Entscheidungsdatum
04.08.2020Norm
BFA-VG §21 Abs7Spruch
I403 2233042-1/3E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin MMag. Birgit ERTL als Einzelrichterin über die Beschwerde des XXXX , StA. Rumänien, vertreten durch Rechtsanwältin Mag. Elisabeth Mitterbauer, Josef-Kränzl-Straße 11, 4910 XXXX , gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 02.06.2020, Zl. XXXX , zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird Folge gegeben und der angefochtene Bescheid ersatzlos behoben.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
Der Beschwerdeführer lebt seit 2008 im österreichischen Bundesgebiet und wurde bisher fünfmal strafgerichtlich verurteilt. Zuletzt wurde über ihn mit Urteil des LG XXXX vom 10.12.2019, Zahl XXXX wegen §§ 127, 129 Abs 1 Z 1 und 2 StGB rechtskräftig eine Freiheitsstrafe im Ausmaß von 12 Monaten, davon 8 Monate bedingt, verhängt.
Mit dem gegenständlich angefochtenen Bescheid vom 02.06.2020 erließ die belangte Behörde ein auf die Dauer von zwei Jahren befristetes Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Absatz 1 und 2 FPG (Spruchpunkt I.). Gemäß § 70 Absatz 3 FPG wurde ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat gewährt (Spruchpunkt II.).
Mit Beschwerdeschriftsatz vom 08.07.2020, bei der belangten Behörde am selben Tag eingelangt, erhob der Beschwerdeführer fristgerecht Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Geltend gemacht wurden Mangelhaftigkeit des Verfahrens sowie unrichtige rechtliche Beurteilung.
Beschwerde und Bezug habender Akt wurden dem Bundesverwaltungsgericht am 16.07.2020 vorgelegt.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:
Der volljährige Beschwerdeführer ist Staatsangehöriger Rumäniens. In Rumänen leben seine Großeltern, mit denen er etwa einmal monatlich telefoniert; ansonsten bestehen keine Bindungen zu seinem Herkunftsstaat. Seine Identität steht fest. Seit Dezember 2008 hält er sich rechtmäßig in Österreich auf.
Nach dem Mittelschulabschluss begann der Beschwerdeführer im August 2017 eine Lehre, die er allerdings im März 2018 abbrach. Danach war er nur mehr von 01.10.2018 bis 17.12.2018 und von 30.09.2019 bis 10.10.2019 in Beschäftigungsverhältnissen bei Personalleasingunternehmen. Von 11.10.2019 bis 02.03.2020 befand er sich in Haft in der Justizanstalt XXXX . Aktuell lebt er mit seinen Eltern und zwei Geschwistern im gemeinsamen Haushalt. Er bezieht Notstandshilfe und ist auf Arbeitssuche. Der Beschwerdeführer ist ledig und hat keine Sorgepflichten.
Der Beschwerdeführer wird seit November 2018 vom Verein Neustart aufgrund gerichtlich angeordneter Bewährungshilfe betreut. Die Bewährungshelferin attestiert dem Beschwerdeführer einen Gesinnungswandel und eine hohe Motivation ein „sozial angepasstes Leben“ zu führen.
Der Beschwerdeführer wurde insgesamt fünfmal verurteilt:
Erstmalig wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des BG XXXX vom 07.03.2017, Zahl XXXX wegen § 50 (1) Z 2 WaffG zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat bedingt verurteilt und eine Probezeit von 3 Jahren festgesetzt. Der Beschwerdeführer war im Besitz eines Schlagringes und wurde damit bei einer Kontrolle angehalten.
Mit Urteil des LG XXXX vom 20.07.2018, Zahl XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen §§ 15, 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von einem Monat bedingt verurteilt. Die Probezeit wurde auf insgesamt 5 Jahre verlängert. Der Beschwerdeführer versuchte mit einem Mittäter ein Paar Kopfhörer und einen Kontroller für die Playstation4 aus einem Fachgeschäft zu entwenden. Es gab keine erschwerenden Umstände, mildernd wurden das Geständnis und der Umstand, dass es beim Versuch geblieben war, gewertet.
