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19/05 Menschenrechte;Norm
AufG 1992 §3 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Wetzel und die Hofräte Dr. Zeizinger, Dr. Rigler, Dr. Handstanger und Dr. Bayjones als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Keller, über die Beschwerde des M, vertreten durch Dr. Günther Romauch und Dr. Thomas Romauch, Rechtsanwälte in Wien III, Landstraßer Hauptstraße 7, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 18. September 1996, Zl. SD 817/96, betreffend Ausweisung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
I.
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 18. September 1996 wurde der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger der Jugoslawischen Föderation, gemäß § 17 Abs. 1 Fremdengesetz - FrG, BGBl. Nr. 838/1992, ausgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei seinen Angaben zufolge im Jahr 1976 im Alter von 13 Jahren in das Bundesgebiet eingereist. Tatsächlich sei er jedoch erst seit 4. Juli 1978 in Wien aufrecht gemeldet. Vom 27. September 1978 bis 30. Juli 1993 habe der Beschwerdeführer Sichtvermerke erhalten. Kurz vor Ablauf des (zuletzt erteilten) Sichtvermerkes seien dem Beschwerdeführer im Hinblick auf zwei rechtskräftige Vorstrafen, und zwar wegen Urkundenfälschung und wegen vorsätzlicher Körperverletzung, fremdenpolizeiliche Maßnahmen angedroht worden. Der Beschwerdeführer sei in der Folge offenbar unerlaubt in Österreich geblieben. Ein später "über Bratislava" eingebrachter Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung sei mit - in Rechtskraft erwachsenem - Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom 29. August 1994 abgewiesen worden. Ein weiterer Antrag (eingebracht bei der österreichischen Botschaft in Budapest) sei mit im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom 12. Juli 1995 abgewiesen worden. Der Beschwerdeführer befinde sich daher mangels Aufenthaltsberechtigung nicht rechtmäßig im Bundesgebiet.
Der Beschwerdeführer bringe unter Berufung auf § 19 FrG vor, daß die Ausweisung im Hinblick auf seine Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin, der zwei Kinder entstammten, sowie seinen bereits 20jährigen Aufenthalt in Österreich unzulässig wäre. Es könne kein Zweifel bestehen, daß die Ausweisung massiv in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers eingreife, doch sei der Eingriff zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele (hier: ein geordnetes Fremdenwesen und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen) dringend geboten. Das Dringend-geboten-sein der Ausweisung sei vor allem aufgrund seiner gerichtlich geahndeten Straftaten anzunehmen. Außer seinen Verurteilungen wegen vorsätzlicher Körperverletzung am 31. August 1992 und wegen Urkundenfälschung am 24. November 1992 falle hier seine rechtskräftige Verurteilung vom 14. Juli 1995 wegen versuchten schweren Betruges zu einer dreimonatigen Freiheitsstrafe, bedingt auf drei Jahre, ins Gewicht. Angesichts des jahrelangen rechtswidrigen Aufenthaltes und des beharrlichen Verbleibens im Bundesgebiet trotz rechtskräftiger Abweisung der Bewilligungsanträge (nach dem Aufenthaltsgesetz) und der genannten Verurteilungen erscheine die Ausweisung ungeachtet des langen erlaubten Aufenthaltes dringend geboten. Die privaten und familiären Bindungen des Beschwerdeführers im Inland könnten sein deliktisches Verhalten nicht aufwiegen.
2. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Dieser lehnte die Behandlung der Beschwerde ab und trat sie zur Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof ab (Beschluß vom 25. November 1996, B 3762/96).
Im verwaltungsgerichtlichen Verfahren macht der Beschwerdeführer inhaltliche Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides geltend und begehrt aus diesem Grund dessen Aufhebung.
3. Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. In der Beschwerde bleibt die - auf unbestrittenen Sachverhaltsfeststellungen beruhende - Ansicht der belangten Behörde, daß sich der Beschwerdeführer (seit 31. Juli 1993) nicht rechtmäßig in Österreich aufhalte, unbekämpft. Der Gerichtshof hegt gegen diese Beurteilung keine Bedenken.
2.1. Die Beschwerde hält die Ausweisung für im Grunde des § 19 FrG unzulässig. Sie führt dazu ins Treffen, daß der Beschwerdeführer seit 10. Juni 1994 mit einer österreichischen Staatsbürgerin verheiratet und er daher seit mehr als zwei Jahren "im Besitz eines Rechtsanspruches auf Familienzusammenführung" nach dem Aufenthaltsgesetz sei, weiters, daß er mit seiner Gattin zwei Kinder habe, die gleichfalls die österreichische Staatsbürgerschaft besäßen, und schließlich, daß es durch die Ausweisung zu einer für drei österreichische Staatsbürger "unstreitig unzumutbaren Familienzerreißung" käme, was "gerade durch das Auffangbecken des § 19 FrG hintantgehalten werden soll". Zusammenfassend ergebe sich daher, daß die familiären Interessen des Beschwerdeführers "höher wiegen müssen als die Interessen an einem angeblich geordneten Fremdenwesen als Teil der öffentlichen Ordnung". Daran könne auch die Tatsache nichts ändern, daß der Beschwerdeführer dreimal in einem Zeitraum von viereinhalb Jahren "Entgleisungen" zu verantworten gehabt habe.
