten würden und nehme diese fest. Der Besitz des Motorrades, für das XXXX keinen Führerschein habe, sei verboten, auf dem Laptop seien Fotos, die XXXX in kurdischer Kleidung zeigen würde. Auch der Vater des XXXX sei „im jungen Alter“ festgenommen worden, die Bedrohung der Familie gehe seit 30 Jahren. Mit der kurdischen Partei habe XXXX nichts zu tun, befürchte aber eine Verfolgung wegen der Fotos mit der kurdischen Kleidung. Die Geheimpolizei sei zwei Mal beim Beschwerdeführer gewesen, habe ihn aber beide Male nicht angetroffen.

XXXX gab weiters an, als Moslem geboren zu sein, diese Religion aber nie praktiziert zu haben und nunmehr in Österreich zum Christentum konvertieren zu wollen. Sein Interesse sei in Österreich entstanden, er sei in Iran kein praktizierender Moslem gewesen. Weil XXXX jung sei, wolle er eine Religion annehmen, habe aber keinen Bezug zum Islam. Er wolle sich hier erkundigen und mehr Erfahrung im Christentum sammeln. Er habe aber weder die Bibel noch andere christliche Bücher gelesen, habe zwei Mal eine Kirche besucht und habe sich entschieden, Christ zu werden. Hinsichtlich der christlichen Feiertage kenne XXXX nur „Christmas“, die Geburt Christi.

Zu seinem Leben in Österreich gab XXXX an, einen Deutsch- und einen Integrationskurs gemacht zu haben, auch wenn er noch keine Deutschprüfung abgelegt habe. Ansonsten mache er in Österreich Sport oder gehe spazieren. In Österreich lebe sein asylberechtigter Bruder, der ihm finanziell helfe und mit dem er zusammenlebe.

1.2. XXXX , dem Bruder des XXXX , wurde in Österreich wegen einer glaubhaften Konversion zum Christentum der Status des Asylberechtigten zuerkannt.

1.3. Mit im Spruch bezeichneten Bescheid stellte das Bundesamt fest, dass die Identität des XXXX feststehe, er iranischer Staatsangehöriger und Angehöriger der Volksgruppe der Kurden sei. Er bekenne sich zum römisch-katholischen Glauben, sei gesund und leide an keinerlei Krankheiten. XXXX sei rechtswidrig in das Bundesgebiet eingereist und habe am 10.10.2019 einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt. XXXX stamme aus der Stadt Bokan, wo seine Eltern und seine volljährige Schwester weiterhin leben würden. Seinem oben genannten Bruder sei in Österreich der Status des Asylberechtigten zuerkannt worden, XXXX sei ledig und habe keine Sorgepflichten. Er verfüge über eine Grund- und Mittelschulbildung sowie eine mehrjährige Berufserfahrung im Bereich der Büroassistenz. Er spreche Farsi und Kurdisch und könne in beiden Sprachen lesen und schreiben. XXXX sei in Österreich nicht straffällig geworden.

Die Behauptung des XXXX , aus innerer Überzeugung zum Christentum konvertieren zu möchten, werde nicht für wahr gehalten, er habe nicht glaubhaft darlegen können, dass er den Iran auf Grund politischer Probleme mit staatlichen Stellen verlassen habe, ihm drohe auf Grund seiner Volksgruppenzugehörigkeit keine konkret gegen ihn gerichtete psychische oder physische Gewalt. Es könne schließlich nicht festgestellt werden, dass XXXX mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit einer gegen ihn gerichteten Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder durch Private, sei es vor dem Hintergrund seiner ethnischen Zugehörigkeit, seiner Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung ausgesetzt gewesen oder diese in Zukunft zu befürchten sei.

Hinsichtlich der Situation im Falle der Rückkehr des XXXX wurde ausgeführt, dass dieser über heimatliche Sprachkenntnisse, Schulbildung und Berufserfahrung verfüge, er sei arbeitsfähig und -willig. Es bestehe ein familiäres Netzwerk in Iran und könne XXXX weitere Unterstützung durch seine Familienangehörigen erhalten. Daher würde XXXX nicht in eine Notlage kommen, wenn er nach Iran zurückkehre.

Zum Privat- und Familienleben wurde festgestellt, dass XXXX nur eine Beziehung zu seinem in Österreich als Asylberechtigter aufhältigen Bruder XXXX habe, er erst seit dem 10.10.2019 im Bundesgebiet aufhältig und zuvor unrechtmäßig eingereist sei. Er besuche einen Deutsch- und einen Integrationskurs, mache Sport und gehe spazieren; XXXX verfüge lediglich über elementare Deutschkenntnisse, er sei weder Mitglied in einem Verein noch einer Organisation im Bundesgebiet, habe aber am 10.02.2020 ein freies Gewerbe beim Magistrat der Stadt Wien angemeldet.

Schließlich wurden noch Feststellungen zu Iran getroffen bzw. das Länderinformationsblatt umfassend zitiert.

Soweit relevant führt der Bescheid beweiswürdigen aus:

„(…)

Betreffend die Feststellungen zu den Gründen für das Verlassen Ihres Herkunftsstaats:

Gerade im Asylverfahren ist das Vorbringen des Antragstellers oft das einzige Beweismittel, welches von der Partei der Behörde zur Verfügung gestellt wird. Die niederschriftlichen Angaben der Partei stellen daher im überwiegenden Teil des Verfahrens die wesentliche Entscheidungsgrundlage dar. Im Asylverfahren liegt oft ein geradezu sachtypischer Beweisnotstand vor, weshalb das Vorbringen auf die Glaubhaftigkeit und die Person des Asylwerbers selbst auf die Glaubwürdigkeit zu prüfen sind. Ein Vorbringen wird dann glaubhaft sein, wenn es nachfolgende Grunderfordernisse erfüllt:

1.       Das Vorbringen des Asylwerbers ist genügend substantiiert. Dieses Erfordernis ist insbesondere dann nicht erfüllt, wenn der Asylwerber den Sachverhalt sehr vage schildert oder sich auf Gemeinplätze beschränkt, nicht aber in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen.

2.       Das Vorbringen muss, um als glaubhaft zu gelten, in sich schlüssig sein. Der Asylwerber darf sich nicht in wesentlichen Aussagen widersprechen.

3.       Das Vorbringen muss plausibel sein, d.h. mit den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung übereinstimmen. Diese Voraussetzung ist u.a. dann nicht erfüllt, wenn die Darlegung mit den allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht zu vereinbaren sind oder sonst unmöglich erscheinen.

