TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/21 W122 2225651-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 21.07.2020
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Entscheidungsdatum

21.07.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55

Spruch

W122 2225651-1/11E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Gregor ERNSTBRUNNER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. XXXX , StA. Iran, vertreten durch den Verein ZEIGE, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, vom 18.10.2019, XXXX , nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 12.02.2020 und 27.05.2020, zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird gemäß § 3 Abs. 1, § 8 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Z 3, und § 57 AsylG 2005 idgF iVm § 9 BFA-VG sowie § 52 Abs. 2 Z 2 und Abs. 9, § 46 und § 55 FPG als unbegründet abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I.       Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (nachfolgend: BF), ein iranischer Staatsangehöriger, stellte am 09.05.2019 nach illegaler Einreise in das österreichische Bundesgebiet, begleitet von seinem Vater und seiner ebenfalls volljährigen Schwester, einen Antrag auf internationalen Schutz.

2. Anlässlich der Erstbefragung 09.05.2019 gab der BF an, dass er der Volksgruppe der Perser angehöre und christlichen Glaubens sei. Er habe im Iran zwölf Jahre die Schule besucht. Seine Muttersprache sei Farsi. Als Grund für seine Ausreise gab der BF an, dass er und seine Familienmitglieder im Iran zum Christentum konvertiert wären. Deswegen sei das Haus der Familie von der Geheimpolizei gestürmt worden. Da ihnen als konvertierte Christen im Iran die Todesstrafe drohen würde, würden sie in einem Land leben wollen, in dem sie sicher wären.

3. Am 21.08.2019 erfolgte die Einvernahme des BF vor dem Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (nachfolgend: BFA). In dieser vermeinte der BF im Wesentlichen gesund zu sein und legte, neben dem bereits abgegebenen iranischen Personaldokument, ein Konvolut an Integrationsunterlagen vor. Den Wehrdienst habe er bis dato noch nicht abgeleistet. Sonstige Personaldokumente seien, zusammen mit anderen Gegenständen, am 09.03.2019 von Beamten, die ihre Wohnung gestürmt hätten, mitgenommen worden. Er habe auf der Heimreise vom Abholen der Schwester am Nachhauseweg erfahren, dass dies passiert sei. Sein Freund habe ihm damals mitgeteilt, dass er zwei parkende Autos vor dem Haus gesehen und er die Computer erkannt hätte. Danach sei auch noch ein Freund zum Haus gefahren, wo ihm die Frau seines Vaters die mitgenommenen Gegenstände, unter anderem eine Bibel und einen USB-Stick, aufzählte und diesem mitteilte, dass sie sich wünsche, dass man die Familie hinrichte.

Er habe zwölf Jahre die Schule besucht und abgeschlossen sowie danach studieren wollen. Gearbeitet habe er noch nicht und bislang von den Zuwendungen seines Vaters gelebt. Er sei iranischer Staatsangehöriger persischer Volksgruppenzugehörigkeit. Er sei als schiitischer Moslem geboren worden und mittlerweile protestantischer Christ. Er sei weder getauft noch aus dem Islam ausgetreten, trage aber das Christentum im Herzen. Er würde auch keine Taufvorbereitung besuchen, jedoch gehe er sonntags in die Kirche. Den Unterschied zwischen einem Gottesdienst und einem Kirchenbesuch kenne er nicht. Seine Kirchengemeinde glaube an die Bibel und würde keine Vermittler, wie etwa den Papst oder die Heiligen, zu Gott brauchen.

Seine Verwandtschaft sei im Iran aufhältig, wobei ihm eine Tante mütterlicherseits besonders nahe stünde. Mit dieser sei er auch in Kontakt. In Österreich würden auch noch seine Mutter und sein Halbbruder leben. Mit diesen wohne er nicht in gemeinsamen Haushalt. Er lebe hier von der Grundversorgung, wobei ihm seine Mutter auch noch etwas Taschengeld geben würde. In seinem Heimatland habe er keine strafbaren Handlungen begangen bzw. sei er dort nicht vorbestraft oder inhaftiert gewesen. Er sei auch nicht politisch aktiv oder Mitglied in einer politischen Partei gewesen. Auch habe er keine Probleme mit Behörden seines Heimatlandes gehabt. Einen offiziellen Haftbefehl gegen ihn würde es in seinem Heimatland nicht geben. Sein Heimatland habe er am 17.03.2019 über den offiziellen Grenzübergang in die Türkei verlassen.

In der Türkei habe er sich rund 50 Tage aufgehalten und keinen Asylantrag gestellt. Dies sei einerseits kein sicheres Land, andererseits habe er zu seiner Mutter nach Österreich gewollt.

Zu seinen Fluchtgründen befragt, führte der BF im Wesentlichen zusammengefasst aus, dass er Christ geworden sei und die iranischen Behörden davon gewusst hätten. Er würde im Iran deswegen verhaftet und hingerichtet werden. Er selbst sei niemals direkt bedroht worden und es habe kein offizielles Schreiben gegeben, dass die Behörden nach ihm suchen würden. Er würde auch nicht wissen, ob seit seiner Ausreise seitens der Behörden weitere Verfolgungshandlungen gesetzt worden wären.

Er habe immer an einen Gott geglaubt, der nicht gewalttätig sei. Eine Abneigung gegen den Islam habe er im Gymnasium entwickelt. Ein genaues Datum wisse er nicht, jedoch sei er immer darauf angesprochen worden, dass er sich unislamisch kleide oder frisiere und er nicht am Gemeinschaftsgebet teilnehmen würde. Für das Christentum interessiere er sich seit dem iranischen Neujahr 2017, weil damals sein Vater über andere Religionen gesprochen habe. Die Liebe und die Güte Gottes sowie, dass er seinen einzigen Sohn für ihn gegeben habe, hätten den BF beeindruckt. So sei er evangelisiert worden, wobei er im Iran alle vier Evangelien gelesen habe. Konkrete Verse könne er nicht wiedergeben, jedoch habe er aus der Bibel gelernt, nicht mehr egoistisch zu sein. Er habe im Iran auch fünfmal eine Hauskirche besucht, erstmals Ende des Jahres 2017. Sein Vater sei bei diesen Besuchen immer dabei gewesen, wobei die Zusammenkünfte einmal im Monat am ersten Donnerstag stattgefunden und diese eine Stunde oder weniger gedauert hätten. Er könne sich noch erinnern, dass das Vater Unser gebetet worden sei. An die sonstigen Besuche habe er nur verschwommene Erinnerungen. Im Monat der Ausreise sei er das letzte Mal in der Hauskirche gewesen, wobei er ein Datum nicht nennen könne. Er sei nicht missionarisch tätig gewesen und wisse nicht, ob die Hauskirche im Iran aufgeflogen sei.

Das wichtigste christliche Gebet sei dieses, dass Jesus ihnen beigebracht habe. Wo dies in der Bibel stehen würde, wisse er nicht.

In Österreich nehme er an einem Bibelkurs teil, gehe regelmäßig in die Kirche und unterhalte sich mit anderen Personen über das Christentum. Seine Kirche sei ihm im Zuge seines Aufenthaltes in XXXX nahegelegt worden. Ob er in dieser Mitglied sei, wisse er nicht. Es sei ihm nur wichtig, dass er Gott nahe sein könne. Auf Frage, welche Stelle er in der Bibel am liebsten haben würde, rezitierte er aus dem Matthäus Evangelium Kapitel 8, Vers 21 bis 35, wobei der BF auf Nachfrage angab, dass er nur diese Passage auswendig gelernt habe. Woher die zehn Gebote stammen und wo diese in der Bibel stehen würden, wisse der BF nicht.

Bei einer Rückkehr in den Iran würde er seinen Glauben nicht im Verborgenen ausleben wollen, wobei sein Freund und der iranische Staat sowieso schon davon wissen würden. Mit dem Freund stünde er seit seiner Ausreise nicht mehr in Kontakt und eine innerstaatliche Fluchtalternative sei für ihn nicht möglich, weil er überall festgenommen werden würde.

