TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/5 G305 2205302-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 05.08.2020
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Entscheidungsdatum

05.08.2020

Norm

AsylG 2005 §10 Abs1 Z3
AsylG 2005 §2 Abs1 Z13
AsylG 2005 §3 Abs1
AsylG 2005 §57
AsylG 2005 §8 Abs1
AsylG 2005 §8 Abs4
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs2 Z2
FPG §52 Abs9
FPG §55 Abs1
FPG §55 Abs1a
FPG §55 Abs2
FPG §55 Abs3

Spruch

G305 2205302-1/13E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dr. Ernst MAIER, MAS als Einzelrichter über die Beschwerde des irakischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , StA: Irak, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH), gegen den zum XXXX .08.2018 datierten Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl, RD XXXX , Zl. XXXX nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am XXXX .05.2020, zu Recht erkannt:

A)

I.       Die Beschwerde gegen Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass dieser zu lauten hat: „Ihr Antrag auf internationalen Schutz vom 03.11.2015 wird hinsichtlich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Absatz 1 iVm § 2 Absatz 1 Ziffer 13 AsylG 2005, BGBl. Nr. 100/2005 (AsylG)idgF, abgewiesen.“

II.      Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG wird XXXX , geboren am XXXX , der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Irak zuerkannt.

III.    Gemäß § 8 Abs. 4 AsylG wird XXXX , geboren am XXXX , eine befristete Aufenthaltsberechtigung als subsidiär Schutzberechtigter für die Dauer von 12 Monaten erteilt.

IV.      In Erledigung der Beschwerde werden die Spruchpunkte III. bis VI. des angefochtenen Bescheides ersatzlos aufgehoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1.1. Am 03.11.2015 stellte der zum Aufenthalt im Bundesgebiet nicht berechtigte irakische Staatsangehörige XXXX , geboren am XXXX , vor Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörden einen Antrag auf internationalen Schutz.

1.2. Am XXXX .12.2015 wurde er von Organen der Landespolizeidirektion XXXX niederschriftlich einvernommen.

Zu seinen Fluchtgründen befragt, gab der BF an, dass schiitische Milizen gewollt hätten, dass er mit ihnen kämpfe. Er habe jedoch keine Waffen tragen wollen, weswegen er geflohen sei. Er habe aus all diesen Gründen Angst um sein Leben bekommen und anschließend seine Heimat verlassen.

Zur Reiseroute befragt, gab der BF an, dass er Mitte Oktober 2015 mit dem Bus legal in die Türkei ausgereist und in der Nähe von Izmir, in der Stadt Jankala, mit einem Schlepperboot auf eine ihm unbekannte griechische Insel gebracht worden sei. Auf dieser Insel habe er einen Landesverweis bekommen und sei er im Anschluss daran mit einer Fähre nach Athen verbracht worden. Von dort habe er, dem Flüchtlingsstrom folgend, mit verschiedenen Verkehrsmitteln und teilweise zu Fuß Österreich erreicht, welche Länder er dabei passiert habe, sei ihm nicht bekannt. Die österreichische Staatsgrenze habe er zu Fuß überschritten und sei vom Grenzbereich mit einem Bus nach Klagenfurt und mit dem Zug weiter nach Wien verbracht worden, wo er den gegenständlichen Asylantrag gestellt habe. Die Reise habe insgesamt etwa 10 Tage gedauert, sei durch ihn selbst und Schlepper organisiert worden und habe etwa USD 1.300 gekostet. Der BF gab zusätzlich an, dass er mit seinem Bruder, XXXX , geboren XXXX (IFA XXXX ) gereist sei und diesem nach dem Grenzübertritt verloren habe.

Bei einer Rückkehr habe er Angst zu sterben, ihm würden jedoch keine Sanktionen, unmenschliche Strafen oder die Todesstrafe drohen.

Eine von den öffentlichen Sicherheitsorganen durchgeführte EURODAC-Abfrage verlief negativ.

1.3. Am 25.07.2018 wurde der BF ab 10:35 Uhr durch Organe des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (in der Folge BFA oder belangte Behörde) einvernommen.