4.       Der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das wird dann nicht der Fall sein, wenn sein Vorbringen auf gefälschte oder verfälschte Beweismittel abgestützt ist, aber auch dann, wenn er wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch darstellt, im Laufe des Verfahrens das Vorbringen auswechselt oder unbegründet und verspätet erstattet oder mangelndes Interesse am Verfahrensablauf zeigt und die nötige Mitwirkung verweigert.

Sie behaupteten in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 29.11.2019 zunächst Furcht vor Verfolgung in Iran auf Grund politischer Gesinnung.

Dieses Vorbringen schilderten Sie in wesentlichen Elementen unschlüssig und nicht glaubhaft.

Dabei gaben Sie an, dass die iranische Geheimpolizei bereits zweimal bei Ihnen zuhause gewesen wäre auf Grund des Verdachts Ihrer Zusammenarbeit mit der kurdischen Partei in Iran. Sie erweiterten dieses Vorbringen und behaupteten überdies, dass Ihr Vater früher ein Peschmerga-Kämper war und auf Grund dessen bereits mehrere Male in Iran festgenommen wurde. Darüber hinaus soll Ihr Bruder politisch aktiv gewesen sein.

Auf Grund dieser Angaben wurden Ihnen konkrete Fragen zum politischen System als auch der politischen Aktivität Ihres Bruders in Iran gestellt. Dabei waren Ihre Angaben jedoch äußerst vage und unkonkret. Auf Grund der mangelhaften sowie unpräzisen Angaben ist nicht davon auszugehen, dass Sie ins Visier staatlicher Stellen gelangt sind oder dies zukünftig zu befürchten hätten. Nachfolgender Ausschnitt Ihrer Angaben aus der Einvernahme vor dem BFA stützt die Überlegungen der Behörde dahingehend:

„F: Können Sie etwas über die Geschichte oder Organisation der kurdischen demokratischen Partei Kurdistan-Iran erzählen?

A: Ich bin noch jung, ich weiß nicht viel, ich weiß nur, weil dass die kurdische Rechte im Iran verteidigt und befolgt werden und die Partei hat Dr. Qassemlou gegründet und danach als er getötet wurde, hat Dr. Sharaf Kendy die Partei übernommen, jetzt ist Mustafa Hejri der Chef der Partei.

F: Kennen Sie das aktuelle Wahlprogramm der Partei? Können Sie weitere Angaben zur Partei selbst machen?

A: Nein.

F: Machen Sie bitte konkrete Angaben zur politischen Aktivität Ihres Bruders im Iran!

A: Mein Bruder war Mitglied der bereits genannten Partei. Ich weiß nur, dass er Mitglied war, er hat das Land verlassen, weil er durch die Behörden verfolgt wurde. Befragt gebe ich an, dass ich nicht weiß, was er für Aufgaben gehabt hatte.“

Bemerkenswert erscheint überdies, dass die Verfolgung Ihrer Familienangehörigen in Iran laut Ihren Angaben seit ungefähr 30 Jahren andauern soll. Dabei stellt sich berechtigterweise die Frage nach der Intensität dieser Verfolgungshandlungen durch staatliche Organe, da Ihr Vater derzeit immer noch in Iran lebt bzw. leben kann und sogar ein eigenes Unternehmen leitet. Dies wurde Ihnen in der Einvernahme vorgehalten und waren Ihre Antworten nicht besonders schlüssig.

„F: Seit wann werden Ihr Vater und Ihr Bruder durch den Staat im Iran bedroht und verfolgt?

A: Mein Vater war im jungen Alter bei der demokratischen Partei Mitglied, er wurde mehrere Male festgenommen, geschlagen, ihm wurde weh getan und weil er nicht zugegeben hat, dass er Mitglied ist, ist er freigekommen, sie beobachten uns immer. Die Bedrohung unserer Familie durch den Staat geht seit 30 Jahren.

F: Führt Ihr Vater immer noch den Steinmetzbetrieb im Iran?

A: Ja. Er führt diesen Betrieb seit 15 Jahren.

V: Es ist nicht nachvollziehbar, dass Ihre Eltern, sowie Ihre Schwester nach wie vor im Iran leben und Ihr Vater im Iran einen Betrieb seit 15 Jahren führen kann, wenn die Familie durch den Staat seit ungefähr 30 Jahren bedroht bzw. verfolgt wird. Das ist weder schlüssig noch nachvollziehbar. Nehmen Sie bitte Stellung dazu!

A: Firmen zu haben bedeutet nicht, dass man nicht verfolgt wird. Mein Vater hat nicht zugegeben, dass er Mitglied der Partei war, sie hatten nie Beweise, dass er Mitglied war und er hatte es auch nie zugegeben, jetzt waren sie bei uns zu Hause und haben diese Sachen (Kleidung und Fotos) von mir gefunden und würden mich grundlos ins Gefängnis stecken.

V: Es ist nicht glaubhaft, dass die Geheimpolizei bei Ihnen zu Hause war und nach Ihnen gesucht haben soll, da Sie nicht politisch aktiv waren. Sie sind weder eine high-profile Person, noch haben Sie staatliches Interesse an Ihrer Person durch Ihre Aktivitäten geweckt. Was soll das Motiv dieses Besuchs der Geheimpolizei gewesen sein? Nehmen Sie bitte Stellung dazu!

A: Es gibt kein Gesetz im Iran und wenn sie Verdacht haben, dass jemand etwas gemacht hat, dann kommen sie einfach. Sie waren nicht nur bei uns zuhause, sie gehen zu anderen Familien auch, sie haben viele Wohnungen durchsucht, auch deswegen weil mein Bruder politisch aktiv war.“

Ausgehend von Ihren mangelhaften Angaben erscheint es nicht glaubhaft, dass Sie oder Ihre Familienangehörigen ins Visier staatlicher Stellen gelangt sind, sodass die von Ihnen geschilderte Hausdurchsuchung durch die iranische Geheimpolizei in Verbindung mit der Beschlagnahmung sämtlicher privater Gegenstände (Ipad) nicht glaubhaft ist. Es wird davon ausgegangen, dass es sich hierbei um ein reines Gedankenkonstrukt handelt, um staatliche Verfolgung in Iran in den Vordergrund zu stellen und somit den Status des Asylberechtigten zu erlangen.

Sie wurden bereits in der Einvernahme darauf hingewiesen, dass Ihrem Bruder XXXX , StA.: Iran, IFA 1103945303 der Status des Asylberechtigten im Bundesgebiet auf Grund von Konversion zum Christentum zuerkannt wurde. Es ist nicht davon auszugehen, dass Sie oder Ihre Familienangehörigen Verfolgung in Iran ausgesetzt waren und kann Ihnen der Status des Asylberechtigten ohne direkte, gegen Ihre Person gerichtete Verfolgung oder wohlbegründete Furcht vor Verfolgung durch staatliche Stellen oder Private vor dem Hintergrund Ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Ihrer Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung nicht zuerkannt werden.

