TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/14 W196 2231241-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.07.2020
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Entscheidungsdatum

14.07.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z4
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §7 Abs1 Z1
AsylG 2005 §7 Abs1 Z2
AsylG 2005 §7 Abs4
AsylG 2005 §8
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z3
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z5
FPG §55

Spruch

W196 2231241-1/4E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Mag. Ursula SAHLING, als Einzelrichterin über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Russische Föderation, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 16.03.2020, Zl. 761382301/170440199, zu Recht erkannt:

A)

I. Die Beschwerde wird gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 und Z 2 sowie Abs. 4, §§ 8, 10 Abs. 1 Z 4 und § 57 AsylG 2005 idgF, § 9 BFA-VG idgF, § 52 Abs. 2 Z 3 und Abs. 9, § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

II. Im Übrigen wird zur Beschwerde zu Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheides gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 FPG idgF ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Dem Beschwerdeführer, einem zum damaligen Zeitpunkt minderjährigen Staatsangehörigen der Russischen Föderation tschetschenischer Volksgruppenzugehörigkeit, wurde nach illegaler Einreise zu seinem Antrag vom 20.12.2006 auf internationalen Schutz mit Bescheid vom 14.11.2007 abgeleitet von seiner Mutter als seine damalige gesetzliche Vertreterin im Familienverfahren in Österreich Asyl gewährt sowie gemäß § 3 Abs. 5 AsylG 2005 festgestellt, dass diesem damit kraft Gesetzes die Flüchtlingseigenschaft zukommt.

Seine Mutter hatte zu den Gründen ihrer Asylantragstellung im Wesentlichen ausgeführt, sie befürchte im Herkunftsstaat wegen ihres für den tschetschenischen Widerstand tätig gewesenen Mannes, welcher von Unbekannten verschleppt worden sei, bedroht worden zu sein. Auch ihre Kinder seien von diesen verfolgt worden und sie befürchte eine weitere Verfolgung.

Die Zuerkennung des Status der Asylberechtigten an die Mutter des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.11.2007 wurde in einem Aktenvermerk der Behörde vom gleichen Datum im Wesentlichen darauf gestützt, dass diese als Ehefrau eines im Widerstand tätigen Mannes einer nach den Länderfeststellungen in Tschetschenen gefährdeten Personengruppe zuzurechnen gewesen sei.

Mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.05.2019 wurde der Mutter des Beschwerdeführers der Asylstatus wieder aberkannt und gegen sie eine Rückkehrentscheidung erlassen.

2. Ein infolge von bereits vier strafgerichtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers eingeleitetes Verfahren auf Aberkennung des internationalen Schutzes vom 11.04.2017 wurde am selben Tag eingestellt, da keines dieser Delikte ein Verbrechen darstellte und danach auch nicht davon auszugehen war, dass der Beschwerdeführer eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstelle. Angemerkt wurde, dass dies der Fortführung des Verfahrens im Fall weiterer Verurteilungen des Beschwerdeführers nicht entgegenstehe.

3. Am 02.01.2019 langte beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eine Verständigung der Staatsanwaltschaft von einer Anklageerhebung gegen den Beschwerdeführer ein.

Nach Einlangen eines Anlassberichtes der Staatsanwaltschaft vom 25.02.2019 über den Verdacht, dass der Beschwerdeführer einen Diebstahl durch Einbruch oder mit Waffen, Entfremdung unbarer Zahlungsmittel und Urkundenunterdrückung begangen habe, wurde am 09.03.2019 vom Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl erneut ein Verfahren zur Aberkennung von Asyl wegen geänderter Verhältnisse im Herkunftsstaat eingeleitet.

Am 01.03.2019 langte ein weiterer Anlassbericht der Staatsanwaltschaft vom 25.02.2019 ein, wonach der Beschwerdeführer außerdem verdächtigt wurde, einen Diebstahl durch Einbruch oder mit Waffen sowie eine Körperverletzung begangen zu haben.

Am 15.04.2019 erfolgte eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl im anhängigen Aberkennungsverfahren. Der Beschwerdeführer gab in deutscher Sprache zusammengefasst zu Protokoll, er beherrsche Tschetschenisch und Russisch „ziemlich schlecht“. Er sei gesund und nehme keine Medikamente. In Österreich lebe seine Tante. Seine Geschwister würden in Tschetschenien leben und den Aufenthaltsort seiner Mutter kenne er nicht. Er sei nicht verheiratet und habe auch keine Kinder. Eine Lebensgefährtin habe er nicht mehr. Er sei in Österreich bereits berufstätig gewesen, er habe Maschinenbautechniker gelernt aber nicht abgeschlossen. Daneben habe er bei Leasingfirmen eigentlich jede Tätigkeit ausgeführt, meist im Lager und der Produktion. Zum Vorhalt, warum er bisher in Österreich immer nur kurzfristig bei wechselnden Arbeitgebern beschäftigt gewesen sei, gab er an, „so faul wie jeder Jugendliche“ gewesen zu sein. Nach der Volks- und Hauptschule habe er in Österreich auch ein Semester die Handelsschule besucht. Seine Schulzeugnisse könne seine Tante vorlegen. In der Freizeit spiele er meist Fußball und habe jahrelang geboxt. Er habe mehrere Freunde mit unterschiedlichen Nationalitäten, sein Freundeskreis sei international (Österreicher, Türken, Jugoslawen). Seine Freundin sei Österreicherin gewesen, er verstehe sich eigentlich mit jedem. Außer seinen Geschwistern seien noch seine Onkel in Tschetschenien; andere Sozialkontakte habe er in Russland nicht. Eine Schwester lebe bei einem Mann, die zweite beim Onkel. Er würde in Tschetschenien gar nicht zurechtkommen. Er wisse nicht, welche Probleme dort auf ihn zukommen würden. Er habe nur schlechte Sprachkenntnisse, das System sei anders als hier und die Arbeitsmöglichkeiten wären nicht so gut wie hier. In Österreich sei er drei bis vier Mal vorbestraft. Das sei eigentlich immer beim „Ausgehen vorgekommen, auch in Verbindung mit Alkohol“. Wenn Jugendliche getrunken hätten, komme eins zum anderen und zu einer Schlägerei. Derzeit befinde er sich wegen Einbruchdiebstahls und Körperverletzung in Untersuchungshaft. Er sei unschuldig. Von den Verwaltungsbehörden sei er einmal wegen Falschparkens bestraft worden. Zur Frage nach seinen Vorstellungen über seine weitere Zukunft in Österreich brachte er vor, dass er jedenfalls die Ausbildung abschließen sowie einen fixen Arbeitsplatz und ein zu Hause erlangen wolle, um eine Familie zu gründen. Er werde gegen die beabsichtigte Aberkennung seines Asylstatus vorgehen.

Mit rechtskräftigem Urteil vom 05.11.2019 eines LG wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 (1) StGB, § 229 (1) StGB, § 105 (1) StGB, § 83 (2) StGB, § 125 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt.

Mit Parteiengehör vom 14.02.2020 wurden dem Beschwerdeführer nach seiner fünften strafgerichtlichen Verurteilung neue Länderberichte zur Kenntnis gebracht sowie ihm Gelegenheit zur Stellungnahme binnen einer Frist dazu eingeräumt. Eine Stellungnahme seitens des Beschwerdeführers erfolgte dazu nicht.

4. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom 16.03.2020 wurde dem Beschwerdeführer in Spruchteil I. der ihm mit Bescheid vom 14.11.2007, Zahl: 06 13.823-BAS, zuerkannte Status des Asylberechtigten gemäß § 7 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 idgF aberkannt. Gemäß § 7 Abs. 4 AsylG wurde festgestellt, dass diesem die Flüchtlingseigenschaft nicht mehr zukomme. In Spruchteil II. wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 8 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuerkannt, weiters wurde ihm in Spruchteil III. ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt. Darüber hinaus wurde gegen den Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 4 AsylG 2005 iVm § 9 BFA-VG idgF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 3 FPG idgF erlassen (Spruchpunkt IV.), gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung in die Russische Föderation gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und ausgesprochen, dass die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.). Zudem wurde gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf die Dauer von 5 Jahren befristetes Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen (Spruchpunkt VII.).

Die Entscheidung über die Aberkennung des Status des Asylberechtigten wurde im Wesentlichen damit begründet, dass sich die Lage in seinem Herkunftsstaat seit der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten maßgeblich und nachhaltig geändert habe. Es stehe fest, dass er bzw. seine Bezugsperson (Mutter des Beschwerdeführers) nicht mehr befürchten müssten, Opfer etwaiger gegen sie persönlich gerichteter Verfolgungshandlungen zu werden. Seiner Mutter sei der Status der Asylberechtigten bereits aberkannt worden und sie halte sich seit August 2018 nicht mehr in Österreich auf. Auch seiner älteren Schwester sei der Asylstatus bereits aberkannt worden und sei gegen seine jüngere Schwester ebenfalls ein Aberkennungsverfahren anhängig. Beide Schwestern befänden sich seit 01.12.2015 bzw. 22.03.2016 in Tschetschenien. In Österreich lebe noch seine Tante und ein Halbbruder. Der Beschwerdeführer verfüge im Bundesgebiet über kein aufrechtes schützenswertes Familienleben. Wegen seiner bereits fünf gerichtlichen Vorstrafen und oftmaligen Anzeigen und Verstößen gegen das Verwaltungsstrafrecht stelle sein Aufenthalt im Bundesgebiet eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit dar, welcher ausschließlich mit der Verhängung eines mehrjährigen Einreiseverbotes begegnet werden könne.

Rechtlich wurde ausgeführt, dass sich die Lage in der Russischen Föderation seit dem Jahr 2007 unzweifelhaft erheblich verändert habe sowie nach den getroffenen Länderfeststellungen seit zumindest 2011 keine Verfolgung von Veteranen der Tschetschenienkriege oder deren Angehörigen durch staatliche Behörden mehr erfolge und auch keine bewaffneten Konflikte mehr in seiner Heimat ausgetragen würden. Seither lägen somit die Gründe für die Asylgewährung an seine Mutter nicht mehr vor. Zwar sei dieser Asyl deshalb aberkannt worden, weil sie in die russische Föderation zurückgekehrt und im Besitz eines am 05.05.2017 ausgestellten russischen Reisepasses gewesen sei, jedoch wäre im Entscheidungszeitpunkt auch ihr wegen der maßgeblichen Änderung der Lage im Herkunftsstaat Asyl abzuerkennen gewesen. Die Voraussetzungen gemäß § 7 Abs 1 Z 2 AsylG 2005 lägen vor (zu Spruchunkt I.). Angesichts seines sozialen Umfeldes im Herkunftsstaat und seiner Erwerbsfähigkeit sei nicht zu befürchten, dass er (dort) in eine ausweglose wirtschaftliche Notlage geraten würde, zumal er auch das dort bestehende Sozialsystem in Anspruch nehmen könne. Auch bestünden keine stichhaltigen Gründe für die Annahme, dass er im Fall einer Rückkehr Gefahr liefe, im russischen Staatsgebiet einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder Todesstrafe unterworfen zu werden, womit die Voraussetzungen für subsidiären Schutz gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 nicht vorlägen. (zu Spruchpunkt II.). Mangels Vorliegens der Voraussetzungen komme auch die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 nicht in Betracht (zu Spruchpunkt III.). Ein schützenswertes Privat- und Familienleben iSv Art. 8 EMRK im Bundesgebiet sei nicht erkennbar. Eine Integration in die österreichische Gesellschaft sei angesichts notorischer Arbeitslosigkeit, häufigen Bezugs von Sozialleistungen, fehlendem Freundeskreis und Straffälligkeit nicht feststellbar. Wegen der von ihm ausgehenden erheblichen Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit könne nicht von einem Überwiegen seines Interesses am Verbleib im Bundesgebiet ausgegangen werden. Die Rückkehrentscheidung sei daher nach § 9 BFA-VG gerechtfertigt (zu Spruchpunkt IV.). Mangels Vorliegens von Gründen gemäß § 50 FPG sei seine Abschiebung auch zulässig (Spruchpunkt V.). Die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 FPG sei auf Grund der von ihm genannten Gründe mit 14 Tagen festgesetzt worden (Spruchpunkt VI.). Das Einreiseverbot sei zu erteilen gewesen, weil die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG erfüllt seien. Dies indiziere das Vorliegen einer schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit. Bei der Bemessung sei das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und eine Gefährlichkeitsprognose vorzunehmen gewesen. Seine insgesamt fünf strafgerichtlichen Verurteilungen würden eindrucksvoll einen Charaktermangel indizieren und ließen eine positive Zukunftsprognose nicht zu, zumal danach eine weitere Eskalation zu befürchten sei. Durch sein Verhalten habe er gezeigt, dass er nicht gewillt sei, die österreichische Rechtsordnung zu respektieren, und beeinträchtige sein bisheriger Aufenthalt in Österreich das Grundinteresse der Gesellschaft an Ruhe, Sicherheit für Personen und Republik sowie sozialem Frieden. Die Verhinderung von strafbaren Handlungen und unrechtmäßigem Aufenthalt von Fremden im Bundesgebiet bildeten ein Grundinteresse der Gesellschaft. Die von ihm begangenen Straftaten seien auch im Herkunftsstaat des Beschwerdeführers strafbar, womit auch nicht von Unwissen oder Fahrlässigkeit ausgegangen werden könne. Die Annahme, dass er eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstelle, sei daher gerechtfertigt. Wegen der von ihm infolge seiner Straffälligkeit ausgehenden Gefahr zu vernachlässigenden und ohnedies kaum ausgeprägten privaten Interessen sowie der negativen Zukunftsprognose erachtete das Bundesamt ein Einreiseverbot von 5 Jahren als notwendig. Hiebei ging es davon aus, dass im Fall des Beschwerdeführers wegen seiner gerichtlichen und verwaltungsbehördlichen Delikte, mangelnder Einsicht, seiner jüngst eskalierten Straffälligkeit, der Schwere der Straftaten samt seinem Fehlverhalten in der Haft und seine mangelnde Integration am österreichischen Arbeitsmarkt und dem daraus resultierenden Bezug von Sozialleistungen selbst bei langjährigem Aufenthalt und guten Deutschkenntnissen ein Einreiseverbots nicht kürzer zu bemessen war, um in zur Rehabilitation zu motivieren und die österreichische Gesellschaft vor seinem eskalierendem Verhalten zu schützen. Das Höchstausmaß von 10 Jahren sei nur zur Hälfte ausgeschöpft worden, weil er zwar ein beharrlicher Straftäter mit hoher krimineller Energie, jedoch kein Schwerverbrecher sei. In Anbetracht des langen Zeitraumes seiner Delinquenz (sieben Jahre), seiner mangelnden Einsichtsfähigkeit und der bisher ungenützt verstrichenen Chancen zur gesellschaftlichen Rehabilitation sei jedoch auch kein kürzeres Einreiseverbot zu verhängen gewesen. Zudem seien auch die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 2 Z 1 und 6 FPG erfüllt, da der Beschwerdeführer zudem wegen des Verstoßes gegen das MeldeG bestraft worden sowie notorisch arbeitslos und von Sozialleistungen abhängig sei und Straftaten in Erwerbsabsicht (Diebstahl, Betrug etc.) verwirkliche, womit er wegen seiner Mittellosigkeit eine Gefahr darstelle. Dieses Verhalten habe lediglich marginale Auswirkungen auf die Bemessung der Höhe des Einreiseverbotes gehabt, sei jedoch auch nicht gänzlich außer Acht zu lassen gewesen. Wie bereits im Rahmen der Prüfung zur Rückkehrentscheidung festgestellt, verletzt diese Art. 8 EMRK nicht und sei daher davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an Ordnung und Sicherheit auch unter Berücksichtigung von § 53 Abs. 3 FPG seine persönlichen Interessen an einem Verbleib in Österreich überwiege. Das erlassene Einreiseverbot sei zur Erreichung der in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele auch dringend geboten (zu Spruchpunkt VII.).