4. Mit Schreiben vom 17.09.2019 wurde der belangten Behörde ein Konvolut an iranischen Unterlagen betreffend den Vater des BF und eine Stellungnahme zur Situation der Konvertiten im Iran abgegeben. Diese erfolgte durch die rechtsfreundliche Vertretung, dem Verein ZEIGE, dem mit Schreiben vom 09.08.2019 die Vollmacht zur Vertretung des BF in gegenständlicher Rechtssache erteilt wurde.

5. Mit Bescheid des BFA vom 18.10.2019 wurde der Antrag des BF auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG abgewiesen (Spruchpunkt I.). Gemäß § 8 Abs. 1 iVm § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG wurde der Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Iran abgewiesen (Spruchpunkt II.). Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG wurde nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm § 9 BFA-VG wurde gegen den BF eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpukt IV.) und gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass dessen Abschiebung in den Iran gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) Gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG wurde festgestellt, dass eine Frist für die freiwillige Ausreise 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.). Begründend wurde festgehalten, dass der BF bezüglich seines Fluchtvorbringens und seiner Konversion nicht glaubwürdig gewesen sei. Seine Konversion sei nicht glaubhaft, weil er die innere Überzeugung zu dieser nicht hat darlegen können. Der BF sei nach der islamischen Religion sozialisiert worden und habe nur vage Angaben machen können, warum er Christ geworden sei. Ebenso sei er weder getauft noch aus der islamischen Glaubensgemeinschaft ausgetreten. Er sei weder in einer Taufvorbereitung noch habe er vermittelt, dass er an einer Taufe Interesse habe. Da er auch den Unterscheid zwischen Gottesdienst und Kirchenbesuch nicht darlegen hat können, würde es bei ihm auch an Wissen über die Eucharistie mangeln. Ebenso würde der BF nur kurze und oberflächlich Angaben zur Ausübung seines Glaubens in Österreich machen, was darauf schließen lasse, dass der BF nicht aus innerer Überzeugung Christ geworden wäre.

Ebenso habe der BF kein Schlüsselerlebnis darlegen können, warum er sich vom Islam abgewandt habe. Er habe sich im Islam nicht an alle Vorschriften gehalten, wobei er auf Nachfrage geantwortet habe, dass dies alle Personen im Iran treffen würde, die die Vorschriften nicht einhalten würden. Daher sei auch keine persönliche Gefährdung ersichtlich gewesen.

Ebenso sei es nicht nachvollziehbar, dass der BF zum Christentum konvertiert sei, nachdem sein Vater mit ihm am iranischen Neujahrsfest 2017 über die Religionen diskutiert hätte und er danach am Tag vor seinem Geburtstag eine Bibel zu lesen bekommen hätte, zumal ein Religionswechsel auch eine Phase der Vertiefung und des Nachdenkens über die neuen Glaubensinhalte beinhalten würde. Auch habe der BF nur vage Angaben über die Wesensänderung seiner Persönlichkeit angeben können. Widersprüchlich zum Vater des BF, der angab, sich im Iran mit dem Alten Testament beschäftigt zu haben, sei die Angabe des BF gewesen, dass er sich im Iran mit dem Neuen Testament auseinandergesetzt hätte. Daran sei aber zu zweifeln, weil der BF keine Passage der Evangelien wiedergeben habe können. Wie der BF sein Interesse am christlichen Glauben im Iran ausgelebt habe, habe der BF auch nicht einmal annähernd erläutern können. Aus den vagen und abstrakten Erklärungen des BF habe jedenfalls der Rückschluss gezogen werden können, dass sich der BF in seinem Herkunftsstaat in keiner Weise tiefergehend mit der christlichen Religion auseinandergesetzt habe. Dies würden auch seine Ansichten bestätigen, dass er keine Wert darauflege, ein ordentliches Mitglied der christlichen Gemeinde zu werden, zumal nur getauften Christen der Zugang zu den heiligen Sakramenten offenstehen würde. Auch habe der BF keine lebensnahen Schilderungen zum Ablauf der Zusammenkünfte in der Hauskirche machen können, wobei die geringen Besuche in der Hauskirche auch dafürsprechen, dass der BF kein großes Interesse am Christentum aufgebracht habe. Auch über die Gebete habe der BF nur rudimentäres Wissen darlegen können, was gegen die Konversion und das Interesse am Christentum sprechen würde. Ebenso würde es gegen die Hauskirchenbesuche sprechen, dass der BF angab, dass diese immer am ersten Donnertag des Monats stattgefunden hätten und der BF ausführte, dass er im Monat der Ausreise zuletzt diese besucht hätte, jedoch der BF kein Datum für diesen kurz zurückliegenden Besuch hat einordnen können.

Ebenso habe er nie öffentliche Kirchen besucht oder an christlichen Veranstaltungen im Iran teilgenommen. Da er auch nicht missioniert habe, sei er im Iran auch nur eine „low profile person“.

In der Einvernahme habe der BF zwar die ihm gestellten Wissensfragen zum protestantischen Glauben teilweise beantworten können, wobei der BF auch hierbei einen emotionslosen Eindruck gemacht hatte. Welches Gebet er kennen würde, hätte der BF lapidar beantwortet, dass dies das Gebet sei, das Jesus ihnen beigebracht hätte, ohne diesbezüglich auch in irgendeiner Weise anführen zu können, um welches Gebet es sich dabei handeln würde. Auch über sonstige Aktivitäten und Veranstaltungen innerhalb der Kirche hätte der BF nur vage und oberflächlich geantwortet, sodass aus diesem Verhalten ebenfalls keine Hinwendung zum Christentum entdeckt habe werden können. Auch bei konkreter Angabe einer Bibelstelle, habe der BF zwar eine Stelle angeführt, jedoch auch zugegeben, dass er diese Stelle nur auswendig gelernt habe und auf Recherche der belangten Behörde habe diese festgehalten, dass der BF selbst diese Stelle falsch rezitiert habe. Dies würde erneut eine mangelnde Auseinandersetzung mit der Kirche und der Bibel bezeugen. Da der BF auch nicht darlegen hat können, wo die zehn Gebote niedergeschrieben seien, lasse dies den Rückschluss zu, dass der BF scheinbar auch kein Interesse am Bibelstudium habe.

Für die belangte Behörde war klar ersichtlich, dass der BF trotz seines angeblich langjährigen Interesses für das Christentum nur ein bruchstückhaftes Wissen über diese Religion besitzen würde. Der gewonnene persönliche Eindruck über den BF lasse den Rückschluss zu, dass er kein Interesse am Christentum habe und eine damit auch glaubhafte Konversion ausgeschlossen werden könne. Die dargelegte Konversion habe nicht durch ein inniges Ausleben des Glaubens in Österreich bezeugt werden können, wodurch diese als nicht im Geringsten als glaubwürdig zu beurteilen gewesen wäre und es sich nur um eine Scheinkonversion handeln würde, um in Asylverfahren eine bessere Position erlangen zu können.

Betreffend die Gründe für das Verlassen des Herkunftsstaates sei festgestellt worden, dass diese völlig vage geschildert und unglaubwürdig gewesen seien. Ebenso änderte der BF im Vergleich zur Erstbefragung sein Vorbringen, in dem er den Vorfall der Hausdurchsuchung nicht mehr erwähnt habe. Er habe auch verneint, dass er jemals persönlich bedroht worden sei noch es ein Schriftstück seitens der iranischen Behörden gebe. Obwohl er in Kontakt mit seiner Tante stehe, habe er nicht gewusst, ob die Behörden weiter Verfolgungsschritte gegen seine Person gesetzt hätten. Eine asylrechtlich relevante Verfolgung könne schon alleine deswegen ausgeschlossen werden. Gegen ein tatsächliches Vorfallen dieser Durchsuchung würde es auch sprechen, dass der BF nur über seinen Freund davon erfahren hätte, wobei er auf Nachfrage, warum dieser Freund gewusst habe, dass es sich um den Geheimdienst gehandelt habe und welche Gegenstände beschlagnahmt worden seien, er sein Vorbringen dahingehend abschwächte, dass erst ein Freund seines Vaters bei einem Besuch seiner Stiefmutter herausgefunden habe, welche Gegenstände beschlagahmt worden seien. Gegen eine Verfolgung würde auch sprechen, dass die Behörden wohl die gesamte Hauskirche gestürmt und aufliegen hätte lassen und bei Überwachung der BF, diese dann nur aufsuchen, wenn sie sich im Haus befinden würden, um diese auch zeitgleich mit der Durchsuchung festnehmen zu können. Hierzu sei noch auszuführen gewesen, dass der Vater des BF vor dem BFA widersprüchlich zu den Ausführungen des BF gemeint hätte, dass dessen Freund nur bei der Stiefmutter angerufen hätte und es ebenso nicht nachvollziehbar gewesen sei, dass die Stiefmutter die BF verraten hätte, weil der Vater des BF ausgeführt habe, dass diese vor der Abfahrt geweckt worden sei. Hätte diese tatsächlich die BF verraten wollen, dann hätte sie die Informationen an die Behörden weitergeben können, damit diese festgenommen werden würden. Dass der BF über den offiziellen Grenzübergang das Heimatland in die Türkei verlassen habe, sei ebenfalls ein klares Indiz, dass im Iran keine Verfolgung des BF seitens der Behörden vorliegen würde.

