TE Vwgh Erkenntnis 1997/10/23 96/15/0077

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Veröffentlicht am 23.10.1997
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Index

32/04 Steuern vom Umsatz;

Norm

UStG 1972 §12 Abs3 Z2;
UStG 1972 §6 Z8 lite;

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn): 96/15/0078 E 23. Oktober 1997

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Pokorny und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der I-Gesellschaft m.b.H. & Co OHG, vertreten durch

Dr. Peter Raits, Dr. Alfred Ebner, Dr. Walter Aichinger, Dr. Peter Bleiziffer und Dr. Daniel Bräunlich, Rechtsanwälte in Salzburg, Ignaz-Rieder-Kai 11c, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Salzburg (Berufungssenat I) vom 16. November 1995, Zl. 24-GA3BK-Dwo/92, betreffend Umsatzsteuer 1985 bis 1989, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 4.565 S binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Die C-AG, die S-GmbH und eine weitere Kapitalgesellschaft gründeten im September 1986 die beschwerdeführende OHG. Die C-AG und die S-GmbH fungierten in der Folge als Treuhänderinnen, die es Anlegern ("Hausanteilscheinzeichnern") ermöglichten, sich an der Beschwerdeführerin als Gesellschafter zu beteiligen.

Im Zuge einer Buch- und Betriebsprüfung gelangte der Prüfer zur Auffassung, die Beschwerdeführerin habe für den Zeitraum 1985 bis 1989 Vorsteuern zu Unrecht geltend gemacht. Es bestehe nämlich ein Zusammenhang zwischen diesen Vorsteuern und unecht befreiten Umsätzen. Werden Gesellschaftsrechte (gegen Hingabe von Kapital) ausgegeben, so liege darin ein nach § 6 Z. 8 lit. e UStG 1972 unecht umsatzsteuerbefreiter Vorgang. Die Beschwerdeführerin habe vorgebracht, alle neu aufgenommenen Gesellschafter (Hausanteilscheinzeichner) würden durch einen der Gründungsgesellschafter treuhändig vertreten und stünden daher selber nicht in einer Beziehung zur Beschwerdeführerin. Nach Ansicht des Prüfers bestehe aber das Wesen der Treuhandschaft darin, daß die Treuhänderin die Aufgaben des Treugebers im eigenen Namen, aber für Rechnung des Treugebers erfülle. Nach außen hin werde die Treuhänderin als Gesellschafterin der beschwerdeführenden Personengesellschaft auftreten; "Miteigentümer der Gesellschaft" sei aber jeder einzelne Hausanteilscheinzeichner. Für den Beitritt des einzelnen Hausanteilscheinzeichners verrechne ein Vermittler (die B-GmbH) der Beschwerdeführerin eine Provision. Nach Ansicht des Prüfers stehe diesbezüglich wegen des Zusammenhanges mit unecht befreiten Umsätzen kein Vorsteuerabzug zu. Aus diesem Grund stehe auch für Drucksorten des Lieferanten H. kein Vorsteuerabzug zu. Selbst wenn man der Ansicht der Beschwerdeführerin folgen wollte, nach welcher der einzelne Anleger nicht in Rechtsbeziehung zur Beschwerdeführerin, sondern nur in einer solchen zur Treuhänderin stehe, wäre der Vorsteuerabzug nicht zu gewähren; diesfalls würde der Vermittler seine Leistungen nämlich gar nicht an die Beschwerdeführerin erbringen (Tz 14 des BP-Berichtes).

Den Prüfungsfeststellungen folgend erließ das Finanzamt - zum Teil nach Wiederaufnahme der Verfahren - Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 1985 bis 1989.