„F: Ihrem Bruder Hrn. XXXX wurde der Status des Asylberechtigten durch das Bundesverwaltungsgericht in zweiter Instanz auf Grund Konversion zum Christentum zuerkannt. Was sagen Sie dazu?

A: Wegen politischer Gründe hat er nur den Iran verlassen, aber das war nicht der Grund warum er Asyl bekommen hatte, sondern dass er Christ geworden ist in Österreich.

V: Ihr Bruder hat den Iran bereits im Jänner 2016 verlassen. Wie konnten Sie dann bis September 2019 im Iran verbleiben, wenn Sie sowie die Familie durch staatlichen Stellen bedroht oder verfolgt werden?

A: Damals war ich noch jung als mein Bruder das Land verlassen hatte. Sie haben uns immer kontrolliert und beobachtet aber sie hatten nie Beweise oder einen Verdacht, dass ich etwas gemacht haben könnten, aber jetzt haben sie mein Motorrad gefunden, es ist verboten so ein Motorrad zu halten und sie haben meinen Laptop gefunden und sie haben kurdische Kleidung bei mir zuhause gefunden. Auf den Fotos bin ich auch kurdisch gekleidet. Wenn sie mich gefunden hätten, dann hätten sie mich mitgenommen und in das Gefängnis gesteckt, ohne Beweise.“

Dass Sie oder Ihre Familienangehörigen staatlicher Verfolgung ausgesetzt sind, wird nicht angenommen und kann auch aus Ihrem Ausreisezeitpunkt (15.09.2019) nicht nachvollzogen werden. Demnach behaupteten Sie, dass Ihr Bruder auf Grund politischer Aktivität den Iran verlassen haben soll und Sie auf Grund dessen ins Visier der Geheimpolizei gelangt wären. Sie konnten jedoch zur politischen Aktivität Ihres Bruders keinerlei Angaben machen, noch erscheint es nachvollziehbar und schlüssig wie es Ihnen gelungen wäre, weitere drei Jahre in Iran zu verbleiben, nachdem Ihr Bruder bereits im Jahr 2016 den Iran verlassen hatte. Es ist ebenso nicht glaubhaft, dass Sie ins Visier staatlicher Stellen auf Grund von Besitz eines Motorrads gelangt wären. Es ist davon auszugehen, dass Sie mit den heimatlichen Vorgaben sowie Verboten betreffend Haltung sowie Lenkung von Fahrzeugen vertraut sind und nicht bei vollem Bewusstsein und Kenntnis Maßnahmen setzen, von denen Sie selbst wissen, dass diese in Iran verboten sind. Da Sie betreffend eine Verfolgung oder Bedrohung auf Grund des Besitzes eines Motorrads keinerlei Beweismittel vorlegen konnten, kann dies – Ihre unschlüssigen Angaben berücksichtigend – nicht zur Gewährung von Asyl führen.

Es konnte ebenfalls nicht festgestellt werden, dass Ihnen auf Grund Ihrer Volksgruppenzugehörigkeit als Kurde in Iran konkrete gegen Sie gerichtete psychische bzw. physische Gewalt drohen könnte. Wie aus den aktuellen Länderberichten des BFA zur Lage der Kurden in Iran entnommen werden kann, ist eine Gruppenverfolgung der Kurden in Iran – ausgenommen einzelner Diskriminierungen – nicht anzunehmen. Staatliche Überwachung erfolgt strukturiert und gezielt und richtet sich insbesondere an Unterstützer der als Terrororganisation geltenden PJAK (partiya jiyana azad a kurdistane, „Partei für ein freies Leben in Kurdistan“, Schwesterorganisation der PKK in Iran), der kommunistischen Komala-Partei, oder der KDP-Iran. Auf Grund Ihrer Angaben ist nicht davon auszugehen, dass Sie kurdischer Aktivist, Mitglied einer Partei oder gar ein Separatist wären, sodass ohne Hinzutreten weiterer, wesentlicher individueller Merkmale nicht davon ausgegangen werden kann, dass Sie mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit, lediglich als Angehöriger der Volksgruppe der Kurden einer Verfolgung in Iran ausgesetzt waren oder diese zukünftig zu befürchten hätten.

Darüber hinaus legten Sie diverse Fotos über Ihre Teilnahme an kurdischen Demonstrationen in Wien vor. Dieser Umstand allein, vermag jedoch nicht zur Gewährung von Asyl zu führen, da die bloße Teilnahme an einer Demonstration auch wenn diese gegen das iranische Regime gerichtet sei, ohne besondere, individuelle Merkmale staatliches Interesse an einer Person nicht zu rechtfertigen vermag.

Sie behaupteten in der niederschriftlichen Einvernahme vor dem BFA am 29.11.2019 überdies Furcht vor Verfolgung in Iran auf Grund Ihrer beabsichtigten Konversion zum Christentum.

Daher wurde zunächst in der Einvernahme geprüft, ob Sie aufgrund Ihrer inneren Einstellung nach dem Christentum zu leben, mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit damit rechnen müssten, aus diesem Grund mit einer die Intensität von Verfolgung erreichenden Sanktion belegt zu werden.

In einer Gesamtbeurteilung waren Ihre Angaben zu wesentlichen Themengebieten (Islam, weitere Weltreligionen, innerer Beweggrund zur Konversion, christliche Theologie, Bibel, Feiertage im Christentum) detailarm, unplausibel und nicht nachvollziehbar. Aus diesem Grund sind Ihre Konversionsabsichten zum Christentum nicht glaubhaft und geht die Behörde aufgrund Ihrer mangelhaften Aussagen von einer Scheinkonversion aus.

Begründend wird dabei ausgeführt, dass Sie sich mit dem Islam nicht näher beschäftigt hatten und keine theologischen Kenntnisse über den Islam aufweisen. Dabei erstaunt es umso mehr, dass Sie sich für eine neue Religion entscheiden und bewusst Verfolgung bis hin zur Todesstrafe als auch den Verlust sämtlicher sozialer Kontakte in Kauf nehmen, ohne dabei Ihre Ursprungsreligion fundiert zu kennen. Dies ist weder schlüssig, noch objektiv nachvollziehbar.

