TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/25 I415 2232909-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 25.07.2020
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Entscheidungsdatum

25.07.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §3
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §58 Abs1 Z2
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs2
AsylG 2005 §8 Abs3
BFA-VG §18 Abs1 Z3
BFA-VG §21 Abs7
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
EMRK Art2
EMRK Art3
EMRK Art8
FPG §46
FPG §50
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1a
VwGVG §24
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

I415 2232909-1/3E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Hannes LÄSSER als Einzelrichter über die Beschwerde von XXXX , geb. XXXX , StA. Ägypten alias Syrien, vertreten durch: ARGE Rechtsberatung - Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, Wattgasse 48/3, 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.06.2020, Zl. XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen:

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.        Der Beschwerdeführer reiste unter Umgehung der Grenzkontrollen in das Bundesgebiet ein und stellte am 23.05.2015 unter der Identität XXXX in Daraa in Syrien, Staatsangehöriger Syriens, einen Antrag auf internationalen Schutz. Im Zuge der am selben Tag durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes durchgeführten Erstbefragung begründete er seinen Asylantrag zusammengefasst damit, dass er aus Angst vor dem Krieg in seinem Heimatland geflohen sei.

2.       Am 17.03.2017 fand eine niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA; belangte Behörde) statt. Er machte neuerlich geltend, syrischer Staatsangehöriger zu sein und seine Heimat wegen des Krieges verlassen zu haben. Seine Eltern seien bereits verstorben, er habe nichts mehr in Syrien und möchte hier eine Familie gründen. Im Zuge der niederschriftlichen Einvernahme kamen Zweifel an der behaupteten Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers auf. Mit Aktenvermerk vom selben Tag wurde festgehalten, dass der Beschwerdeführer laut Einschätzung des anwesenden Dolmetschers auf Grund seiner Aussprache aus Ägypten komme.

3.       Am 11.04.2017 wurde eine telefonische Sprachanalyse durch das XXXX Sprachanalyseinstitut XXXX durchgeführt. Diese hatte zum Ergebnis, dass die Sprachanalyse darauf hindeute, dass der Beschwerdeführer mit überwiegender Wahrscheinlichkeit keinen Hauran-Dialekt spreche.

4.       Am 10.09.2018 wurde eine forensisch-afrikanistische Befunderhebung zu den Sprachkompetenzen und den Landeskenntnissen des Beschwerdeführers durch den Gutachter XXXX durchgeführt. In seinen gutachterlichen Feststellungen vom 05.05.2020 kam dieser zu dem Schluss, dass eine Hauptsozialisierung des Probanden in Syrien mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen sei. Der Beschwerdeführer sei sehr wahrscheinlich in Ägypten hauptsozialisiert worden. Aus dem Befundgespräch würden sich keine tragfähigen Hinweise auf einen mit gleicher Wahrscheinlichkeit in Betracht zu ziehenden anderen Hauptsozialisierungskontext des Beschwerdeführers ergeben.

5.       Am 03.06.2020 fand eine weitere niederschriftliche Einvernahme des Beschwerdeführers durch die belangte Behörde statt. Ihm wurde das Gutachten zu seinen Sprachkompetenzen und Landeskenntnissen vom 05.05.2020 zur Kenntnis gebracht. Dazu führte er aus: „Das kann nicht sein, ich habe die Unterlagen. Ich kann es nicht nachvollziehen.“ An seinen Fluchtgründen und Rückkehrbefürchtungen habe sich seit der letzten niederschriftlichen Einvernahme nichts geändert, aber eigentlich habe er keine Angst vor einer Rückkehr.

6.       Mit verfahrensgegenständlichem Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.06.2020 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz vom 23.05.2015 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten (Spruchpunkt I.) und hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf seinen Herkunftsstaat Ägypten (Spruchpunkt II.) abgewiesen. Ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen wurde ihm nicht erteilt (Spruchpunkt III.). Gleichzeitig wurde gegen ihn eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt IV.). Es wurde weiters festgestellt, dass seine Abschiebung nach Ägypten zulässig ist (Spruchpunkt V.). Es besteht keine Frist für die freiwillige Ausreise (Spruchpunkt VI.). Zuletzt wurde einer Beschwerde gegen diese Entscheidung die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt VII.).

7.       Mit Verfahrensanordnung gemäß § 63 Abs. 2 AVG vom 04.06.2020 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 52 Abs. 1 BFA-VG die ARGE-Rechtsberatung – Diakonie und Volkshilfe als Rechtsberater für das Beschwerdeverfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht zur Seite gestellt.

8.       Gegen den im Spruch genannten Bescheid erhob der Beschwerdeführer durch seine Rechtsvertretung Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Begründend führte er zusammengefasst aus, dass dem BFA in Hinblick auf seine Staatsangehörigkeit gravierende Ermittlungs- und Verfahrensfehler unterlaufen seien. Der Beschwerdeführer sei Staatsangehöriger Syriens und nicht Ägyptens und das Sprachgutachten sei nicht dazu geeignet, über seine Staatsbürgerschaft Auskunft zu geben. Dem Beschwerdeführer sei auch keine ausreichende Frist zur Stellungnahme eingeräumt worden. Es werde daher beantragt, das Bundesverwaltungsgericht möge eine mündliche Beschwerdeverhandlung anberaumen, den angefochtenen Bescheid beheben und dem Beschwerdeführer den Status eines Asylberechtigten, in eventu den Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkennen, in eventu den angefochtenen Bescheid bezüglich des Spruchpunktes III. aufheben bzw. dahingehend abändern, dass die gegen ihn gefällte Rückkehrentscheidung für auf Dauer unzulässig erklärt und dem Beschwerdeführer ein Aufenthaltstitel aus Gründen des Art. 8 EMRK erteilt werde, in eventu den Bescheid beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückverweisen.

9.       Beschwerde und Verwaltungsakt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 10.07.2020 vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I. getroffenen Ausführungen werden als entscheidungswesentlicher Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende weitere Feststellungen getroffen:

1.1      Zur Person des Beschwerdeführers:

Der Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger von Ägypten. Seine Identität steht in Ermangelung entsprechender Dokumente nicht fest.

Der volljährige Beschwerdeführer ist ledig, kinderlos und bekennt sich zum moslemischen Glauben. Er gehört der Volksgruppe der Araber an.

Er hält sich seit zumindest 23.05.2015 in Österreich auf.

Der Beschwerdeführer ist jung, gesund und arbeitsfähig.

Er hat in Ägypten die Grundschule besucht und anschließend gearbeitet. Aufgrund seiner Arbeitserfahrung in Ägypten hat er eine Chance, auch hinkünftig im ägyptischen Arbeitsmarkt unterzukommen.

In Österreich verfügt der Beschwerdeführer über keine Verwandten und über keine maßgeblichen privaten und familiären Beziehungen.

Der Beschwerdeführer weist in Österreich keine maßgeblichen Integrationsmerkmale in sozialer, sprachlicher, beruflicher und kultureller Hinsicht auf. Er geht keiner Beschäftigung nach und ist nicht selbsterhaltungsfähig. Er hat in Österreich von 09.01.2017 bis 07.07.2017 Deutschkurse bis zum Niveau A2 im Ausmaß von 180 Unterrichtseinheiten besucht, ohne jedoch eine Prüfung abzulegen, außerdem kann er eine Einstellungszusage für die Arbeit als XXXX vom 26.06.2020 vorlegen. Weitere Integrationsschritte sind nicht ersichtlich.

Der Beschwerdeführer ist in Österreich strafrechtlich in Erscheinung getreten.

Mit Urteil des Landesgerichtes für XXXX vom 03.03.2016, Zl. XXXX , wurde er wegen der Vergehen der versuchten schweren Körperverletzung sowie der Sachbeschädigung zu einer unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von sechs Monaten rechtskräftig verurteilt.