Auch würde das Nachsenden der iranischen Dokumente dagegensprechen, dass der BF im Iran einer Verfolgung seitens der staatlichen Behörden unterliegen würde. Ebenso könne dem BF nicht gefolgt werden, wenn er vermeint, dass er vor seinen Problemen im Iran in der Türkei nicht sicher gewesen wäre.

5. Mit Verfahrensanordnung vom 18.10.2019 wurde dem BF gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe für das Beschwerdeverfahren zur Seite gestellt. Ebenso wurde mit Verfahrensanordnung vom 18.10.2019 ein Rückkehrberatungsgespräch gemäß § 52a Abs. 2 BFA-VG angeordnet.

6. Gegen diesen Bescheid der belangten Behörde erhob der BF mit Schriftsatz seiner Rechtsvertretung vom 11.11.2019 innerhalb offener Frist vollinhaltlich Beschwerde. Hierbei wurde angeführt, dass es nicht auszuschließen sei, dass die Stiefmutter aufgrund des Streits mit dem Vater des BF, diesen, den BF und dessen Schwester bei der Geheimpolizei denunziert hätte, wobei die Stiefmutter noch keine belastenden Elemente in Form von Beweismitteln gegen den Vater des BF gehabt habe. Hierbei sei es ebenfalls möglich, dass sie verraten worden seien, denn laut Länderberichten würden Konvertierte Gefahr laufen, dass sie bei Bekanntwerden ihres Glaubenswechsels von der Familie ausgeschlossen werden würden. Nur weil der BF keine leitende Funktion in der Hauskirche gehabt hätte, sei es nicht auszuschließen, dass er deswegen nicht von einer behördlichen Verfolgung aufgrund seines Glaubensabfalls betroffen sein könnte. Auch sei es möglich, dass der Leiter der Hauskirche abseits der armenischen Kirche noch privat Hauskirchen führen hätte können. Dass der BF nicht konvertieren würde, weil er in einem muslimischen Umfeld aufgewachsen sei, entbehre jedweder nachvollziehbaren Begründung. Trotz seines fragmentarischen Wissensstandes war der BF in der Lage mit der Verbindung zu Gott den Unterschied zwischen dem Islam und dem Christentum aufzuzeigen. Er habe die grundlegenden Werte des Christentums erfasst und bemühe sich bereits um eine Taufvorbereitung. Aus dem Fehlen eines förmlichen Austritts aus einer Religionsgemeinschaft könne ebenfalls nicht abgeleitet werden, dass der BF nur zum Schein konvertiert sei. Im Fall einer Rückkehr in den Iran sei der BF jedenfalls privater und staatlicher Verfolgung ausgesetzt, zumal sein Verhalten im Iran jedenfalls als eine echte Konversion angesehen werde und er somit einer staatsfeindlichen regimekritischen Haltung verdächtigt werden würde. Somit sei dem BF aufgrund der Beschwerdegründe die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, jedoch zumindest der Status eines subsidiär Schutzberechtigten.

7. Am 19.11.2019 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht zur Entscheidung vor.

8. Am 03.02.2020 übermittelte die rechtsfreundliche Vertretung eine am 31.01.2020 verfasste Stellungnahme zur Situation der Konvertiten im Iran und beantrage die Einvernahme des Diakons der Kirchengemeinde des BF. Ebenso wurde ein Konvolut an Integrationsunterlagen vorgelegt.

9. Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 12.02.2020 im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Farsi eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der BF und seine rechtfreundliche Vertretung, ebenso wie zwei Zeugen, persönlich teilnahmen. Ein Vertreter der Behörde nahm nicht teil.

In dieser wurde der BF ausschließlich herbeigezogen, um im Gespräch des Zeugen mit seinem Vater eine Frage zum Verständnis des Inhalts dieser Kommunikation zu übersetzen, zumal dies auch im privaten Bereich so gehandhabt wurde.

Danach wurde eine Zeugin befragt. Sie sei mit der Familie des BF seit dem Sommer befreundet und bilde Jungschar-Mitarbeiter aus. Hinsichtlich des Glaubens gebe sie an, dass sie evangelikal sei und bezeugen könne, dass die drei BF aus Überzeugung Christen seien. Als Christ merke man, wenn es ein anderer Christ ernst meinen würde.

Befragt hinsichtlich der Kommunikation mit den BF gab sie an, Bibelstellen auch auf Farsi geschickt zu haben und auch auf Englisch ausgewichen zu sein. Mit dem BF würde sie sehr oft beten. Er würde vergeben wollen, weil Jesus sage, wir sollen diejenigen lieben, die uns hassen. Er habe schon passende Bibelstellen gefunden. Nach dem Raufhandel hätten sie zusammen gebetet und dies habe ihn sehr beruhigt. Die Familie sei einmal in der Woche bei ihr zum Essen. Sie seien auch schon bei dem BF eingeladen gewesen.

10. Das BVwG führte in der gegenständlichen Rechtssache am 27.05.2020 im Beisein eines Dolmetschers für die Sprache Farsi eine öffentliche mündliche Verhandlung durch, an der der BF und seine rechtfreundliche Vertretung, ebenso wie eine Vertrauensperson, persönlich teilnahmen. Ein Vertreter der Behörde nahm nicht teil.

Zu Beginn der Behandlung gab der BF an, dass er ganz gesund sei und keine Medikamente nehmen würde. Ihm würden die aktuellen Länderinformationen ebenfalls bekannt sein. Zum Verfahren vor dem Bundesamt führte der BF aus, dass er gesagt hätte, dass er illegal aus dem Iran ausgereist sei und nicht wie geschrieben wurde, dass er legal ausgereist wäre. Eine Rückübersetzung habe damals nicht stattgefunden. In Österreich habe er die A2-Prüfung in Deutsch gemacht und würde gerade für die B1 Prüfung lernen.

Er sei iranischer Staatsangehöriger und sei sowohl jetzt, als auch zur Ausreisezeit ledig gewesen und habe keine Kinder. Hier würde mit einem Freund in einer WG zusammenleben. Er sei ein Perser und ein Christ. Wegen seiner Volksgruppenzugehörigkeit habe er in seinem Heimatland kein Problem gehabt, sehr wohl aber wegen seiner Religion.

Seinen Vater habe er zuletzt letzte Woche gesehen, wie er bei ihm übernachtet habe. Danach seien sie am Sonntag in die Gemeinde gegangen. Diese sei ein Ort zur Missionierung und um die Christen kennenzulernen. Dies sei keine Kirche. Sie stünde zwar in einer Verbindung mit ihrer Kirche, aber es sei keine Kirche. Seine Schwester habe er zuletzt zeitgleich mit seinem Vater gesehen, seine Mutter gestern und heute. Seine Eltern sehe er mehrmals die Woche, wobei er seinen Vater in der Gemeinde und in der Kirche sehe. Dort würden sie beten. Seine Mutter und seinen Bruder sehe er draußen, wobei sie auch gemeinsam beten würden.

Er habe den selben Glauben wie seine Mutter und beide würden an Jesus Christus glauben, jedoch würden sie in unterschiedliche Kirchen gehen.

In der Bibel würde stehen, wenn man an Jesus Christus als Gottes Sohn glaube, empfange man den Heiligen Geist und alle die daran glauben, stelle Jesus Christus über die Kirche, somit glauben sie alle an das Christentum.