Es ist weiter davon auszugehen, dass sich eine Person, welche die Todesstrafe in Kauf nimmt, konkret mit dem Christentum beschäftigt und auseinandersetzt. Nach dem inneren Beweggrund befragt, konnten Sie jedoch über allgemeine Floskeln (kein Bezug zum Islam) hinaus keine fundierten Angaben machen. Den Gedankenprozess hinsichtlich Ihrer Konversion konnten Sie dem BFA nicht substantiiert darlegen, dabei waren Sie auch nicht in der Lage die Frage weshalb Sie zum Christentum konvertieren möchten nachvollziehbar zu beantworten. Ein Ausschnitt Ihrer Angaben zum inneren Beweggrund verdeutlicht die Überlegungen der Behörde:

„F: Was ist Ihrer Meinung nach der ausschlaggebende Grund, dass Sie sich als Christ fühlen bzw. beabsichtigen zum Christentum zu konvertieren?

A: Ich bin noch jung, weil ich jung bin, möchte ich eine Religion annehmen, ich bin nur als Moslem geboren, sonst habe ich keinen Bezug zum Islam. Hier möchte ich mich gerne erkundigen und möchte gerne mehr Erfahrung im Christentum sammeln.

F: Beschreiben Sie mir bitte Ihren gesamten Gedankenprozess hinsichtlich Ihrer Konversion – führen Sie mir Ihre gesamten Überlegungen bis hin zu Ihrer innerlichen Überzeugung an!

A: Ich habe viel überlegt und besuche jetzt die Kirche und habe mich entschieden Christ zu werden.“

Sie konnten den Gedankenprozess hinsichtlich Ihrer Konversion nicht schlüssig schildern, daher ist im Wesentlichen von einer Scheinkonversion auszugehen. Sie machten während der Einvernahme den Eindruck als dass Sie sich mit dem entscheidungsrelevanten Konversionsgrund – dem inneren Beweggrund – gar nicht konkret auseinandergesetzt hätten und schilderten Sie Ihre Konversionsmotive relativ emotionslos, gefühlsneutral sowie ohne konkrete Überlegungen.

Darüber hinaus ist es nicht nachvollziehbar, dass Sie sich weder mit dem Islam, noch mit anderen Weltreligionen näher beschäftigt hatten, da sich dadurch im Grunde nicht erkennen lässt, welche Religion und welche inneren Werte für Sie am ehesten zutreffen.

„F: Waren Sie im Iran ein religiöser bzw. spiritueller Mensch?

A: Nein, niemals, ich war noch nie in einer Moschee.

F: Haben Sie sich mit den theologischen Grundlagen des Islam näher beschäftigt?

A: Nein.

F: Haben Sie sich mit der Entstehung und Entwicklung des Islam konkret beschäftigt?

A: Nein, das hat mich alles bisher nicht interessiert.

F: Haben Sie sich mit anderen Weltreligionen beschäftigt, die Ihnen geographisch näherliegen?

A: Nein, das habe ich nicht gemacht, ich habe nur ein paar Filme über das Christentum gesehen. Im Christentum lernt man, dass man nicht lügen soll, dass man ein guter Mensch sein soll.“

Dies ist zumindest ein weiteres Indiz dafür, dass Sie ohne Kenntnis anderer Weltreligionen grundsätzlich von einer einzelnen Religion – im konkreten Fall vom Christentum – gar nicht überzeugt sein können und der innere Gedankenprozess nicht nachvollziehbar hat stattfinden können.

Die Schilderung der biblischen Inhalte verlief ebenfalls sehr dürftig und detailarm. Dass Sie sich tatsächlich mit der Bibel auseinandergesetzt hätten, geht aus Ihren Angaben zweifelsohne nicht hervor.

„F: Haben Sie die Bibel oder zumindest bestimmte Kapitel aus der Bibel gelesen? Was waren Ihre Überlegungen diesbezüglich?

A: Ich habe die Bibel nicht gelesen, aber in einem wo man Jesus kennenlernen sollte, haben sie aus der Bibel gelesen.

F: Welche Botschaft bzw. welche Stellen aus der Bibel sind Ihnen dabei in Erinnerung geblieben?

A: Sie haben gesagt, dass Jesus Gottvater ist, an mehr kann ich mich nicht erinnern.“

Bemerkenswert erscheint überdies, dass Sie Feiertage im Christentum nicht einmal benennen konnten. Die Osterfeiertage – welchen wesentliche Bedeutung für alle Christen hinsichtlich des Lebens und Sterbens Jesu Christi am Kreuz zukommt – konnten Sie weder in Zusammenhang mit der Kreuzigung oder Auferstehung Christi bringen, noch benennen. Dies ist überdies ein Indiz dafür, dass Sie sich mit den elementarsten Ereignissen im Christentum nicht ausreichend auseinandergesetzt hatten.

„F: Welcher Feiertag ist für Sie persönlich der bedeutendste Feiertag im Christentum und was können Sie darüber erzählen?

A: Ich weiß es wirklich nicht, aber es gibt einen Feiertag, als Jesus geboren wird, es ist Christmas, mehr weiß ich nicht.“

Auf Grund der bereits ausführlich erläuterten Überlegungen gelangt die Behörde zum Schluss, dass Ihre Angaben hinsichtlich einer beabsichtigten Konversion aus innerer Überzeugung nicht glaubhaft sind. Es ist daher davon auszugehen, dass es sich um eine Scheinkonversion handelt und Ihnen im Fall einer Rückkehr keine asylrelevante Verfolgung durch staatliche Stellen oder Private droht.

Es kann daher in einer Gesamtbeurteilung all Ihrer Angaben nicht festgestellt werden, dass Sie mit maßgeblicher Wahrscheinlichkeit eine gegen Sie gerichtete Verfolgung oder Bedrohung durch staatliche Organe oder durch Private, sei es vor dem Hintergrund Ihrer ethnischen Zugehörigkeit, Ihrer Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung, zu erwarten hätten.

Der Bescheid wurde XXXX am 14.04.2020 zugestellt.

1.4. Am 05.05.2020 wurde seitens XXXX , der inzwischen vom Verein Menschenrechte, dem das Bundesamt am 20.04.2020 den Bescheid nach Vorlage der Vollmacht zugänglich gemacht hat, vertreten wurde, das Rechtsmittel der Beschwerde ergriffen.

Zusammengefasst wurde die Beschwerde mit dem steigenden Interesse und der steigenden inneren Überzeugung des XXXX für das Christentum begründet, mit dem er während seines Aufenthalts in Österreich in Kontakt gekommen sei. XXXX habe begonnen, die Kirche zu besuchen und seine innere Ruhe in dem Glauben gefunden, er nehme an nicht näher dargestellten kirchlichen Aktivitäten teil und wolle sich nach entsprechender Vorbereitung taufen lassen. Daher drohe XXXX im Falle seiner Rückkehr nach Iran Verfolgung als Apostat. Diesbezüglich wurden Länderberichte, auf die nicht näher einzugehen ist, vorgebracht.