Fluchtroute, Dauer, Kosten sowie die Angaben zu seinem Bruder entsprachen den Angaben bei der Erstbefragung. Zusätzlich gab er bei dieser Einvernahme an, bis zur Ausreise zusammen mit seiner Mutter und seinem Bruder in XXXX gelebt zu haben. Sein Bruder befinde sich auch in Österreich, die Mutter nach wie vor in XXXX . Sein Vater sei am XXXX getötet worden. Da der BF nur Schüler gewesen sei, habe die Mutter für den Lebensunterhalt der Familie gesorgt. Er habe unentgeltlich eine Woche als Sekretär bei einem XXXX gearbeitet. Einen Monat vor Einvernahme sei der Kontakt zu seiner Mutter abgebrochen. Der Ausreiseentschluss sei einige Monate vor der Flucht gefallen.

Zu seinen Fluchtgründen gab er an, seine Heimat wegen der schiitischen Milizen im Irak verlassen zu haben. Mitglieder der Milizen seien ab dem Jahr 2015 ca. dreimal bei ihnen zu Hause gewesen und hätten ihn und seinen minderjährigen Bruder aufgefordert, sich zu bewaffnen und eine Ausbildung zu absolvieren um an ihrer Seite zu kämpfen. Beide hätten jedoch keine Waffen tragen wollen und in der Folge auf Anraten der Mutter das Land in Richtung Europa verlassen. Hätten beide den Aufforderungen der Milizen nicht Folge geleistet, so wären sie als Sunniten nicht ungeschoren davongekommen. Sein Vater sei zudem von schiitischen Milizen getötet worden, den genauen Tathergang könne er jedoch nicht rekonstruieren, da er zu diesem Zeitpunkt nicht bei seinem Vater gewesen sei. Seine Mutter sei ebenso Ziel eines Terrorangriffs geworden, bei welchem sie ihr Augenlicht am linken Auge verloren habe. Es sei niemals direkt Kontakt mit ihm aufgenommen worden, die Milizen hätten immer nur seine Mutter zu Hause angetroffen. Es sei gedroht worden, dass sie mitmarschieren müssten, widrigenfalls sie getötet würden. Eine konkrete Miliz könne er nicht nennen, da es derer viele gäbe. Die Milizen seien immer dann gekommen, wenn er und sein Bruder in der Schule gewesen seien.

Die Milizen seien noch immer an ihm interessiert, da er Sunnit sei und aus religiösen Gründen speziell Menschen mit dem Namen „ XXXX “ hassen würden. Er sei ob seines Namens auch in der Schule rassistischen Problemen ausgesetzt gewesen. Eine Namensänderung wäre nicht erfolgreich, da er in seiner Region bekannt sei. Milizen seien im ganzen Land, weswegen die Umsiedelung in eine andere Region nicht zielführend sei. Seine Mutter sei Schiitin und könne deshalb sicher im Irak leben.

Der BF gab an Beweise auf seinem Handy zu haben und wurde aufgefordert, diese nachzubringen. Eine Nachreichung dieser Beweismittel erfolgte bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht.

Im Rahmen der Niederschriftaufnahme legte der BF mehrere Bestätigungen für Integrationsmaßnahmen, einen Lebenslauf, die Kopie eines Personalausweises sowie Sprachzertifikate vor.

1.4. Bereits am 06.04.2017 wurde der Bruder des BF durch Organe des BFA einvernommen. Die von ihm gemachten Angaben stimmten im Wesentlichen mit jenen des BF überein. Zu Widersprüchen kam es bezüglich der letzten Aufenthaltswoche vor der Flucht. Bei dieser Einvernahme wurden Familiendokumente vorgelegt, welche vom anwesenden Dolmetscher übersetzt wurden und die Angaben des BF in Bezug auf die Kernfamilie bestätigten.

1.5. Mit dem angefochtenen Bescheid wies das BFA den Antrag des Beschwerdeführers hinsichtlich des Antrages auf internationalen Schutz vom 03.12.2015 (richtig müsste es lauten 03.11.2015) bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten gemäß § 3 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG (Spruchpunkt I.) und des Antrages auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status eines subsidiär Schutzberechtigten gemäß § 8 Abs. 1 iVm. § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG ab (Spruchpunkt II.) und sprach aus, dass ein Aufenthaltstitel aus berücksichtigungswürdigen Gründen gemäß § 57 AsylG nicht erteilt werde (Spruchpunkt III.), gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 AsylG iVm. § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 2 Z 2 FPG erlassen (Spruchpunkt IV.) und festgestellt werde, dass die Abschiebung in den Irak gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt V.) und die Frist für die freiwillige Ausreise gemäß § 55 Abs. 1 bis 3 FPG 14 Tage ab Rechtskraft der Rückkehrentscheidung betrage (Spruchpunkt VI.). Die belangte Behörde begründete dies im Kern damit, dass der BF lediglich abstrakte und unkonkrete Behauptungen aufgestellt habe. Es sei ihm nicht gelungen, konkret gegen ihn gerichtete Verfolgungshandlungen glaubhaft zu machen.

