TE Vwgh Erkenntnis 2020/9/22 Ra 2020/12/0024

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Veröffentlicht am 22.09.2020
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Index

10/07 Verwaltungsgerichtshof
19/05 Menschenrechte
63/01 Beamten-Dienstrechtsgesetz
66 Sozialversicherung

Norm

BDG 1979 §15b
Berufstätigkeiten besonders belastende 2007 §1 Z4 lita
MRK Art6 Abs1
SchwerarbeitsV 2007
VwGG §42 Abs2 Z3 litc

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zens, sowie Hofrätin Mag.a Nussbaumer-Hinterauer und Hofrat Mag. Cede als Richterin und Richter, unter Mitwirkung des Schriftführers MMag.Dr. Gotsbacher, über die Revision des E H in F, vertreten durch Dr. Martin Riedl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franz-Josefs-Kai 5, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 14. Februar 2020, W221 2226911-1/2E, betreffend Feststellung von Schwerarbeitszeiten (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landespolizeidirektion Wien), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat dem Revisionswerber Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1        Der Revisionswerber steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Bund und ist als Exekutivbeamter bei der Landespolizeidirektion Wien tätig.

2        Am 30. September 2019 beantragte der Revisionswerber die bescheidmäßige Feststellung von Schwerarbeitsmonaten gemäß § 15b Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979 (BDG 1979). Mit Bescheid vom 30. Oktober 2019 stellte die Landespolizeidirektion Wien (im Folgenden: vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde) fest, dass das Ausmaß der Schwerarbeitsmonate des Revisionswerbers zum 30. September 2019 83 Monate betrage. Zur Begründung führte die beim Verwaltungsgericht belangte Behörde nach Wiedergabe der maßgeblichen Rechtsvorschriften aus, dass der für den Revisionswerber relevante „Feststellungszeitraum“ am 1. Oktober 2002 beginne und er im Zeitraum vom 1. Oktober 2002 bis 31. Dezember 2002 „als ASE/PDHE eingeteilter Beamter“ im Ausmaß von 3 Monaten und im Zeitraum vom 1. Jänner 2003 bis 31. August 2009 „als ASE/PDHI eingeteilter Beamter“ im Ausmaß von 80 Monaten Schwerarbeitsmonate erworben habe. Im Zeitraum vom 1. September 2009 bis 31. März 2010 habe der Revisionswerber „wegen eingeschränkter Dienstfähigkeit“ und im Zeitraum vom 1. April 2010 bis 30. September 2019als „ASE/PDHI eingeteilter Beamter ohne Außendienst“ keine Schwerarbeitsmonate erworben. Die Gesamtzahl seiner Schwerarbeitsmonate betrage zum 30. September 2019 somit 83 Monate.

3        In seiner gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde brachte der Revisionswerber vor, dass es richtig sei, dass er keinen exekutiven Außendienst mehr versehen dürfe. Seine Tätigkeit im „Zwingerdienst der ASE-PDHE“ sei jedoch als „gefahrengeneigt und analog der Regelungen für Landesausbildungsleiter und Landesabrichter“ zu bewerten. Diese Rechtsmeinung werde auch von seinem Vorgesetzten vertreten.

4        Mit dem angefochtenen Erkenntnis gab das Bundesverwaltungsgericht der Beschwerde ohne Durchführung einer Verhandlung keine Folge. Es stellte fest, dass der Revisionswerber von 1. April 2010 bis 3. September 2019 ohne Außendienst im Wechseldienst/Tagdienst als eingeteilter Beamter der ASE/PDHI Hundezwingerdienst versehen habe. In seiner Beweiswürdigung hielt das Bundesverwaltungsgericht fest, dass sich diese Feststellung aus dem Akt in Verbindung mit dem Vorbringen des Revisionswerbers ergebe und „unstrittig“ sei. In rechtlicher Hinsicht führte es aus, dass sich aus den eindeutigen Normen des § 15b BDG 1979 „und insbesondere“ des § 1 Z 4 lit. a der Verordnung der Bundesregierung BGBl. II 105/2006 ergebe, dass als Schwerarbeitsmonate anzurechnende Zeiten nur solche Monate in Betracht kämen, in denen tatsächlich zumindest die Hälfte der Dienstzeit als wachespezifischer Außendienst ausgeübt werde. Der Revisionswerber habe im fraglichen Zeitraum keinen Außendienst verrichtet und den Dienst im Wechseldienst/Tagdienst versehen. Daraus ergebe sich, dass er nicht mehr als die Hälfte seiner monatlichen Dienstzeit wachespezifischen Außendienst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit im Sinne der Verordnung BGBl. II Nr. 105/2006 ausgeübt habe. Die Verordnung regle auch eindeutig, dass unter Tätigkeiten mit erhöhter Gefährdung ausschließlich die tatsächliche Ausübung von wachespezifischen Außendiensten zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit zu verstehen sei, sodass eine Anwendung auf andere Fälle, wie die vom Revisionswerber geltend gemachte und aus seiner Sicht gefahrengeneigte Tätigkeit als Zwingerdienst, ausgeschlossen sei. Den Entfall der mündlichen Verhandlung begründete das Bundesverwaltungsgericht damit, dass sich der Sachverhalt aus den Akten ergebe, es sich auch um keine übermäßig komplexe Rechtsfrage handle und der „anwaltlich vertretene“ Revisionswerber eine Verhandlung auch nicht beantragt habe. Die Revision erklärte das Bundesverwaltungsgericht für nicht zulässig.