5. Nach der Mitteilung vom 17.04.2020 wurde der Beschwerdeführer mit rechtskräftigem Urteil eines LG vom 10.03.2020 wegen §§ 142 (1), 143 (1) 2.Fall StGB (schwerer Raub) zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt.

6. Mit am 18.05.2020 beim Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl eingelangtem Schriftsatz wurde durch die nunmehr bevollmächtigte Rechtsberatungsorganisation fristgerecht die verfahrensgegenständliche Beschwerde eingebracht. Begründend wurde ausgeführt, dass das Bundesamt bei der Entscheidungsfindung die individuelle Situation des Beschwerdeführers berücksichtigen hätte müssen. Dabei hätte die Behörde erkennen müssen, dass er bei einer Rückkehr der Gefahr ausgesetzt sei, von den russischen bzw. tschetschenischen Behörden ausfindig und als Sohn eines damaligen Widerstandskämpfers identifiziert zu werden. Es sei nicht richtig, dass der Beschwerdeführer auf Grund seiner damaligen Asylgründe nicht der Gefahr ausgesetzt wäre, mit einer asylrelevanten Verfolgung konfrontiert zu sein. Dass Veteranen der Tschetschenienkriege bzw. deren Angehörige nicht von Verfolgungshandlungen durch die Behörden bedroht seien, sei ebenfalls nicht richtig. Dies werde sowohl im Länderinformationsblatt als auch in verschiedenen anderen objektiven Berichten bestätigt. Die Anfragebeantwortung von ACCORD vom 31.05.2016 belege das Gegenteil: Auch wenn die Verbindung der oder des Verwandten zu den Aufständischen viele Jahre zurückliege, sei es möglich, dass Familienmitglieder unter Beobachtung stünden und riskierten, verfolgt zu werden (SFH, 13.05.2016). Nach der Anfragebeantwortung vom 15.12.2015 berichte die dänische Einwanderungsbehörde im Jänner 2015 veröffentlichten Bericht zu einer Fact Finding Mission im Frühling 2014, dass eine Person, die wegen Verbindungen zu Aufständischen einmal von der Polizei festgenommen worden sei, sehr wahrscheinlich wieder festgenommen werde. Nach Auskunft einer westlichen Botschaft würden die Behörden jeden Vorwand nutzen, wenn sie eine Person verhaften und verurteilen wollten in Zusammenhang mit dem Aufstand in Tschetschenien. Nach weiteren Berichten solle eine Atmosphäre der Angst in der breiten Bevölkerung geschaffen und durch den Druck auf Familienmitglieder neue erzwungene Geständnisse erreicht werden. Nach Auskunft von S. G. bräuchten die tschetschenischen Behörden keine Logik für ihr Verhalten auch nachdem die Aufständischen bereits besiegt und vertrieben seien. Zahlreiche Berichte, die lange nach 2011 erstellt worden seien, würden belegen, dass frühere Widerstandskämpfer sowie deren Angehörige nach wie vor mit Bedrohung bzw. Verfolgung zu rechnen hätten. Die bei einer Rückkehr bevorstehende mögliche Verfolgung knüpfe somit an die (zumindest unterstellte) politische Gesinnung des Beschwerdeführers vor dem Hintergrund der damaligen Tätigkeit seines Vaters im Heimatland an. Den Länderberichten sei auf S 23 zu entnehmen, dass die Sicherheitslage im Nordkaukasus nach Berichten von Memorial für gewöhnliche Bürger zwar stabil sei, Aufständische andererseits und Kritiker der bestehenden Systeme sowie Meinungs- und Menschenrechtsaktivisten weiterhin repressiven Maßnahmen und Gewalt bis hin zum Tod ausgesetzt seien. Der Beschwerdeführer habe bei einer Rückkehr jedenfalls mit unmenschlicher Behandlung zu rechnen und sein Leben wäre in der russischen Föderation in größter Gefahr. Für den Beschwerdeführer komme erschwerend hinzu, dass er in der Russischen Föderation über keine sozialen Kontakte verfüge, welche ihm die notwendige Unterstützung bieten könnten, weil eine Unterstützung wegen der schlechten wirtschaftlichen Situation nicht bzw. nur sehr schwer möglich sei. Es sei nicht nachvollziehbar dargelegt worden, dass er vom Onkel bzw. seinem Schwager Unterstützung erhalten könne. Es wäre für ihn nicht möglich, sich in der Russischen Föderation alleine eine Existenz aufzubauen. Es sei daher auch von der Rechtswidrigkeit seiner Abschiebung auszugehen. Die Rückkehrentscheidung greife massiv und unverhältnismäßig in sein Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK ein, zumal er sich von seit gut 13 Jahren in Österreich aufhalte. Er habe bereits im Alter von 9 Jahren begonnen, in Österreich Fuß zu fassen und sei daher schon allein deshalb von einer tiefgehenden Integration des Beschwerdeführers in Österreich auszugehen. Die Behörde lasse außer Acht, dass der Beschwerdeführer in Österreich aufgewachsen und sozialisiert worden sei. Er habe viele österreichische Freunde und soziale Kontakte auf Grund seiner langen Aufenthaltsdauer hier. Ihm jegliche Integration bzw. Aufenthaltsverfestigung abzusprechen sei daher nicht plausibel. Es sei ihm in der Justizanstalt klar geworden, dass er sein bisheriges Leben ändern müsse. Die Würdigung der Behörde, dass er kein schützenswertes Privat- und Familienleben in Österreich habe, sei nicht richtig. Darüber hinaus habe der Beschwerdeführer keine Verbrechen sondern nur Vergehen begangen, sodass kein Asylausschlussgrund nach § 6 AslyG 2005 vorliege. Er habe in Österreich ein sehr ausgeprägtes Privat- und Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK. Die Behörde habe die Schutzwürdigkeit nicht ausreichend gewürdigt und würde eine Rückkehrentscheidung § 9 BFA-VG verletzen. Vielmehr sei eine Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig. Er würde unweigerlich in eine ausweglose Situation im Herkunftsstaat geraten. Ohne Anbindung an ein soziales Netz sei es nicht möglich, den notwendigen Lebensunterhalt zu verdienen. Die Behörde habe sich nicht ausreichend mit den Länderberichten und der persönlichen Lage des Beschwerdeführers befasst. Das Verfahren sei daher mit Mangelhaftigkeit behaftet. Zudem beantrage er die Aufhebung des Einreiseverbotes, in eventu es zu verkürzen. Abschließend werde eine öffentliche mündliche Verhandlung beantragt.