1.2      Zu den Fluchtmotiven und der individuellen Rückkehrsituation des Beschwerdeführers:

Entgegen seinem Fluchtvorbringen kann nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer aus Syrien stammt und sein Land aufgrund des Krieges verlassen hat.

Der Beschwerdeführer hat bezüglich seines Herkunftsstaates Ägypten keinerlei Verfolgungsgründe vorgebracht.

Es kann nicht festgestellt werden, dass dem Beschwerdeführer in seinem Herkunftsstaat Ägypten aufgrund seiner Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung Verfolgung droht, oder dass er in Ägypten einer konkret gegen seine Person gerichteten Verfolgung ausgesetzt war.

Es existieren keine Umstände, welche einer Abschiebung aus dem Bundesgebiet der Republik Österreich entgegenstünden. Der Beschwerdeführer verfügt über keine sonstige Aufenthaltsberechtigung. Es spricht nichts dafür, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Beschwerdeführers nach Ägypten eine Verletzung von Art. 2, Art. 3 oder auch der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention nach sich ziehen würde. Der Beschwerdeführer ist auch nicht von willkürlicher Gewalt infolge eines internationalen oder innerstaatlichen Konflikts bedroht.

1.3 Zu den Feststellungen zur Lage in Ägypten:

Im angefochtenen Bescheid wurden zur allgemeinen Lage in Ägypten Feststellungen auf Basis des Länderinformationsblattes der Staatendokumentation (aktualisiert am 24.Juli 2019) getroffen; die entscheidungsrelevanten Feststellungen lauten:

Sicherheitslage

Die terroristische Bedrohung ist auf ägyptischem Gebiet chronisch (FD 1.7.2019b). Es besteht landesweit weiterhin ein erhöhtes Risiko terroristischer Anschläge. Diese richten sich meist gegen ägyptische Sicherheitsbehörden, vereinzelt aber auch gegen ausländische Ziele und Staatsbürger (AA 1.7.2019; vgl. FD 1.7.2019a).

Das Risiko besteht auch bei politischen Kundgebungen, Demonstrationen und religiösen Veranstaltungen in Ballungsräumen. Insbesondere bei christlich-orthodoxen Feiertagen ist in der Umgebung von christlichen Einrichtungen erhöhte Vorsicht geboten (BMEIA 1.7.2019). Nach der Zündung eines Sprengkörpers am 19.5.2019 in Gizeh wird empfohlen wachsam zu sein und stark frequentierte Bereiche zu meiden (FD 1.7.2019a). In den letzten Jahren wurden mehrere Terroranschläge verübt. Nach einer Reihe von Anschlägen wurde im April 2017 für drei Monate der landesweite Ausnahmezustand ausgerufen. Dieser wird seitdem regelmäßig alle drei Monate verlängert (AA 1.7.2019; AI 26.2.2019; vgl. FD 1.7.2019). Die Maßnahme geht mit erhöhten Eingriffsbefugnissen für Sicherheitskräfte und Militär einher. Es kommt vor allem nachts zu verstärkten Kontrollen durch Sicherheitskräfte (AA 1.7.2019). Zu Demonstrationen kommt es seit der Wahl von Staatspräsident Al-Sisi im Mai 2014 kaum noch (AA 1.7.2019).

Es kam auch zu einem erneuten religiös motivierten Angriff, auf einen koptischen Pilgerbus in Minya, bei dem 29 Menschen getötet wurden (FD 1.7.2019). Seit 2016 ist es wiederholt zu Anschlägen auf koptische Christen und koptische Kirchen gekommen. Dabei gab es zahlreiche Tote und Verletzte (AA 1.7.2019). Am 28.12.2018 wurden bei der Aktivierung eines Sprengsatzes in der Nähe der Pyramiden von Gizeh vier Menschen getötet. Am 15.2.2019 versuchten die Sicherheitskräfte, drei in Kairo gefundene Sprengsätze zu entschärfen, von denen einer explodierte. Am 18.2.2019 tötete eine Person mit einem Sprengstoffgürtel drei Menschen (FD 1.7.2019b).

Vor Reisen in den Norden der Sinai-Halbinsel und das ägyptisch-israelische Grenzgebiet wird gewarnt (AA 1.7.2019). Am 9.2.2019 begann die ägyptische Armee ihre umfassende Operation „Sinai 2018“ gegen militante Islamisten auf der Sinai Halbinsel (AA 24.6.2019a; AI 26.2.2019). Es kam zu Angriffen auf Touristen am Strand und in Hotels. Ein besonders schwerer terroristischer Anschlag nach dem Freitagsgebet in einer Moschee im November 2017 im Dorf Bir el Abed im Nord-Sinai forderte mehr als 300 Menschenleben (AA 1.7.2019; vgl. AA 24.6.2019a; FD 1.7.2019b) und zahlreiche weitere verletzt (AA 1.7.2019). Bereits im August 2013 wurde im Gouvernorat Nordsinai der Ausnahmezustand verhängt und seitdem immer wieder verlängert. Es gilt auch eine nächtliche Ausgangssperre (AA 1.7.2019). Bereits Im April 2017 wurden in Folge von Anschlägen auf zwei Kirchen in Alexandria und Tanta 45 Menschen getötet und über 100 verletzt. Die Terrororganisation „Islamischer Staat“ hat sich zu den Anschlägen bekannt. Staatspräsident Al-Sisi verhängte einen Tag später den Ausnahmezustand, der seitdem alle drei Monate verlängert wurde. Die Politik der Härte und des permanenten Ausnahmezustands hat die Terrorgefahr jedoch nicht beseitigen können (AA 24.6.2019a). Das Österreichische Außenministerium ruft für den Nordsinai ein partielles Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 5) aus wie auch für die Saharagebiete an den Grenzen zu Libyen (einschließlich Mittelmeergebiet) und zum Sudan (BMEIA 1.7.2019). Hohes Sicherheitsrisiko (Sicherheitsstufe 3) besteht in den restlichen Gebieten der Sinai-Halbinsel, inklusive der Ostküste im Bereich von Nuweiba bis Taba sowie auch für das Innere des Südsinai (BMEIA 1.7.2019). Es kommt auch weiterhin zu terroristischen Anschlägen, zuletzt am 2.11.2018 in der ägyptischen Provinz Minya, wo sieben koptische Pilger starben, und am 28.12.2018 sowie am 19.5.2019 in der Nähe der Pyramiden von Gizeh, wo ausländische Touristen zu Tode kamen oder verletzt wurden (AA 24.6.2019a). Am 24.6.2019 kam es auf dem Sinai zu einem Gefecht zwischen der Armee und Kämpfern des Islamischen Staates (IS). Laut Auskunft des Innenministeriums seien dabei sieben Polizisten und vier Kämpfer des IS getötet worden (BAMF 1.7.2019).

Vor Reisen in entlegene Gebiete der Sahara einschließlich der Grenzgebiete zu Libyen und Sudan wird gewarnt (AA 1.7.2019). Die ägyptischen Behörden haben die Grenzregionen zu Libyen und zum Sudan zu Sperrgebieten erklärt (AA 1.7.2019). Minenfelder sind häufig unzureichend gekennzeichnet, insbesondere auf dem Sinai, in einigen nicht erschlossenen Küstenbereichen des Roten Meeres, am nicht erschlossenen Mittelmeerküstenstreifen westlich von El Alamein und in Grenzregionen zu Sudan und Libyen (AA 1.7.2019).

Die Kriminalitätsrate ist in Ägypten vergleichsweise niedrig. Kleinkriminalität wie Taschendiebstähle und auch vereinzelte Übergriffe speziell auf Frauen haben etwas zugenommen (AA 1.7.2019).

