TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/3 G301 2233534-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 03.08.2020
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Entscheidungsdatum

03.08.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1 Z1
AsylG 2005 §8 Abs6
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G301 2233534-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter MMag. Dr. René BRUCKNER über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Kolumbien, vertreten durch den Verein Menschenrechte Österreich in Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, Regionaldirektion Salzburg, vom 30.06.2020, Zl. XXXX , betreffend Antrag auf internationalen Schutz, zu Recht:

A)       Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

B)       Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

Mit dem im Spruch angeführten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), Regionaldirektion Salzburg – Außenstelle Salzburg, dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) zugestellt am 03.07.2020, wurde der Antrag auf internationalen Schutz des BF vom 11.02.2020 hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 abgewiesen (Spruchpunkt I.), gemäß „§ 8 Abs. 6“ AsylG der Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen (Spruchpunkt II.), ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG 2005 nicht erteilt (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG 2005 iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) sowie gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG die Frist für die freiwillige Ausreise mit 4 Wochen ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung festgelegt (Spruchpunkt V.).

Mit dem am 22.07.2020 beim BFA, Regionaldirektion Salzburg, eingebrachten und mit demselben Tag datierten Schriftsatz erhob der BF durch seinen bevollmächtigten Rechtsvertreter Beschwerde gegen den oben angeführten Bescheid.

Die gegenständliche Beschwerde und die Bezug habenden Verwaltungsakten wurden dem Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden: BVwG) am 30.07.2020 vom BFA vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF ist Staatsangehöriger der Republik Kolumbien.

Der BF stellte in Österreich am 11.02.2020 den gegenständlichen Antrag auf internationalen Schutz nach dem Asylgesetz 2005.

2. Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang und die getroffenen Feststellungen ergeben sich aus dem unbedenklichen und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA. Diese Feststellungen werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Aufhebung des Bescheides (Spruchpunkt A.):

Der gegenständlich angefochtene Bescheid erweist sich auf Grund von Mängeln in der Begründung sowie infolge Verkennung der maßgeblichen Rechtslage in seiner Gesamtheit als rechtswidrig:

Die belangte Behörde hat ihre Entscheidung über den Antrag auf internationalen Schutz hinsichtlich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten in Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheides auf § 8 Abs. 6 AsylG 2005 gestützt, diese Entscheidung in der Begründung aber in keiner Weise näher dargelegt. Vielmehr ergibt sich aus der Begründung des Bescheides (siehe S. 59 ff) im völligen Gegensatz dazu, dass die rechtlichen Ausführungen überhaupt nicht auf § 8 Abs. 6 AsylG 2005, sondern ausschließlich auf § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 bezogen sind. Anhaltspunkte dahingehend, dass im Hinblick auf die spruchgemäße Abweisung gemäß § 8 Abs. 6 AsylG 2005 im gegenständlichen Fall der Herkunftsstaat des BF nicht festgestellt werden könnte, liegen nicht vor. So hat die belangte Behörde selbst die in der Beschwerde auch vom BF nicht bestrittene Feststellung getroffen, dass der BF Staatsangehöriger von Kolumbien sei, und auch die allgemeine Lage im Herkunftsstaat anhand von Feststellungen zu Kolumbien beurteilt.

Was die Feststellungen zur Lage in Kolumbien anbelangt, ist der belangten Behörde vorzuhalten, dass diese Feststellungen auf einer letztmaligen Gesamtaktualisierung der Staatendokumentation von 25.10.2018 beruhen und somit bereits vorliegende aktuellere herkunftsstaatsbezogene Informationen und Berichte zur allgemeinen Lage in Kolumbien in keiner Weise berücksichtigen, was allerdings für eine nachvollziehbare Beurteilung der aktuellen Situation notwendig gewesen wäre. So ist auch kein Anhaltspunkt ersichtlich, weshalb die belangte Behörde nicht aktuellere Informationen (Länderberichte) zu Kolumbien erheben und bei ihrer Entscheidung mitberücksichtigen hätte können.