Mit Schriftsatz vom 25.05.2020 beantragte das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl unter Bezugnahme auf die im rechtskräftigen Urteil vom 10.03.2020 dargelegten Umstände, welche zum Zeitpunkt der Bescheiderlassung noch nicht bekannt waren, die Abänderung des angefochtenen Bescheides dahingehend, dass gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 5 AsylG 2005 ein unbefristetes Einreiseverbot gegen den Beschwerdeführer erlassen werde - in eventu das Einreiseverbot auf eine angemessene Dauer erhöht werde. Nach der beiliegenden Benachrichtigung der Staatsanwaltschaft vom 19.05.2020 wurde das erneute Ermittlungsverfahren wegen § 83 StGB (Körperverletzung) zum Vorfall vom 28.04.2020 gegen den inhaftierten Beschwerdeführer eingestellt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der erwachsene Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger der Russischen Föderation, welcher der tschetschenischen Volksgruppe angehört und sich zum moslemischen Glauben bekennt. Der damals minderjährige Beschwerdeführer reiste gemeinsam mit seiner Mutter und Geschwistern illegal in das Bundesgebiet ein und stellte durch seine damalige gesetzliche Vertreterin am 20.12.2006 einen Antrag auf internationalen Schutz, dem mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.11.2007 stattgegeben und dem Beschwerdeführer gemäß §§ 3 und 34 AsylG 2005 abgeleitet von seiner Mutter Asyl in Österreich gewährt wurde.

Der Zuerkennung des Status der Asylberechtigten an die Mutter des Beschwerdeführers mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.11.2007 lag zugrunde, dass die Genannte in Tschetschenien wegen ihres verschleppten Ehemannes (des Vaters des Beschwerdeführers), welcher die Widerstandsbewegung unterstützt habe, bedroht worden sei. Als alleinlebende Ehefrau eines im Widerstand aktiven Mannes habe sie einer durch Willkür der föderalen Truppen gefährdeten Personengruppe angehört.

Der Mutter des Beschwerdeführers wurde mit rechtskräftigem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 28.05.2019 unter gleichzeitiger Nichtzuerkennung des Status einer subsidiär Schutzberechtigten und dem Ausspruch einer Rückkehrentscheidung der Status der Asylberechtigten aberkannt. Die Mutter des Beschwerdeführers unterliegt zum Entscheidungszeitpunkt keiner Gefährdung mehr im Herkunftsstaat.

1.2. Nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer in der Russischen Föderation aus Gründen der Rasse, der Religion, der Nationalität, der Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Ansichten bedroht wäre. Im Entscheidungszeitpunkt konnte keine aktuelle Gefährdung des Beschwerdeführers in der Russischen Föderation festgestellt werden. Dem Beschwerdeführer droht im Falle der Rückkehr in die Russische Föderation keine Verfolgung infolge seiner Verurteilungen wegen Diebstahls, Einbruchsdiebstahls, Körperverletzung und schweren Raubes.

Ebenfalls nicht festgestellt werden kann, dass der Beschwerdeführer im Fall seiner Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung in die Russische Föderation in seinem Recht auf Leben gefährdet, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen oder von der Todesstrafe bedroht wäre. Der Beschwerdeführer liefe dort nicht Gefahr, grundlegende und notwendige Lebensbedürfnisse wie Nahrung, Kleidung sowie Unterkunft nicht befriedigen zu können und in eine ausweglose bzw. existenzbedrohende Situation zu geraten. Der Beschwerdeführer, welcher sein Heimatland im Alter von 9 Jahren verlassen hat, spricht Tschetschenisch als Muttersprache und es wird ihm auch möglich sein, die russische Sprache binnen angemessener Zeit ausreichend zu erlernen. Der Beschwerdeführer leidet an keinen schwerwiegenden oder lebensbedrohlichen Erkrankungen und ist arbeitsfähig.

Es ist dem Beschwerdeführer möglich und zumutbar, sich in der Russischen Föderation außerhalb der Teilrepublik Tschetschenien und des Föderationskreises Nordkaukasus niederzulassen und anzumelden. Die wirtschaftlich stärkeren Metropolen und Regionen in Russland bieten trotz der derzeitigen Wirtschaftskrise bei vorhandener Arbeitswilligkeit auch entsprechende Chancen für russische Staatsangehörige aus den Kaukasusrepubliken. Der Beschwerdeführer hat auch Zugang zu Sozialbeihilfen, Krankenversicherung und medizinischer Versorgung. Dem Beschwerdeführer droht auch keine Verfolgung bei der Wiedereinreise in die Russische Föderation. Er hat Verwandte im Herkunftsstaat, zu denen er den Kontakt allenfalls mit Hilfe seiner Angehörigen (Tante) in Österreich herstellen kann, sodass er bei einer Rückkehr im Bedarfsfall auf ein verwandtschaftliches Netz zurückgreifen kann. Neben seinen Geschwistern leben noch die Onkel des Beschwerdeführers im Herkunftsstaat und ein Onkel beherbergt auch eine Schwester des Beschwerdeführers, sodass davon auszugehen ist, dass auch der Beschwerdeführer zumindest anfänglich bei seinen Verwandten (Onkel, Geschwister, Schwager) Unterkunft und Unterstützung bei seiner Wiedereingliederung in die Gesellschaft finden kann, bis er in der Lage ist, seinen Lebensunterhalt selbst zu erwirtschaften.

1.3. Der Beschwerdeführer wurde im Bundesgebiet bislang bereits sechs Mal rechtskräftig strafgerichtlich verurteilt:

Mit Urteil eines LG vom 18.04.2013 wurde er wegen § 15, § 83 (1) StGB, §§ 83 (1), 84 (1) StGB (Körperverletzung) zu einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten bedingt bei einer Probezeit von zunächst 3 Jahren unter Anordnung einer Bewährungshilfe (Jugendstraftat) verurteilt. Hiezu wurde die Probezeit mit Urteil vom 12.07.2016 auf 5 Jahre angehoben und mit Urteil vom 27.04.2018 ein Teil der Freiheitsstrafe nachgesehen.

Mit Urteil eines BG vom 16.04.2014 wurde er wegen §223 (1) StGB und § 229 (1) StGB (Urkundenunterdrückung) zu einer Freiheitsstrafe von 6 Wochen bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt (Jugendstraftat). Mit Urteil vom 12.07.2016 wurde die Probezeit auf 5 Jahre verlängert und mit Urteil vom 10.12.2019 ein Teil der Freiheitsstrafe nachgesehen.

Mit Urteil eines LG vom 08.05.2014 wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 (1) StGB (Körperverletzung) zu einer Freiheitsstrafe von 1 Monat bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren unter Anordnung einer Bewährungshilfe verurteilt (Jugendstraftat). Mit Urteil vom 12.07.2016 wurde die Probezeit auf 5 Jahre verlängert. Mit Urteil vom 28.06.2019 wurde ein Teil der Freiheitsstrafe nachgesehen.