Die Beschwerdeführerin berief gegen diese Bescheide. Aus den Prüfungsfeststellungen ergebe sich nicht der Inhalt der Vereinbarungen, die sie mit der B-GmbH als Vermittler und mit dem Lieferanten H. abgeschlossen habe. Wofür die Vertriebsprovision an die B-GmbH geleistet worden sei, welchen Inhalt die von H. gelieferten Drucksorten aufgewiesen hätten und zu welchem Zwecke sie angeschafft worden seien, habe das Finanzamt nicht festgestellt. In rechtlicher Hinsicht habe das Finanzamt verkannt, daß weder in der Gründung einer Personengesellschaft noch in der Erhöhung der Einlagen der Gesellschafter ein unecht befreiter Umsatz zu erblicken sei. Es komme in diesen Fällen nämlich zu keinem Leistungsaustausch. Weiters verkenne das Finanzamt die Rechtsfolgen einer in Bezug auf die Beteiligung an einer OHG begründeten Treuhandschaft. Gesellschafter der OGH sei nämlich nicht der einzelne Anleger (Anteilscheinzeichner), sondern ausschließlich die jeweilige Treuhänderin. Der einzelne Anleger habe der Treuhänderin lediglich das Kapital zur Verfügung gestellt, welches dieser eine entsprechende Erhöhung ihrer Einlage ermöglicht habe. Zwischen den einzelnen Treugebern und der Beschwerdeführerin bestünden daher keine gesellschaftsrechtlichen Beziehungen. Sie habe dem Vermittler sohin keine Provisionen für den "Beitritt" von Anlegern geleistet.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung als unbegründet ab. Im BP-Bericht sei festgehalten, daß der Vermittler der Beschwerdeführerin eine Provision für den Beitritt des einzelnen Anlegers verrechnet habe. In der Niederschrift zur Schlußbesprechung, die von Vertretern der Beschwerdeführerin unterfertigt worden sei, sei ebenfalls festgehalten, wofür die Provisionen gezahlt worden seien; es sei darin auch erwähnt, um welche Drucksorten es sich handle, nämlich um Zahlscheine, Gesellschaftsverträge, u.ä. Die Beschwerdeführerin habe nie behauptet, daß die Leistungen der B-GmbH und des Lieferanten H. zur Ausführung anderer als der genannten Umsätze in Anspruch genommen worden seien. Gemäß § 6 Z. 8 lit. e UStG 1972 sei die Übertragung von Gesellschaftsanteilen steuerfrei. Auch die Aufnahme eines stillen Gesellschafters sei als Umsatz von Gesellschaftsanteilen anzusehen. Es sei daher von einem Leistungsaustausch auszugehen. Die zitierte Befreiungsbestimmung erfasse nicht nur die Übertragung von Anteilen an einer Personengesellschaft, sondern auch die Einräumung von Gesellschaftsrechten durch Personengesellschaften. Auch die Einräumung von Gesellschaftsrechten an einen Treugeber stelle einen befreiten Umsatz dar. Mit dem Kapital, das die Hausanteilscheinzeichner der Treuhänderin zur Verfügung gestellt hätten, habe diese ihrer Anteile an der beschwerdeführenden OGH erweitert. Die Akquisition von Hausanteilscheinzeichnern diene somit der Ausführung unecht befreiter Umsätze iSd § 6 Z. 8

lit. e UStG 1972. Da Provisionen und Druckkosten mit diesem Umsätzen in Zusammenhang stünden, stehe diesbezüglich der Vorsteuerabzug nicht zu. Selbst wenn aber die Ansicht vertreten würde, es lägen keine unecht befreiten Umsätze bei der Beschwerdeführerin vor, wäre ein Anspruch auf Vorsteuerabzug nicht gegeben. Es wäre dann nämlich davon auszugehen, daß die Beschwerdeführerin die Provisionen und Druckkosten dafür bezahle, daß sich die Anleger an den Treuhandgesellschaften (als stille Gesellschafter) beteiligten. Der Zahlung läge diesfalls kein Leistungsaustausch zwischen dem Vermittler bzw dem Lieferanten H. einerseits und der Beschwerdeführerin andererseits zugrunde.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften erhobene Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Gemäß § 12 Abs. 3 Z. 2 UStG 1972 ist vom Vorsteuerabzug die Steuer für sonstige Leistungen ausgeschlossen, soweit der Unternehmer diese sonstigen Leistungen zur Ausführung steuerfreier Umsätze in Anspruch nimmt.