Grundversorgung

Subventionen zur Absicherung der Grundversorgung der ägyptischen Bevölkerung haben eine lange Tradition und zehren einen erheblichen Teil des Staatshaushaltes auf. Daran ändert auch das mit dem Internationalen Währungsfonds (IWF) vereinbarte Reformprogramm, das Kürzungen der staatlichen Subventionen für Elektrizität, Treibstoff, aber auch für Brotgetreide einschließt, nichts. So wurde z.B. nach Kürzung von Subventionen im Sommer 2017 und damit verbundenen Preissteigerungen die Zahl der Berechtigten für Lebensmittelkarten erhöht (bisher schon ca. 70 Mio. Personen) und auch der Umfang der über diese Karten zu beziehenden Güter nochmals ausgedehnt. Nicht-Ägypter haben nach hiesiger Kenntnis keinen Zugang zu diesem System (AA 22.2.2019). Im Rahmen des mit dem IWF verhandelten Reformprogramms versucht die Regierung, den notwendigen Strukturwandel in die Wege zu leiten. Das Wirtschaftswachstum lag 2017 bei 4,2 % und 2018 bei 5,3 %. Subventionen für Benzin, Diesel und Elektrizität werden von der Regierung sukzessive reduziert. Bis Juni 2021 ist eine vollständige Eliminierung aller Energiesubventionen vorgesehen (AA 24.6.2019c).

Ein weiteres Instrument der sozialen Sicherung liegt im Mietrecht begründet. Für einen Großteil von Mietverträgen, die in den 1950er und 1960er Jahren geschlossen wurden und seitdem innerhalb der Großfamilie weitergegeben wurden, gilt noch eine Mietpreisbindung, die im Altbestand zu teilweise grotesk niedrigen Mieten führt. Für neue Verträge seit ca. 1990 gelten ohnehin die Gesetze des Marktes. Im Rahmen der Erschließung von Wüstenregionen wird ein gewisser Prozentsatz an Land und Wohnungen an arme Bevölkerungsteile verlost (AA 22.2.2019).

Im Rahmen von zwei Sozialhilfeprogrammen KARAMA und TAKAFUL werden zudem verstärkte Schritte für eine gezielte Unterstützung der Ärmsten vorgenommen. Das Karama Projekt sieht monatliche Geldleistungen im Umfang von 40-80 USD an die Ärmsten der Armen sowie an ältere Menschen und Behinderte vor. Das konditionierte Takaful Projekt zielt auf die finanzielle Unterstützung von Familien mit Kindern ab, vorausgesetzt diese besuchen regelmäßig eine Schule (AA 22.2.2019).

Darüber hinaus existiert ein zwar in seiner Leistungsfähigkeit beschränktes, aber funktionierendes Sozialversicherungssystem, welches Arbeitslosen-, Kranken-, Renten- und Unfallversicherungselemente enthält und von Arbeitgebern und Arbeitnehmern gemeinsam bezahlt wird. Die größten Probleme ergeben sich hier aus relativ geringen tatsächlichen Auszahlungen und der Nichterfassung der großen Anzahl an Personen ohne formelle Erwerbsaktivitäten (informeller Sektor) bzw. solche die arbeitslos sind. Einen erheblichen Beitrag zur sozialen Sicherung leisten karitative Einrichtungen, vornehmlich auf religiöser Basis und finanziert aus Spenden und wohltätigen Stiftungen (AA 22.2.2019).

Formale staatliche Institutionen für die Aufnahme von Rückkehrern sind hier nicht bekannt. Subventionsabbau droht – trotz langsam sinkender Inflation und sozialen Gegenmaßnahmen der Regierung die wirtschaftliche Situation vor allem der armen Segmente der Gesellschaft weiter zu verschlechtern. Bisher hat sich der latent in der Bevölkerung vorhandene Unmut nur punktuell manifestiert. Viel wird davon abhängen, wie schnell eine wirtschaftliche Erholung auch diese Schichten erfasst. Daneben zeichnet sich ab, dass Militär und auch Sicherheitsdienste in sozialen Bereichen, beispielsweise in der Verteilung von Lebensmitteln, einspringen und staatliche Aufgaben verstärkt substituieren (AA 22.2.2019).

Ägypten ist das nach Südafrika am stärksten industrialisierte Land Afrikas. Die Landwirtschaft spielt eine erhebliche Rolle. Der große informelle Sektor (v.a. Dienstleistungen; Schätzungen gehen von 30-40 % des BIP aus) nimmt zudem einen Großteil der Arbeitskräfte auf. Bei einem Netto-Bevölkerungswachstum von jährlich rund 2,5 Millionen Menschen ist die Arbeitslosigkeit und insbesondere Jugendarbeitslosigkeit besonders hoch (offiziell wird die Jugendarbeitslosigkeit mit 28 % angegeben, Schätzungen gehen von höheren Zahlen aus). Ägypten hat ein großes Interesse an ausländischen Direktinvestitionen und fördert diese gezielt. Zahlreiche Handelshemmnisse und Bürokratie schrecken potenzielle Investoren jedoch ab. Staatliche Unternehmen sowie das ägyptische Militär spielen im Wirtschaftsleben eine starke Rolle. Jeder dritte Ägypter ist in der Landwirtschaft beschäftigt. Die landwirtschaftliche Nutzfläche erstreckt sich vor allem entlang des Nils sowie im Nildelta, macht aber nur rund 4 % der Gesamtfläche des Landes aus (AA 24.6.2019c).

Der Dienstleistungssektor absorbiert einen erheblichen Teil der Erwerbstätigen und erwirtschaftet große Teile des Bruttoinlandsproduktes. Einen maßgeblichen Beitrag leistet hierbei der Tourismusbereich (AA 24.6.2019c). Der Dienstleistungssektor ist der größte Wirtschaftssektor (GIZ 9.2018c). Er bietet rund 50 % der ägyptischen Arbeitskräfte eine Beschäftigung und trägt mit rund 49 % etwa die Hälfte zum BIP bei (GIZ 9.2018c). Ein schwer zu erfassender und vermutlich erheblicher Teil des Dienstleistungsbereichs arbeitet informell (AA 24.6.2019c).

Nach einer Studie der staatlichen Statistikbehörde CAPMAS gibt eine ägyptische Durchschnittsfamilie rund 40 % ihres Einkommens nur für Nahrungsmittel aus, Familien aus ärmeren Schichten bis zu 63 %. Die Einkommensverteilung hat sich in den letzten drei Jahrzehnten immer stärker zuungunsten der unteren Einkommensschichten entwickelt. Die meisten Ägypter verdienen jedoch wesentlich weniger als die Durchschnittslöhne und nur 60 % aller Lohnabhängigen haben überhaupt geregeltes Einkommen. Die dramatischen Preiserhöhungen für Grundlebensmittel in den letzten Jahren verschärften den Kaufkraftverlust und trafen vor allem die unteren Einkommensschichten, die nach Angaben von CAPMAS mehr als die Hälfte ihres Einkommens für Nahrungsmittel ausgeben (GIZ 9.2018).

Die staatlichen Maßnahmen zur Armutsbekämpfung werden heute weithin als unzulänglich kritisiert. Sie bestehen im Wesentlichen aus nicht zielgruppenorientierten Subventionen für Grundnahrungsmittel und Energie, extrem niedrigen Sozialhilfe- und Pensionszahlungen für bestimmte Bevölkerungsgruppen sowie Kredit-, und Entwicklungsprogrammen des Sozialfonds für Entwicklung (SfD), die jedoch weit hinter dem Bedarf zurückbleiben (GIZ 9.2018).

Die Armutsquote (2016/17) ist auf 27 % gestiegen (die höchste seit 2000). Über 10 Millionen Menschen in Ägypten haben weniger als 1 $ am Tag zur Verfügung. Rund 12,5 % der Bevölkerung sind arbeitslos und ca. 17 % der Familien werden von Frauenarbeit (im informellen Sektor) unterstützt (GIZ 9.2018).