Hinsichtlich der Beweiswürdigung des Bescheides bzw. der Glaubwürdigkeit des XXXX brachte die Beschwerde vor, dass die „Art und Weise“ in welcher die Behörde ihre Feststellungen getroffen habe, nicht den Anforderungen der amtswegigen Ermittlungspflicht entspreche. Die Behörde führe im Bescheid an, dass sie den Ausführungen des XXXX keinen Glauben schenke. Dieser habe aber glaubhaft angegeben, sich mit dem Islam nicht mehr bzw. nie identifizieren zu können, das Christentum sage ihm aber zu und habe er seine innere Ruhe gefunden. Er besuche Gottesdienste und wolle sich taufen lassen. Daher sei von einer Konversion aufgrund „seiner tiefen Gesinnung“ auszugehen. Schließlich wurde auf näher bezeichnete Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, nach der es für die Einschätzung einer Scheinkonversion einer näheren Auseinandersetzung mit den Umständen der Konversion bedürfe; die Behörde habe sich einen detaillierten Eindruck darüber zu verschaffen, inwieweit der Religionswechsel auf einer persönlichen Glaubensentscheidung beruhe, dies selbst dann, wenn sich der Asylwerber zunächst auf unwahre Angaben betreffend seines Fluchtgrundes gestützt habe. Da die „wohlbegründete Furcht […] nur glaubhaft“ gemacht werden müsse, habe die Behörde ihre Begründungspflicht verletzt. Nach Ausführungen, wann Asylwerbern Asyl zuzuerkennen sei, wird schließlich ausgeführt, dass die Ausführungen „des BF“ objektiv nachvollziehbar seien und mit den aktuellen Länderberichten übereinstimmen würden. Daher seien sie als glaubhaft einzustufen. XXXX habe bei seiner Einvernahme vor dem Bundesamt ausführlich, ob in freier Erzählung oder auf Nachfrage, Stellung genommen und wäre gerne bereit gewesen, weiter an der Sachverhaltsermittlung teilzunehmen. Schließlich folgen Ausführungen, dass XXXX als konvertierter Christ Verfolgung in Iran drohe und daher der Status des Asylberechtigten, jedenfalls der des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen sei.

In der Beschwerde findet sich kein Vorbringen zur XXXX vorbringlich drohenden Verfolgung durch die iranische Geheimpolizei, wegen der vorgebrachten politischen Tätigkeit seines Bruders, kein Vorbringen zur Verfolgung als Kurde und kein näheres Eingehen auf die Beweiswürdigung.

1.5. Die beschwerdeführende Partei hat Iran aus Sicht der iranischen Behörden illegal verlassen, sie stammt aus XXXX .

Das Herkunftsgebiet der beschwerdeführenden Partei wird von den iranischen Behörden kontrolliert, es liegen dort keine kriegs- oder bürgerkriegsähnlichen Zustände vor. Im Herkunftsgebiet der beschwerdeführenden Partei ist die Grundversorgung gesichert.

Der beschwerdeführenden Partei droht wegen der illegalen Ausreise aus Iran, der gegenständlichen Antragstellung bzw. dem Aufenthalt im Ausland nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit eine behördliche Verfolgung.

1.6. Zur Lage in Iran wird festgestellt, dass Iran eine islamische Republik ist, deren Verfassung islamische und demokratische Elemente kennt, eine demokratische Verfassung im europäischen Sinn besteht aber nicht.

Die allgemeine Sicherheitslage ist mit Ausnahme der Provinzen Sistan-Belutschistan, Kurdistan und West-Aserbaidschan, in denen es immer wieder zu Konflikten zwischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppen und Anschlägen gegen die Sicherheitskräfte kommt, ruhig, wobei latente Spannungen bestehen.

Die Justiz untersteht in Einzelfällen massivem Einfluss der Sicherheitsbehörden, Gerichtsverfahren erfüllen internationale Standards nicht. Es kommt immer wieder zu willkürlichen Verhaftungen, insbesondere im Zusammenhang mit politischer Überzeugung und werden nach wie vor Körperstrafen, grausame und unmenschliche Strafen (zB. Peitschenhiebe, Amputationen) und die Todesstrafe angewandt.

Auffälliges Hören von (westlicher) Musik, die Äußerung einer eigenen Meinung zum Islam, gemeinsame Autofahrten junger nicht verheirateter Männer und Frauen, gemischtgeschlechtliche Partys oder das Verstoßen gegen Bekleidungsvorschriften kann den Unmut zufällig anwesender Basijs bzw. mit diesen sympathisierenden Personen hervorrufen. Es kann auch zu einem Verprügeln durch Basij kommen.