Mit seiner Mutter gehe er aber nicht gemeinsam in der Kirche. Dies liege auch daran, weil sie unterschiedliche Wohnorte hätten. Abgesehen vom gemeinsamen beten würde er mit seiner Mutter auch ab und zu über die Religion sprechen. Sie hätten Freude, dass sie Jesus Christus kennengelernt haben. Sie würden über ihre Rettung sprechen, über das, was in der Bibel stehe, über ihre innere Ruhe, über den Jesus Christus, den einzigen Sohn des Gottes, der für sie versandt worden sei. Wie die Religionsgemeinschaft seiner Mutter heiße, wisse er nicht. Es gebe innerhalb des Christentums unterschiedliche religiöse Strömungen, wie die katholische, die protestantische und die orthodoxe. Weitere gebe es nicht, wobei er der protestantischen Strömung angehöre. Seine Mutter gehöre einer katholischen Kirchengemeinde an. Auf Wiederholung der ihm gestellten Frage, welche Glaubensunterschiede es bei diesen Strömungen gebe, vermeinte der BF, dass in seinem Glauben geglaubt werde, dass der Gott direkt zu ihnen gekommen sei und man im Gebet direkt mit ich spreche. Während beim Glauben seiner Mutter, während des Gebetes auch Maria bzw. andere Heilige angesprochen werden würden. Seine Mutter würde nicht immer direkt mit Gott oder mit Maria sprechen. Er habe sie selber beim Gebet beobachtet, dass sie auch manchmal Maria oder andere Heilige ansprechen würde. Ebenso dürfe der Priester in seiner Kirche heiraten und Kinder kriegen und sie würden nicht an den Papst glauben. Das Verständnis von der Bibel sei ein eigenes und es würde kein Weihwasser geben. Kinder würden nicht getauft werden, sondern erst, wenn sie erwachsen wären und sich selbst dafür entscheiden.

In der katholischen Kirche sei der Papst ein Stellvertreter für Jesus Christus. Diesen gebe es in der evangelischen Kirche nicht. Er sei in der evangelikalischen Gemeinde getauft worden. Mitglied der Gemeinde könne er noch nicht sein, weil er ein Asylwerber sei. Er habe sich taufen lassen, damit er schnell der Welt zeigen könne, dass er an Jesus Christus glaube. Die Taufe sei dafür, dass man seinen Glauben zeige. Das habe auch Jesus gesagt und so komme er dieser Verpflichtung im Glauben nach.

An den genauen Moment des Entschlusses für das Verlassen des Heimatlandes könne er sich nicht mehr erinnern. Dieser sei glaublich drei Tage vor der Ausreise gefasst worden. Er habe einen Ausweis, seine Kleider und seine Geldbörse dabeigehabt. Das Land habe er dann schlepperunterstützt verlassen.

Der fluchtauslösende Vorfall habe sich sehr zeitig in der Früh zugetragen. Er sei mit seinem Vater seine Schwester abholen gefahren. Er sei mitgekommen, damit sein Vater bei der Fahrt nicht einschlafen würde.

In Österreich habe er keine Arbeit. Er besuche einen Deutschkurs und er habe sich auch für einen Hauptschulabschluss angemeldet. Anschließend wolle er eine Lehre als Pharmatechnologe machen. Sonstige noch nicht genannte Freunde oder Verwandte habe er in Österreich nicht. Er sei weder legal in das Bundesgebiet eingereist noch habe er jemals ein nicht auf das Asylverfahren gegründetes Aufenthaltsrecht in Österreich gehabt. Sonstige Bindungen zu Österreich habe er nicht. Hier lebe er aus den Mitteln der Grundversorgung.

Im Iran sei er nicht bedroht worden, ob sein Vater bedroht worden sei, wisse er nicht. Er habe das Land verlassen, weil er Interesse für das Christentum habe und die Regierung versucht hätte, ihn festzunehmen. Welches Ministerium nach ihm suche, wisse er nicht. Er wisse nur, dass sie zu ihnen wegen der Konversion nach Hause gekommen wären.

Im Falle einer Rückkehr sei er sich sicher, dass er verhaftet werde. Sie könnten ihn hinrichten oder aber für Jahre ins Gefängnis setzen. Er habe die Befürchtung, dass er wegen seiner Konversion hingerichtet werde. Im Islam werde man als Abtrünniger bezeichnet, wenn man die Religion wechseln würde und als Apostat werde man hingerichtet.

Er habe Angst davor, dass er verhaftet und hingerichtet werde. Ich habe Angst um sein Leben und Angst davor, dass er durch Folter gezwungen werde, Sachen zu erzählen, die ihn dann als Spion oder als Verräter bzw. Abtrünniger bezeichnen würden und er im Zuge dieser Beschuldigungen dann hingerichtet werde.

Für das Christentum habe er sich bei Gesprächen mit seinem Vater über Religionen zu interessieren begonnen. So habe er sich langsam für das Christentum interessiert. Sein Vater habe ihn missioniert und ihm die Bibel zum Lesen gegeben. Dann habe er gemerkt, dass es das einzig Wahre sei und es außer diesem Gott keinen anderen gebe.

Diese Bibel sei mit einem Geschenkpapier, mit Blumen und in rosa Farbe, bedeckt gewesen. Welche Farbe das Buch an sich hatte, wisse er nicht. Als sein Vater ihm die Bibel gegeben habe, habe er ihm direkt von seinem Glauben erzählt. Der Einband der Bibel sei weder sehr hart, noch weich gewesen. Es sei ein etwas weicherer Einband gewesen, in dem die Bibel gebunden gewesen sei. Im Iran habe er aus dieser immer gelesen, wenn es gepasst und er innere Ruhe gehabt hätte. Dies sei ein- bis zweimal pro Woche gewesen. Er selbst besitze nun drei Bibelexemplare.

Er habe keinen Koran. Im Iran habe es zu Hause einen Koran geben. Für den Religionsunterricht habe es ein eigenes Buch gegeben, aber keinen Koran an sich. Auf Nachfrage, dass er sich an die Farbe dieses Buches für den islamischen Religionsunterricht erinnern könne, er sich jedoch nicht an die Farbe der Bibel, die ihm sein Vater geschenkt habe und die ihm wichtig gewesen sei, erinnern könne, erklärte der BF dahingehend, dass er das Religionsbuch zum Islam jeden Tag in der Hand gehabt hatte und er es lernen und lesen habe müssen, damit er die Prüfung schaffe. Die Bibel, die er von seinem Vater bekommen habe, sei in einem Geschenkpapier gewesen. Der Umschlag sei für ihn nicht ausschlaggebend, sondern der Inhalt des Buches. Er achte nicht auf die Farbe des Buches, sondern auf dessen Inhalt.

Diese Bibel noch von damals habe er nicht mehr. Er sei sich aber sicher, dass es nur das Neue Testament gewesen wäre, weil gleichzeitig gesagt worden wäre, dass es ein Altes Testament gebe und um ein tiefgreifendes Verständnis von Christentum zu haben, sollte man beides lesen.

Er sei zuletzt letzte Woche in der Kirche gewesen. In der Predigt sei es um die Gottesliebe gegangen. Die Gottesliebe könne nur empfangen werden, wenn einen Jesus lieben würde. Dann könnten sie auch die anderen lieben. Wenn sie die Liebe des Heiligen Geistes empfangen würden, dann sei es leichter, dass sie zu Gott nachgehen würden. Mit seinem Vater oder seiner Mutter sowie mit anderen Personen habe er darüber nicht gesprochen.

Er versuche seinen Glauben zu verbreiten. Dabei helfe ihm die Zeit in seiner Missionierungsgemeinde. Außerhalb dieser habe er sich mit ein paar amerikanischen Missionaren unterhalten und für die persisch sprechenden Personen übersetzt. Zuletzt habe er bei einer Veranstaltung seiner Missionierungsgemeinde einem neuen Besucher das Christentum nahegelegt.

Das Alte Testament helfe, das Neue Testament zu verstehen und zu verstehen, warum es die Sharia gebe. Sharia sei Gesetz, weil er alleine weder ins Paradies, noch zu Gott gehen könne, weil er sündig sei. Wenn sie sündigen, zeige die Sharia, dass es eine Sünde sei. Er spreche von der Sharia, die Moses von Gott bekommen habe.