5        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die außerordentliche Revision, in der (unter anderem) das Unterbleiben der Verhandlung bemängelt und als Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht wird. Ihre Zulässigkeit begründet die Revision (unter Anführung von Rechtsprechungsnachweisen) damit, dass das Bundesverwaltungsgericht von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verhandlungspflicht abgewichen sei.

6        Die vor dem Verwaltungsgericht belangte Behörde erstattete eine Revisionsbeantwortung.

7        Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 1 VwGG gebildeten Senat erwogen:

8        Die Revision erweist sich infolge des in der Revision aufgezeigten Abweichens von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte als zulässig und berechtigt.

9        § 15b Abs. 1 und 2 BDG 1979, BGBl. Nr. 333, lauten in der hier maßgeblichen Fassung dieser Absätze BGBl. I Nr. 64/2016:

„Versetzung in den Ruhestand durch Erklärung bei Vorliegen von Schwerarbeitszeiten (‚Schwerarbeitspension‘)

§ 15b. (1) Die Beamtin oder der Beamte kann durch schriftliche Erklärung, aus dem Dienststand ausscheiden zu wollen, ihre oder seine Versetzung in den Ruhestand bewirken, wenn sie oder er zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand eine nach dem vollendeten 18. Lebensjahr zurückgelegte ruhegenussfähige Gesamtdienstzeit (pensionswirksame Zeit bei Beamtinnen und Beamten, auf die § 1 Abs. 14 des Pensionsgesetzes 1965, BGBl. Nr. 340/1965, anzuwenden ist) von 504 Monaten, davon mindestens 120 Schwerarbeitsmonate innerhalb der letzten 240 Kalendermonate vor dem Zeitpunkt der Wirksamkeit der Versetzung in den Ruhestand, aufweist. Die Versetzung in den Ruhestand kann frühestens mit Ablauf des Monats in Anspruch genommen werden, in dem das 60. Lebensjahr vollendet wird. Beamtinnen und Beamten, die die Anspruchsvoraussetzungen zum Zeitpunkt der Vollendung des 60. Lebensjahres oder danach erfüllen, bleiben diese auch bei einer späteren Ruhestandsversetzung gewahrt.

(2) Ein Schwerarbeitsmonat ist jeder Kalendermonat, in dem mindestens 15 Tage Schwerarbeit vorliegen. Die Bundesregierung hat mit Verordnung festzulegen, unter welchen psychisch oder physisch besonders belastenden Arbeitsbedingungen Schwerarbeit vorliegt.

...“

10       Die Verordnung der Bundesregierung über besonders belastende Berufstätigkeiten, BGBl. II Nr. 105/2006, lautet auszugsweise:

„Anwendung von Bestimmungen der Schwerarbeitsverordnung

§ 1. Die Verordnung der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über besonders belastende Berufstätigkeiten samt Anlage, BGBl. II Nr. 104/2006, (Schwerarbeitsverordnung), ist auf Beamte und Bundestheaterbedienstete mit den Maßgaben anzuwenden, dass

1.   - 2. ...

4.   als Schwerarbeit auch Tätigkeiten mit erhöhter Gefährdung gelten, bei denen das tatsächliche regelmäßige Risiko für Leib und Leben im Einsatz die Grenze von allgemein akzeptierter Gefahr in erheblichem Ausmaß übersteigt. Als solche gelten ausschließlich Tätigkeiten von

a.   Exekutivorganen des öffentlichen Sicherheitsdienstes nach dem Sicherheitspolizeigesetz (SPG), BGBl. Nr. 566/1991, die zumindest die Hälfte ihrer monatlichen Dienstzeit tatsächlich als wachespezifischen Außendienst zur Aufrechterhaltung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit ausüben, und

b.   ...“

11       Die Verordnung der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über besonders belastende Berufstätigkeiten (Schwerarbeitsverordnung) lautet in den für den Revisionsfall maßgeblichen, in der Stammfassung BGBl. II Nr. 104/2006 geltenden Teilen:

„Besonders belastende Berufstätigkeiten

§ 1. (1) Als Tätigkeiten, die unter körperlich oder psychisch besonders belastenden Bedingungen erbracht werden, gelten alle Tätigkeiten, die geleistet werden

1.   in Schicht- oder Wechseldienst auch während der Nacht (unregelmäßige Nachtarbeit), das heißt zwischen 22 Uhr und 6 Uhr, jeweils im Ausmaß von mindestens sechs Stunden und zumindest an sechs Arbeitstagen im Kalendermonat, sofern nicht in diese Arbeitszeit überwiegend Arbeitsbereitschaft fällt, oder

2.   regelmäßig unter Hitze oder Kälte im Sinne des Art. VII Abs. 2 Z 2 und 3 des Nachtschwerarbeitsgesetzes (NSchG), BGBl. Nr. 354/1981, oder

3.   unter chemischen oder physikalischen Einflüssen im Sinne des Art. VII Abs. 2 Z 5, 6 und 8 NSchG oder

4.   als schwere körperliche Arbeit, die dann vorliegt, wenn bei einer achtstündigen Arbeitszeit von Männern mindestens 8 374 Arbeitskilojoule (2 000 Arbeitskilokalorien) und von Frauen mindestens 5 862 Arbeitskilojoule (1 400 Arbeitskilokalorien) verbraucht werden, oder

5.   zur berufsbedingten Pflege von erkrankten oder behinderten Menschen mit besonderem Behandlungs- oder Pflegebedarf, wie beispielsweise in der Hospiz- oder Palliativmedizin, oder

6.   trotz Vorliegens einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (§ 14 des Behinderteneinstellungsgesetzes, BGBl. Nr. 22/1970) von mindestens 80%, sofern für die Zeit nach dem 30. Juni 1993 Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 3 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes, BGBl. Nr. 110/1993, oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze bestanden hat.

(2) ...

...

Schwere körperliche Arbeit

§ 3. Ob eine bestimmte Tätigkeit als schwere körperliche Arbeit im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 4 gilt, ist nach den in der Anlage zu dieser Verordnung festgeschriebenen Grundsätzen festzustellen.

...

Anlage

Grundsätze für die Feststellung des Vorliegens einer schweren körperlichen Arbeit im Sinne des § 1 Abs. 1 Z 4

1.   Begriffsbestimmung und Kriterien

Schwere körperliche Arbeit setzt eine in Bezug auf die Intensität oder Dauer der Belastung über das normale Kräftepotential hinausgehende Verausgabung von Arbeitskraft voraus, bei der die gesamte Körpermuskulatur beansprucht wird.

Kriterien für die Einstufung von beruflichen Tätigkeiten als schwere körperliche Arbeit sind neben der energetischen Belastung sowie der Herz- und Kreislaufbelastung auch die Belastung des passiven und aktiven Stütz- und Bewegungsapparates, also der Knochen und Gelenke sowie der Sehnen und Muskeln.

2.   Bewertung von Tätigkeiten als Schwerarbeit nach der energetischen Belastung

2.1. Arbeitsenergieumsatz-Grenzen von 8 374 Kilojoule (2 000 Kilokalorien) pro Tag bei Männern und 5 862 Kilojoule (1 400 Kilokalorien) pro Tag bei Frauen

Der Arbeitsenergieumsatz ergibt sich aus dem Gesamtenergieumsatz pro Arbeitstag abzüglich des Grundenergieumsatzes (differiert vor allem in Abhängigkeit vom Körpergewicht), dem Freizeitenergieumsatz (der je nach Freizeit-Aktivität unterschiedlich ist) und einem kleinen Anteil für Energieverluste.

Für die Festlegung der Schwerarbeits-Grenze ist die Lage der ‚Energetischen Dauerleistungsgrenze‘, die mit dem Tages-Arbeitsenergieumsatz gleichzusetzen ist, von Bedeutung. Sie liegt für Männer bei 8 374 Kilojoule (2 000 Kilokalorien) pro Tag, für Frauen bei 5 862 Kilojoule (1 400 Kilokalorien) pro Tag (gerundete Durchschnittswerte).

2.2. Einstufung von beruflichen Tätigkeiten als schwere körperliche Arbeit

Die Einstufung von beruflichen Tätigkeiten als ‚energetische Schwerarbeit‘ erfolgt nach folgenden Grundsätzen:

Die Arbeitsenergieumsatz-Richtwerte werden nach arbeitsmedizinischen Standards ermittelt. Auf dieser Grundlage werden Tätigkeitsbeschreibungen mit ihren Jouleverbrauchswerten erstellt und hinsichtlich ihrer Dimensionen umgerechnet.

