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Stempel- und RechtsgebührenNorm
ABGB §936Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsidenten Dr. Heiterer-Schaller und die Räte Dr. Ondraczek, Dr. Wasniczek, Dr. Chamrth und Dr. Schirmer als Richter, im Beisein des Ministerialoberkommissärs Dr. Hückel als Schriftführer, über die Beschwerde der V AG in L, gegen die Entscheidung der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 10. Mai 1949, Zl. 243-IVb/1949, betreffend Gebühr von einem Mietvertrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin hatte mit Vertragsurkunde vom 12. und 26. Oktober 1948 mit dem österreichischen Administrator des Konzerns MT einen Mietvertrag über Werkzeugmaschinen abgeschlossen. Der Vertrag wurde vorläufig auf die Dauer eines Jahres abgeschlossen; beiden Vertragsteilen stand das Recht auf jederzeitige vierzehntägige Kündigung zu, für den Fall aber, dass der Vertrag nicht früher gekündigt wird, sollte er sich von selbst um ein weiteres Jahr verlängern.
Das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern in Linz hat den Wert der vereinbarten Mietleistung auf Grund des zweifachen Jahresbetrages der Miete ermittelt und von diesem Betrage die 1 %ige Gebühr nach § 33 TP 5 des Gebührengesetzes vom 25. Juli 1946, BGBl. Nr. 184 (GG), vorgeschrieben.
Die Beschwerdeführerin focht diesen Bescheid an und begehrte die Richtigstellung der Gebühr auf Grund des einfachen Jahresbetrages der Miete, weil der Vertrag nur eine Mietdauer von einem Jahr vorsehe. Die Finanzlandesdirektion für Oberösterreich wies die Berufung mit der Begründung ab, dass sich die Vertragsdauer bei Unterbleiben der Kündigung selbsttätig auf ein weiteres Jahr verlängere, die Mietdauer daher unter der Bedingung der Nichtkündigung zwei Jahre betrage. Gemäss § 26 GG seien bedingte Leistungen wie unbedingte zu behandeln.
In der dagegen beim Verwaltungsgerichtshof eingebrachten Beschwerde führt die Beschwerdeführerin aus, bei der Vereinbarung für das zweite Jahr handle es sich um einen Optionsvertrag, der ihr das Recht gebe, durch Nichtkündigung des Mietvertrages diesen Vertrag um ein weiteres Jahr zu verlängern. Der Vermieter habe sich zwar theoretisch das gleiche Recht vorbehalten, jedoch praktisch auf sein Kündigungsrecht verzichtet, weil er im Punkt 6 des Vertrages erklärt habe: „Die Beendigung des Mietvertrages und die ..... Kündigung von 14 Tagen ist ..... nicht beabsichtigt, wenn nicht unvorhergesehene Umstände oder eine wesentliche Vertragsverletzung dies veranlasst“. Optionsverträge seien nicht bedingte Verträge, sondern befristet bindende Offerte. Offerte seien aber nicht gebührenpflichtig. Aber auch wenn die Vereinbarung für das zweite Mietjahr nicht als Option anzusehen sei, dann liege nur ein Vorvertrag d.h. eine Verabredung vor, erst künftig einen Vertrag abschliessen zu wollen; der Vertrag auf das zweite Jahr solle erst dadurch zustandegekommen, dass beide Vertragsteile keine Kündigung vornehmen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Es ist richtig, dass Vorverträge, d.h. Verabredungen, erst künftig einen Vertrag abschliessen zu wollen, mangels einer entsprechenden Bestimmung des GG nicht gebührenpflichtig sind. Um einen solchen Vorvertrag handelt es sich aber im vorliegenden Fall nicht. Es ist nämlich vereinbart worden, dass sich der zunächst auf ein Jahr geschlossene Mietvertrag nach Ablauf des Jahres von selbst auf ein weiteres Jahr verlängert, wenn ihn keiner der beiden Vertragsteile zu diesem Zeitpunkt gekündigt hatte. Die Erstreckung der Wirkungen des Vertrages auf ein weiteres Jahr war also von vornherein bedingt der Inhalt des Vertrages. Die Bedingung besteht darin, dass nicht zum Ablauf des ersten Vertragsjahres gekündigt wird. Gemäss § 26 GG sind auf die Ermittlung der Bemessungsgrundlage die Vorschriften des Bewerbungsgesetzes mit der Abänderung anzuwenden, dass die bedingte Leistungen als unbedingte anzusehen sind. Dadurch ist die im § 4 des Bewertungsgesetzes vorgesehene besondere bewertungsrechtliche Behandlung von aufschiebend bedingten Rechten für das Gebiet des Gebührenrechtes ausgeschaltet worden. Dies entspricht auch dem im § 17 Abs. 4 GG niedergelegten Grundsatz, dass die Gebührenpflicht eines beurkundeten bedingten Rechtsgeschäftes vom Eintritt der Bedingung nicht abhängig ist. Im vorliegenden Fall war somit die Gebühr von einem bedingt auf zwei Jahre abgeschlossenen Mietvertrag zu bemessen.
Die Ansicht der Beschwerdeführerin, es handle sich bei der Vereinbarung über die bedingte Weitergeltung des Vertrages auf ein zweites Jahr bloss um einen befristet bindenden Antrag, muss nach dem Vorgesagten abgelehnt werden. Wenn die Beschwerdeführerin meint, „Optionen“ seien nicht gebührenpflichtig, so übersieht sie, dass Optionsvereinbarungen einen ganz verschiedenen Inhalt haben können. Bei einer Option wird einem der vertragschliessenden Teile das Recht eingeräumt, durch Abgabe einer einseitigen Gestaltungserklärung eine für den anderen Vertragsteil bindende Rechtswirkung herbeizuführen. Abgesehen davon, dass eine solche Gestaltungserklärung ihrem Wesen nach ausdrücklich abgegeben werden muss und nicht etwa aus schlüssigen Handlungen abgeleitet werden kann und dass im vorliegenden Fall keinem der beiden Vertragsteile ein solches Gestaltungsrecht eingeräumt worden ist, bedeutet die Einräumung eines solchen Rechtes, durch einseitige Erklärung die Rechtswirkungen eines Vertrages über die zunächst vereinbarte Vertragsdauer hinaus zu erstrecken, nichts anderes als die Beifügung einer Bedingung, bei deren Eintritt die Geltungsdauer der vertraglichen Vereinbarungen sich verlängert. Dass diese Bedingung von dem Willen eines der Vertragsteile abhängt, ändert nichts an der durch § 26 GG gebotenen gebührenrechtlichen Behandlung der bedingt zugesagten Leistung. Als befristet bindende Vertragsanbote, die keinerlei Gebühren unterliegen, können Optionen nur dann angesehen werden, wenn Gegenstand der Gestaltungserklärung nicht die zeitliche Erstreckung der Wirkungen eines bereits abgeschlossenen Vertrages ist, sondern wenn durch die Abgabe der Gestaltungserklärung erst ein neues vertragliches Verhältnis in Wirksamkeit gesetzt wird.
Die Beschwerde erweist sich aus den angeführten Gründen als unbegründet und war deshalb abzuweisen.
Wien, am 26. März 1952
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1952:1949001454.X00Im RIS seit
21.10.2020Zuletzt aktualisiert am
21.10.2020