Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Univ.-Prof. Dr. Bydlinski als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Höfrätin Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger, Dr. Hofer-Zeni-Rennhofer und Dr. Parzmayr als weitere Richter in der Pflegschaftssache des S*****, geboren am ***** 2002, *****, vertreten durch Mag. Milorad Erdelean, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterhalt,
über den „außerordentlichen“ Revisionsrekurs des Vaters G***** U*****, vertreten durch die Dr. Wolfgang Schimek Rechtsanwalt GmbH, Amstetten, gegen den mit Beschluss vom 22. Juni 2020, GZ 42 R 503/19k-186, berichtigten Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 22. April 2020, GZ 42 R 503/19k-183, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 24. Oktober 2019, GZ 83 Pu 17/17w-175, teilweise abgeändert wurde, den
Beschluss
gefasst:
Spruch
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.
Im Übrigen werden die Akten dem Erstgericht zurückgestellt.
Text
Begründung:
Gegenstand des Rekursverfahrens war – neben dem Begehren auf Zahlung eines Unterhaltsrückstands für den Zeitraum Februar 2005 bis Oktober 2019 – auch die Erhöhung des bisher mit 237 EUR bemessenen laufenden Unterhalts auf monatlich 630 EUR, sohin dessen Erhöhung um monatlich 393 EUR. Das Rekursgericht änderte die erstinstanzliche Entscheidung aufgrund eines vom unterhaltspflichtigen Vater erhobenen Rekurses insoweit ab, als es das auf Zahlung rückständigen Unterhalts für den Zeitraum Februar 2005 bis einschließlich März 2008 gerichtete Begehren abwies. Hinsichtlich des rückständigen Unterhalts für den Zeitraum April 2008 bis einschließlich Oktober 2019 bestätigte das Rekursgericht die dem Unterhaltserhöhungsbegehren stattgebende erstinstanzliche Entscheidung; ebenso hinsichtlich des um 393 EUR erhöhten laufenden Unterhalts.
Den ordentlichen Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für nicht zulässig, weil der Rechtssache keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.
Gegen den Zuspruch rückständigen Unterhalts sowie gegen die Erhöhung des laufenden Unterhalts richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters. Er argumentiert primär, dass sich aufgrund der Zusammenrechnung der für die Vergangenheit zugesprochenen Unterhaltserhöhung sowie dem 36-fachen der laufenden monatlichen Unterhaltserhöhung ein „Streitwert des Entscheidungsgegenstands“ von über 30.000 EUR ergebe, weshalb der primär erhobene außerordentliche Revisionsrekurs zulässig sei.
Hilfsweise erhebt er eine Zulassungsvorstellung, mit der er einen ordentlichen Revisionsrekurs verbindet.
Das Erstgericht legte das Rechtsmittel direkt dem Obersten Gerichtshof vor.
Rechtliche Beurteilung
1. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs – außer im Fall des § 63 Abs 3 AußStrG – jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. In einem solchen Fall kann eine Partei jedoch nach § 63 Abs 1 und 2 AußStrG einen binnen 14 Tagen nach Zustellung der Entscheidung des Rekursgerichts beim Erstgericht einzubringenden Antrag an das Rekursgericht stellen, seinen Ausspruch dahin abzuändern, dass der ordentliche Revisionsrekurs doch für zulässig erklärt werde. Diese Zulassungsvorstellung ist mit der Ausführung des ordentlichen Revisionsrekurses zu verbinden.
2. Die Ermittlung des Werts des vom Rekursgericht behandelten Entscheidungsgegenstands richtet sich nach den allgemeinen Bewertungsvorschriften der JN (§ 500 Abs 3 ZPO). Er bestimmt sich beim Unterhalt nach § 58 Abs 1 JN mit dem 36-fachen des monatlichen Unterhalts. Dabei ist entgegen der Rechtsansicht des Revisionsrekurswerbers gemäß der ständigen Judikatur aber nur auf den laufenden Unterhalt abzustellen; bereits fällig gewordene Beträge sind nicht gesondert zu berücksichtigen (RIS-Justiz RS0122735 [T5, T8]; RS0114353 [insb T1]). Im vorliegenden Verfahren betrug demnach der Wert des Entscheidungsgegenstands des Rekursverfahrens das 36-fache der dort zu beurteilenden monatlichen Unterhaltserhöhung von 393 EUR, sohin 14.148 EUR. Mangels eines 30.000 EUR übersteigenden Streitgegenstands zweiter Instanz und da das Rekursgericht den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat, ist der primär erhobene außerordentliche Revisionsrekurs gemäß § 62 Abs 3 AußStrG jedenfalls unzulässig und daher zurückzuweisen (vgl RS0123439 [T3]).
3. Dem Vater steht somit nur die Zulassungsvorstellung nach § 63 AußStrG zur Verfügung. Da er diesen Rechtsbehelf
hilfsweise erhoben hat, wird der Akt dem Erstgericht zur Vorlage der Zulassungsvorstellung nach § 69 Abs 3 AußStrG an die zweite Instanz
zurückgestellt (vgl 1 Ob 154/18f).
Textnummer
E129396European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:2020:0010OB00161.20P.0924.000Im RIS seit
21.10.2020Zuletzt aktualisiert am
07.01.2021