Medizinische Versorgung

In Kairo ist eine ausreichende Versorgung gewährleistet. Die medizinische Versorgung außerhalb Kairos hat sich in den letzten Jahren zwar deutlich verbessert, dennoch entspricht sie nach wie vor oft nicht westeuropäischem Standard (AA 9.7.2019). Es kommt zu gravierenden Qualitätsmängel in der staatlichen Versorgung - mangelnde Hygiene oder vernachlässigte Wartung von Geräten ebenso wie unterbezahltes Personal (GIZ 2.2018).

Das grundlegend funktionierende Sozialversicherungssystem mit Elementen der Kranken- und Unfallversicherung ist eingeschränkt leistungsfähig. Eine minimale kostenlose Grundversorgung ist gegeben. Notfälle werden behandelt; die Grundversorgung chronischer Krankheiten ist minimal und oft nur mit Zuzahlungen gegeben (AA 22.2.2019). Der Großteil der ägyptischen Bevölkerung ist über den Staat versichert. Problematisch ist, dass diese Versicherung an Ausbildung oder Arbeitsplatz gekoppelt ist, und Arbeitslose oder Arme daher ausschließt (GIZ 2.2018).

Aktuell soll ein neuer Gesetzesentwurf das Problem angehen und eine adäquate Krankenversicherung schrittweise auf alle Bevölkerungsgruppen ausdehnen (GIZ 2.2018). Ein Gesetz über umfassende Gesundheitsvorsorge wurde im Herbst 2017 verabschiedet, aber dessen Finanzierung ist noch nicht abschließend geregelt. Es gibt im Großraum Kairo über 100 staatliche Krankenhäuser, u. a. die Uni-Kliniken Kasr El Aini und Ain Shams. Die Versorgung mit Medikamenten im örtlichen Markt ist ausreichend. Importe werden staatlich kontrolliert (AA 22.2.2019).

Im September 2017 kam es zum ersten Ausbruch von Dengue-Fieber am Roten Meer (Alquaseer) seit mehreren Jahren. Inzwischen wurden auch Fälle aus Hurghada gemeldet (AA 9.7.2019).

Rückkehr

Es gibt keine gesonderten Aufnahmeeinrichtungen. Zur Situation von Rückkehrern liegen keine Erkenntnisse vor. Staatliche Maßnahmen als Reaktion auf Asylanträge im Ausland sind nicht bekannt. Formale staatliche Institutionen für die Aufnahme von Rückkehrern sind nicht bekannt (AA 22.2.2019).

Dokumente

Total gefälschte Reisedokumente bzw. Personenstandsurkunden sind ohne größere Schwierigkeiten auf dem Schwarzmarkt zu erlangen. Gleiches gilt für echte Dokumente mit zweifelhafter Beweiskraft (AA 22.2.2019).

Zusammengefasst konnte somit nicht festgestellt werden, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Ägypten einer realen Gefahr der Todesstrafe, der Folter, unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung ausgesetzt wäre oder sein Leben oder seine Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ernsthaft bedroht wäre.

Es liegen auch keine Anhaltspunkte vor, dass der volljährige und erwerbsfähige Beschwerdeführer bei einer Rückkehr nach Ägypten in eine aussichtslose oder existenzbedrohende Situation geraten könnte. Er hat dort den Großteil seines Lebens verbracht und könnte seinen Lebensunterhalt in Ägypten aus eigener Kraft – wenn auch anfangs allenfalls mit Gelegenheitsjobs – bestreiten.

Es wurden zwischenzeitlich auch keine Anhaltspunkte dafür bekannt, wonach die Abschiebung des Beschwerdeführers gemäß § 50 FPG idgF in seinen Heimatstaat Ägypten unzulässig wäre.

2. Beweiswürdigung:

Der erkennende Richter des Bundesverwaltungsgerichtes hat nach den Grundsätzen der freien Beweiswürdigung über die Beschwerde folgende Erwägungen getroffen:

2.1. Zum Sachverhalt:

Zur Feststellung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes wurde im Rahmen des Ermittlungsverfahrens Beweis erhoben durch die Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde unter zentraler Berücksichtigung der niederschriftlichen Angaben des Beschwerdeführers vor dieser und den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, in den bekämpften Bescheid, den Beschwerdeschriftsatz, in das zentrale Melderegister, das Betreuungsinformationssystem des Bundes, das zentrale Fremdenregister und das Strafregister der Republik Österreich, sowie in das „Länderinformationsblatt der Staatendokumentation“ zu Ägypten, in ein Gutachten des XXXX Sprachanalyseinstitutes XXXX vom 25.04.2017 und in die forensisch-afrikanische Befunderhebung des Gutachters XXXX hinsichtlich der Sprachkompetenzen und Landeskenntnisse des Beschwerdeführers vom 05.05.2020.

Die belangte Behörde hat ein mängelfreies, ordnungsgemäßes Ermittlungsverfahren durchgeführt und in der Begründung des angefochtenen Bescheides die Ergebnisse dieses Verfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammengefasst. Das Bundesverwaltungsgericht verweist daher zunächst auf diese schlüssigen und nachvollziehbaren beweiswürdigenden Ausführungen der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid.

Auch der Beschwerde vermag das Bundesverwaltungsgericht keine neuen Sachverhaltselemente zu entnehmen, die geeignet wären, die von der belangten Behörde getroffene Entscheidung in Frage zu stellen. Der Beschwerdeführer hat den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt nicht substantiiert bestritten, sodass das Bundesverwaltungsgericht den maßgeblichen Sachverhalt als ausreichend ermittelt ansieht und sich der vorgenommenen und nachvollziehbaren Beweiswürdigung vollumfänglich anschließt.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Da der Beschwerdeführer entweder nicht im Stande oder nicht Willens war, den österreichischen Behörden identitätsbezeugende Dokumente vorzulegen, steht seine Identität nicht fest.

Eine urkundentechnische Untersuchung der vom Beschwerdeführer vorgelegten Geburtsurkunde (AS 265) durch das Bundeskriminalamt vom 20.09.2017 hat ergeben, dass über die Authentizität des Dokumentes nicht entschieden werden könne, auch wenn keine Anhaltspunkte für das Vorliegen einer Verfälschung gefunden worden seien (AS 255-259). Soweit der Beschwerdeführer einen Beweisantrag auf Überprüfung der vorgelegten Geburtsurkunde im Rahmen einer hierfür geeigneten Untersuchung stellt, wird diesem nicht nachgekommen, da sich hieraus keine weitere Klärung des Sachverhaltes erwarten lässt: Selbst, wenn sich eine Echtheit der vorgelegten Urkunde zweifelsfrei feststellen ließe, mangelt es dieser - wie für Geburtsurkunden üblich - an einem Lichtbild oder sonstigen biometrischen Merkmalen, die eine eindeutige Zuordenbarkeit zur Person des Beschwerdeführers ermöglichen würden. Aus einer neuerlichen Überprüfung der Geburtsurkunde wäre daher für den Beschwerdeführer nichts zu gewinnen.

Die Feststellungen zu seiner Staatsangehörigkeit gründen sich auf die im Akt enthaltene forensisch-afrikanistische Befundaufnahme des Sachverständigen XXXX . Der Beschwerdeführer behauptete bis zuletzt, aus Syrien zu stammen, verstrickte sich aber in Widersprüche.

Die vom Sachverständigen erstellte Befundaufnahme zur Sprachkompetenz und den Landeskenntnissen des Beschwerdeführers lässt in ihren Ausführungen keinen anderen Schluss zu, als dass der Beschwerdeführer in Ägypten hauptsozialisiert wurde. Aufgrund der vom Beschwerdeführer abgegebenen arabischen Sprachprobe und aufgrund der von ihm demonstrierten Landeskenntnisse zu Syrien sei mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass er, so wie von ihm behauptet, in Nawa, im syrischen Gouvernement von Daraa oder sonst wo in Syrien hauptsozialisiert worden sei. Er sei sehr wahrscheinlich in Ägypten hauptsozialisiert worden. Aus dem Befundgespräch ergeben sich keine tragfähigen Hinweise auf einen mit gleicher Wahrscheinlichkeit in Betracht zu ziehenden anderen Hauptsozialisierungskontext des Beschwerdeführers.