Mit Urteil des BG XXXX vom 16.10.2018, Zahl XXXX wurde der Beschwerdeführer wegen § 83 (1) StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten bedingt verurteilt. Die Probezeit wurde auf insgesamt 5 Jahre verlängert. Der Beschwerdeführer hatte einen anderen im Vorbeigehen einen Fußtritt versetzt.
Mit Urteil des BG XXXX von 04.07.2019, Zahl XXXX , wurde der Beschwerdeführer wegen § 127 StGB zu einer Freiheitsstrafe von drei Monaten verurteilt, nachdem er ein Mobiltelefon gestohlen hatte.
Zuletzt wurde der Beschwerdeführer mit Urteil des LG XXXX vom 10.12.2019, Zahl XXXX , wegen §§ 127, 129 (1) Z 1 und 2 StGB zu einer Freiheitstrafe von 12 Monaten verurteilt, davon 8 Monate bedingt unter Setzung einer Probezeit von drei Jahren. Der Beschwerdeführer beging gemeinsam mit mehreren Mittätern Einbruchsdiebstähle, konkret handelte es sich dabei um folgende Taten:
1) So war ein Freund von ihm im Zeitraum vom 16.07.2019 auf den 17.07.2019 durch ein aufgedrücktes WC-Fenster in ein Gebäude der Wirtschaftskammer eigedrungen und hatte dem Beschwerdeführer eine Türe geöffnet. Beide durchsuchten dann das Gebäude und brachen einen versperrten Kasten und eine versperrte Geldkassette mit 200 Euro auf.
2) Gemeinsam mit zwei Freunden, die eine Eingangstür eines Buffets in einem Freibad aufgebrochen hatten, entwendete er im Juli 2019 von dort Süßigkeiten im Wert von 30 Euro und etwa 60 Euro Bargeld.
3) Ebenfalls im Juli brach ein Freund ein gekipptes Fenster eines Kiosks in einem anderen Freibad auf, woraufhin dieser und der Beschwerdeführer Eis im Wert von etwa 10 Euro und Bargeld in der Höhe von 220 Euro entwendeten; zudem brachen sie zwei Türen des Freibades auf, um auch diese Räume zu durchsuchen.
4) Ebenfalls am 23. oder 24. Juli 2019 brach derselbe Freund ein Fenster zur Kantine eines Fußballvereinsheimes auf; gemeinsam mit dem Beschwerdeführer entwendete er Bargeld in der Höhe von 330 Euro und eine Kamera im Wert von 600 Euro.
5) Im selben Zeitraum brach der Freund des Beschwerdeführers auch in ein Vereinsheim von Stockschützen ein und entwendeten er und der Beschwerdeführer gemeinsam einen Bargeldbetrag von 400 Euro und eine Handkasse im Wert von 23,99 Euro.
Mildernd wurden im Urteil vom 10.12.2019 das Geständnis und das Alter unter 21 Jahren gewertet. Erschwerend hingegen zwei einschlägige Vorstrafen, der äußerst rasche Rückfall und dass es sich um fünf Fakten handelte, an denen der Beschwerdeführer beteiligt war.
2. Beweiswürdigung:
Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang und die Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichts.
Die Identität des Beschwerdeführers steht aufgrund des vorgelegten rumänischen Reisepasses fest.
Aus dem Auszug des ZMR sowie den Angaben des Beschwerdeführers vor der belangten Behörde geht hervor, dass der Beschwerdeführer sich seit Dezember 2008 im österreichischen Bundesgebiet aufhält.
Dass der Beschwerdeführer derzeit keiner Beschäftigung nachgeht, ergibt sich – ebenso wie seine früheren Beschäftigungsverhältnisse - aus dem aktuellen Auszug des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger.