Wenn er nicht mehr seine Glaubensgemeinschaft aufsuchen könne, dann könne er nicht mehr sagen, dass er ein Christ sei. Er könne das nicht so gut darstellen, aber, wenn er seine Mitgläubigen (Brüder, Schwestern) nicht mehr sehen dürfe, sei er trotzdem ein Christ, aber kein vollkommener. Er sei derzeit auf dem Weg sich zu entwickeln und den Gott besser kennenzulernen, aber eben um sich zu entwickeln braucht man es, dass man sich gegenseitig sehen könne.

Wenn er einem Freund islamischen Glaubens die Vorzüge seines Glaubens näherbringen würde, dann würde er zuerst einmal über die Liebe zwischen ihm und Gott reden. Er würde ihm erzählen, wie sehr ihn Gott liebe. Im Islam verrichte man Gebete, aus Angst vor dem Gott und er würde ihm auch darüber erzählen, dass Gott ihnen seinen einzigen Sohn, Jesus, geschickt habe.

Am Christentum fasziniere ihn die Liebe Gottes zu ihm, dass er gerettet sei, dass er seine innere Ruhe habe, dass er keine Angst vor der Hölle habe, dass er dann zu Gott und in das Paradies gehe.

Im Zuge seines einjährigen Aufenthaltes in Österreich habe er schon an zahlreichen Orten mit verschiedenen Personen gelebt.

Er würde beten, weil dies eine Beziehung zwischen ihm und Gott sei. Immer wenn er Angst oder Sorgen habe, oder, wenn er etwas Gutes sehe, dann bedanke er sich bei ihm. Er rede mit seinem Gott und sage ihm alles, was er im Herzen habe. Über Jesus Christus sei Gott sein Vater.

Seine Mutter würde auch mit seinem Gott beten, jedoch würde sie sich aber beim Beten manchmal auch an Maria oder andere Heilige wenden.

Er sei das letzte Mal um 09.30 Uhr in der Kirche gewesen, wo er das Wort für die persische sprechenden, die die Deutsche Sprache noch nicht beherrschen würden, übersetzt habe. Daher sei er dort öfters. Er führe dort Gespräche mit den anderen und sei dort missionarisch tätig. Er zeige auch einen Film über Jesus Christus oder gebe ihnen das Heilige Buch. Manchmal beantworte er Fragen und übersetze die Bibelkurse.

Er habe auch auf Instagram eine Seite, wo seine Familie das Wort und manchmal auch Verse aus der Bibel und andere christliche Themen reinstellen würden. Dass er konvertiert und missionarisch tätig sei, würden alle wissen. Dies sei aber auch wegen der Taufe und allen die in seiner Gemeinde an den Bibelkursen teilgenommen haben bekannt.

Danach folgte der Schluss des Ermittlungsverfahrens. Nach Vorlage von Dokumenten betreffend den BF folgte der Schluss der mündlichen Verhandlung mit dem Hinweis, dass die Verkündung der Entscheidung gemäß § 29 Abs. 3 VwGVG entfalle.

12. Der BF legte im Lauf des Verfahrens folgende Dokumente vor:

?        Iranischer Personalausweis

?        Kursanmeldebestätigung, Zeitbestätigung und Mitteilung der Kurseinstufung des ÖIF

?        Bestätigungsschreiben von Oasis

?        Terminkarte des ÖIF betreffend Integrationsmaßnahmen

?        Zeugnis zur Integrationsprüfung A1 des ÖIF, samt Kursbesuchsbestätigung

?        Teilnahmebestätigung am Werte- und Orientierungskurs des ÖIF

?        Bestätigung über die Durchführung gemeinnütziger Tätigkeiten

?        Zahlreiche Referenz- und Unterstützungsschreiben

?        Bilder der Taufe des BF

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Verfahrensbestimmungen

1.1.    Zuständigkeit des entscheidenden Einzelrichters

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF, entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des BFA das Bundesverwaltungsgericht.

Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt in der gegenständlichen Rechtssache die Entscheidung dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Aufgrund der geltenden Geschäftsverteilung wurde der gegenständliche Verfahrensakt dem erkennenden Einzelrichter zugewiesen, woraus sich dessen Zuständigkeit ergibt.

2.       Feststellungen (Sachverhalt):

2.1.    Zur Person des BF wird festgestellt:

2.1.1. Der BF, dessen Identität einer Vorlage eines unbedenklichen Personaldokumentes abschließend geklärt werden könnte, ist Staatsangehöriger des Iran. Der BF ist ledig und hat keine Kinder. Er ist zusammen mit seinem Vater und seiner Schwester nach Österreich gekommen, wo sich auch seine Mutter und sein Halbbruder aufhalten. Er ist gesund und leidet an keinen schwerwiegenden lebensbedrohlichen Erkrankungen. Er verfügt mit seinen zahlreichen Onkeln und Tanten über soziale Anknüpfungspunkte im Iran; wobei er mit einer Tante mütterlicherseits regelmäßig in Kontakt steht.

Der BF hat zwölf Jahre die Schule besucht und abgeschlossen. Er hat weder den Militärdienst absolviert noch ist er einer Arbeit nachgegangen. Seinen Unterhalt hat er durch Zuwendungen seines Vaters bestreiten können. Er lebte vor seiner Ausreise zusammen mit seiner Familie in einer Wohnung.

2.1.2. Der BF reiste illegal aus dem Iran in die Türkei aus. In das österreichische Bundesgebiet reiste der BF ebenfalls illegal ein und stellte am 09.05.2019 gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz.

Es kann festgestellt werden, dass der BF im Iran keinen Kontakt zum Christentum gehabt hat, er dort nicht in eine Hauskirche gegangen und zum christlichen Glauben konvertiert ist. Der BF wird infolgedessen auch nicht von den iranischen Behörden verfolgt.

Der BF wurde in Österreich getauft und ist in einer kirchlichen Gemeinde aktiv. Es kann festgestellt werden, dass sich der BF mit christlichen Glaubensinhalten auseinandergesetzt hat. Jedoch hat sich der BF nicht nachhaltig dem christlichen Glauben zugewandt und ist dieser Glaube für den BF nicht identitätsstiftend. Bei der behaupteten Konversion des BF handelt es sich um eine Scheinkonversion.

Es können keine stichhaltigen Gründe für die Annahme festgestellt werden, dass der BF Gefahr liefe, im Iran einer unmenschlichen Behandlung oder Strafe oder der Todesstrafe bzw. einer sonstigen konkreten individuellen Gefahr unterworfen zu werden.

Es wird festgestellt, dass der BF im Falle der Rückkehr in den Iran weder in eine existenzgefährdende Notsituation geraten würde noch als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines innerstaatlichen oder internationalen Konfliktes ausgesetzt wäre.

Zum Entscheidungszeitpunkt konnte auch keine sonstige aktuelle Gefährdung des BF in seinem Herkunftsstaat festgestellt werden.

2.1.3. In Österreich hat der BF mit seinem Vater und seine Schwester Familienangehörige. Diese sind ebenfalls Asylwerber und erhalten mit dem BF zeitgleich eine gleichlautende Entscheidung im Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht. Eine weitere Bezugsperson in Österreich ist die Mutter des BF, die sich mit ihrem Sohn (Halbbruder der BF) ebenfalls in einem Asylverfahren befindet.

Der BF ist in Österreich nicht selbsterhaltungsfähig und bezieht seit seiner Ankunft in Österreich Leistungen von der staatlichen Grundversorgung.

Der BF verfügt zum Entscheidungszeitpunkt über keine relevanten Bindungen zu Österreich.

Der BF spricht ein wenig Deutsch. Er hat neben Sprachkursen auch an integrativen Maßnahmen teilgenommen.

Der BF ist in einer christlichen Gemeinde aktiv. Über diese hat im Bundesgebiet im Zuge seines Aufenthaltes einige Freundschaften geschlossen. Ansonsten konnten keine maßgeblichen Anhaltspunkte für die Annahme einer hinreichenden Integration des BF in Österreich in sprachlicher, beruflicher und gesellschaftlicher Hinsicht festgestellt werden. Insgesamt ist – insbesondere unter der Betrachtung der Aufenthaltsdauer des BF – davon auszugehen, dass die privaten Interessen des BF, die öffentlichen Interessen nicht überwiegen.