Mit Urteil eines BG vom 12.07.2016 wurde er wegen § 15, § 83 (1) StGB (Körperverletzung) zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 3 Monaten auf eine Probezeit von 3 Jahren verurteilt (junger Erwachsener). Mit Urteil vom 31.01.2020 wurde ein Teil der Freiheitsstrafe nachgesehen.

Mit Urteil eines LG vom 05.11.2019 wurde der Beschwerdeführer wegen § 83(1) StGB, § 241e(3) StGB, §§ 127, 128(1)Z5, 129(1)z1, 130(1)1.Fall StGB und § 15 StGB, § 136(1) StGB, § 15. 105(1) StGB, § 229(1) StGB, § 148a(1) StGB), § 146 StGB (Körperverletzung, Entfremdung unbarer Zahlungsmittel, Diebstahl, schwerer Diebstahl, gewerbsmäßiger Diebstahl, unbefugter Gebrauch von Fahrzeugen, Nötigung, Urkundenunterdrückung, betrügerischer Datenverarbeitungsmissbrauch, Betrug) zu einer Freiheitsstrafe von 15 Monaten verurteilt. Mit Urteil vom 06.03.2020 wurde er am 05.11.2019 bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren aus der Freiheitsstrafe entlassen. Die bedingte Entlassung wurde mit Urteil vom 14.03.2020 widerrufen.

Mit Urteil vom 10.03.2020 wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 142(1), 143(1)2.Fall StGB (Raub, schwerer Raub) zu einer Freiheitsstrafe von 4 Jahren verurteilt. Mit jüngstem Urteil vom 30.04.2020 wurde ihm der Rest der Freiheitsstrafe bedingt auf eine Probezeit von 3 Jahren nachgesehen.

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil vom 10.03.2020 für schuldig befunden, gemeinsam mit einem Mittäter am 26.11.2019 im bewussten und gewollten Zusammenwirken einer Trafikantin durch Vorzeigen einer Waffe und zwar dadurch, dass der Beschwerdeführer ihr gegenüber, indem er die Softgun gegen sie richtete, äußerte, „Überfall, tuas Geld her“ , sowie „tuas Geld außa, nur die Scheine“ und sein Mittäter die Gaspistole gegen sie richtete, sohin durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben, fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld in Höhe von 2.714,96 €, mit dem Vorsatz abgenötigt bzw. weggenommen zu haben und sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei der Raub unter Verwendung einer Waffe verübt wurde. Bei der Strafbemessung wurde für den Beschwerdeführer als mildernd das umfassende und reumütige Geständnis berücksichtigt, erschwerend allerdings vier einschlägige Vorstrafen, der rasche Rückfall nur 14 Tage nach der Entlassung aus der Haft und die Tatbegehung während offener Probezeiten.

Darüber hinaus hat der Beschwerdeführer auch bereits mehrfach rechtskräftige Verwaltungsstrafen (wegen zahlreicher Verstöße gegen StVO, KFG und MeldeG) sowie eine Ordnungsstrafe (nach dem StVG) erhalten.

Ein weiterer Aufenthalt des Beschwerdeführers im Bundesgebiet würde demnach eine schwerwiegende Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit darstellen, zumal auf Grundlage seines bisher gesetzten Verhaltens die Gefahr der neuerlichen Begehung von Straftaten zu prognostizieren ist. Ein Wegfall der von seiner Person ausgehenden Gefährdung kann zum Entscheidungszeitpunkt nicht prognostiziert werden.

1.4. Der Beschwerdeführer ist ledig und kinderlos. Er befindet sich derzeit in Strafhaft. Lediglich seine Tante und ein Halbbruder, zu denen kein besonderes Nahe- oder Abhängigkeitsverhältnis vorliegt, leben noch in Österreich. Seine Mutter hat Österreich bereits verlassen ebenso seine Geschwister. Der Beschwerdeführer ist im Alter von 9 Jahren nach Österreich eingereist, hat im Rahmen der allgemeinen Schulpflicht die Pflichtschule absolviert und die deutsche Sprache erlernt. Eine weitergehende Ausbildung als Maschinenbautechniker hat er nicht abgeschlossen. Der Beschwerdeführer war seit Erreichen der Volljährigkeit auch nicht selbsterhaltungsfähig und hat sich lediglich für kurze Zeiträume in Arbeitsverhältnissen befunden, im Übrigen lebte er von staatlichen Sozialleistungen. Eine längerfristige berufliche Eingliederung war nie gegeben.

1.5. Insbesondere zur allgemeinen Situation und Sicherheitslage, zur allgemeinen Menschenrechtslage, zu Grundversorgung und Wirtschaft sowie zur Lage von Rückkehrern wird unter Heranziehung der erstinstanzlichen Länderfeststellungen Folgendes festgestellt:

Politische Lage

Die Russische Föderation hat ca. 143 Millionen Einwohner (CIA 29.7.2019, vgl. GIZ 8.2019c). Russland ist eine Präsidialdemokratie mit föderativem Staatsaufbau. Der Präsident verfügt über weit reichende exekutive Vollmachten, insbesondere in der Außen- und Sicherheitspolitik (GIZ 8.2019a, vgl. EASO 3.2017). Er ernennt auf Vorschlag der Staatsduma den Vorsitzenden der Regierung, die stellvertretenden Vorsitzenden und die Minister und entlässt sie (GIZ 8.2019a). Wladimir Putin ist im März 2018 bei der Präsidentschaftswahl mit 76,7% im Amt bestätigt worden (Standard.at 19.3.2018, vgl. FH 4.2.2019). Die Wahlbeteiligung lag der Nachrichtenagentur TASS zufolge bei knapp 67% und erfüllte damit nicht ganz die Erwartungen der Präsidialadministration (Standard.at 19.3.2018). Putins wohl stärkster Widersacher Alexej Nawalny durfte nicht bei der Wahl kandidieren. Er war zuvor in einem von vielen als politisch motivierten Prozess verurteilt worden und rief daraufhin zum Boykott der Abstimmung auf, um die Wahlbeteiligung zu drücken (Presse.at 19.3.2018, vgl. FH 4.2.2019). Oppositionelle Politiker und die Wahlbeobachtergruppe Golos hatten mehr als 2.400 Verstöße gezählt, darunter mehrfach abgegebene Stimmen und die Behinderung von Wahlbeobachtern. Wähler waren demnach auch massiv unter Druck gesetzt worden, um an der Wahl teilzunehmen. Auch die Wahlkommission wies auf mutmaßliche Manipulationen hin (Tagesschau.de 19.3.2018, FH 1.2018). Putin kann dem Ergebnis zufolge nach 18 Jahren an der Staatsspitze weitere sechs Jahre das Land führen. Gemäß der Verfassung darf er nach dem Ende seiner sechsjährigen Amtszeit nicht erneut antreten, da es eine Beschränkung auf zwei aufeinander folgende Amtszeiten gibt (Tagesschau.de 19.3.2018, vgl. OSCE/ODIHR 18.3.2018).