Die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers ergeben sich aus seinen eigenen Angaben vor der belangten Behörde (Einvernahmen vom 12.12.2018 und vom 05.08.2019), seinen schriftlichen Stellungnahmen vom 11.11.2019 und vom 12.02.2020 sowie aus den Angaben im Beschwerdeschriftsatz.
Dass der Beschwerdeführer von 11.10.2019 bis 02.03.2020 in Haft angehalten wurde, ergibt sich aus dem Auszug des ZMR sowie dem Beschluss über die bedingte Entlassung aus der Strafhaft vom 08.01.2020.
Die Betreuung durch die Bewährungshilfe und die positive Einschätzung des Beschwerdeführers durch seine zuständige Betreuerin vom Verein Neustart ergibt sich durch eine der Beschwerde beigelegte Stellungnahme vom 29.06.2020.
Die rechtskräftigen Verurteilungen des Beschwerdeführers entsprechen dem Amtswissen des Bundesverwaltungsgerichtes durch Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich. Die Umstände hinsichtlich der den Verurteilungen zugrundeliegenden strafbaren Handlungen ergeben sich aus den im Akt enthaltenen Urteilsausfertigungen und den Abschlussberichten.
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A) Abweisung der Beschwerde:
3.1. Zum Aufenthaltsverbot (Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides):
Gegen den Beschwerdeführer wurde gemäß § 67 Fremdenpolizeigesetz (FPG) ein Aufenthaltsverbot erlassen.
§ 67 FPG lautet:
(1) Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen unionsrechtlich aufenthaltsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige ist zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die ihren Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Dasselbe gilt für Minderjährige, es sei denn, das Aufenthaltsverbot wäre zum Wohl des Kindes notwendig, wie es im Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 20. November 1989 über die Rechte des Kindes vorgesehen ist.
(2) Ein Aufenthaltsverbot kann, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden.
(3) Ein Aufenthaltsverbot kann unbefristet erlassen werden, wenn insbesondere
1. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;
2. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB).
3. auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet oder
4. der EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billig oder dafür wirbt.
(4) Bei der Festsetzung der Gültigkeitsdauer des Aufenthaltsverbotes ist auf die für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen. Die Frist des Aufenthaltsverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise.
(Anm.: Abs. 5 aufgehoben durch BGBl. I. Nr. 87/2012).
Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075).
Bei Erlassung eines Aufenthaltsverbots ist eine einzelfallbezogene Gefährdungsprognose zu erstellen, bei der das Gesamtverhalten des Betroffenen in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen ist, ob und im Hinblick auf welche Umstände die maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache einer Verurteilung oder Bestrafung, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (VwGH 19.02.2014, 2013/22/0309).
Gegen den Beschwerdeführer als Unionsbürger, der bereits mehr als zehn Jahre seinen Aufenthalt im Bundesgebiet hatte, wäre die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gemäß § 67 Abs. 1 fünften Satz FPG (unter anderem) nur dann zulässig, wenn aufgrund seines persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde.
Mit der Bestimmung des § 67 Abs 1 fünfter Satz FPG soll Art 28 Abs 3 lit a der Unionsbüger-Richtlinie (§ 2 Abs 4 Z 18 FPG) umgesetzt werden. Demnach darf gegen Unionsbürger, die ihren Aufenthalt in den letzten zehn Jahren im Aufnahmemitgliedstaat hatten, eine Ausweisung nicht verfügt werden, es sei denn, die Entscheidung beruht auf zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit, die von den Mitgliedstaaten festgelegt wurden. Nach dem Erwägungsgrund 24 dieser Richtlinie sollte gegen Unionsbürger, die sich viele Jahre im Hoheitsgebiet des Aufnahmemitgliedstaates aufgehalten haben, nur unter außergewöhnlichen Umständen aus zwingenden Gründen der öffentlichen Sicherheit eine Ausweisung verfügt werden. Der EuGH hat bereits judiziert, dass hierauf gestützte Maßnahmen auf "außergewöhnliche Umstände" begrenzt sein sollen; es sei vorausgesetzt, dass die vom Betroffenen ausgehende Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit einen "besonders hohen Schweregrad" aufweise, was etwa bei bandenmäßigem Handeln mit Betäubungsmitteln der Fall sein könne (siehe VwGH 24.1.2019, Ra 2018/21/0248, Rn 6, mit dem Hinweis auf EuGH (Große Kammer) 23.11.2010, Tsakouridis, C-145/09, insbesondere Rn. 40, 41 und 49 ff, und daran anknüpfend EuGH (Große Kammer) 22.5.2012, P.I., C-348/09, Rn. 19 und 20 sowie Rn. 28, wo überdies - im Zusammenhang mit sexuellem Missbrauch eines Kindes, der zu einer siebeneinhalbjährigen Freiheitsstrafe geführt hatte - darauf hingewiesen wurde, dass es "besonders schwerwiegender Merkmale" bedarf).