1.6. Gegen den zum XXXX .08.2018 datierten Bescheid erhob der BF Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht. Darin erklärte er, dass er den Bescheid - gestützt auf die Beschwerdegründe „inhaltliche Rechtswidrigkeit“ und „Mangelhaftigkeit des Verfahrens“ - vollumfänglich anfechte und die Beschwerde mit den Anträgen verbinde, 1.) eine mündliche Verhandlung anzuberaumen, 2.) nicht geltend gemachte Rechtswidrigkeiten amtswegig aufzugreifen bzw. allenfalls dem BF einen Verbesserungsauftrag zu erteilen und ihm einen Verfahrenshelfer beizustellen um diese aufgreifen zu können, 3.) den angefochtenen Bescheid zur Gänze zu beheben und dass ihm der Status des Asylberechtigten gemäß § 3 AsylG zuerkannt werden möge, 4.) in eventu festzustellen, dass dem BF der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zukomme, 5.) in eventu der angefochtene Bescheid zur Gänze behoben werde und die Angelegenheit zur neuerlichen Erlassung eines Bescheides an das Bundesamt zurückverwiesen werden möge sowie 6.) dass festgestellt werde, dass die Erlassung einer Rückkehrentscheidung auf Dauer unzulässig sei. Er brachte in der Beschwerde vor, dass die belangte Behörde unvollständige Länderberichte zur Grundlage des Bescheids gemacht habe. Das BFA habe es zudem unterlassen die drohende Verfolgung aufgrund des Vornamens des BF zu berücksichtigen. Auch seien dem BF Aussagen seines Bruders angelastet worden, welche jedoch kein Widerspruch zu seinen eigenen seien, sondern lediglich Präzisierungen darstellen würden.

1.7 Am 10.09.2018 legte das BFA die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem Antrag vor, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.

1.8. Anlässlich einer am XXXX .05.2020 vor dem BVwG durchgeführten mündlichen Verhandlung wurde der BF im Beisein seiner Rechtsvertreterin (im Folgenden: RV) und einer Dolmetscherin für die arabische Sprache einvernommen.

1.9. Ob der psychischen Probleme des Bruders des BF wurde angeregt, dass der Beschwerdeführer als dessen Erwachsenenvertreter bestellt wird.

1.10. Mit Eingabe vom 05.06.2020 langte beim BVwG eine Stellungnahme zu den im Rahmen der Verhandlung vom XXXX .05.2020 vorgelegten Länderinformationen ein.

1.11. Dem Bruder des BF wurde mit XXXX .04.2017 der Status eines subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt. Derzeit ist ein Verfahren zur Aberkennung dieses Status anhängig.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Identitätsfeststellungen:

Der BF führt die im Spruch angegebene Identität XXXX , geboren am XXXX , und ist irakischer Staatsangehöriger. Er gehört der Ethnie der irakischen Araber an und bekennt sich zur sunnitisch-islamischen Religionsgemeinschaft. Seine Muttersprache ist arabisch; er verfügt über Deutschkenntnisse. Er ist ledig und kinderlos [Erstbefragung AS 13; Niederschrift-BFA AS 69].

Er hat seinen Hauptwohnsitz seit dem XXXX .11.2015 im Bundesgebiet (seit dem XXXX .06.2020 an der Anschrift XXXX ) [Auszug aus dem Zentralen Melderegister-ZMR].

Der BF ist gesund und nimmt keinerlei Medikamente ein [VH-Niederschrift S. 3].

1.2. Zur Ausreise, Reise, Einreise der beschwerdeführenden Partei in Österreich und ihrer darauffolgenden Asylantragstellung:

Der BF lebte zuletzt in XXXX , im Bezirk XXXX , in der XXXX einem mehrheitlich von Sunniten bewohnten Stadtteil (Stand Mai 2020 https://en.wikipedia.org/wiki/ XXXX Zugriff am: 20.10.2020) [Erstbefragung AS 17; Niederschrift-BFA AS 69; VH-Niederschrift S. 6].