Ein substantiiertes Vorbringen, das seine Aussagen hinsichtlich der vom Beschwerdeführer behaupteten syrischen Staatsangehörigkeit belegen konnte, wurde nicht erstattet. Darüber hinaus erfolgte zu keinem Zeitpunkt des Verfahrens bezüglich des genannten Gutachtens eine Auseinandersetzung auf gleicher fachlicher Ebene, weshalb die darin gemachten Feststellungen als schlüssig und nachvollziehbar anzusehen sind und die Feststellung, dass der Beschwerdeführer entgegen seinen Angaben aus Ägypten stammt, der Entscheidung zu Recht zugrunde gelegt wurde.

Den Beschwerdeausführungen, wonach dem Beschwerdeführer hinsichtlich der Sprachanalyse keine ausreichende Frist zur Stellungnahme eingeräumt worden sei, kann nicht gefolgt werden. Dem Beschwerdeführer wurde im Zuge einer niederschriftlichen Einvernahme am 03.06.2020 das Gutachten zur Kenntnis gebracht und die Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt.

Auch in der Beschwerde bestreitet der nunmehr rechtsvertretene Beschwerdeführer den von der belangten Behörde festgestellten Sachverhalt hinsichtlich des Herkunftsstaates lediglich unsubstantiiert, indem er dem Gutachter die fachliche Eignung abspricht, dem eingeholten Sachverständigengutachten aber auch hier nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegentritt.

In diesem Zusammenhang ist festzuhalten, dass die grundsätzliche Tauglichkeit von Sprachanalysen (bei notwendiger sorgfältiger Prüfung des Einzelfalls) zur (Negativ-) Feststellung des Herkunftslandes in Entscheidungen des UBAS, respektive Asylgerichtshofes anerkannt wurde. Nichtsdestotrotz sind Sprachanalysegutachten im Einzelfall zu beurteilen, wobei sich eine völlige Ablehnung dieser Methode aber nicht erschließen lässt. Dabei verkennt das Bundesverwaltungsgericht nicht, dass es tatsächlich schwierig sein kann, nur aufgrund einer Sprachanalyse mit ausreichender Sicherheit festzustellen, welches der wahre Herkunftsstaat eines Asylwerbers ist. Dies wird in bestimmten Fällen, insbesondere dann, wenn zusätzliche andere Indizien dafür vorliegen, möglich sein, nicht jedoch in anderen Fällen.

Ein Gutachten ist auf seine Vollständigkeit (also, ob es Befund und Gutachten im engeren Sinn enthält) und Schlüssigkeit zu überprüfen. Weitere Gutachten sind nur dann einzuholen, wenn sich die vorliegenden Gutachten als nicht vollständig oder nicht schlüssig und damit als nicht ausreichend erweisen; will eine Partei außer dem vorliegenden schlüssigen und vollständigen Gutachten noch ein weiteres in das Verfahren einbezogen wissen, steht es ihr frei, selbst ein Gutachten eines privaten Sachverständigen zu beschaffen und vorzulegen.

Der vom Beschwerdeführer in seiner Beschwerde unsubstantiiert aufgestellten Behauptung, dass dem bestellten Gutachter die fachliche Eignung fehlen würde, kann unter Zugrundelegung der umfassenden beweiswürdigenden Auseinandersetzung der belangten Behörde mit diesem vorliegenden Gutachten nichts abgewonnen werden, insbesondere, da auch eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Gutachten gar nicht erst erfolgte, bzw. auch die grundsätzliche Tauglichkeit eines Gutachtens zur Ermittlung des Herkunftsstaates unbestritten blieb.

Zusätzlich wird das Ergebnis dieses Gutachtens durch zwei voneinander unabhängige laiendialektologische Einschätzungen durch eine Sprecherin des syrischen Dialektes und einen Sprecher des marokkanischen Arabischen gestützt. Beide Sprecher stimmen überein, dass es sich beim Beschwerdeführer nicht um einen Sprecher des syrischen Arabischen, sondern um einen Sprecher des ägyptischen Arabischen handelt (AS 155, 351 und 352).

Die Feststellungen zu seinen Lebensumständen, seinem Zivilstand, seiner Glaubens- und Volkszugehörigkeit, seiner Schulbildung, seiner Arbeitserfahrung und seinem Gesundheitszustand gründen sich auf die Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde (Protokolle vom 17.03.2017, vom 11.04.2017 und vom 03.06.2020). Nachdem der Beschwerdeführer diese Feststellungen auch in seinem Beschwerdevorbringen nicht beanstandet hat, konnten sie der gegenständlichen Entscheidung zugrunde gelegt werden.

Die Feststellung zu seinem Aufenthalt im Bundesgebiet seit zumindest 23.05.2015 ergibt sich aus dem Datum seiner Asylantragsstellung in Zusammenschau mit einer eingeholten ZMR-Auskunft.

Dass der Beschwerdeführer über kein soziales Umfeld im Bundesgebiet verfügt, keine familiären Anknüpfungspunkte oder relevante private Beziehungen hat, ergibt sich aus seinen Angaben und dem Verwaltungsakt.

Der Beschwerdeführer machte keine konkreten Angaben, die die Annahme einer umfassenden Integration in Österreich in sprachlicher, gesellschaftlicher und beruflicher Hinsicht rechtfertigen würden. Er legte abgesehen von zwei Bestätigungen über den Besuch von Deutschkursen bis zum Niveau A2 zwischen 09.01.2017 und 07.07.2017 und einer Einstellungszusage keine weiteren Unterlagen vor. So hat er keine Deutschprüfung absolviert, gehört keinem Verein und einer sonstigen integrationsbegründenden Organisation an und ging nie einer erlaubten Erwerbstätigkeit nach. Er steht in keinem Abhängigkeitsverhältnis zu irgendwelchen Personen und hat keine engen Bezüge zu ÖsterreicherInnen. Auch in seiner Beschwerde hat der Beschwerdeführer keine neuen Sachverhalte oder Nachweise einer integrativen Verfestigung geltend gemacht.

Die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers leitet sich aus einer Abfrage des Strafregisters der Republik Österreich vom 13.07.2020 ab.

Die belangte Behörde hat diese Feststellungen korrekt und nachvollziehbar gewürdigt. Aus dem Beschwerdevorbringen sind keine Zweifel an der Richtigkeit dieser Feststellungen zur Person des Beschwerdeführers aufgekommen.

2.3. Zum Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers:

Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt der Richtigkeit der Angaben des Asylwerbers über seine Identität und seine Herkunft grundsätzlich maßgebliche Bedeutung für die Frage zu, ob die von ihm angegebenen - aus seiner behaupteten Abstammung resultierenden - Verfolgungsgründe überhaupt zutreffen können. Entsprächen - auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens - die Angaben des Asylwerbers über eine Bedrohungssituation in dem von ihm als seinen Herkunftsstaat bezeichneten Staat offensichtlich nicht den Tatsachen, weil seinem Vorbringen insbesondere wegen eines Täuschungsversuches über seine wahre Identität keinerlei Glaubwürdigkeit zukommt, so läge in Ermangelung eines "sonstigen Hinweises" auf eine asylrelevante Verfolgung ein offensichtlich unbegründeter Asylantrag im Sinne des § 6 Z 3 AsylG 1997 vor (Hinweis E vom 30.11.2000, 99/20/0590, und vom 30.01.2001, 2000/01/0106 sowie 27.09.2001, 2001/20/0393).