99% der Bevölkerung gehören dem Islam (Staatsreligion) an. Etwa 90% der Bevölkerung sind Schiiten, ca. 9% Sunniten, der Rest Christen, Juden, Zoroastrier, Bahá‘í, Sufis und kleinere religiöse Gruppen. Etwa 100.000 bis 300.000 – vornehmlich armenische – Christen leben in Iran, hauptsächlich in Teheran und Isfahan. Die in der iranischen Verfassung anerkannten „Buchreligionen“ (Christen, Juden, Zoroastrier) dürfen ihren Glauben relativ frei ausüben, allerdings kann jegliche Missionstätigkeit als „mohareb“ (Krieg gegen Gott) verfolgt und mit dem Tod bestraft werden und werden anerkannte religiöse Minderheiten – Zoroastrier, Juden, armenische und assyrische Christen – diskriminiert, nicht anerkannte nicht-schiitische Gruppen (Bahá’í, konvertierte evangelikale Christen, Sufi, Atheisten) in unterschiedlichem Grad verfolgt. Das Recht, eine Religion zu wechseln oder aufzugeben, wird weiterhin verletzt. Personen, die zum Christentum übergetreten waren, erhielten hohe Gefängnisstrafen (10 bis 15 Jahre). Es gab weiterhin Razzien in Hauskirchen. Personen, die sich zum Atheismus bekannten, konnten jederzeit willkürlich festgenommen, inhaftiert, gefoltert und misshandelt werden. Sie liefen Gefahr, wegen „Apostasie“ (Abfall vom Glauben) zum Tode verurteilt zu werden. Unter besonderer Beobachtung stehen hauskirchliche Vereinigungen, deren Versammlungen regelmäßig aufgelöst und deren Angehörige gelegentlich festgenommen werden. Muslimische Konvertiten und Mitglieder protestantischer Freikirchen sind willkürlichen Verhaftungen und Schikanen ausgesetzt. Apostasie (Abtrünnigkeit vom Islam) ist verboten und mit langen Haftstrafen bis zur Todesstrafe bedroht. Im iranischen Strafgesetzbuch ist der Tatbestand zwar nicht definiert, die Verfassung sieht aber vor, dass die Gerichte in Abwesenheit einer definitiven Regelung entsprechend der islamischen Jurisprudenz zu entscheiden haben. Dabei folgen die Richter im Regelfall einer sehr strengen Auslegung auf Basis der Ansicht von konservativen Geistlichen wie Staatsgründer Ayatollah Khomenei, der für die Abkehr vom Islam die Todesstrafe verlangte. Konvertierte werden jedoch zumeist nicht wegen Apostasie bestraft, sondern aufgrund anderer Delikte, wie zum Beispiel „moharebeh“ („Waffenaufnahme gegen Gott“), „Verdorbenheit auf Erden“, oder „Handlungen gegen die nationale Sicherheit“. Bei keiner der Hinrichtungen in den letzten Jahren gibt es Hinweise darauf, dass Apostasie einer bzw. der eigentliche Verurteilungsgrund war. Christliche Konvertiten werden normalerweise nicht wegen Apostasie bestraft, sondern solche Fälle als Angelegenheiten der nationalen Sicherheit angesehen und vor den Revolutionsgerichten verhandelt. Konversion wird als politische Aktivität angesehen. Für Konversion wurde in den letzten zehn Jahren keine Todesstrafe ausgesprochen, allein wegen Konversion werden keine Gerichtsverfahren geführt. Es kann zumindest nicht ausgeschlossen werden, dass auch ein im Ausland Konvertierter in Iran wegen Apostasie verfolgt wird, die Tragweite der Konsequenzen für jene Christen, die im Ausland konvertiert sind und nach Iran zurückkehren, hängt von der religiösen und konservativen Einstellung ihres Umfeldes ab. Eine Konversion und ein anonymes Leben als konvertierter Christ allein führen nicht zu einer Verhaftung; wenn der Konversion andere Aktivitäten nachfolgen, wie zum Beispiel Missionierung oder Unterricht anderer Personen im Glauben, kann dies zu einem Problem werden. Wenn ein Konvertit nicht missioniert oder eine Hauskirche bewirbt, werden die Behörden i.d.R. nicht über ihn Bescheid wissen. Auch konvertierte Rückkehrer, die keine Aktivitäten in Bezug auf das Christentum setzen, sind für die Behörden mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht von Interesse; wenn ein Konvertit schon vor seiner Ausreise den Behörden bekannt war, könnte dies anders sein. Wenn er den Behörden nicht bekannt war, ist eine Rückkehr nach Iran kein Problem, wenn aber ein zurückgekehrter Konvertit sehr freimütig über seine Konversion in den Social Media-Kanälen, einschließlich Facebook, berichtet, können die Behörden auf ihn aufmerksam werden und ihn bei der Rückkehr verhaften und befragen. Eine Bekanntgabe der Konversion auf Facebook allein wird nicht zu einer Verfolgung führen. Ob eine Taufe für die iranischen Behörden Bedeutung hat, steht nicht fest.

Die Grundversorgung ist in Iran gesichert, wozu neben staatlichen Hilfen auch das islamische Spendensystem beiträgt, es besteht kostenfreie Bildung und Gesundheitsversorgung, wobei 98% aller Iraner Zugang zu ärztlicher Versorgung haben. Die Qualität ist in Teheran und den großen Städten ausreichend bis gut, jedoch in vielen Landesteilen ist sie nicht vergleichbar mit europäischem Standard. Obwohl primäre Gesundheitsdienstleistungen kostenlos sind, müssen durchschnittlich 55% der Gesundheitsausgaben in bar bezahlt werden. In zahlreichen Apotheken sind die meisten auch in Europa gebräuchlichen Medikamente zu kaufen und nicht sehr teuer.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Die Beweiswürdigung stützt sich auf die Aussagen der beschwerdeführenden Partei vor der Polizei (siehe Niederschrift der Erstbefragung vom 10.10.2019), dem Bundesamt (siehe Niederschrift der Einvernahme vom 22.10.2019 und vom 29.11.2019 samt Beilagen) und auf die Beschwerde vom 05.05.2020 samt Beilage (Vollmacht) sowie auf folgende Beweismittel:

?        ÖIF Teilnahmebestätigung vom 25.11.2019;

?        diverse Fotos einer kurdischen Demonstration in Wien;

?        Anmeldebestätigungen einer Volkshochschule vom 18.11.2019;

?        iranische Geburtsurkunde Nr. 2920434421

2.2. Die Feststellungen zu 1.1. bis 1.4. ergeben sich aus der unstrittigen Aktenlage, die Feststellungen zu 1.5. und 1.6. ergeben sich aus dem im Bescheid vollumfänglich abgedruckten Länderinformationsblatt der Staatendokumentation, dem der Beschwerdeführer weder im Verfahren noch in der Beschwerde entgegengetreten ist.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

3.1. Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten:

3.1.1. Gemäß § 3 Asylgesetz 2005, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2020 (in Folge: AsylG), ist Asylwerbern auf Antrag der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft gemacht wurde, dass diesen im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955 in der Fassung des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (in Folge: GFK), droht und dem Fremden keine innerstaatliche Fluchtalternative gemäß § 11 AsylG offen steht und dieser auch keinen Asylausschlussgrund gemäß § 6 AsylG gesetzt hat.

Gemäß § 2 Abs. 1 Z 17 AsylG ist unter Herkunftsstaat der Staat, dessen Staatsangehörigkeit der Fremde besitzt, oder – im Falle der Staatenlosigkeit – der Staat seines früheren gewöhnlichen Aufenthaltes zu verstehen. Dies ist im vorliegenden Fall zweifellos Iran.