Er ist zu einem nicht näher feststellbaren Zeitpunkt Mitte Oktober 2015 mit dem Bus legal in die Türkei ausgereist und in der Nähe von Izmir, in der Stadt Jankala, mit einem Schlepperboot auf eine ihm unbekannte griechische Insel gebracht worden. Auf dieser bekam er einen Landesverweis und wurde er im Anschluss daran mit einer Fähre nach Athen verbracht. Von dort folgte er dem Flüchtlingsstrom mit verschiedenen Verkehrsmitteln und teilweise zu Fuß bis Österreich. Die österreichische Staatsgrenze überschritt er zu Fuß; vom Grenzbereich wurde er mit einem Bus nach Klagenfurt und mit dem Zug weiter nach Wien verbracht, wo er am 03.11.2015 den gegenständlichen Asylantrag stellte. Die Reise dauerte insgesamt etwa 10 Tage, wurde durch ihn selbst und Schlepper organisiert und kostete etwa USD 1.300. Der BF reiste mit seinem Bruder, XXXX , geboren XXXX (IFA XXXX ) welchen er bei einem Grenzübertritt vor der österreichischen Grenze aus den Augen verlor. Eine EURODAC-Abfrage verlief negativ. [Erstbefragung AS 19; EURODAC-Abfrage AS 6f].

1.3. Zur individuellen Situation des Beschwerdeführers im Heimatstaat:

Im Herkunftsstaat besuchte der BF elf Jahre die Grundschule in XXXX . Im Anschluss daran absolvierte er drei Jahre die Mittelschule und zwei Jahre das Gymnasium. Vor seiner Ausreise arbeitete er etwa eine Woche unbezahlt als Sekretär bei einem XXXX , über weitere Ausbildungen verfügt der BF nicht [Niederschrift-BFA AS 71: VH-Niederschrift S. 5].

Die Kernfamilie des BF, bestehend aus dessen Mutter, XXXX , geb. XXXX und dem in Österreich lebenden Bruder XXXX , geboren XXXX (IFA XXXX ), lebte zuletzt in XXXX , im Bezirk XXXX , in der XXXX . Es gibt noch weitere Onkel und Tanten, zu welchen jedoch kein Kontakt besteht. Der Vater des BF, XXXX , verstarb am XXXX [Niederschrift-BFA AS 71; Niederschrift-BFA des Bruders AS 127; VH-Niederschrift S. 6f].

Der BF war bis zu seiner Flucht Schüler und arbeitete lediglich eine Woche als unbezahlter Sekretär eines Arztes. Für den Lebensunterhalt kam die Mutter des BF, eine XXXX , auf. Derzeit lebt die Mutter von der Pension des Vaters [Niederschrift-BFA AS 71f; Niederschrift-BFA des Bruders AS 128; VH-Niederschrift S. 5].

1.4. Zu den Fluchtgründen des Beschwerdeführers:

Der BF hatte weder mit der Polizei noch mit den Verwaltungsbehörden noch mit den Gerichten des Herkunftsstaates ein Problem. Er wurde zu keinem Zeitpunkt von staatlichen Organen oder von einer bewaffneten Gruppierung wegen seiner Zugehörigkeit zur Glaubensrichtung der Sunniten bzw. zur (Mehrheits-)ethnie der Araber oder aus politischen Gründen, etwa wegen einer Zugehörigkeit zu einer politischen Partei des Herkunftsstaates verfolgt [Niederschrift-BFA AS 69 und 81; VH-Niederschrift S. 5f].

Das Fluchtvorbringen des BF, nach drei Rekrutierungsversuchen durch mehrere schiitische Milizen aus dem Irak geflohen zu sein, erweist sich als nicht glaubhaft. Ebenso konnte eine von staatlicher Seite erfolgende systematische Verfolgung aufgrund seines Vornamens nicht festgestellt werden [Niederschrift-BFA vom AS 75, VH-Niederschrift S. 10f].

Weitere Fluchtgründe brachte er nicht vor.

Festgestellt wird, dass der BF aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort seinen Herkunftsstaat verlassen hat.