Das bedeutet, dass neben der Person des Asylwerbers auch dem Herkunftsstaat im Asylverfahren eine zentrale Bedeutung zukommt: Der Asylwerber determiniert mit der Bekanntgabe seines Herkunftsstaates in seinem Antrag auf internationalen Schutz - im Zusammenhalt mit dem geltend gemachten, individuellen Fluchtgrund - den Verfahrensgegenstand des Asylverfahrens, wobei es sich bei der Gewährung von Asyl bzw. von subsidiärem Schutz nicht um einen amtswegig zu erlassenden, sondern um einen antragsbedürftigen Verwaltungsakt handelt (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30.03.2006, Zl. 2003/20/0345). Sowohl der Herkunftsstaat als auch der persönliche Fluchtgrund müssen also vom Asylwerber in seinem Antrag auf internationalen Schutz behauptet und überdies zumindest glaubhaft gemacht werden.

Die hohe Relevanz des behaupteten Herkunftsstaates, den ein Asylwerber im Asylverfahren angibt, erschließt sich auch daraus, dass das Vorliegen einer innerstaatlichen Fluchtalternative einen Abweisungsgrund für einen Antrag auf internationalen Schutz darstellt (vgl. §§ 3 Abs. 3 Z 1 sowie § 8 Abs. 3 und 6 Asylgesetz 2005). So ordnet die Gesetzesbestimmung des § 11 Abs. 2 Asylgesetz 2005 unmissverständlich an, dass bei der Prüfung, ob eine innerstaatliche Fluchtalternative gegeben ist, "auf die allgemeinen Gegebenheiten des Herkunftsstaates und auf die persönlichen Umstände der Asylwerber" abzustellen ist. Tritt ein Asylwerber unter einer Aliasidentität auf oder macht er falsche Angaben zu seinem Herkunftsstaat, läuft diese Prüfung zwangsläufig ins Leere.

Zunächst ist hervorzuheben, dass - wie die belangte Behörde richtig feststellte - der Beschwerdeführer bereits bei der Stellung seines Antrags auf internationalen Schutz seine wahre Identität und seinen Herkunftsstaat zu verschleiern versuchte und bei der Bekanntgabe der persönlichen Daten - nämlich seinem Herkunftsstaat - unrichtige Angaben machte. Stellt aber ein Asylwerber einen Antrag auf internationalen Schutz unter Verwendung eines falschen Herkunftsstaates, bedeutet das, dass er, gerade unter dem Gesichtspunkt der geltend gemachten Fluchtgründe, versucht sich unzulässiger Weise einen asylrelevanten, bzw. subsidiären Schutz betreffenden Vorteil zu verschaffen, den er bei richtiger Angabe seines Herkunftsstaates nicht hätte. Folglich leidet darunter die gesamte Glaubwürdigkeit des Beschwerdeführers, da wohl in der Regel nur ein Asylwerber, der bewusst einen unbegründeten Antrag auf internationalen Schutz stellt, sich veranlasst sehen wird, die belangte Behörde durch die Angabe eines falschen Herkunftsstaates in die Irre zu leiten. Infolgedessen kann - wie die belangte Behörde ebenfalls folgerichtig ausführte - den vorgebrachten Fluchtgründen des Beschwerdeführers keine Glaubhaftigkeit geschenkt werden und kann nicht davon ausgegangen werden, dass das übrigen Vorbringen den tatsächlichen Gegebenheiten entspricht, wenn bereits seine Angaben zu seiner Herkunft als unglaubwürdig anzusehen sind.

Der Beschwerdeführer hat behauptet, ausschließlich in Syrien verfolgt zu werden. Daraus folgt, dass der Beschwerdeführer in Bezug auf den festgestellten Herkunftsstaat Ägypten keinerlei Fluchtgründe geltend gemacht hat und es ihm daher nicht gelungen ist, eine aktuelle Verfolgungsgefahr in Ägypten glaubhaft zu machen.

Damit sind die Beurteilung der Fluchtgründe und die diesbezügliche Beweiswürdigung durch die belangte Behörde nicht zu beanstanden, sodass sich das Bundesverwaltungsgericht dieser anschließt.

Auch aus der vom Beschwerdeführer in der Beschwerde bis zuletzt aufrecht gehaltenen Behauptung, aus Syrien zu stammen und seiner unsubstantiierten Begründung, dass dem bestellten Sachverständigen die fachliche Eignung für die Erstellung eines solchen Gutachtes fehlen würde, ergeben sich keine Zweifel am Zutreffen der von der belangten Behörde getroffenen Feststellungen und ihrer Beweiswürdigung.

Des Weiteren kann nicht davon ausgegangen werden, dass der gesunde und arbeitsfähige Beschwerdeführer, der über eine Grundschulbildung und Arbeitserfahrung verfügt, bei einer Rückkehr ins Herkunftsland in Bezug auf existentielle Grundbedürfnisse in eine ausweglose Situation geraten würde.

2.4. Zum Herkunftsstaat:

Die Feststellungen zur Lage im Herkunftsstaat Ägypten ergeben sich insbesondere aus den folgenden Meldungen und Berichten:

-AA - Auswärties Amt Deutschland (24.6.2019a): Ägypten - Innenpolitik, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/-/212652, Zugriff 1.7.2019

-AA - Auswärtiges Amt Deutschland (1.7.2019): Ägypten - Reise- und Sicherheitshinweise (Teilreisewarnung), https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/aegyptensicherheit/212622, Zugriff 1.7.3019

-AA - Auswärtiges Amt Deutschland (22.2.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Ägypten (Stand Januar 2019), https://www.ecoi.net/en/file/local/1458483/4598_1551702084_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-aegypten-stand-januar-2019-22-02-2019.pdf, Zugriff 9.7.2019

-AA - Auswärtiges Amt Deutschland (24.6.2019c): Ägypten: Wirtschaft, https://www.auswaertiges-amt.de/de/aussenpolitik/laender/aegypten-node/wirtschaft-/212624, Zugriff 9.7.2019

-AI - Amnesty International (26.2.2019): Human rights in the Middle East and North Africa: Review of 2018 – Egypt, https://www.ecoi.net/en/file/local/2003690/MDE1299162019ENGLISH.pdf, Zugriff 1.7.2019

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge Deutschland (1.7.2019): Briefing Notes 1 Juli 2019, Zugriff 1.7.2019

-BMEIA - Bundesministerium für Europa, Integration und Äußeres (1.7.2019): Reiseinformation, Ägypten - Sicherheit & Kriminalität, https://www.bmeia.gv.at/reise-aufenthalt/reiseinformation/land/aegypten/, Zugriff 1.7.2019

-FD - France diplomatique (1.7.2019b): Egypte - Sécurité, https://www.diplomatie.gouv.fr/fr/conseils-aux-voyageurs/conseils-par-pays-destination/egypte/#securite, Zugriff 1.7.2019

-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (9.2018): Ägypten - Wirtschaft & Entwicklung, https://www.liportal.de/aegypten/wirtschaft-entwicklung/, Zugriff 9.7.2019

-GIZ - Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit GmbH (2.2018): Liportal, Ägypten – Gesellschaft, https://www.liportal.de/aegypten/gesellschaft/, Zugriff 9.7.2019

Angesichts der Seriosität und Plausibilität der angeführten Erkenntnisquellen sowie dem Umstand, dass diese Berichte auf einer Vielzahl verschiedener, voneinander unabhängigen Quellen beruhen und dennoch ein in den Kernaussagen übereinstimmendes Gesamtbild ohne wissentliche Widersprüche darbieten, besteht kein Grund, an der Richtigkeit der Angaben zu zweifeln. Zu den zur Feststellung, ausgewählten Quellen wird angeführt, dass es sich hierbei um eine ausgewogene Auswahl verschiedener Quellen, sowohl staatlichen als auch nichtstaatlichen Ursprungs handelt, welche es ermöglichen, sich ein möglichst umfassendes Bild von der Lage im Herkunftsstaat zu machen. Zur Aussagekraft der einzelnen Quellen wird angeführt, dass zwar in nationalen Quellen rechtsstaatlich-demokratisch strukturierter Staaten, von denen der Staat der Veröffentlichung davon ausgehen muss, dass sie den Behörden jenes Staates, über den berichtet wird, zur Kenntnis gelangen, diplomatische Zurückhaltung geübt wird, wenn es um kritische Sachverhalte geht, doch andererseits sind gerade diese Quellen aufgrund der nationalen Vorschriften vielfach zu besonderer Objektivität verpflichtet, weshalb diesen Quellen keine einseitige Parteinahme unterstellt werden kann. Zudem werden auch Quellen verschiedener Menschenrechtsorganisationen herangezogen, welche oftmals das gegenteilige Verhalten aufweisen und so gemeinsam mit den staatlich-diplomatischen Quellen ein abgerundetes Bild ergeben. Bei Berücksichtigung dieser Überlegungen hinsichtlich des Inhaltes der Quellen, ihrer Natur und der Intention der Verfasser handelt es sich nach Ansicht des erkennenden Richters bei den Feststellungen um ausreichend ausgewogenes und aktuelles Material (vgl. VwGH, 07.06.2000, Zl. 99/01/0210).