Des Weiteren liegen weder die Voraussetzungen für die Erteilung einer „Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz“, noch für einen Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK vor und ist die Erlassung einer Rückkehrentscheidung geboten.

2.2.Zur Lage im Herkunftsstaat wird festgestellt:

Politische Lage

Die komplexen Strukturen politischer Macht in der Islamischen Republik Iran sind sowohl von republikanischen als auch autoritären Elementen gekennzeichnet. Höchste politische Instanz ist der "Oberste Führer der Islamischen Revolution" [auch Oberster Rechtsgelehrter, Oberster Führer oder Revolutionsführer], Ayatollah Seyed Ali Hosseini Khamenei, der als Ausdruck des Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" (Vormundschaft des Islamischen Rechtsgelehrten) über eine verfassungsmäßig verankerte Richtlinienkompetenz verfügt, Oberbefehlshaber der Streitkräfte ist und das letzte Wort in politischen Grundsatz- und ggf. auch Detailfragen hat. Er wird von einer vom Volk auf acht Jahre gewählten Klerikerversammlung (Expertenrat) auf unbefristete Zeit bestimmt (AA 15.2.2019a, vgl. BTI 2018, ÖB Teheran 12.2018) und kann diesen theoretisch auch absetzen (ÖB Teheran 12.2018). Das Herrschaftsprinzips des "velayat-e faqih" besagt, dass nur ein herausragender Religionsgelehrter in der Lage sei, eine legitime Regierung zu führen bis der 12. Imam, die eschatologische Heilsfigur des schiitischen Islam, am Ende der Zeit zurückkehren und ein Zeitalter des Friedens und der Gerechtigkeit einleiten werde. Dieser Rechtsgelehrte ist das Staatsoberhaupt Irans mit dem Titel „Revolutionsführer“ (GIZ 3.2019a).

Das iranische Regierungssystem ist ein semipräsidentielles, d.h. an der Spitze der Regierung steht der vom Volk für vier Jahre direkt gewählte Präsident (Amtsinhaber seit 2013 Hassan Rohani, wiedergewählt: Mai 2017). Er steht der Regierung vor, deren Kabinett er ernennt. Die Kabinettsmitglieder müssen allerdings vom Parlament bestätigt werden. Der Präsident ist der Leiter der Exekutive. Zudem repräsentiert er den Staat nach außen und unterzeichnet internationale Verträge. Dennoch ist seine faktische Macht beschränkt, da der Revolutionsführer in allen Fragen das letzte Wort hat bzw. haben kann (GIZ 3.2019a).

Der Revolutionsführer ist wesentlich mächtiger als der Präsident, ihm unterstehen u.a. die Revolutionsgarden (Pasdaran oder IRGC) inklusive der mehrere Millionen Mitglieder umfassenden, paramilitärischen Basij-Milizen und die gesamte Judikative. Für die entscheidenden Fragen ist letztlich der Oberste Führer verantwortlich (ÖB Teheran 12.2018). Obwohl der Revolutionsführer oberste Entscheidungsinstanz und Schiedsrichter ist, kann er zentrale Entscheidungen nicht gegen wichtige Machtzentren treffen. Politische Gruppierungen bilden sich um Personen oder Verwandtschaftsbeziehungen oder die Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen (z.B. Klerus). Diese Zugehörigkeiten und Allianzen unterliegen dabei einem ständigen Wandel (AA

.

Ebenfalls alle vier Jahre gewählt wird die Islamische Beratende Versammlung oder Majles, ein Einkammerparlament mit 290 Abgeordneten, das gewisse legislative Kompetenzen hat und Ministern das Vertrauen entziehen kann (ÖB Teheran 12.2018).

Der Wächterrat (12 Mitglieder, sechs davon vom Obersten Führer ernannte Geistliche, sechs von der Judikative bestimmte Juristen) hat mit einem Verfassungsgerichtshof vergleichbare Kompetenzen (Gesetzeskontrolle), ist jedoch insgesamt wesentlich mächtiger als ein westliches Verfassungsgericht. Ihm obliegt u.a. auch die Genehmigung von Kandidaten bei Wahlen (ÖB Teheran 12.2018, vgl. AA 15.2.2019a, FH 4.2.2019, BTI 2018). Der Wächterrat ist somit das zentrale Mittel zur Machtausübung des Revolutionsführers (GIZ 3.2019a).

Der Expertenrat wählt und überwacht den Revolutionsführer auf Basis der Verfassung. Die 86 Mitglieder des Expertenrats werden alle acht Jahre vom Volk direkt gewählt. Für die Zulassung der Kandidaten ist der Wächterrat zuständig (WZ 11.1.2017).

Der Schlichtungsrat besteht aus 35 Mitgliedern, die vom Revolutionsführer unter Mitgliedern der Regierung, des Wächterrats, des Militärs und seinen persönlichen Vertrauten ernannt werden. Er hat zum einen die Aufgabe, im Streitfall zwischen verschiedenen Institutionen der Regierung zu vermitteln, zum anderen hat er festzustellen, was die langfristigen "Interessen des Systems“ sind. Diese sind unter allen Umständen zu wahren. Der Systemstabilität wird in der Islamischen Republik alles untergeordnet. Falls nötig, können so in der Islamischen Republik etwa auch Gesetze verabschiedet werden, die der Scharia widersprechen, solange sie den Interessen des Systems dienen (GIZ 3.2019a).

Die Basis des Wahlsystems der Islamischen Republik sind die Wahlberechtigten, also jeder iranische Bürger ab 16 Jahren. Das Volk wählt das Parlament, den Präsidenten sowie den Expertenrat (GIZ 3.2019a, vgl. AA 15.2.2019a) in geheimen und direkten Wahlen (AA 12.1.2019). Das System der Islamischen Republik kennt keine politischen Parteien. Theoretisch tritt jeder Kandidat für sich alleine an. In der Praxis gibt es jedoch Zusammenschlüsse von Abgeordneten, die westlichen Vorstellungen von Parteien recht nahe kommen (GIZ 3.2019a, vgl. AA 15.2.2019a). Am 26. Februar 2016 fanden die letzten Wahlen zum Expertenrat und die erste Runde der Parlamentswahlen statt. In den Stichwahlen vom 29. April 2016 wurde über 68 verbliebene Mandate der 290 Sitze des Parlaments abgestimmt. Aus den Wahlen gingen jene Kandidaten gestärkt hervor, die das Wiener Atomabkommen und die Lockerung der Wirtschaftssanktionen nach dem “Implementation Day” am 16. Januar 2016 unterstützen. Zahlreiche Kandidaten waren im Vorfeld durch den Wächterrat von einer Teilnahme an der Wahl ausgeschlossen worden. Nur 73 Kandidaten schafften die Wiederwahl. Im neuen Parlament sind 17 weibliche Abgeordnete vertreten (AA15.2.2019a).

Das iranische Wahlsystem entspricht nicht internationalen demokratischen Standards. Der Wächterrat, der von konservativen Hardlinern und schlussendlich auch vom Obersten Rechtsgelehrten Khamenei kontrolliert wird, durchleuchtet alle Kandidaten für das Parlament, die Präsidentschaft und den Expertenrat. Üblicherweise werden Kandidaten, die nicht als Insider oder nicht vollkommen loyal zum religiösen System gelten, nicht zu Wahlen zugelassen. Bei Präsidentschaftswahlen werden auch Frauen aussortiert. Das Resultat ist, dass die iranischen Wähler nur aus einem begrenzten und aussortierten Pool an Kandidaten wählen können (FH. Von den 1.499 Männern und 137 Frauen, die sich im Rahmen der Präsidentschaftswahl 2017 für die Kandidatur zum Präsidentenamt registrierten, wurden sechs männliche Kandidaten vom Wächterrat zugelassen. Die Wahlen an sich liefen im Prinzip frei und fair ab, unabhängige Wahlbeobachter waren aber nicht zugelassen. Ablauf, Durchführung sowie Kontroll- und Überprüfungsmechanismen der Wahlen sind in technischer Hinsicht grundsätzlich gut konzipiert (AA 12.1.2019).