In der rechtlichen Beurteilung wird zu „Spruchpunkt V.“ (S. 70) zwar auf die Zulässigkeit der Abschiebung (§ 46 FPG) nach Kolumbien gemäß § 52 Abs. 9 FPG Bezug genommen, allerdings weist der Spruch des Bescheides gar keinen solchen Spruchpunkt V. auf. Im Bescheid wird in Spruchpunkt IV. zwar eine Rückkehrentscheidung erlassen, allerdings lässt der Spruch des Bescheides einen gemäß § 52 Abs. 9 FPG erforderlichen Abspruch über die Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat gänzlich vermissen. Dazu ist festzuhalten, dass Spruchpunkt V. des Bescheides im Gegensatz zur Begründung die Frist für die freiwillige Ausreise festlegt. Die Begründung dazu ergeht wiederum zu „Spruchpunkt VI.“ (S. 71), wobei der Spruch des Bescheides gar keinen Spruchpunkt VI. aufweist.

Aus all dem ergibt sich, dass die belangte Behörde die erforderliche Genauigkeit und Sorgfalt bei ihrer Entscheidung und bei der Darlegung der Entscheidungsgründe vermissen lässt. Die Gründe, die zu den im Spruch getroffenen Entscheidungen der belangten Behörde geführt haben, sind in der Bescheidbegründung (§ 60 AVG) klar und umfassend darzulegen. Der angefochtene Bescheid entspricht jedoch nicht den Erfordernissen einer umfassenden und in sich schlüssigen Begründung einer verwaltungsbehördlichen Entscheidung (§ 60 iVm. § 58 Abs. 2 AVG).

Der belangten Behörde ist weiters vorzuwerfen, dass sie im Spruch des Bescheides die konkret anzuwendende Rechtslage bei der rechtlichen Beurteilung des Antrages auf internationalen hinsichtlich des Status des subsidiär Schutzberechtigten völlig verkannt hat bzw. über die Frage der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat überhaupt nicht abgesprochen hat.

Die belangte Behörde hat somit keine vollständige Beantwortung aller relevanten Rechtsfragen vorgenommen, die auch eine geeignete nachfolgende verwaltungsgerichtliche Kontrolle des Bescheides ermöglichen würde (vgl. VwGH 26.06.2014, Zl. Ro 2014/03/0063).

Da sich der angefochtene Bescheid auf Grund der dargelegten Erwägungen in seiner Gesamtheit als rechtswidrig erweist, war gemäß § 28 Abs. 2 iVm. § 27 VwGVG der Bescheid in Stattgebung der Beschwerde zur Gänze wegen Rechtswidrigkeit aufzuheben.

Die belangte Behörde wird daher erneut über den wiederum bei ihr anhängigen Antrag auf internationalen Schutz mit Bescheid zu entscheiden haben und sowohl im Spruch und als auch in der Begründung in korrekter, klarer und übersichtlicher Weise darzulegen haben, auf Grund welchen für sie als erwiesen anzunehmenden Sachverhalts sie zu der im Spruch wiedergegebenen rechtlichen Beurteilung gekommen ist.

3.2. Entfall einer mündlichen Verhandlung:

Da auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte gemäß § 24 Abs. 2 Z 1 VwGVG die Durchführung einer mündlichen Verhandlung entfallen.

3.3. Unzulässigkeit der Revision (Spruchpunkt B.):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 in der geltenden Fassung, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision gegen die gegenständliche Entscheidung ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfragen vor. Konkrete Rechtsfragen grundsätzlicher Bedeutung sind weder in der gegenständlichen Beschwerde vorgebracht worden noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht hervorgekommen.

Schlagworte

Behebung der Entscheidung Mangelhaftigkeit mangelnde Sachverhaltsfeststellung Voraussetzungen Wegfall der Gründe

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G301.2233534.1.00

Im RIS seit

23.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

23.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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