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ZollrechtNorm
BAO §11Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden, Senatspräsidenten Dr. Porias, und die Hofräte Dr. Schirmer, Dr. Kadecka, Dr. Klecatsky und Dr. Knoll als Richter, im Beisein des Schriftführers, Ministerialkommissärs Dr. Svoboda, über die Beschwerde des VS in W gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 26. Oktober 1961, Zl. GA X-3259/1961, betreffend Geltendmachung einer Haftung für eine Eingangsabgabenschuld, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 5. Jänner 1960 wurde FR des Vergehens des Schmuggels nach den §§ 35 Abs. 1 lit. b. und 38 lit. a des Finanzstrafgesetzes, BGBl. Nr. 129/1958, für schuldig erkannt; der Beschwerdeführer wurde für schuldig erkannt, durch eine dem FR als Täter geleistete Beihilfe das Vergehen des Schmuggels als Mitschuldiger nach den §§ 11, 35 Abs. 1 lit. b und 38 lit. a FinStrG begangen zu haben. Über den Beschwerdeführer und FR wurde je eine Freiheits- und eine Geldstrafe verhängt. Zugleich wurde gegen den Beschwerdeführer und FR an Stelle des Verfalles des in Teppichen bestandenen Schmuggelgutes gemäß § 19 Abs.1 lit. a FinStrG auf Wertersatz erkannt. Auf Berufung der Staatsanwaltschaft wurde mit Beschluß des Obersten Gerichtshofes vom 11. Oktober 1960 der Wertersatz auf je 27.418,16 S, im Nichteinbringungsfall auf je sechs Wochen Arrest, erhöht. Hiezu führte der Oberste Gerichtshof aus, daß der Berechnung des Wertersatzes jener Betrag zugrunde zu legen sei, den der Erwerber zur Erlangung der betreffenden Ware bei redlichem Import aufwenden hätte müssen. Zu dem Einkaufspreis der geschmuggelten Teppiche im Betrag von 55.505,36 S sei daher noch der Zoll in Höhe von 15.541,50 S, die Ausgleichsteuer in der Höhe von 3.729,96 S und schließlich die mit 10 % zu veranschlagende Handelsspanne des Importeurs hinzuzurechnen, sodaß die Wertersatzstrafe insgesamt 82.254,50 S betrage. Aufgeteilt auf die an der Tat beteiligten Personen (R, der Beschwerdeführer und der Mitschuldige im Ausland) entfalle auf jeden der beiden Angeklagten je ein Drittel des Gesamtbetrages um somit der Betrag von 27.418,16 S. Das Zollamt Wien schrieb dem FR mit Bescheid vom 18. Mai 1961 eine für ihn gemäß § 174 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 2 des Zollgesetzes 1955 (ZG 1955), BGBl. Nr. 129, entstandene Eingangsabgabenschuld von 19.335 S (15.503,- an Zoll, 3.721,- S an Ausgleichsteuer und 111,- S an Außenhandelsförderungsbeitrag) und einen Säumniszuschlag in Höhe von 386,60 S vor. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft. Mit einem weiteren Bescheid vom 18. Mai 1961 machte das Zollamt Wien gegen den Beschwerdeführer die Haftung als Gesamtschuldner gemäß § 112 der Abgabenordnung für den dem FR mit dem Bescheid vom 18. Mai 1961 vorgeschriebenen Betrag in der Höhe von insgesamt 19.721,60 S geltend. Gegen diesen Haftungsbescheid brachte der Beschwerdeführer Beschwerde und Berufung ein. Darin brachte er im wesentlichen vor, daß der Oberste Gerichtshof in seinem schon erwähnten Beschluß den Zoll, die Auegleichsteuer und „die anderen Beiträge“ bei Festsetzung des Wertersatzes berücksichtigt habe. Mit dem Haftungsbescheid werde er entgegen dem Grundsatz: „ne bis in idem“ zum zweiten Mal bestraft. Die Berufung und die Beschwerde wurden mit dem angefochtenen Bescheid abgewiesen. Zur Begründung wurde im wesentlichen angeführt, daß der Haftungsbescheid die Haftung (§ 112 AO) für die Zollschuld (174 Abs. 3 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. ZG 1955) geltend gemacht habe, der Wertersatz (§ 19 Abs. 1 lit. a FinStrG) aber eine an Stelle des Verfalles tretende Strafe sei. Die Geltendmachung der Haftung und der Strafanspruch seien verschiedene Rechte des Staates. Mit dem Haftungsbescheid sei nicht ein Strafanspruch geltend gemacht worden. Die belangte Behörde bezog sich hiebei auch auf das hg. Erkenntnis vom 3. Juli 1957, Slg. N. F. Nr. 1679/F.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde und die von der belangten Behörde erstattete Gegenschrift erwogen:
Die Beschwerde hält sich im Rahmen der mit dem angefochtenen Bescheid erledigten Einwendungen des Beschwerdeführers in der Berufung. Die belangte Behörde ist aber im Recht, wenn sie den auf § 112 AO gestützten Haftungsanspruch als einen neben dem Anspruch auf Wertersatz nach § 19 Abs. 1 lit. a FinStrG stehenden Anspruch wertete. Auf Wertersatz ist nach § 19 Abs. 1 lit. a FinStrG an Stelle des Verfalles zu erkennen, wobei die Höhe des Wertersatzes nach § 19 Abs. 2 FinStrG grundsätzlich dem gemeinen Wert entspricht, den die dem Verfall unterliegenden Sachen im Zeitpunkt der Begehung des Finanzvergehens hatten. Die Vorschriften der Abgabenordnung und des Zollgesetzes 1955 enthalten keine Bestimmung, welche die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 112 AO oder nach § 174 Abs. 1 lit. a ZG 1955 im Falle der Vorschreibung eines Wertersatzes ausschließt. Der Verwaltungsgerichtshof verweist im übrigen auf sein von der belangten Behörde bezogenes Erkenntnis vom 3. Juli 1957, Slg. N. F. Nr. 1679/F, in dem das Verhältnis von Wertersatz und Zollschuld dargelegt worden ist. Dieses Erkenntnis erging zwar unter der Herrschaft der damals in Geltung gestandenen Vorschriften der Abgabenordnung und des Zollgesetzes 1920, doch haben die für das vorliegende Beschwerdevorbringen maßgebenden Rechtsvorschriften in diesem Belange keine Neuerungen gebracht.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG 1952 als unbegründet abzuweisen.
Wien, am 25. März 1963
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1963:1961002276.X00Im RIS seit
22.10.2020Zuletzt aktualisiert am
22.10.2020