Gemäß § 6 Z. 8 lit. e UStG 1972 sind von den unter § 1 Abs. 1 Z. 1 und 2 fallenden Umsätzen die Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen steuerfrei.

Die Beschwerdeführerin bringt zunächst vor, weder die Gründung einer Personengesellschaft noch der spätere Beitritt weiterer Gesellschafter oder die Erhöhung der Gesellschaftereinlagen führe zu einem nach § 6 Z. 8 lit. e UStG 1972 unecht befreiten Umsatz; es liege gar kein Leistungsaustausch vor.

Der Verwaltungsgerichtshof hat im Erkenntnis vom 22. September 1987, 86/14/0178, ausgesprochen, daß die Befreiung des § 6 Z. 8 lit. e UStG 1972 für Umsätze von Anteilen an Gesellschaften nicht nur die Übertragung des Anteiles an einer Personengesellschaft von einem Gesellschafter auf einen anderen betrifft, sondern auch die Einräumung (Gewährung) von Gesellschaftsrechten durch Personengesellschaften selbst an einen in die Gesellschaft neu eintretenden Gesellschafter. In seinem Erkenntnis vom 23. April 1992, 91/15/0142, hat der Verwaltungsgerichtshof den Vorsteuer-Ausschlußtatbestand des § 12 Abs. 3 Z. 2 UStG 1972 hinsichtlich Rechnungen über Provisionen für die Akquisition von (Treuhand)Kommanditbeteiligungen mit der Begründung als erfüllt angesehen, daß Umsätze von Kommanditanteilen gemäß § 6 Z. 8 lit. e UStG 1972 unecht steuerbefreit sind. Für den Fall der Begebung stiller Beteiligungen hielt der Gerichtshof im Erkenntnis vom 29. Mai 1996, 95/13/0056, - unter Verwerfung gegenteiliger Standpunkte des Schrifttums - die gleiche Betrachtung für geboten.

Der Verwaltungsgerichtshof sieht sich auch durch den vorliegenden Fall nicht dazu veranlaßt, von der Rechtsauffassung abzugehen, daß in der Einräumung (Gewährung) von Gesellschaftsrechten durch Personengesellschaften ein Leistungsaustausch, und in weiterer Folge ein nach § 6 Z. 8 lit. e UStG 1972 unecht befreiter Umsatz zu erblicken sei. Der Leistungsaustausch wird durch die Verpflichtung zur Erbringung einer Einlage gegen die Einräumung von Gesellschaftsrechten bewirkt.

Die Beschwerdeführerin ist - wie in der Beschwerde ausgeführt wird - eine sogenannte Publikumsgesellschaft, an welcher sich Hausanteilscheinzeichner über Treuhänderinnen als Gesellschafter beteiligten. Es ist unstrittig, daß die Treuhänderinnen die Beteiligung an der Beschwerdeführerin im eigenen Namen und auf Rechnung des Zeichners hielten; die Begründung dieser Treuhandschaften erfolgte in der Weise, daß zwischen der Treuhandgesellschaft und dem jeweiligen Treugeber ein Treuhandvertrag abgeschlossen wurde, wobei der Treugeber die Treuhandgesellschaft beauftragte, im eigenen Namen aber für Rechnung des Treuhänders eine OHG-Beteiligung einzugehen und die Beteiligung zu verwalten.