3.1.2. Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, droht einer Person, die sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb des Herkunftsstaates befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; ebenso droht entsprechende Verfolgung einer Person, die staatenlos ist und sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes ihres gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in den Herkunftsstaat zurückzukehren. Es ist auszuführen, dass § 3 Abs. 1 AsylG auf den Flüchtlingsbegriff (drohende Verfolgung im Herkunftsstaat) im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z. 2 GFK verweist. Danach ist entscheidend, ob glaubhaft ist, dass den Fremden in ihrem Herkunftsstaat Verfolgung droht. Dies ist dann der Fall, wenn sich eine mit Vernunft begabte Person in der konkreten Situation der Asylwerber unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat fürchten würde (VwGH 24.06.2010, 2007/01/1199). Weiters setzt die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung nicht voraus, dass der Asylwerber vor seiner Ausreise eine individuell gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlung bereits erlitten haben müsste oder ihm zumindest eine solche bereits konkret angedroht worden wäre; eine derartige Befürchtung ist auch dann gerechtfertigt, wenn die Verhältnisse im Heimatland des Asylwerbers dergestalt sind, dass die Angst vor der vorgebrachten, drohenden Verfolgung objektiv nachvollziehbar ist (siehe VwGH 25.01.1996, 95/19/0008, wenn auch zum Asylgesetz 1991, BGBl. Nr. 8/1992 aufgehoben durch BGBl. I Nr. 76/1997, jedoch unter Bezugnahme auf den Flüchtlingsbegriff der GFK).

Wie oben dargestellt hat das Bundesamt nach Durchführung eines ordnungsgemäßen Verfahrens – es wurde eine Erstbefragung und eine behördliche Einvernahme durchgeführt und ist im Rahmen der Einvernahme das Fluchtvorbringen einerseits durch offene Frage und andererseits durch geschlossene Nachfragen hinreichend geprüft worden – festgestellt, dass der Beschwerdeführer weder wegen der vorgebrachten, mit der politischen Tätigkeit seines Bruders und Vaters begründeten Verfolgung durch die Geheimpolizei noch wegen seiner Zugehörigkeit zur Ethnie der Kurden noch wegen der Teilnahme an einer Demonstration in Wien eine Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr glaubhaft gemacht hat. Das Bundesamt hat sich in der oben zitierten Beweiswürdigung, die das Bundesverwaltungsgericht teilt und der Entscheidung unterstellt, intensiv mit diesen Vorbringen auseinandergesetzt und hat nachvollziehbar und denklogisch dargetan, warum es diese Vorbringen für nicht glaubhaft gemacht hält. Da der Beschwerdeführer diese Beweiswürdigung in der Beschwerde mit keinem Wort substantiiert angegriffen hat und von Amts wegen nicht zu sehen ist, warum die Beweiswürdigung unschlüssig ist, diese der Aktenlage entspricht und das Bundesverwaltungsgericht auf Grund der Aktenlage, der im Übrigen in der Beschwerde nicht widersprochen wurde, die Beweiswürdigung und auf diese aufbauend die Feststellungen des Bundesamtes teilt, wurden die Vorbringen wegen der mit der politischen Tätigkeit des Bruders und Vaters begründeten Verfolgung durch die Geheimpolizei, wegen seiner Zugehörigkeit zur Ethnie der Kurden und wegen einer Teilnahme an einer Demonstration in Wien drohenden Verfolgung bzw. Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft gemacht. Dies scheint der Beschwerdeführer, der diesbezüglich in der Beschwerde keine Ausführungen mehr macht, auch hingenommen zu haben. Diese Teile des Vorbringens können daher keine Verfolgungsgefahr begründen.

Darüber hinaus hat die beschwerdeführende Partei behauptet, vom Islam abgefallen und zum Christentum konvertieren zu wollen bzw. konvertiert (in der Beschwerde) zu sein. Auch hier hat das Bundesamt nach einem ordnungsgemäßen Verfahren eine ordnungsgemäße Beweiswürdigung durchgeführt und auf dieser aufbauend festgestellt, dass eine entsprechende Konversion nicht vorliegt. Dieser Beweiswürdigung scheint der Beschwerdeführer auf den ersten Blick in der Beschwerde entgegenzutreten, in Wahrheit handelt es sich aber nur um ein abermaliges Vorbringen des bereits in der Einvernahme vorgebrachten. Weder tritt der Beschwerdeführer dem Argument, er habe sich mit seiner Geburtsreligion nicht beschäftigt und es sei nicht nachvollziehbar, warum er sich trotz drohender strenger Bestrafung nunmehr mit dem Christentum beschäftige, noch dem Argument, dass er sich diesfalls aber mit dem Christentum hätte beschäftigen müssen, eine solche Beschäftigung aber nicht erkannt werden könne, noch dem Argument, er habe sich nicht einmal im Ansatz mit der Bibel oder der christlichen Lehre beschäftigt, substantiiert entgegen. In ihrer Gesamtheit überzeugen die Argumente des Bundesamts, sodass sie vom Bundesverwaltungsgericht geteilt werden, zumal der Beschwerdeführer diesen nicht entgegengetreten ist.

Daher wurde eine drohende Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft gemacht.

3.1.3 Da darüber hinaus keine im Falle der Rückkehr nach Iran drohende Verfolgung hervorgekommen ist, insbesondere auch nicht wegen der Ausreise, des Auslandsaufenthaltes und der gegenständlichen Antragstellung, ist die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des Asylberechtigten abzuweisen.

3.2. Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten:

3.2.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG ist einem Fremden der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, (1.) der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird oder (2.) dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 Europäische Menschenrechtskonvention, BGBl. Nr. 210/1958 in der Fassung BGBl. III Nr. 139/2018 (in Folge: EMRK), Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen

eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes

mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn eine innerstaatliche Fluchtalternative offensteht, gemäß § 8 Abs. 3a hat eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 vorliegt. Gemäß § 8 Abs. 6 AsylG ist der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich des Status des subsidiär Schutzberechtigten darüber hinaus abzuweisen, wenn der Herkunftsstaat des Asylwerbers nicht festgestellt werden kann. Diesfalls ist eine Rückkehrentscheidung zu verfügen, wenn diese gemäß § 9 Abs. 1 und 2 BFA-Verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 87/2012 in der Fassung BGBl. I Nr. 29/2020 (in Folge: BFA-VG) nicht unzulässig ist.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 ist mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

3.2.2. Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass der Beschwerdeführer jung und vollkommen gesund ist, er ist daher jedenfalls keiner Risikogruppe im Lichte der Covid-19-Pandemie zurechenbar, sodass deren weiteres Bestehen in Iran ein reales Risiko einer Verletzung von Art. 3 EMRK nicht begründen kann.

3.2.3. Darüber hinaus ist unter Berücksichtigung der Feststellungen zum Fluchtvorbringen und zu den Folgen der Rückkehr sowie unter Berücksichtigung der allgemeinen Lage im Herkunftsgebiet der beschwerdeführenden Partei nicht zu erkennen, dass deren Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung nach Iran eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würden. Da im Herkunftsgebiet der beschwerdeführenden Partei auch kein internationaler oder innerstaatlicher Konflikt vorherrscht, ist die Beschwerde gegen die Nichtzuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen.