Insgesamt vermochte der BF nicht glaubhaft zu machen, dass er im Herkunftsstaat einer asylrelevanten Bedrohung oder Verfolgung durch eine (schiitische) Miliz oder aufgrund seines sunnitischen Vornamens ausgesetzt gewesen wäre.

1.5. Zu etwaigen Integrationsschritten im Bundesgebiet:

Der BF hat nachweislich an mehreren Deutschkursen teilgenommen. Im Oktober 2017 erwarb er zuletzt ein Deutsch-Sprachzertifikat der Stufe A2. Aktenkundig ist die Teilnahme an mehreren Integrationsmodulen des XXXX Programms der XXXX sowie die Teilnahme an dem Modul „Polizei & Sicherheit“. Er ist Mitglied eines Fitnessclubs. Seine Integration wird auch durch ein vorliegendes Empfehlungsschreiben des Vereins „ XXXX “ bestätigt [ÖSD-Sprachzertifikat AS 89; Lebenslauf AS 95; Anmeldebestätigungen für Sprachkurse AS 97-103 und AS 117; Teilnahmebestätigung „Polizei & Sicherheit“ AS 105; XXXX Bestätigungen AS 107-115; Empfehlungsschreiben XXXX AS 119; Membercard Fitnessclub AS 121].

Der Beschwerdeführer geht keiner zur Sozialversicherung gemeldeten Tätigkeit nach und bezieht Leistungen aus der Grundversorgung [AJ-Web Auszug; GVS-Auszug].

1.6. Zur Lage im Irak wird festgestellt:

Nachdem es den irakischen Sicherheitskräften (ISF) gemeinsam mit schiitischen Milizen, den sogenannten Popular Mobilisation Forces (PMF), mit Unterstützung durch die alliierten ausländischen Militärkräfte im Laufe des Jahres 2016 gelungen war, die Einheiten der Terrororganisation Islamischer Staat (IS) sowohl aus den von ihr besetzten Teilen der südwestlichen Provinz Al Anbar bzw. deren Metropolen Fallouja und Ramadi als auch aus den nördlich an Bagdad anschließenden Provinzen Diyala und Salah al Din zu verdrängen, beschränkte sich dessen Herrschaftsgebiet in der Folge auf den Sitz seiner irakischen Kommandozentrale bzw. seines „Kalifats“ in der Stadt Mossul, Provinz Ninava, sowie deren Umgebung bis hin zur irakisch-syrischen Grenze. Ab November 2016 wurden die Umgebung von Mossul sowie der Ostteil der Stadt bis zum Ufer des Tigris sukzessive wieder unter die Kontrolle staatlicher Sicherheitskräfte gebracht, im Westteil wurde der IS von den irakischen Sicherheitskräften und ihren Verbündeten, die aus dem Süden, Norden und Westen in das Zentrum der Stadt vordrangen, in der Altstadt von Mossul eingekesselt. Der sunnitische IS wiederum versuchte, parallel zu diesen Geschehnissen, durch vereinzelte Selbstmordanschläge in Bagdad und anderen Städten im Süd- sowie Zentralirak seine wenn auch mittlerweile stark eingeschränkte Fähigkeit, die allgemeine Sicherheitslage zu destabilisieren, zu demonstrieren. Anfang Juli 2017 erklärte der irakische Premier Abadi Mossul für vom IS befreit. In der Folge wurden auch frühere Bastionen des IS westlich von Mossul in Richtung der irakisch-syrischen Grenze wie die Stadt Tal Afar durch die Militärallianz vom IS zurückerobert. Zuletzt richteten sich die Operationen der Militärallianz gegen den IS auf letzte Überreste seines früheren Herrschaftsgebiets im äußersten Westen der Provinz Anbar sowie eine Enklave um Hawija südwestlich von Kirkuk.