Aus diesen Länderfeststellungen ergibt sich insgesamt, dass in Ägypten für die Masse der Bevölkerung nicht im gesamten Staatsgebiet jene gemäß der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte geforderte Exzeptionalität der Umstände vorliegt, welche die Rückkehr eines Fremden automatisch im Widerspruch zu Art. 2 oder Art. 3 EMRK erscheinen lässt (vgl. dazu VwGH vom 21. August 2001, 2000/01/0043). Wie sich aus den Länderfeststellungen ergibt, wird eine nach Ägypten abgeschobene Person, bei welcher keine besonders berücksichtigungswürdigen Umstände vorliegen, durch eine Rückkehr nicht automatisch in eine "unmenschliche Lage" versetzt.

Der Beschwerdeführer trat diesen Quellen und deren Kernaussagen zur Situation im Herkunftsland auch nicht entgegen. Aufgrund der Kürze der verstrichenen Zeit zwischen der Erlassung des bekämpften Bescheides und der vorliegenden Entscheidung ergeben sich keine Änderungen zu den durch die belangte Behörde getroffenen Länderfeststellungen. Das Bundesverwaltungsgericht schließt sich daher diesen Feststellungen vollinhaltlich an.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchpunkt A) Abweisung der Beschwerde

3.1.    Zur Nichtgewährung von Asyl (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides)

Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 leg. cit. zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Artikel 1 Abs. A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention droht.

Im Sinne des Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist als Flüchtling anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich in Folge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentraler Aspekt der in Artikel 1 Abschnitt A Ziffer 2 Genfer Flüchtlingskonvention definierten Verfolgung im Herkunftsstaat ist die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung. Eine Furcht kann nur dann wohlbegründet sein, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Es kommt nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde. Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende persönliche Sphäre des einzelnen zu verstehen. Erhebliche Intensität liegt vor, wenn der Eingriff geeignet ist, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates zu begründen. Die Verfolgungsgefahr steht mit der wohlbegründeten Furcht in engstem Zusammenhang und ist Bezugspunkt der wohlbegründeten Furcht. Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht.

Selbst in einem Staat herrschende allgemein schlechte Verhältnisse oder bürgerkriegsähnliche Zustände begründen für sich alleine noch keine Verfolgungsgefahr im Sinne der Genfer Flüchtlingskonvention. Um eine Verfolgung im Sinne des AsylG erfolgreich geltend zu machen, bedarf es einer zusätzlichen, auf asylrelevante Gründe gestützten Gefährdung des Asylwerbers, die über die gleichermaßen die anderen Staatsbürger des Herkunftsstaates treffenden Unbilligkeiten hinausgeht (VwGH 19.10.2000, 98/20/0233).

Aus den Gesamtangaben des Beschwerdeführers ist nicht ableitbar, dass dieser im Herkunftsstaat Ägypten konkrete Verfolgungsmaßnahmen zu befürchten hätte. Das Fluchtvorbringen des Beschwerdeführers war nicht glaubhaft und dem Beschwerdeführer als Person die Glaubwürdigkeit abzusprechen, wie den umfassenden Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung unter Punkt II.2.3. zu entnehmen ist.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung von Asyl nicht gegeben sind, war die Beschwerde gemäß Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.2.    Zur Nichtgewährung von subsidiärem Schutz (Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG ist einem Fremden der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art 2 EMRK, Art 3 EMRK oder der Protokolle Nr 6 oder Nr 13 zur EMRK (ZPERMRK) bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Im Rahmen der Prüfung des Einzelfalls ist die Frage zu beantworten, ob einem Fremden im Falle der Abschiebung in seinen Herkunftsstaat ein – über eine bloße Möglichkeit hinausgehendes – "real risk" einer gegen Art 3 EMRK verstoßenden Behandlung droht (vgl VwGH 28.06.2011, 2008/01/0102). Die dabei aufgrund konkreter vom Fremden aufgezeigter oder von Amts wegen bekannter Anhaltspunkte anzustellende Gefahrenprognose erfordert eine ganzheitliche Bewertung der Gefahren und hat sich auf die persönliche Situation des Betroffenen in Relation zur allgemeinen Menschenrechtslage im Zielstaat zu beziehen (VwGH 15.12.2010, 2006/19/1354; 31.05.2005, 2005/20/0095, 31.03.2005, 2002/20/0582).

Die Abschiebung eines Fremden in den Herkunftsstaat kann eine Verletzung von Art 3 EMRK bedeuten, wenn der Betroffene dort keine Lebensgrundlage vorfindet, also bezogen auf den Einzelfall die Grundbedürfnisse der menschlichen Existenz nicht gedeckt werden können. Eine solche Situation ist nur unter exzeptionellen Umständen anzunehmen. Die bloße Möglichkeit einer durch die Lebensumstände bedingten Verletzung des Art 3 EMRK ist nicht ausreichend (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174). Zu berücksichtigen ist auch, dass nur bei Vorliegen exzeptioneller Umstände, die dazu führen, dass der Betroffene im Zielstaat keine Lebensgrundlage vorfindet, die Gefahr einer Verletzung von Art 3 EMRK angenommen werden kann (VwGH 06.11.2009, 2008/19/0174; 19.11.2015, Ra 2015/20/0174 ua). Das Vorliegen solcher exzeptioneller Umstände erfordert detaillierte und konkrete Darlegungen (vgl VwGH 21.08.2001, 2000/01/0443; 07.09.2016, Ra 2015/19/0303 ua).

Wie bereits im Zuge der Prüfung des Status des Asylberechtigten festgestellt wurde, machte der Beschwerdeführer im Hinblick auf seinen Herkunftsstaat Ägypten keinerlei gegen seine Person gerichteten Bedrohungs- oder Verfolgungshandlungen geltend.

Außerdem besteht ganz allgemein in Ägypten derzeit keine solche extreme Gefährdungslage, dass gleichsam jeder, der dorthin zurückkehrt, einer Gefährdung im Sinne des Artikel 2 und 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur EMRK ausgesetzt wäre. Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht sind auch keine Umstände bekannt geworden, die nahelegen würden, dass bezogen auf den Beschwerdeführer ein reales Risiko einer gegen Artikel 2 oder 3 EMRK verstoßenden Behandlung bzw. der Todesstrafe besteht.