Die Erwartung, dass durch den 2015 erfolgten Abschluss des Atomabkommens (JCPOA) Reformkräfte im Iran gestärkt würden, hat sich in den Parlamentswahlen im Februar bzw. April (Stichwahl) 2016 erfüllt. Die Reformer und Moderaten konnten starke Zugewinne erreichen, so gingen erstmals alle Parlamentssitze für die Provinz Teheran an das Lager der Reformer. Auf Reformbestrebungen bzw. die wirtschaftliche Öffnung des Landes durch die Regierung Rohanis wird von Hardlinern in Justiz und politischen Institutionen mit verstärktem Vorgehen gegen „unislamisches“ oder konterrevolutionäres Verhalten reagiert. Es kann daher auch nicht von einer wirklichen Verbesserung der Menschenrechtslage gesprochen werden. Ein positiver Schritt Ende

war die Aufhebung der Todesstrafe für die meisten Drogendelikte, was im ersten Halbjahr

zu einer signifikanten Reduktion der vollstreckten Todesurteile (-60%) führte. Jedoch gab es 2018 mit der Einschränkung des Zugangs zu unabhängigen Anwälten in „politischen“ Fällen und der zunehmenden Verfolgung von Umweltaktivisten auch zwei eindeutig negative Entwicklungen (ÖB Teheran 12.2019).

Reformorientierte Regimekritiker sind weiterhin starken Repressionen ausgesetzt und unterstützen im Wesentlichen den im politischen Zentrum des Systems angesiedelten Präsidenten Rohani.

Sicherheitslage

Den komplexen Verhältnissen in der Region muss stets Rechnung getragen werden. Bestimmte Ereignisse und Konflikte in Nachbarländern können sich auf die Sicherheitslage im Iran auswirken. Latente Spannungen im Land haben wiederholt zu Kundgebungen geführt, besonders im Zusammenhang mit (religiösen) Lokalfeiertagen und Gedenktagen. Dabei ist es in verschiedenen iranischen Städten bisweilen zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen den Sicherheitskräften und Demonstranten gekommen, die Todesopfer und Verletzte gefordert haben, wie beispielsweise Ende Dezember 2017 und im Januar 2018 (EDA 11.6.2019).

Das Risiko von Anschlägen besteht im ganzen Land. Am 22. September 2018 forderte ein Attentat auf eine Militärparade in Ahvaz (Provinz Khuzestan) zahlreiche Todesopfer und Verletzte. Am 7. Juni 2017 wurden in Teheran Attentate auf das Parlament und auf das Mausoleum von Ayatollah Khomeini verübt. Sie haben über zehn Todesopfer und zahlreiche Verletzte gefordert. In den Grenzprovinzen im Osten und Westen werden die Sicherheitskräfte immer wieder Ziel von bewaffneten Überfällen und Anschlägen (EDA 11.6.2019, vgl. AA 11.6.2019b). In Iran kommt es, meistens in Minderheitenregionen, unregelmäßig zu Zwischenfällen mit terroristischem Hintergrund. Seit den Pariser Anschlägen vom November 2015 haben iranische Behörden die allgemeinen Sicherheitsmaßnahmen im Grenzbereich zu Irak und zu Pakistan, aber auch in der Hauptstadt Teheran, erhöht (AA 11.6.2019b). Im ganzen Land, besonders außerhalb von Teheran, kann es immer wieder zu politisch motivierten Kundgebungen mit einem hohen Aufgebot an Sicherheitskräften kommen (BMEIA 11.6.2019).

In der Provinz Sistan-Belutschistan (Südosten, Grenze zu Pakistan/Afghanistan) kommt es regelmäßig zu Konflikten zwischen iranischen Sicherheitskräften und bewaffneten Gruppierungen.

Die Bewegungsfreiheit ist eingeschränkt und es gibt vermehrte Sicherheits- und Personenkonten. Wiederholt wurden Ausländer in der Region festgehalten und längeren Verhören unterzogen. Eine Weiterreise war in manchen Fällen nur noch mit iranischer Polizeieskorte möglich. Dies geschah vor dem Hintergrund von seit Jahren häufig auftretenden Fällen bewaffneter Angriffe auf iranische Sicherheitskräfte in der Region (AA 20.6.2018b). Die Grenzzone Afghanistan, östliches Kerman und Sistan-Belutschistan stehen teilweise unter dem Einfluss von Drogenhändlerorganisationen sowie von extremistischen Organisationen. Sie haben wiederholt Anschläge verübt und setzen teilweise Landminen auf Überlandstraßen ein. Es kann hier jederzeit zu bewaffneten Auseinandersetzungen mit Sicherheitskräften kommen.

In der Provinz Kurdistan und der ebenfalls von Kurden bewohnten Provinz West-Aserbaidschan gibt es wiederholt Anschläge gegen Sicherheitskräfte, lokale Repräsentanten der Justiz und des Klerus. In diesem Zusammenhang haben Sicherheitskräfte ihr Vorgehen gegen kurdische Separatistengruppen und Kontrollen mit Checkpoints noch einmal verstärkt. Seit März 2011 gab es in der Region wieder verstärkt bewaffnete Zusammenstöße zwischen iranischen Sicherheitskräften und kurdischen Separatistenorganisationen wie PJAK und DPIK, mit Todesopfern auf beiden Seiten. Insbesondere die Grenzregionen zum Irak und die Region um die Stadt Sardasht waren betroffen. Trotz eines im September 2011 vereinbarten Waffenstillstandes kam es im Jahr 2015 und verstärkt im Sommer 2016 zu gewaltsamen Konflikten. In bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen iranischen Sicherheitskräften und Angehörigen der DPIK im September 2016 nahe der Stadt Sardasht wurden zehn Personen und drei Revolutionsgardisten getötet. Seit Juni 2016 kam es in der Region zu mehreren derartigen Vorfällen. Bereits 2015 hatte es nahe der Stadt Khoy, im iranisch-türkischen Grenzgebiet (Provinz West-Aserbaidschan), Zusammenstöße mit mehreren Todesopfern gegeben. Seit 2015 kommt es nach iranischen Angaben in der Provinz Khuzestan und in anderen Landesteilen, auch in Teheran, wiederholt zu Verhaftungen von Personen, die mit dem sogenannten Islamischen Staat in Verbindung stehen und Terroranschläge in Iran geplant haben sollen (AA 11.6.2019b). Im iranisch-irakischen Grenzgebiet sind zahlreiche Minenfelder vorhanden (in der Regel Sperrzonen). Die unsichere Lage und die Konflikte in Irak verursachen Spannungen im Grenzgebiet. Gelegentlich kommt es zu Schusswechseln zwischen aufständischen Gruppierungen und den Sicherheitskräften. Bisweilen kommt es auch im Grenzgebiet zur Türkei zu Schusswechseln zwischen militanten Gruppierungen und den iranischen Sicherheitskräften. (EDA 11.6.2019). Schmuggler, die zwischen dem iranischen und irakischen Kurdistan verkehren, werden mitunter erschossen, auch wenn sie unbewaffnet sind (ÖB Teheran 12.2018).

Verbotene Organisation

Die Mitgliedschaft in verbotenen politischen Gruppierungen kann zu staatlichen Zwangsmaßnahmen und Sanktionen führen. Besonders schwerwiegend und verbreitet sind staatliche Repressionen gegen jegliche Aktivität. die als Angriff auf das politische System empfunden wird oder die islamischen Grundsätze in Frage stellt. Als rechtliche Grundlage dienen dazu weitgefasste Straftatbestände. Personen. deren öffentliche Kritik sich gegen das System der Islamischen Republik Iran als solches richtet und die zugleich intensive Auslandskontakte unterhalten. können der Spionage beschuldigt werden (AA 12.1.2019).