Die Sicherheitslage innerhalb der drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion des Nordiraks, nämlich Dohuk, Erbil und Suleimaniya, ist angesichts der Maßnahmen der regionalen Sicherheitskräfte wie Grenzkontrollen und innerregionale Aufenthaltsbestimmungen als stabil anzusehen. Seit Oktober 2017 befindet sich die kurdische Regionalregierung in Konflikt mit der irakischen Zentralregierung in der Frage der Kontrolle über die von kurdischen Sicherheitskräften bislang besetzt gehaltenen Grenzregionen südlich der Binnengrenze der Autonomieregion zum übrigen irakischen Staatsgebiet, insbesondere die Region um die Stadt Kirkuk betreffend. Zuletzt kam es zu einer Besetzung dieser Region sowie weiterer Landstriche entlang der Binnengrenze durch die irakische Armee und der Zentralregierung nahestehende Volksmobilisierungseinheiten, während sich die kurdischen Sicherheitskräfte aus diesen Bereichen zurückzogen. Eine Einreise in die drei Provinzen der kurdischen Autonomieregion ist angesichts eines Luftraumembargos der Nachbarstaaten Türkei und Iran gegen die kurdische Regionalregierung auf direkte Weise aktuell nur auf dem Landweg möglich.

Die Sicherheitslage in den südirakischen Provinzen, insbesondere in der Provinz Basra, war, als Folge einer Sicherheitsoffensive staatlicher Militärkräfte im Gefolge interkonfessioneller Gewalt im Jahr 2007, ab 2008 stark verbessert und bis 2014 insgesamt stabil. Auch war die Region nicht unmittelbar von der Invasion der Truppen des IS im Irak in 2013 und 2014 betroffen. Die Gegenoffensive staatlicher Sicherheitskräfte und deren Verbündeter gegen den IS in Anbar und den nördlicher gelegenen Provinzen bedingte zuletzt eine Verlagerung von Militär- und Polizeikräften in den Norden, die wiederum eine größere Instabilität im Süden, verbunden vor allem mit einem Anstieg an krimineller Gewalt mit sich brachte.

Die Sicherheitslage im Großraum Bagdad war durch die genannten Ereignisse im Wesentlichen ebenfalls nicht unmittelbar beeinträchtigt. Es waren jedoch vereinzelte Anschläge bzw. Selbstmordattentate auf öffentliche Einrichtungen oder Plätze mit einer teils erheblichen Zahl an zivilen Opfern zu verzeichnen, die, ausgehend vom Bekenntnis des - als sunnitisch zu bezeichnenden - IS dazu, sich gegen staatliche Sicherheitsorgane oder gegen schiitische Wohnviertel und Städte richteten, um dort ein Klima der Angst sowie religiöse Ressentiments zu erzeugen und staatliche Sicherheitskräfte vor Ort zu binden. Hinweise auf eine etwaig religiös motivierte Bürgerkriegssituation finden sich in den Länderberichten nicht, ebenso auch nicht in Bezug auf die Säuberung von ethnischen oder religiösen Gruppierungen bewohnte Gebiete.

Anlassbezogen ist jedoch nicht hervorgekommen, dass der Beschwerdeführer einer asylrelevanten Bedrohung durch schiitische Milizen oder durch die Polizei des Herkunftsstaates ausgesetzt gewesen wäre.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges- amt- bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff am 28.07.2020

-        ACCORD - Austrian Centre for Country of Origin and Asylum Research and Documentation (11.12.2019): ecoi.net-Themendossier zum Irak: Schiitische Milizen, https://www.ecoi.net/en/document/2021156.html, Zugriff am 28.07.2020

-        BFA Staatendokumentation: Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Irak: Von schiitischen Milizen dominierte Gebiete (Ergänzung zum Länderinformationsblatt), 04.01.2018 https://www.ecoi.net/en/file/local/1422124/5618_1516263925_irak-sm-von-schiitischen-milizen-dominierte-gebiete-2018-01-04-ke.doc Zugriff am 28.07.2020

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (1.2020a): Geschichte & Staat, https://www.liportal.de/irak/geschichte-staat/, Zugriff am 28.07.2020

-        FPRI - Foreign Policy Research Institute (19.8.2019): The Future of the Iraqi Popular Mobilization Forces, https://www.fpri.org/article/2019/08/the-future-of-the-iraqi-popular-mobilization-forces/, Zugriff am 28.07.2020

-        Süß, Clara-Auguste (21.8.2017): Al-Hashd ash-Sha’bi: Die irakischen „Volksmobilisierungseinheiten“ (PMU/PMF), in BFA Staatendokumentation: Fact Finding Mission Report Syrien mit ausgewählten Beiträgen zu Jordanien, Libanon und Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1410004/5618_1507116516_ffm-bericht-syrien-mit-beitraegen-zu-jordanien-libanon-irak-2017-8-31-ke.pdf, Zugriff 28.07.2020

