TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/22 I421 2233178-1

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Veröffentlicht am 22.07.2020
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Entscheidungsdatum

22.07.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §52
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2
VwGVG §28 Abs5

Spruch

I421 2233178-1/3Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Martin STEINLECHNER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX, geb. XXXX, StA. MAROKKO, vertreten durch: DIAKONIE FLÜCHTLINGSDIENST gemeinnützige GmbH gegen den Bescheid des BFA, Erstaufnahmestelle Ost (EASt-Ost) vom 15.06.2020, Zl. 1221122201-200291288, zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde gegen Spruchpunkt VII. des angefochtenen Bescheids wird Folge gegeben und dieser Spruchpunkt ersatzlos behoben. Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG wird der Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang und Sachverhalt:

Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger Marokkos, stellte am 12.03.2020 Antrag auf internationalen Schutz. Erklärte er stamme aus Marokko, sei homosexuell und Atheist, weshalb er in seinem Heimatland verfolgt werde und dorthin nicht zurückkehren könne.

Die Erstbefragung fand am 16.03.2020, die niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde erfolgte am 20.05.2020.

Mit gegenständlichem Bescheid vom 15.06.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz gänzlich abgewiesen, ein Aufenthaltstitel gem § 57 AsylG nicht erteilt, gegen den Beschwerdeführer eine Rückkehrentscheidung erlassen, festgestellt, dass seine Abschiebung nach Marokko zulässig sei, gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen, und im Spruchpunkt VII des Bescheides einer Beschwerde gegen den Bescheid die aufschiebende Wirkung aberkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt die Verwaltungsakte des BFA und des Gerichtsakts des BVwG.

. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

Gemäß § 18 Abs 2 Z 1 BFA-VG ist die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung abzuerkennen, wenn die sofortige Ausreise des Drittstaatsangehörigen im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Die Aberkennung bedarf – insbesondere angesichts der weitreichenden damit verbundenen Konsequenzen – einer entsprechend sorgfältigen, einzelfallbezogenen Begründung. Sie darf nicht ausschließlich darauf gestützt werden, dass die Voraussetzungen für die Erlassung einer Rückkehrentscheidung erfüllt sind. Die Behörde muss vielmehr nachvollziehbar darlegen, warum darüber hinaus die sofortige Ausreise der BF geboten sei.

Gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG hat das BVwG der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung aberkannt wurde, diese binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2, 3 oder 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen.

Das BVwG hat über eine Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung nach § 18 BFA-VG (oder gegen einen derartigen trennbaren Spruchteil eines Bescheids) gemäß § 18 Abs 5 BFA-VG binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde in Form eines (Teil-)Erkenntnisses zu entscheiden (vgl VwGH 19.06.2017, Fr 2017/19/0023; 13.09.2016, Fr 2016/01/0014).

Gemäß § 58 Abs 2 AVG sind Bescheide zu begründen, wenn dem Standpunkt der Partei nicht vollinhaltlich Rechnung getragen oder über Einwendungen oder Anträge von Beteiligten abgesprochen wird. Gemäß § 60 AVG sind in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen. Dem gesetzlichen Gebot, Bescheide zu begründen, ist als Ausdruck eines rechtsstaatlichen Verwaltungsverfahrens besondere Bedeutung beizumessen. Ein Begründungsmangel kann eine wesentliche Mangelhaftigkeit darstellen (Kolonovits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10 Rz 417 ff).

Der Beschwerdeführer bringt im Verfahren vor der belangten Behörde erkennbar vor, erstmalig Antrag auf internationalen Schutz zu stellen, wegen (befürchteter) Verfolgung in seinem Herkunftsstaat Marokko. Als Grund für die Verfolgungsgefahr gibt er an, er sei homosexuell und Atheist. Zur Abklärung dieser Fluchtgründe erachtet das erkennende Gericht die Durchführung einer mündlichen Verhandlung als erforderlich. Abstrakt kann zurzeit lediglich aus der Aktenlage nicht ausgeschlossen werden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 oder 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK bedeuten würde.

Der Beschwerde wird daher die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

Eine mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 21 Abs 6a BFA-VG.

Die Revision ist wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen.

Zu B) Unzulässigkeit der Revision:

Die Revision ist wegen der Einzelfallbezogenheit dieser Entscheidung, die keine grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG begründet, nicht zuzulassen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung Einreiseverbot ersatzlose Teilbehebung Kassation real risk reale Gefahr Rückkehrentscheidung Spruchpunktbehebung Teilerkenntnis

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:I421.2233178.1.00

Im RIS seit

22.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

22.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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