Zu den militanten separatistischen Gruppen in Iran zählen insbesondere die kurdisch-marxistische Komalah-Partei. die Democratic Party of Iranian Kurdistan (DPIK). die aus Belutschistan stammende Jundallah. und die Party for a Free Life in Kurdistan (PJAK). die eng mit ihrer Schwesterorganisation. der PKK. zusammenarbeitet (AA 12.1.2019). Die politischen Gruppierungen KDPI. Komala und PJAK sind im Untergrund aktiv (DIS/DRC 23.2.2018). Die PJAK gilt in Iran als Terrororganisation (ÖB Teheran 12.2018) und hat einen bewaffneten Flügel.
Auch die Volksmudschahedin (MEK. MKO. PMOI) zählen zu den verbotenen Organisationen (AI 11.2.2019).

Im FFM-Bericht des Danish Immigration Service erklärt eine Quelle. dass sie noch nie davon gehört hätte. dass eine Person nur aufgrund einer einzigen politischen Aktivität auf niedrigem Niveau. wie z.B. dem Verteilen von Flyern. angeklagt wurde. Andererseits ist es aber laut einer anderen Quellen schon möglich. dass man inhaftiert wird. wenn man mit politischem Material. oder beim Anbringen von politischen Slogans an Wänden erwischt wird. Es kommt darauf an. welche Art von Aktivität die Personen setzen. Andauernde politische Aktivitäten können in einer Anklage enden (DIS/DRC 23.2.2018).

Volksmudschaheddin (Mujahedin-e-Khalq - MEK, MKO; People’s Mojahedin Orga¬nisation of Iran - PMOI; National Council of Resistance of Iran - NCRI)

Die militante iranische Exil-Oppositionsbewegung Mujahedin-e Khalq (MEK, oder auch MKO, „iranische Volksmudschahedin") gilt in Iran als Terror-Organisation, die für die Ermordung von17.000 IranerInnen verantwortlich gemacht wird (ÖB Teheran 9.2017, vgl. Global Security o.D.). Es handelt sich um eine linksgerichtete Gruppierung, die in den 1960er Jahren gegründet wurde, um sich gegen den Schah zu stellen. Nach der Islamischen Revolution 1979 wendete sie sich gegen die klerikalen Führer. Während des Iran-Irak-Krieges in den 1980er Jahren verlegten die Volksmudschaheddin ihr Camp in den Irak (Global Security o.D., vgl. ACCORD 7.2015, Guardian. Saddam Hussein stellte ihnen eine große Militärbasis namens Camp Ashraf unweit der iranischen Grenze zur Verfügung (Guardian 9.11.2018). Zwischen 2009 und 2013 wurde Camp Ashraf von irakischen Sicherheitskräften zumindest zweimal überfallen und etwa 100 Menschengetötet. Daraufhin nahmen die USA die MEK von der Terrorliste, um weitere Todesopfer zu vermeiden. Nachdem die MEK offiziell nicht mehr als Terrororganisation galt, konnten die USA Albanien davon überzeugen, die übrigen 2.700 Mitglieder aufzunehmen. Diese wurden zwischen2014 und 2016 nach Tirana geflogen. Mittlerweile sind viele von Ihnen in die EU und USA weitergereist (Guardian 9.11.2018). Im Exil hat die MEK-Führung den Nationalen Widerstandsrat [National Council of Resistance of Iran (NCRI)] gegründet (Guardian 21.9.2012, vgl. ACCORD9.2013).

Experten sind sich einig, dass die Volksmudschaheddin die USA beim Eingreifen in den Irak, bei diversen Aktionen im Nahen Osten und beim Kampf gegen den Terrorismus unterstützt haben. Auch bei der Veröffentlichung des iranischen Atomprogramms sollen sie eine wichtige Rolle gespielt haben (DW 28.3.2016, vgl. Guardian 9.11.2018). In Bezug auf die Demonstrationen, die Ende 2017/Anfang 2018 in den großen Städten Irans stattfanden, gab der Oberste Führer Khamenei den Großteil der Schuld an den Demonstrationen der MEK und erkannte somit das Ausmaß des Einflusses dieser Gruppierung an (Iran Focus 18.1.2018, vgl. Arab News 22.1.2018).

Die Entwaffnung der Kämpfer der Volksmudschaheddin in Camp Ashraf und an anderen Orten nahe Bagdad erfolgte während der US-Invasion im Irak durch die Amerikaner. Die MEK-Führung habe sich von Saddam Hussein distanziert und ihre Opposition gegenüber der islamischen Regierung in Teheran betont. Ab diesem Zeitpunkt habe sich die MEK aus Sicht der Amerikaner neu erfunden. Die MEK-Führung stellt sich selbst als demokratische und populäre Alternative zum islamischen Regime dar und behauptet, über Unterstützung der iranischen Bevölkerungsmehrheit zu verfügen (ÖB Teheran 9.2017). Inwieweit die MEK von der iranischen Bevölkerung unterstützt wird ist umstritten. Einerseits gibt es Informationen, die besagen, dass die MEK die größte militante iranische Oppositionsgruppe sei, mit dem Ziel die Islamische Republik, die iranische Regierung und deren Sicherheitsapparat zu stürzen. Andererseits gibt es Berichte, die der MEK wenig bis gar keine Unterstützung der Bevölkerung zusprechen (ACCORD 7.2015). Die österreichische Botschaft berichtet hierzu, dass die MEK zwar die stärkste oppositionelle Bewegung ist und international präsent ist, aber sie genießt in Iran selbst aufgrund ihrer terroristischen Vergangenheit und der Unterstützung Saddam Husseins im Iran-Irak-Krieg kaum Unterstützung (ÖB Teheran 12.2018).

Die Streichung der MEK von der Liste terroristischer Organisation durch die EU und die Vereinigten Staaten 2012 wurde von iranischer Seite scharf verurteilt. Verbindungen zur MEK gelten in Iran als mohareb (Waffenaufnahme gegen Gott), worauf die Todesstrafe steht (ÖB Teheran 9.2017).

Die MEK konzentriert sich mittlerweile auf das Beeinflussen der öffentlichen Meinung und auf das Sammeln von Informationen zur Situation im Land. Iran führt eine Liste mit ca. 100 MEK- Unterstützern (hauptsächlich Anführern), die nicht nach Iran zurückkehren können, da sich das Interesse der Behörden auf sie richten würde (ACCORD 7.2015). In Bezug auf die Unterstützung der iranischen Bevölkerung für die MEK gibt es widersprüchliche Informationen.

Immer wieder wird Kommandanten der MEK von ehemaligen Mitgliedern vorgeworfen, dass sie Mitglieder der MEK systematisch missbrauchen würden, um sie zum Schweigen zu bringen. Hierzu würden Folter, Einzelhaft, Beschlagnahmung von Vermögen und Trennung von Familien, um die Kontrolle über die Mitglieder zu behalten, angewendet. Solche Vorwürfe werden von der MEK kategorisch zurückgewiesen (Guardian 9.11.2018).

PJAK - Partiya Jiyana Azad a Kurdistane (Partei für Freiheit und Leben in Kurdi¬stan bzw. Partei für ein freies Leben Kurdistans)

Die PJAK begann in den späten 1990er Jahren als friedliche studentische Menschenrechtsorganisation. Es ging den Mitgliedern der Gruppierung anfangs um den Aufbaueiner kurdischen Nationalidentität, und man wollte die Assimilierung der Kurden durch die Zentralregierung verhindern. 2004 begannen die bewaffneten Angriffe auf die iranische Regierung von den Kandil-Bergen aus, von wo aus die PJAK bis heute operiert. Ebendort hat auch die PKK ihre Basen und die PJAK gilt als iranischer Ableger der PKK. Als Unterschied zur PKK gibt die PJAK selbst an, dass sie sich niemals gegen Zivilisten, sondern immer nur gegen ausschließlich iranische Regierungstruppen wendet bzw. gewandt hat. Die iranische Regierung hat die PJAK auch niemals diesbezüglich beschuldigt. Die PJAK ist die einzige kurdische Partei, die noch immer aktiv für ihre Ziele - z.B. Selbstbestimmung - in Iran kämpft. Angaben über die Stärke der PJAK-Kämpfer sind schwierig. Schätzungen liegen bei ca. 3.000 Kämpfern. Es gibt auch Einheiten mit Kämpferinnen (BMI 2015, ACCORD 7.2015). Die Hälfte der Kämpfer in Ostkurdistan sollen Frauensein (TRAC o.D.) Die PJAK liefert sich seit Jahren einen Guerilla-Kampf mit de

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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