Es ist dem BFA zwar dahin zuzustimmen, dass das Fehlverhalten des Beschwerdeführers eine Gefahr für die öffentliche Ordnung darstellt und dass ein großes öffentliches Interesse an der Verhinderung von strafbaren Handlungen, insbesondere der Gewalt- und Eigentumskriminalität besteht (VwGH 22.11.2017, Ra 2017/19/0474).
Dass die vom Beschwerdeführer begangenen Straftaten (wobei es sich immer nur um Vergehen handelte und auch keine Gewerbsmäßigkeit festgestellt wurde) - auch wenn sie nicht verharmlost werden sollen - aber von derart "außergewöhnlichen Umständen" mit "besonders hohem Schweregrad" bzw. von "besonders schwerwiegenden Merkmalen" gekennzeichnet gewesen wären, ist jedoch nicht ersichtlich und wird auch vom BFA nicht aufgezeigt. Gegen eine so massive negative Gefährdungsprognose, wie sie nach dem fünften Satz des § 67 Abs. 1 FPG gefordert wird, sprechen im Übrigen auch die Milderungsgründe, die eine teilbedingt nachgesehene Strafe zur Folge hatten, insbesondere das junge Alter des Beschwerdeführers.
Das Strafgericht hat bei der letztmaligen Verurteilung mit einer teilbedingten Freiheitsstrafe das Auslangen gefunden. Bei den zuvor ergangenen Urteilen blieb es bei ein- oder dreimonatigen größtenteils bedingten Freiheitsstrafen. Der Beschwerdeführer befand sich nun erstmalig für etwa vier Monate in Strafhaft. Er wird vom Verein Neustart betreut und geht aus dessen Stellungnahme hervor, dass von einem positiven Gesinnungswandel des jungen Erwachsenen auszugehen ist.
Die nach der Judikatur des EuGH gebotene besondere Schwere der begangenen Straftaten liegt gegenständlich bei dem sich seit 12 Jahren gemeinsam mit seiner Familie im Bundesgebiet befindlichen Beschwerdeführer nicht vor. Somit kommt die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen ihn auf Basis des § 67 Abs 1 fünfter Satz FPG entgegen der Ansicht des BFA nicht in Betracht, sodass der angefochtene Bescheid in Stattgebung der Beschwerde ersatzlos zu beheben ist. Dies bedingt auch die Gegenstandslosigkeit des dem Beschwerdeführer gewährten Durchsetzungsaufschubes.
Sollte der Beschwerdeführer in Zukunft wieder straffällig werden, wird die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen ihn neuerlich zu prüfen sein.
3.2. Zum Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung:
Im gegenständlichen Fall konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 24 Abs. 1 Z 1 VwGVG unterbleiben, da bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Beschwerde angefochtene Bescheid aufzuheben ist.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung zur Aufenthaltsdauer bei Aufenthaltsverboten und dessen Auswirkungen; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Im gegenständlichen Fall wurde keine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung aufgeworfen. Die vorliegende Entscheidung basiert auf den oben genannten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes.
Schlagworte
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ECLI:AT:BVWG:2020:I403.2233042.1.00Im RIS seit
22.10.2020Zuletzt aktualisiert am
22.10.2020