3.3. Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen:

3.3.1. Gemäß § 57 Abs. 1 AsylG ist im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen von Amts wegen oder auf begründeten Antrag eine „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zu erteilen, (1.) wenn der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen im Bundesgebiet gemäß § 46a Abs. 1 Z 1 oder Z 3 Fremdenpolizeigesetz, BGBl. I Nr. 100/2005 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2020 und BGBl. I Nr. 27/2020 (in Folge: FPG), seit mindestens einem Jahr geduldet ist und die Voraussetzungen dafür weiterhin vorliegen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige stellt eine Gefahr für die Allgemeinheit oder Sicherheit der Republik Österreich dar oder wurde von einem inländischen Gericht wegen eines Verbrechens (§ 17 StGB) rechtskräftig verurteilt. Einer Verurteilung durch ein inländisches Gericht ist eine Verurteilung durch ein ausländisches Gericht gleichzuhalten, die den Voraussetzungen des § 73 StGB entspricht, (2.) zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen, insbesondere als Zeugen oder Opfer von Menschenhandel oder grenzüberschreitendem Prostitutionshandel oder (3.) wenn der Drittstaatsangehörige, der im Bundesgebiet nicht rechtmäßig aufhältig oder nicht niedergelassen ist, Opfer von Gewalt wurde, eine einstweilige Verfügung nach §§ 382b oder 382e EO, RGBl. Nr. 79/1896, erlassen wurde oder erlassen hätte werden können und der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, dass die Erteilung der „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“ zum Schutz vor weiterer Gewalt erforderlich ist.

3.3.2. Für die Anwendbarkeit der Z 2 und 3 finden sich keinerlei Hinweise, die Z 1 ist schon aus dem Grund nicht anwendbar, da die beschwerdeführende Partei bis dato in Österreich nicht geduldet war, sondern ihr ein asylrechtliches Aufenthaltsrecht zukam.

3.3.3. Daher ist die Beschwerde gegen die Nichterteilung eines Aufenthaltstitels aus berücksichtigungswürdigen Gründen abzuweisen.

3.4. Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung:

3.4.1. Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG, § 52 Abs. 2 Z 3 FPG ist einen Drittstaatsangehörigen, dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird, betreffende Entscheidung nach dem AsylG unter einem mit einer Rückkehrentscheidung zu verbinden.

Da der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wurde und ihr auch nach anderen Bundesgesetzen als dem AsylG kein Aufenthaltsrecht zukam, war mit dem angefochtenen Bescheid unter einem eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 9 BFA-VG nicht gegen Art. 8 EMRK verstößt. Gemäß § 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, sofern durch diese Entscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird, zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist. Dabei sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen (1.) die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war, (2.) das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens, (3.) die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, (4.) der Grad der Integration, (5.) die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden, (6.) die strafgerichtliche Unbescholtenheit, (7.) Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts, (8.) die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren und (9.) die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist. Darüber hinaus ist noch zu berücksichtigen, ob die Erlassung einer Rückkehrentscheidung gegen Art. 3 EMRK verstößt, soweit die diesfalls drohende Verletzung nicht zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten erfolgt.

3.4.2. Da in Iran die Gesundheits- und Grundversorgung im Wesentlichen gewährleistet ist sowie im Herkunftsgebiet der beschwerdeführenden Partei kein bewaffneter Konflikt stattfindet, ist nicht zu erkennen, wieso die Rückkehrentscheidung gegen Art. 3 EMRK verstoßen sollte.

3.4.3. Hinsichtlich der Abwägung nach Art. 8 EMRK bzw. § 9 Abs. 1 und 2 BFA-VG ist darauf zu verweisen, dass die beschwerdeführende Partei in Österreich mit ihrem Bruder zusammenwohnt und von diesem abhängig ist, es ist daher diesbezüglich von einem Familienleben auszugehen, das aber erst im Oktober 2020 im Wissen aller Beteiligten begründet wurde und dass der Beschwerdeführer nur mit einem asylrechtlichen, vorübergehenden Aufenthaltstitel in Österreich aufhältig ist. Dem steht gegenüber, dass die Eltern und die Schwester des Beschwerdeführers, mit denen er bis zu seiner Ausreise ein Familienleben geführt hat, weiterhin in Iran leben und für den Beschwerdeführer erreichbar sind. Ein intensives Privatleben des Beschwerdeführers, dieser hat lediglich angegeben, einen Deutsch- und einen Integrationskurs besucht zu haben und hier Sport zu machen und spazieren zu gehen, ist nicht zu erkennen, der Beschwerdeführer hat in Österreich allerdings ein freies Gewerbe angemeldet und ist – zumindest in Zusammenschau mit der Unterstützung durch seinen Bruder – von seiner Selbsterhaltungsfähigkeit auszugehen. Allerdings spricht der Beschwerdeführer nur elementares Deutsch, ist rechtswidrig nach Österreich eingereist und hat hier – vom asylverfahrensrechtlichen Aufenthaltsrecht abgesehen – kein Aufenthaltsrecht in Österreich; die beschwerdeführende Partei ist erst seit knapp zehn Monaten in Österreich, das heißt jedenfalls weit kürzer als fünf Jahre (siehe zur Relevanz dieser Grenze VwGH 24.01.2019, Ra 2018/21/0191, auch wenn sich daraus kein Automatismus ergibt). Darüber hinaus gründet sich dessen Aufenthalt nur auf einen Antrag auf internationalen Schutz, der lediglich mit nicht glaubhaft gemachten Fluchtvorbringen begründet war.

Daher überwiegen die öffentlichen Interessen an der Außerlandesbringung die dargestellten Interessen der beschwerdeführenden Partei, – selbst im Hinblick auf das festgestellte Privatleben – insbesondere im Hinblick auf die als schwerwiegend zu beurteilenden Interessen an einem geordneten Fremden-, Asyl- und Zuwanderungswesen, aber auch, unabhängig davon, im Hinblick auf die drohende finanzielle Belastung einer Gebietskörperschaft.

3.4.4. Daher ist die Beschwerde gegen die Erlassung einer Rückkehrentscheidung abzuweisen.

3.5. Zur Abweisung der Beschwerde gegen die Feststellung, dass die Abschiebung nach Iran zulässig ist:

3.5.1. Gemäß § 52 Abs. 9 FPG ist gleichzeitig mit der Rückkehrentscheidung festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 FPG in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Gemäß § 46 Abs. 1 FPG sind Fremde, gegen die eine

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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