Soweit Rechnungen, hinsichtlich derer der Vorsteuerabzug versagt wurde, Provisionen für die Akquisition von OHG-Beteiligungen betreffen, konnte die belangte Behörde frei von Rechtsirrtum den Ausschlußtatbestand nach § 12 Abs. 3 Z. 2 UStG als erfüllt ansehen, weil Umsätze von Gesellschaftsrechten an Personengesellschaften gemäß § 6 Z. 8 lit. e UStG unecht steuerbefreit sind (vgl. nochmals das hg. Erkenntnis 91/15/0142). Entgegen der Ansicht der Beschwerdeführerin ist ein solcher Zusammenhang mit den unecht befreiten Umsätzen auch hinsichtlich der Rechnungen über die Lieferung von Drucksorten gegeben, welche schriftlich die Rechtsbeziehungen zwischen ihr und den Treugebern (OHG-Gesellschaftern) bzw. zwischen den Treugebern untereinander regeln. Die Lieferung dieser Drucksorten an die Beschwerdeführerin ist ausschließlich im Hinblick auf die unecht befreiten Umsätze von Gesellschaftsanteilen erfolgt.

In diesem Zusammmenhang rügt die Beschwerdeführerin als Verletzung von Verfahrensvorschriften, daß die belangte Behörde aufgrund einer im Berufungsverfahren abgegebenen Stellungnahme der Betriebsprüfung angenommen habe, die Drucksorten des Lieferanten H. umfaßten neben den für den Beitritt weiterer Hausanteilscheinzeichner notwendigen Vertragsunterlagen und Zeichnungsscheinen auch Prospektmaterial für die Anwerbung neuer Anleger. Diese Stellungnahme der Betriebsprüfung sei der Beschwerdeführerin nicht vorgehalten worden; sie habe aus diesem Grund nicht vorbringen können, daß die Drucksorten kein Prospektmaterial umfaßt hätten.

Mit diesem Vorbringen zeigt die Beschwerdeführerin einen Verfahrensfehler der belangten Behörde nicht auf, weil die Behörde ihre Sachverhaltsfeststellung nicht auf eine Stellungnahme des Betriebsprüfers gestützt hat, sondern auf die - der Beschwerdeführerin bekannte - Niederschrift über der Schlußbesprechung zur abgabenbehördlichen Prüfung. In dieser wird festgehalten, daß die Drucksorten im wesentlichen aus Zeichnungsscheinen und gesellschaftsvertraglichen Festlegungen bestanden haben. Der Sachverhaltsfeststellung liegt sohin nicht die Annahme zugrunde, daß Prospektmaterial geliefert worden wäre. Im übrigen ergibt sich bereits aus den obenstehenden Ausführungen, daß, auch wenn die Rechnungen des Lieferanten H. ausschließlich Unterlagen im Zusammenhang mit der Gesellschafterstellung der Hausanteilscheinzeichner betroffen haben, wegen des Zusammenhanges mit den Umsätzen nach § 6 Z. 8 lit. e UStG 1972 der Vorsteuerabzug zu Recht verwehrt worden ist.

Auf die Beschwerdeausführungen zum Vorsteuerabzug für den Gründungsaufwand einer Personengesellschaft war nicht einzugehen, weil der gegenständliche Fall nicht die Gründung der Gesellschaft, sondern die Ausgabe weiterer Gesellschaftsrechte betrifft.

Die Beschwerdeführerin verweist schließlich darauf, daß ein echtes Treuhandverhältnis zwischen dem jeweiligen Hausanteilscheinzeichner und der Treuhandgesellschaft bestanden habe; die belangte Behörde habe daher die Zahlung des Anlegers an den Treuhänder zu Unrecht als Darlehen qualifiziert. Dieses Vorbringen vermag eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides ebenfalls nicht aufzuzeigen. Auch die belangte Behörde ist von dem in Rede stehende Treuhandverhältnis ausgegangen. Sie hat lediglich in einer Art Alternativbegründung darauf verwiesen, daß die Hausanteilscheinzeicher auch als stille Gesellschafter der Treuhandgesellschaften angesehen werden könnten. Da aber die primäre Begründung des angefochtenen Bescheides diesen zu tragen vermag, wird die Beschwerdeführerin durch die Ausführungen einer alternativen Begründung nicht in ihren Rechten verletzt.

Die Beschwerde erweist sich sohin als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VO BGBl. 416/1994.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1997:1996150077.X00

Im RIS seit

07.06.2001
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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