Nach ständiger Rechtsprechung des EGMR obliegt es – abgesehen von Abschiebungen in Staaten, in denen die allgemeine Situation so schwerwiegend ist, dass die Rückführung eines abgelehnten Asylwerbers dorthin eine Verletzung von Art. 3 EMRK darstellen würde – grundsätzlich der abschiebungsgefährdeten Person, mit geeigneten Beweisen gewichtige Gründe für die Annahme eines Risikos nachzuweisen, dass ihr im Falle der Durchführung einer Rückführungsmaßnahme eine dem Art. 3 EMRK widersprechende Behandlung drohen würde (Beschluss des VwGH vom 23.02.2016, Ra 2015/01/0134 mit Verweis auf das Urteil des EGMR vom 05.09.2013, I gegen Schweden Nr. 61204/09; sowie Erkenntnis des VwGH vom 25.02.2016, Ra 2016/19/0036 sowie vom 13.09.2016, Ra 2016/01/0096-3). Derartige Beweise wurden nicht vorgelegt, der Beschwerdeführer machte Rückkehrbefürchtungen ausschließlich in Bezug auf Syrien geltend.

Dafür, dass dem Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr nach Ägypten die notdürftigste Lebensgrundlage entzogen und die Schwelle des Artikel 3 EMRK überschritten wäre (zur „Schwelle“ des Artikel 3 EMRK vergleiche VwGH vom 16.07.2003, Zl. 2003/01/0059), gibt es im vorliegenden Beschwerdefall keinen Anhaltspunkt. Der Beschwerdeführer ist volljährig, jung, gesund und arbeitsfähig und hat laut eigenen Angaben eine Grundschulbildung genossen und anschließend gearbeitet. Es ist daher kein Grund ersichtlich, weshalb er seinen Lebensunterhalt nach seiner Rückkehr nicht durch die Aufnahme einer Tätigkeit bestreiten können sollte. Dass der Beschwerdeführer allenfalls in Österreich wirtschaftlich gegenüber seiner Situation in Ägypten bessergestellt ist, genügt nicht für die Annahme, er würde in Ägypten keine Lebensgrundlage vorfinden und somit seine Existenz nicht decken können. Hierfür fehlen im vorliegenden Fall alle Hinweise auf derart exzeptionelle Umstände.

Aufgrund der o.a. Ausführungen ist letztlich im Rahmen einer Gesamtschau davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer im Falle einer Rückkehr in seinen Herkunftsstaat seine dringendsten Bedürfnisse befriedigen kann und nicht in eine dauerhaft aussichtslose Lage geraten würde.

Es ist dem Beschwerdeführer darüber hinaus auch unbenommen, gegebenenfalls Rückkehrhilfe in Anspruch zu nehmen.

Die Beschwerde erweist sich daher insoweit als unbegründet, sodass sie auch hinsichtlich des Spruchpunktes II. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG abzuweisen war.

3.3. Zur Nichterteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 Asylgesetz 2005 (Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides):

Im Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides sprach die belangte Behörde aus, dass dem Beschwerdeführer ein „Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen (gemeint war wohl eine "Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz") gemäß § 57 Asylgesetz 2005 nicht erteilt werde.

Gemäß § 58 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 hat das Bundesamt die Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß § 57 AsylG 2005 von Amts wegen zu prüfen, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird. Die formellen Voraussetzungen des § 57 AsylG 2005 sind allerdings nicht gegeben und werden in der Beschwerde auch nicht behauptet:

Weder war der Aufenthalt des Beschwerdeführers seit mindestens einem Jahr im Sinne des § 46 Abs. 1 Z 1 oder Z 3 FPG geduldet, noch ist dieser zur Gewährleistung der Strafverfolgung von gerichtlich strafbaren Handlungen oder zur Geltendmachung und Durchsetzung von zivilrechtlichen Ansprüchen im Zusammenhang mit solchen strafbaren Handlungen notwendig, noch ist der Beschwerdeführer Opfer von Gewalt im Sinne des § 57 Abs. 1 Z 3 AsylG. Eine Aufenthaltsberechtigung besonderer Schutz war dem Beschwerdeführer daher nicht zuzuerkennen.

Da somit die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 57 AsylG nicht gegeben sind, war die Beschwerde gegen Spruchpunkt III. des angefochtenen Bescheides gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG als unbegründet abzuweisen.

3.4. Zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung (Spruchpunkt IV. des angefochtenen Bescheides):

Gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 ist eine Entscheidung nach diesem Bundesgesetz mit einer Rückkehrentscheidung oder einer Anordnung zur Außerlandesbringung zu verbinden, wenn der Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird und von Amts wegen ein Aufenthaltstitel gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt wird.

Da das Asylverfahren negativ abgeschlossen wurde, hat sich die belangte Behörde zutreffend auf § 52 Abs. 2 Ziffer 2 FPG 2005 gestützt.

Wird durch eine Rückkehrentscheidung in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung dieser Maßnahme gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG (nur) zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 MRK genannten Ziele dringend geboten ist. Bei der Beurteilung der Rechtskonformität von behördlichen Eingriffen ist nach ständiger Rechtsprechung des EGMR und VfGH auf die besonderen Umstände des Einzelfalls einzugehen. Die Verhältnismäßigkeit einer solchen Maßnahme ist (nur) dann gegeben, wenn ein gerechter Ausgleich zwischen den Interessen des Betroffenen auf Fortsetzung seines Privat- und Familienlebens im Inland einerseits und dem staatlichen Interesse an der Wahrung der öffentlichen Ordnung andererseits gefunden wird. Bei Beurteilung dieser Frage ist unter Bedachtnahme auf alle Umstände des Einzelfalles eine gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an einer Aufenthaltsbeendigung mit den gegenläufigen privaten und familiären Interessen des Fremden, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs. 2 BFA-VG genannten Kriterien und unter Einbeziehung der sich aus § 9 Abs. 3 BFA-VG ergebenden Wertungen, in Form einer Gesamtbetrachtung vorzunehmen (vgl. VwGH 12.11.2015, Ra 2015/21/0101).

Maßgeblich sind dabei etwa die Aufenthaltsdauer, das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens und dessen Intensität sowie die Schutzwürdigkeit des Privatlebens, weiters der Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert sowie die Bindungen zum Heimatstaat (vgl. VwGH 5.9.2016, Ra 2016/19/0074; VwGH 7.9.2016, Ra 2016/19/0168; VwGH 22.2.2017, Ra 2017/19/0043). Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Eine von Art. 8 EMRK geschützte Integration ist erst nach einigen Jahren im Aufenthaltsstaat anzunehmen (vgl. Thym, EuGRZ 2006, 541).

Hinsichtlich eines in Österreich im Sinne des Art. 8 EMRK geschützten Familienlebens ist auszuführen, dass das Bestehen eines Familienlebens vom Beschwerdeführer nicht behauptet wurde. Da vom Beschwerdeführer weder ein Zusammenleben noch sonstige außergewöhnliche Aspekte (wie Heirat oder Vaterschaft) in Österreich behauptet wurden, liegt kein hinreichend intensives Familienleben im Sinne der EMRK vor und stellt somit die Rückkehrentscheidung schon aus dieser Erwägung keine Verletzung des Art. 8 EMRK dar (AsylGH 03.12.2009, A2 253.985-0/200853).

Zu prüfen wäre daher ein etwaiger Eingriff in das Privatleben des Beschwerdeführers. Unter "Privatleben" sind nach der Rechtsprechung des EGMR persönliche, soziale und wirtschaftliche Beziehungen, die für das Privatleben eines jeden Menschen konstitutiv sind, zu verstehen (vgl. Sisojeva ua gg Lettland, EuGRZ 2006, 554).

Für den Aspekt des Privatlebens spielt zunächst die zeitliche Komponente im Aufenthaltsstaat eine zentrale Rolle, wobei die bisherige Rechtsprechung keine Jahresgrenze festlegt, sondern eine Interessenabwägung im speziellen Einzelfall vornimmt (vgl. dazu Chvosta, Die Ausweisung von Asylwerbern und Art. 8 MRK, in ÖJZ 2007, 852 ff.). Dazu ist zunächst herauszustreichen, dass es in diesem Zusammenhang keinen Rechtserwerb allein durch Zeitablauf (im Sinne einer "Ersitzung") geben kann, zumal dafür keine gesetzliche Grundlage existiert. Vielmehr enthält § 9

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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