2.2. Die belangte Behörde hat in Anbetracht des annähernd 20jährigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers in Österreich sowie im Hinblick auf dessen Ehe mit einer österreichischen Staatsbürgerin und die beiden gemeinsamen Kinder einen mit der Ausweisung verbundenen "massiven" Eingriff in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers i.S. des § 19 FrG angenommen. Dieser zutreffenden Wertung - der freilich einschränkend hinzuzufügen ist, daß die Ehe während der Zeit des unrechtmäßigen Aufenthaltes des Beschwerdeführers geschlossen wurde - hat sie allerdings die gleichfalls zutreffende Beurteilung folgen lassen, daß die Ausweisung und damit der besagte Eingriff zur Wahrung eines geordneten Fremdenwesens und zur Verhinderung strafbarer Handlungen (Art. 8 Abs. 2 MRK) dringend geboten sei. Sie konnte die zuletzt genannte Auffassung nicht nur auf einen bereits etwa dreijährigen unrechtmäßigen Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich, der zudem durch zwei rechtskräftige abweisliche Entscheidungen nach dem Aufenthaltsgesetz gekennzeichnet ist, sondern auch auf mehrere - gerichtlichen Verurteilungen zugrunde gelegene - Straftaten, vor allem jene des versuchten schweren Betruges (§§ 15, 146, 147 Abs. 1 Z. 1, Abs. 2 StGB), stützen. Durch dieses Fehlverhalten in seiner Gesamtheit hat der Beschwerdeführer einerseits das nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes aus der Sicht des Schutzes der öffentlichen Ordnung (Art. 8 Abs. 2 MRK) einen hohen Stellenwert aufweisende öffentliche Interesse an der Einhaltung der die Einreise und den Aufenthalt von Fremden regelnden Vorschriften (vgl. etwa das Erkenntnis vom 17. April 1997, Zl. 97/18/0171, mwN), andererseits das maßgebliche öffentliche Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen (Art. 8 Abs. 2 MRK), jeweils in erheblicher Weise, beeinträchtigt. Das darin begründete große Gewicht der an einer Beendigung des Aufenthaltes des Beschwerdeführers bestehenden öffentlichen Interessen wird schließlich - was die belangte Behörde im bekämpften Bescheid zu Recht hervorgehoben hat, von der Beschwerde aber gänzlich außer acht gelassen wird - noch dadurch verstärkt, daß die Erstbehörde den Beschwerdeführer anläßlich einer den beiden gerichtlichen Verurteilungen wegen vorsätzlicher Körperverletzung und wegen Urkundenfälschung im Jahr 1992 folgenden Einvernahme betreffend "Fremdenpolizeiliche Ermahnung" am 7. Juni 1993 davon in Kenntnis gesetzt hat, daß er "bei einer neuerlichen noch so geringen Verurteilung mit der Ergreifung solcher (fremdenpolizeilicher) Maßnahmen zu rechnen habe, was bei entsprechender Schwere des Deliktes auch zu einem Aufenthaltsverbot führen kann". Wenn der Beschwerdeführer ungeachtet dessen sich im Jahr 1995 eines schweren Vermögensdeliktes schuldig gemacht hat, so bringt dies deutlich seine Neigung zur Mißachtung strafgesetzlicher Normen und damit - aus dem Blickwinkel des Art. 8 Abs. 2 MRK - des Allgemeininteresses an der Hintanhaltung strafbarer Handlungen zum Ausdruck.
Zusammengefaßt erweist sich demnach das Ergebnis der von der belangten Behörde vorgenommenen Abwägung, daß maßgebliche, im Art. 8 Abs. 2 MRK umschriebene öffentliche Interessen - auch unter Bedachtnahme auf gewichtige persönliche Interessen des Beschwerdeführers an einem Verbleib in Österreich - eine Ausweisung notwendig machen, als frei von der in der Beschwerde behaupteten Rechtswidrigkeit, wobei zu dem vom Beschwerdeführer geltend gemachten "Rechtsanspruch auf Familienzusammenführung" noch angemerkt sei, daß das hiemit offensichtlich angesprochene Recht auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung nach § 3 Abs. 1 AufG idF BGBl. Nr. 351/1995 (u.a.) unter dem Vorbehalt steht, daß "kein Ausschließungsgrund (§ 5 Abs. 1) vorliegt".
3. Die unter Zugrundelegung der vorstehenden Erwägungen unbegründete Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
4. Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 und 48 Abs. 2 Z. 1 und 2 VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996180577.X00Im RIS seit
02.05.2001