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32/01 Finanzverfahren allgemeines AbgabenrechtNorm
BAO §308Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zorn und die Hofräte Dr. Mairinger und Dr. Thoma als Richter unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der E GmbH in I, vertreten durch die KPMG Alpen-Treuhand GmbH Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft in 1090 Wien, Porzellangasse 51, gegen das Erkenntnis des Bundesfinanzgerichtes vom 8. Juli 2020, RV/1200025/2017, betreffend Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Zollamt Feldkirch Wolfurt), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesfinanzgericht die Beschwerde der Revisionswerberin gegen die mit Bescheid des Zollamtes Feldkirch Wolfurt vom 20. März 2017 erfolgte Versagung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung einer Beschwerde gegen die Mitteilung der buchmäßigen Erfassung von Eingangsabgaben als unbegründet ab und sprach aus, dass gegen dieses Erkenntnis eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nicht zulässig sei.
Im Rahmen seiner Entscheidungsgründe kam das Gericht nach Darstellung des Verfahrensganges und Auseinandersetzung mit dem Vorbringen im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand vom 10. März 2017 in rechtlicher Hinsicht zum Schluss, wenn der Parteienvertreter die Bestimmung der Rechtsmittelfrist seinem Vorbringen zufolge im Verwaltungsverfahren dem Kanzleiangestellten überlassen habe, so wäre es ihm im Rahmen der gebotenen Überwachungspflicht jedenfalls oblegen, diesen Vorgang zu kontrollieren. Das zufällige Entdecken des Bescheideinganges sei nach der Darstellung in der Beschwerde eher zufällig und somit keinesfalls systematisch kontrolliert worden. Bei einem Kontrollsystem für derart wichtige Fristen genüge es nicht, den Kanzleimitarbeiter von Zeit zu Zeit auf die Wichtigkeit des Fristenvormerks aufmerksam zu machen. Ein derartiges System verhindere nicht, dass die Versäumung einer Frist nach menschlichem Ermessen ausgeschlossen erscheine. Es liege somit ein über den minderen Grad des Versehens hinausgehendes Verschulden des Parteienvertreters vor. Die Wiedereinsetzung sei daher nicht zu bewilligen gewesen.
Im Beschwerdefall könne es dahingestellt bleiben, ob durch die Versäumung der Frist zur Einbringung einer Beschwerde im Hinblick auf den parallel gestellten Antrag auf Erlass der Eingangsabgaben nach Art. 236 ZK der Beschwerdeführerin ein Rechtsnachteil entstanden sei.
Seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit einer Revision begründete das Bundesfinanzgericht damit, es sei im Beschwerdefall von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht abgewichen. Eine ungeklärte Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung sei daher nicht zu lösen gewesen.
2 In der gegen dieses Erkenntnis erhobenen Revision erachtet sich die Revisionswerberin in ihrem Recht verletzt, dass sie bei Vorliegen sämtlicher Voraussetzungen nach § 308 Abs. 1 BAO die Wiedereinsetzung in die Beschwerdefrist bewilligt werde. Die Zulässigkeit ihrer Revision sieht sie in einem Verstoß des Gerichts gegen das Überraschungsverbot, in einer grob fehlerhaften Beurteilung der Sache durch das Gericht sowie in einer nicht tragfähigen Alternativbegründung begründet.
3 Gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
Hat das Verwaltungsgericht im Erkenntnis ausgesprochen, dass die Revision nicht gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist, hat die Revision gemäß § 28 Abs. 3 VwGG auch gesondert die Gründe zu enthalten, aus denen entgegen dem Ausspruch des Verwaltungsgerichtes die Revision für zulässig erachtet wird (außerordentliche Revision).
Gemäß § 34 Abs. 1a zweiter Satz VwGG hat der Verwaltungsgerichtshof die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3) zu überprüfen.
4 Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Vorliegen von Wiedereinsetzungsgründen ist nur in jenem Rahmen zu prüfen, der durch die Behauptungen des Wiedereinsetzungswerbers abgesteckt wurde (vgl. etwa die in Ritz, Kommentar zu Bundesabgabenordnung6, unter Rz. 19 und 20 zu § 308 BAO wiedergegebene Judikatur).
5 Soweit die Revision ihre Zulässigkeit darauf gründet, das Gericht habe im angefochtenen Erkenntnis mit einem neuen Sachverhalt, nämlich mit der angeblich fehlenden Kontrolle des Kanzleimitarbeiters, gegen das „Überraschungsverbot“ verstoßen, verkennt sie die sie schon für den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand treffende Behauptungs- und Darlegungslast; ausgehend davon, insbesondere der im angefochtenen Erkenntnis dargelegten Behauptungen über bloße Belehrungen des Kanzleimitarbeiters, nicht jedoch über Kontrollen, war das Gericht nicht gehalten, weitere Ermittlungsschritte über ein effektives Kontrollsystem zu setzen oder der Revisionswerberin einen Mangel an Vorbringen in diesem Punkt vorzuhalten. Die Behauptung im Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf wiederholte Belehrung des Kanzleimitarbeiters umfasste nicht auch jenes einer Kontrolle dessen.
6 Wenn die Revision schließlich eine mangelnde Tragfähigkeit der - von der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde in der Beschwerdevorentscheidung vertretenen - Alternativbegründung moniert, geht dieses Vorbringen ins Leere, weil das angefochtene Erkenntnis diese Alternativbegründung dahingestellt ließ und somit nicht darauf aufbaute.
7 Die vorliegende Revision ist daher wegen Nichtvorliegen der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
Wien, am 29. September 2020
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020160139.L00Im RIS seit
09.12.2020Zuletzt aktualisiert am
09.12.2020