Die Verfassung wurde per Referendum am 12.12.1993 mit 58,4% der Stimmen angenommen. Sie garantiert die Menschen- und Bürgerrechte. Das Prinzip der Gewaltenteilung ist zwar in der Verfassung verankert, jedoch verfügt der Präsident über eine Machtfülle, die ihn weitgehend unabhängig regieren lässt. Er ist Oberbefehlshaber der Streitkräfte, trägt die Verantwortung für die Innen- und Außenpolitik und kann die Gesetzentwürfe des Parlaments blockieren. Die Regierung ist dem Präsidenten untergeordnet, der den Premierminister mit Zustimmung der Staatsduma ernennt. Das Zweikammerparlament, bestehend aus Staatsduma und Föderationsrat, ist in seinem Einfluss stark beschränkt. Der Föderationsrat ist als „obere Parlamentskammer“ das Verfassungsorgan, das die Föderationssubjekte auf föderaler Ebene vertritt. Er besteht aus 178 Abgeordneten: Jedes Föderationssubjekt entsendet je einen Vertreter aus Exekutive und Legislative in den Föderationsrat. Die Staatsduma mit 450 Sitzen wird für vier Jahre nach dem Verhältniswahlrecht auf der Basis von Parteilisten gewählt. Es gibt eine SiebenProzent-Klausel. Wichtige Parteien sind: die Regierungspartei Einiges Russland (Jedinaja Rossija) mit 1,9 Millionen Mitgliedern und Gerechtes Russland (Spravedlivaja Rossija) mit 400.000 Mitgliedern; die Kommunistische Partei der Russischen Föderation (KPRF) mit 150.000 Mitgliedern , die die Nachfolgepartei der früheren KP ist; die Liberaldemokratische Partei (LDPR) mit 185.000 Mitgliedern, die populistisch und nationalistisch ausgerichtet ist; die Wachstumspartei (Partija Rosta), die sich zum Neoliberalismus bekennt; Jabloko, eine demokratisch-liberale Partei mit 55.000 Mitgliedern; die Patrioten Russlands (Patrioty Rossii), linkszentristisch, mit 85.000 Mitgliedern; die Partei der Volksfreiheit (PARNAS) und die demokratisch-liberale Partei mit 58.000 Mitgliedern (GIZ 5.2019a). Die Zusammensetzung der Staatsduma nach Parteimitgliedschaft gliedert sich wie folgt: Einiges Russland (339 Sitze), Kommunistische Partei Russlands (42 Sitze), Liberaldemokratische Partei Russlands (40 Sitze), Gerechtes Russland (23 Sitze), Vaterland-Partei (1 Sitz), Bürgerplattform (1 Sitz) (AA 14.2.2019b). Die sogenannte Systemopposition stellt die etablierten Machtverhältnisse nicht in Frage und übt nur moderate Kritik am Kreml (SWP 11.2018). Die Nicht-Systemopposition unterstützt zwar die parlamentarische Demokratie als Organisationsform der Politik, nimmt aber nicht an Wahlen teil, da ihnen die Teilnahme wegen der restriktiven Regeln oder vermeintlicher Formalfehler versagt wird (Dekoder 24.5.2016).

Russland ist eine Föderation, die aus 85 Föderationssubjekten (einschließlich der international umstrittenen Annexion der Republik Krim und der Stadt föderalen Ranges Sewastopol) mit unterschiedlichem Autonomiegrad besteht. Die Föderationssubjekte (Republiken, Autonome Gebiete, Autonome Kreise, Gebiete, Regionen und Föderale Städte) verfügen über jeweils eine eigene Legislative und Exekutive (GIZ 8.2019a, vgl. AA 14.2.2019b). Die Gouverneure der Föderationssubjekte werden auf Vorschlag der jeweils stärksten Fraktion der regionalen Parlamente vom Staatspräsidenten ernannt. Dabei wählt der Präsident aus einer Liste dreier vorgeschlagener Kandidaten den Gouverneur aus (GIZ 8.2019a).

Es wurden acht Föderationskreise (Nordwestrussland, Zentralrussland, Südrussland, Nordkaukasus, Wolga, Ural, Sibirien, Ferner Osten) geschaffen, denen jeweils ein Bevollmächtigter des Präsidenten vorsteht. Der Staatsrat der Gouverneure tagt unter Leitung des Präsidenten und gibt der Exekutive Empfehlungen zu aktuellen politischen Fragen und zu Gesetzesprojekten. Nach der Eingliederung der Republik Krim und der Stadt Sewastopol in die Russische Föderation wurde am 21.3.2014 der neunte Föderationskreis Krim gegründet. Die konsequente Rezentralisierung der Staatsverwaltung führt seit 2000 zu politischer und wirtschaftlicher Abhängigkeit der Regionen vom Zentrum. Diese Tendenzen wurden bei der Abschaffung der Direktwahl der Gouverneure in den Regionen und der erneuten Unterordnung der regionalen und kommunalen Machtorgane unter das föderale Zentrum („exekutive Machtvertikale“) deutlich (GIZ 8.2019a).

Bei den Regionalwahlen am 8.9.2019 in Russland hat die Regierungspartei Einiges Russland laut Angaben der Wahlleitung in den meisten Regionen ihre Mehrheit verteidigt. Im umkämpften Moskauer Stadtrat verlor sie allerdings viele Mandate (Zeit Online 9.9.2019). Hier stellt die Partei künftig nur noch 25 von 45 Vertretern, zuvor waren es 38. Die Kommunisten, die bisher fünf Stadträte stellten, bekommen 13 Sitze. Die liberale JablokoPartei bekommt vier und die linksgerichtete Partei Gerechtes Russland drei Sitze (ORF 18.9.2019). Die beiden letzten waren bisher nicht im Moskauer Stadtrat vertreten. Zuvor sind zahlreiche Oppositionskandidaten von der Wahl ausgeschlossen worden, was zu Protesten geführt hat (Zeit Online 9.9.2019), bei denen mehr als 1000 Demonstranten festgenommen wurden (Kleine Zeitung 28.7.2019). Viele von den Oppositionskandidaten haben zu einer "smarten Abstimmung" aufgerufen. Die Bürgerinnen sollten alles wählen – nur nicht die Kandidaten der Regierungspartei. Bei den für die russische Regierung besonders wichtigen Gouverneurswahlen gewannen die Kandidaten der Regierungspartei überall. Umfragen hatten der Partei wegen der Unzufriedenheit über die wirtschaftliche Lage im Land teils massive Verluste vorhergesagt (Zeit Online 9.9.2019).

Quellen:

-        AA – Auswärtiges Amt (14.2.2019b): Russische Föderation – Außen- und Europapolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/russischefoederationnode/russischefoederation/201534, Zugriff 6.8.2019

-        CIA – Central Intelligence Agency (29.7.2019): The World Factbook, https://www.cia.gov/library/publications/the-world-factbook/geos/rs.html, Zugriff 6.8.2019

-        EASO – European Asylum Support Office (3.2017): COI-Report Russian Federation -
State          Actors  of       Protection,

http://www.ecoi.net/file_upload/1226_1489999668_easocoi-russia-state-actors-ofprotection.pdf, Zugriff 6.8.2019

-        FH – Freedom House (4.2.2019): Jahresbericht zu politischen Rechten und bürgerlichen
Freiheiten          im       Jahr    2018    -        Russland,

https://www.ecoi.net/de/dokument/2002603.html, Zugriff 6.8.2019

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (8.2019a): Russland, Geschichte und Staat, https://www.liportal.de/russland/geschichtestaat/#c17836, Zugriff 5.9.2019

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (8.2019c): Russland, Gesellschaft, https://www.liportal.de/russland/gesellschaft/, Zugriff 5.9.2019

-        Kleine Zeitung (28.7.2019): Mehr als 1.300 Festnahmen bei Kundgebung in Moskau, https://www.kleinezeitung.at/politik/5666169/Russland_Mehr-als-1300-Festnahmenbei-Kundgebung-in-Moskau, Zugriff 24.9.2019