Schließlich wird geprüft, ob durch die mit einem bestimmten Beruf verbundenen Tätigkeiten (Tätigkeitsbilder) die vorgegebene Kilojoulegrenze (8 374 bei Männern bzw. 5 862 bei Frauen) pro Tag erreicht oder überschritten wird.“

12       Die Feststellung von Schwerarbeitsmonaten gemäß § 15b BDG 1979 fällt als dienstrechtliche Streitigkeit öffentlich Bediensteter unter den Begriff der civil rights im Verständnis des Art. 6 Abs. 1 EMRK (VwGH 13.9.2017, Ro 2016/12/0024).

13       Nach § 24 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht eine mündliche Verhandlung auf Antrag oder, wenn es dies für erforderlich hält, von Amts wegen durchzuführen. Ein Verwaltungsgericht hat (selbst bei anwaltlich vertretenen Personen) auch ohne Antrag von Amts wegen eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen, wenn es dies für erforderlich hält, wobei die Durchführung einer mündlichen Verhandlung ohne Parteiantrag nicht im Belieben, sondern im pflichtgemäßen Ermessen des Verwaltungsgerichts steht. Dies ist etwa dann anzunehmen, wenn die Beweiswürdigung der Verwaltungsbehörde substantiiert bekämpft und/oder ein konkretes sachverhaltsbezogenes Vorbringen erstattet wird (vgl. VwGH 30.1.2019 Ra 2018/03/0131).

14       Das Bundesverwaltungsgericht hat seine Begründung für die Abstandnahme von einer Verhandlung auf „Ausnahmen für nicht übermäßig komplexe Rechtsfragen oder hochtechnische Fragen“ (und Hinweis auf das Erkenntnis VwGH 21.12.2016, Ra 2016/12/0067) sowie darauf gestützt, dass der „anwaltlich vertretene“ Revisionswerber eine Verhandlung nicht beantragt habe.

15       Zutreffend ist zwar, dass im vorliegenden Fall kein Parteiantrag auf Durchführung einer Verhandlung gestellt wurde. Es lag jedoch auch kein ausdrücklicher Verzicht auf die Verhandlung vor. Entgegen den Ausführungen im angefochtenen Erkenntnis war der Revisionswerber im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht nicht anwaltlich vertreten. Daher lässt allein der Umstand, dass seine Beschwerde keinen Verhandlungsantrag enthielt, nicht den Schluss zu, dass er auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet hat.

16       Den Annahmen des angefochtenen Bescheides ist der Revisionswerber in der Beschwerde mit Ausführungen entgegengetreten, denen nicht von vornherein die Eigenschaft als für die Feststellung von Schwerarbeitsmonaten relevantes Tatsachenvorbringen abgesprochen werden kann, zumal ohne nähere Klärung nicht ausgeschlossen werden kann, dass mit dem Hinweis auf den Umstand, seine Tätigkeit im „Zwingerdienst der ASE-PDHE“ sei als „gefahrengeneigt und analog der Regelungen für Landesausbildungsleiter und Landesabrichter“ zu bewerten, Tatsachen angeführt wurden, die als Behauptung der Verrichtung von Schwerarbeit, etwa im Sinne des § 1 der Verordnung der Bundesregierung über besonders belastende Berufstätigkeiten, BGBl. II Nr. 105/2006, in Verbindung mit § 1 Abs. 1 Z 4 der Verordnung der Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz über besonders belastende Berufstätigkeiten (Schwerarbeitsverordnung), BGBl. II Nr. 104/2006, verstanden werden konnten. Keinesfalls liegt darin aber eine „Außerstreitstellung“ des Nichtvorliegens dieser amtswegig zu prüfenden Voraussetzungen. Es ist daher unzutreffend, dass vorliegendenfalls relevante Sachverhaltsfragen unstrittig und nur wenig komplexe Rechtsfragen zu lösen waren (vgl. auch VwGH 13.9.2017, Ro 2016/12/0024; 29.4.2004, 2001/09/0104), sodass sich das Absehen von einer mündlichen Verhandlung als rechtswidrig erweist.

17       Im - hier gegebenen (vgl. Rn 12) - Anwendungsbereich des Art. 6 EMRK (oder des Art. 47 GRC) führt ein Verstoß des Verwaltungsgerichts gegen die Verhandlungspflicht nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bereits ohne nähere Prüfung einer Relevanz dieses Verfahrensmangels zur Aufhebung des Erkenntnisses (vgl. VwGH 9.5.2018, Ra 2017/12/0111; 10.12.2018, Ra 2018/12/0048).

18       Das angefochtene Erkenntnis war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

19       Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 22. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020120024.L00

Im RIS seit

02.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

02.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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