TE Vwgh Erkenntnis 1951/5/31 2333/50

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Veröffentlicht am 31.05.1951
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Index

Veterinärwesen
10/07 Verwaltungsgerichtshof
32/01 Finanzverfahren allgemeines Abgabenrecht
40/01 Verwaltungsverfahren
63/06 Dienstrechtsverfahren

Norm

AVG §66 Abs4
AVG §68 Abs1
AVG §69 Abs1
BAO §289 implizit
BAO §303 Abs1 litb implizit
DVG 1958 §14 implizit
VwGG §45 Abs1 implizit

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsidenten Dr. Lennkh und die Räte Dr. Guggenbichler, Dr. Höslinger, Dr. Borotha und Dr. Strau als Richter, im Beisein des Landesregierungsrates Dr. Riemer als Schriftführer, über die Beschwerde der Finanzprokuratur in Wien gegen den Bescheid des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft vom 26. August 1950, Zl. 39.574 - I/2 b 1950, betreffend Gewährung einer Entschädigung nach dem Tierseuchengesetz an die Wirtschaftsbesitzerin KE in Z, nach durchgeführter öffentlicher Verhandlung, und zwar nach Anhörung des Vortrages des Berichters sowie der Ausführungen des Vertreters der Beschwerde, Oberprokuratursrat Dr. Otto Schaupp, und des Vertreters der belangten Behörde, Sektionsrat Dr. OB, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird im Rahmen der Anfechtung wegen Gesetzwidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Begründung

Der Landeshauptmann von Kärnten hat mit Bescheid vom 21. Juni 1950 gemäss §§ 43a, 52 und 58 des Tierseuchengesetzes in der Fassung der Tierseuchengesetznovelle, BGBl. Nr. 122/1949, und der hiezu erlassenen Durchführungsverordnung der Besitzerin KE n Z als Entschädigung für die anlässlich der amtlichen Feststellung der ansteckenden Schweinelähmung in ihrem Gehöft über behördliche Anordnung getöteten Schweine einen Betrag von 18.295 S 50 g zuerkannt. Dagegen hat die Finanzprokuratur namens der Republik Österreich insoweit berufen, als ein Schwein mit 90 kg Lebendgewicht als gesundes Nutzschwein entschädigt wurde, obwohl es krank war, weshalb 20 % vom ermittelten Betrage für dieses Schwein hätten abgezogen werden sollen. Das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft hat mit Bescheid vom 26. August 1950 der Berufung Folge gegeben und den Entschädigungsbetrag entsprechend dem Berufungsantrage herabgesetzt. Gleichzeitig hat jedoch die belangte Behörde ausgesprochen, dass bei Berechnung des Entschädigungswertes für sechs Läufer, die erst im Zeitpunkte der Keulung erkrankt waren, der 20 %ige Abschlag zu Unrecht vorgenommen worden sei, da für die Entschädigungserrechnung der Zeitpunkt der Tötungsanordnung massgebend sei. Dementsprechend hat die belangte Behörde die Gesamtentschädigungssumme richtiggestellt.

Gegen diesen Berufungsbescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde der Finanzprokuratur, insofern darin der Entschädigungswert für sechs Läufer, die erst im Zeitpunkte der Keulung erkrankt waren, mit 100 % zuerkannt wurde. Die Beschwerde bestreitet, dass für die Beurteilung der Frage, ob die geschlachteten Tiere als gesund oder krank zu gelten haben, der Zeitpunkt der Tötungsanordnung massgebend sei. Ferner wird geltend gemacht, dass die von der belangten Behörde vorgenommene Änderung des erstinstanzlichen Bescheides nicht berücksichtige, dass durch die Rechtskraft des Bescheides erster Instanz bezüglich der darin für die sechs Läufer zugesprochenen Entschädigung der Republik Österreich Rechte erwachsen seien.

Der Verwaltungsgerichtshof hatte zunächst die Frage zu untersuchen, ob die Behörde berechtigt war, den Bescheid der Kärntner Landesregierung bezüglich der Entschädigung für die sechs Läufer abzuändern. Der Verwaltungsgerichtshof vermag sich der Ansicht des belangten Ministeriums nicht anzuschliessen, dass es auf Grund der Bestimmung des § 66 Abs. 4 AVG, wonach die Berufungsbehörde berechtigt ist, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, ermächtigt war, die erwähnte Änderung vorzunehmen. Der Bescheid des Amtes der Kärntner Landesregierung hat die Zuerkennung einer Entschädigungssumme zum Inhalte, die sich aus den Entschädigungsbeträgen zusammensetzt, die für die einzelnen getöteten Tiere nach ihrer Art und nach ihrem Gewicht gewährt wurden. Es handelt sich also um einen Bescheid, der aus trennbaren Teilbescheiden besteht. Wenn nun ein solcher Teilbescheid, nämlich die Bemessung der Entschädigung für ein Tier oder eine Tiergruppe unangefochten geblieben ist, so ist der Bescheid in diesem Punkte als in Rechtskraft erwachsen anzusehen. Eine Abänderung dieses rechtskräftigen Teiles des Bescheides wäre nur in Anwendung der Vorschriften der §§ 68 und 69 AVG zulässig. Dafür, dass deren Voraussetzungen im vorliegenden Falle gegeben wären, finden sich jedoch in den Verwaltungsakten keine Anhaltspunkte; es hat sich auch die Behörde selbst nicht auf diese Vorschriften gestützt. Das Vorgehen der belangten Behörde hat somit die aus dem rechtskräftigen Teilbescheide, betreffend die sechs Läufer, erwachsenen Rechte des Bundesschatzes verletzt. Der Bescheid musste daher wegen Gesetzwidrigkeit des Inhaltes aufgehoben werden. Es erübrigte sich sonach auf die Frage einzugehen, ob die Zuerkennung der vollen Entschädigung für die sechs Läufer den Bestimmungen des Tierseuchengesetzes selbst entsprach.

Wien, am 31. Mai 1951

Schlagworte

Rechtskraft Besondere Rechtsprobleme Person des Bescheidadressaten dingliche Wirkung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:1951:1950002333.X00

Im RIS seit

21.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

21.10.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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