-        ORF – Observer Research Foundation (18.9.2019): Managing democracy in Russia: Elections 2019, https://www.orfonline.org/expert-speak/managing-democracy-inrussia-elections-2019-55603/, Zugriff 30.9.2019

-        OSCE/ODIHR - Organization for Security and Co-operation in Europe/Office for Democratic Institutions and Human Rights (18.3.2018): Russian Federation Presidential
Election          Observation  Mission  Final   Report,

https://www.osce.org/odihr/elections/383577?download=true, Zugriff 6.8.2019

-        Presse.at (19.3.2018): Putin: "Das russische Volk schließt sich um Machtzentrum zusammen", https://diepresse.com/home/ausland/aussenpolitik/5391213/Putin_Dasrussische-Volk-schliesst-sich-um-Machtzentrum-zusammen, Zugriff 6.8.2019

-        Standard.at (19.3.2018): Putin sichert sich vierte Amtszeit als Russlands Präsident, https://derstandard.at/2000076383332/Putin-sichert-sich-vierte-Amtszeit-alsPraesident, Zugriff 6.8.2019

-        Tagesschau.de (19.3.2018): Klarer Sieg für Putin, https://www.tagesschau.de/ausland/russland-wahl-putin-101.html, Zugriff 6.8.2019

-        Zeit Online (9.9.2019): Russische Regierungspartei gewinnt Regionalwahlen, https://www.zeit.de/politik/ausland/2019-09/russland-kreml-partei-siegregionalwahlen-moskau, Zugriff 24.9.2019

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Tschetschenien

Die Tschetschenische Republik ist eine der 22 Republiken der Russischen Föderation. Die Fläche beträgt 15.647 km2 (Rüdisser 11.2012) und laut offizieller Bevölkerungsstatistik der Russischen Föderation zum 1.1.2019 beläuft sich die Einwohnerzahl Tschetscheniens auf 1,4 Millionen (GKS 24.1.2019), wobei die offiziellen Angaben von unabhängigen Medien infrage gestellt werden. Laut Aussagen des Republiksoberhauptes Ramzan Kadyrow sollen rund 600.000 Tschetschenen außerhalb der Region leben – eine Hälfte davon in der Russischen Föderation, die andere Hälfte im Ausland. Experten zufolge hat die Hälfte Tschetschenien während der Kriege nach dem Zerfall der Sowjetunion verlassen, bei der anderen Hälfte handelt es sich um Siedlungsgebiete außerhalb Tschetscheniens. Diese entstanden bereits vor über einem Jahrhundert , teilweise durch Migration aus dem Russischen in das Osmanische Reich, und zwar über Anatolien bis in den arabischen Raum. Was die Anzahl von Tschetschenen in anderen russischen Landesteilen anbelangt, ist es aufgrund der öffentlichen Datenlage schwierig, verlässliche Aussagen zu treffen (ÖB Moskau 12.2018). In Bezug auf Fläche und Einwohnerzahl ist Tschetschenien mit der Steiermark vergleichbar. Etwa die Hälfte des tschetschenischen Territoriums besteht aus Ebenen im Norden und Zentrum der Republik. Heutzutage ist die Republik eine nahezu monoethnische: 95,3% der Bewohner Tschetscheniens gaben [bei der letzten Volkszählung] 2010 an, ethnische Tschetschenen zu sein (Rüdisser 11.2012).

In Tschetschenien gilt Ramzan Kadyrow als Garant Moskaus für Stabilität. Mit Duldung der russischen Staatsführung hat er in der Republik ein autoritäres Herrschaftssystem geschaffen, das vollkommen auf seine eigene Person ausgerichtet ist und weitgehend außerhalb des föderalen Rechtsrahmens funktioniert (ÖB Moskau 12.2018, vgl. AA 13.2.2019). Fraglich bleibt auch die föderale Kontrolle über die tschetschenischen Sicherheitskräfte, deren faktische Loyalität vorrangig dem Oberhaupt der Republik gilt. Im Juni 2016 beschloss das tschetschenische Parlament die vorzeitige Selbstauflösung, um vorgezogene Neuwahlen parallel zu den Wahlen zum Oberhaupt der Republik durchzuführen. Bei den Wahlen vom 18.9.2016 lag die Wahlbeteiligung in Tschetschenien weit über dem landesweiten Durchschnitt. Kadyrow wurde laut offiziellen Angaben bei hoher Wahlbeteiligung mit überwältigender Mehrheit für eine weitere Amtszeit von fünf Jahren gewählt. Unabhängige Medien berichteten über Unregelmäßigen bei den Wahlen.

Auch im Vorfeld der Wahlen hatte Human Rights Watch über massive Druckausübung auf Kritiker des derzeitigen Machthabers berichtet. Das tschetschenische Oberhaupt bekundet immer wieder seine absolute Loyalität gegenüber dem Kreml. Gegen vermeintliche Extremisten und deren Angehörige, aber auch gegen politische Gegner, wird rigoros vorgegangen (ÖB Moskau 12.2018, vgl. AA 13.2.2019). Um die Kontrolle über die Republik zu behalten, wendet Kadyrow unterschiedliche Formen der Gewalt an, wie z.B. Entführungen, Folter und außergerichtliche Tötungen (FH 4.2.2019, vgl. AA 13.2.2019).

Während der mittlerweile über zehn Jahre dauernden Herrschaft des amtierenden Republikführers Ramzan Kadyrow gestaltete sich Tschetscheniens Verhältnis zur Russischen Föderation ambivalent. Einerseits ist Kadyrow bemüht, die Zugehörigkeit der Republik zu Russland mit Nachdruck zu bekunden, tschetschenischen Nationalismus mit russischem Patriotismus zu verbinden, Russlands Präsidenten in der tschetschenischen Hauptstadt Grozny als Staatsikone auszustellen und sich als „Fußsoldat Putins“ zu präsentieren. Andererseits hat er das Föderationssubjekt Tschetschenien so weit in einen Privatstaat verwandelt, dass in der Umgebung des russischen Präsidenten die Frage gestellt wird, inwieweit sich die von Wladimir Putin ausgebaute „föderale Machtvertikale“ dorthin erstreckt. Zu Kadyrows Eigenmächtigkeit gehört auch eine Außenpolitik, die sich vor allem an den Mittleren Osten und die gesamte islamische Welt richtet. Kein anderer regionaler Führer beansprucht eine vergleichbare, über sein eigenes Verwaltungsgebiet und die Grenzen Russlands hinausreichende Rolle. Kadyrow inszeniert Tschetschenien als Anwalt eines russländischen Vielvölker-Zusammenhalts, ist aber längst zum „inneren Ausland“ Russlands geworden. Deutlichster Ausdruck dieser Entwicklung ist ein eigener Rechtszustand, in dem islamische und gewohnheitsrechtliche Regelungssysteme sowie die Willkür des Republikführers in Widerspruch zur Gesetzgebung Russlands geraten (SWP 3.2018).

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (13.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante
Lage          in       der     Russischen  Föderation,

https://www.ecoi.net/en/file/local/1458482/4598_1551701623_auswaertiges-amtbericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-russischen-foederationstand-dezember-2018-13-02-2019.pdf, Zugriff 6.8.2019

-        FH – Freedom House (4.2.2019): Jahresbericht zu politischen Rechten und bürgerlichen
Freiheiten          im       Jahr    2018    -        Russland,

https://www.ecoi.net/de/dokument/2002603.html, Zugriff 6.8.2019

-        GKS – Staatliches Statistikamt (24.1.2019): Bevölkerungsverteilung zum 1.1.2019, https://www.ppn2018.ru/novosti/naselenie-rossii-sokratilos-vpervye-za-10-let.html, Zugriff 6.8.2019

-        ÖB Moskau (12.2018): Asylländerbericht Russische Föderation, https://www.ecoi.net/en/file/local/2001768/RUSS_%C3%96B_Bericht_2018_12.pdf, Zugriff 6.8.2019

-        Rüdisser, V. (11.2012): Russische Föderation/Tschetschenische Republik. In: Länderinformation n°15, Österreichischer Integrationsfonds,

http://www.integrationsfonds.at/themen/publikationen/oeif-laenderinformation/, Zugriff 6.8.2019

-        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (3.2018): Tschetscheniens Stellung in der Russischen Föderation. Ramsan Kadyrows Privatstaat und Wladimir Putins föderale

Machtvertikale,  https://www.swpberlin.org/fileadmin/contents/products/studien/2018S01_hlb.pdf, Zugriff 6.8.2019

Sicherheitslage

Wie verschiedene Anschläge mit zahlreichen Todesopfern in den letzten Jahren gezeigt haben, kann es in Russland, auch außerhalb der Kaukasus-Region, zu Anschlägen kommen. Todesopfer forderte zuletzt ein Terroranschlag in der Metro von St. Petersburg im April 2017. Die russischen Behörden halten ihre Warnung vor Anschlägen aufrecht und rufen weiterhin zu besonderer Vorsicht auf (AA 3.9.2019a, vgl. BMeiA 3.9.2019, GIZ 8.2019d). Trotz verschärfter Sicherheitsmaßnahmen kann das Risiko von Terrorakten nicht ausgeschlossen werden. Die russischen Sicherheitsbehörden weisen vor allem auf eine erhöhte Gefährdung durch Anschläge gegen öffentliche Einrichtungen und größere Menschenansammlungen hin (Untergrundbahn, Bahnhöfe und Züge, Flughäfen etc.) (EDA 3.9.2019).

Russland tritt als Protagonist internationaler Terrorismusbekämpfung auf und begründet damit seinen Militäreinsatz in Syrien. Vom Beginn des zweiten Tschetschenienkriegs 1999 bis ins Jahr 2013 sah es sich mit 75 größeren Terroranschlägen auf seinem Staatsgebiet konfrontiert, die Hunderten Zivilisten das Leben kosteten. Verantwortlich dafür war eine über Tschetschenien hinausgehende Aufstandsbewegung im Nordkaukasus. Die gewaltsamen Zwischenfälle am Südrand der Russischen Föderation gingen 2014 um 46% und 2015 um weitere 51% zurück. Auch im Global Terrorism Index, der die Einwirkung des Terrorismus je nach Land misst, spiegelt sich diese Entwicklung wider. Demnach stand Russland 2011 noch an neunter Stelle hinter mittelöstlichen, afrikanischen und südasiatischen Staaten, weit vor jedem westlichen Land. Im Jahr 2016 rangierte es dagegen nur noch auf Platz 30 hinter Frankreich (Platz 29), aber vor Großbritannien (Platz 34) und den USA (Platz 36). Nach der Militärintervention in Syrien Ende September 2015 erklärte der sogenannte Islamische Staat (IS) Russland den Dschihad und übernahm die Verantwortung für den Abschuss eines russischen Passagierflugzeugs über dem Sinai mit 224 Todesopfern. Seitdem ist der Kampf gegen die Terrormiliz zu einer Parole russischer Außen- und Sicherheitspolitik geworden, auch wenn der russische Militäreinsatz in Syrien gewiss nicht nur von diesem Ziel bestimmt ist, sondern die Großmachtrolle Russlands im Mittleren Osten stärken soll. Moskau appelliert beim Thema Terrorbekämpfung an die internationale Kooperation (SWP 4.2017).

Eine weitere Tätergruppe rückt in Russland ins Zentrum der Medienaufmerksamkeit, nämlich Islamisten aus Zentralasien. Die Zahl der Zentralasiaten, die beim sog. IS kämpfen, wird auf einige tausend geschätzt (Deutschlandfunk 28.6.2017).

Quellen:

-        AA       –        Auswärtiges  Amt     (3.9.2019a):  Russische  Föderation:  Reise-  und
Sicherheitshinweise,          https://www.auswaertiges-

amt.de/de/russischefoederationsicherheit/201536#content_0, Zugriff 3.9.2019

-        BmeiA (3.9.2019): Reiseinformation Russische Föderation, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/russischefoederation/, Zugriff 3.9.2019

-        Deutschlandfunk (28.6.2017): Anti-Terrorkampf in Dagestan. Russische Methoden, https://www.deutschlandfunk.de/anti-terrorkampf-in-dagestan-russischemethoden.724.de.html?dram:article_id=389824, Zugriff 29.8.2018

-        EDA – Eidgenössisches Departement für auswärtige Angelegenheiten (3.9.2019): Reisehinweise für Russland, https://www.eda.admin.ch/eda/de/home/vertretungenund-reisehinweise/russland/reisehinweise-fuerrussland.html, Zugriff 3.9.2019

-        GIZ – Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (8.2019d): Russland, Alltag, https://www.liportal.de/russland/alltag/#c18170, Zugriff 3.9.2019

-        SWP – Stiftung Wissenschaft und Politik (4.2017): Russland und der Nordkaukasus im

Umfeld des globalen Jihadismus, https://www.swpberlin.org/fileadmin/contents/products/aktuell/2017A23_hlb.pdf, Zugriff 3.9.2019

Nordkaukasus

Die Menschenrechtsorganisation Memorial beschreibt in ihrem Bericht über den Nordkaukasus vom Sommer 2016 eindrücklich, dass die Sicherheitslage für gewöhnliche Bürger zwar stabil ist, Aufständische einerseits und Kritiker der bestehenden Systeme sowie Meinungs- und Menschenrechtsaktivisten andererseits weiterhin repressiven Maßnahmen und Gewalt bis hin zum Tod ausgesetzt sind (AA 13.2.2019). In internationalen sicherheitspolitischen Quellen wird die Lage im Nordkaukasus mit dem Begriff „low level insurgency“ umschrieben (SWP 4.2017).

Das Kaukasus-Emirat, das seit 2007 den islamistischen Untergrundkampf im Nordkaukasus koordiniert, ist seit Ende 2014 durch das Überlaufen einiger Feldkommandeure zum sog. IS von Spaltungstendenzen erschüttert und geschwächt. Der IS verstärkte 2015 seine russischsprachige Propaganda in Internet-Foren wie Furat Media, ohne dass die Behörden laut Nowaja Gazeta diesem Treiben große Aufmerksamkeit widmeten. Am 23. Juni 2015 rief der IS-Sprecher Muhammad al-Adnani ein ‚Wilajat Kavkaz‘, eine ‚Provinz Kaukasus‘, als Teil des IS-Kalifats aus. Es war ein propagandistischer Akt, der nicht bedeutet, dass der IS in dieser Region militärisch präsent ist oder sie gar kontrolliert, der aber den zunehmenden Einfluss dieser Terrormiliz auf die islamistische Szene im Nordkaukasus symbolisiert. Zuvor hatten mehr und mehr ideologische und militärische Führer des Kaukasus-Emirats dem ‚Kalifen‘ Abu Bakr al-

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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