-        UK Home Office: Country Policy and Information Note Iraq: Sunni (Arab) Muslims, 06/2017 https://www.ecoi.net/en/file/local/1403272/1226_1499246656_iraq-sunni-arabs-cpin-v2-0-june-2017.pdf Zugriff am 28.07.2020

-        UNHCR – UN High Commissioner for Refugees: Iraq: Relevant COI for Assessments on the Availability of an Internal Flight or Relocation Alternative (IFA/IRA); Ability of Persons Originating from (Previously or Currently) ISIS-Held or Conflict Areas to Legally Access and Remain in Proposed Areas of Relocation, 12.04.2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1397131/1930_1492501398_58ee2f5d4.pdf Zugriff am 28.07.2020

-        Wilson Center (27.4.2018): Part 2: Pro-Iran Militias in Iraq, https://www.wilsoncenter.org/article/part-2-pro-iran-militias-iraq, Zugriff am 28.07.2020

1.6.1. Berufsgruppen:

Aus den Länderinformationen zum Herkunftsstaat der bfP geht hervor, dass Polizisten, Soldaten, Journalisten, Menschenrechtsverteidiger, Intellektuelle, Richter und Rechtsanwälte und alle Mitglieder des Sicherheitsapparats besonders gefährdet seien (AA 12.01.2019).

Inhaber von Geschäften, in denen Alkohol verkauft wird - fast ausschließlich Angehörige von Minderheiten, vor allem Jesiden und Christen (AA 12.1.2019; vgl. USDOS 21.6.2019), Zivilisten, die für internationale Regierungs- und Nichtregierungsorganisationen oder ausländische Unternehmen arbeiten sowie medizinisches Personal werden ebenfalls immer wieder Ziel von Entführungen oder Anschlägen (AA 12.1.2019).

Der BF war laut eigenen Angaben zuletzt Schüler, weswegen nicht von einer besonderen Gefährdung ausgegangen werden kann.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff am 28.07.2020

-        USDOS - US Department of State (21.6.2019): 2018 Report on International Religious Freedom: https://www.ecoi.net/de/dokument/2011175.html, Zugriff am 28.07.2020

1.6.2. Medizinische Versorgung:

Das Gesundheitswesen besteht aus einem privaten und einem öffentlichen Sektor. Grundsätzlich sind die Leistungen des privaten Sektors besser, zugleich aber auch teurer. Ein staatliches Krankenversicherungssystem existiert nicht. Alle irakischen Staatsbürger, die sich als solche ausweisen können - für den Zugang zum Gesundheitswesen wird lediglich ein irakischer Ausweis benötigt - haben Zugang zum Gesundheitssystem. Fast alle Iraker leben etwa eine Stunde vom nächstliegenden Krankenhaus bzw. Gesundheitszentrum entfernt. In ländlichen Gegenden lebt jedoch ein bedeutender Teil der Bevölkerung weiter entfernt von solchen Einrichtungen (IOM 1.4.2019). Staatliche, wie private Krankenhäuser sind fast ausschließlich in den irakischen Städten zu finden. Dort ist die Dichte an praktizierenden Ärzten, an privaten und staatlichen Kliniken um ein Vielfaches größer. Gleiches gilt für Apotheken und medizinische Labore. Bei der Inanspruchnahme privatärztlicher Leistungen muss zunächst eine Art Praxisgebühr bezahlt werden. Diese beläuft sich in der Regel zwischen 15.000 und 20.000 IQD (Anm.: ca. 12-16 EUR). Für spezielle Untersuchungen und Laboranalysen sind zusätzliche Kosten zu veranschlagen. Außerdem müssen Medikamente, die man direkt vom Arzt bekommt, gleich vor Ort bezahlt werden. In den staatlichen Zentren zur Erstversorgung entfällt zwar in der Regel die Praxisgebühr, jedoch nicht die Kosten für eventuelle Zusatzleistungen. Darunter fallen etwa Röntgen- oder Ultraschalluntersuchungen (GIZ 12.2019).

Insgesamt bleibt die medizinische Versorgungssituation angespannt (AA 12.1.2019). Die Erstversorgung ist hier grundsätzlich gegeben; allerdings gilt die Faustformel: Je kleiner und abgeschiedener das Dorf, umso schwieriger die medizinische Versorgung (GIZ 12.2019). In Bagdad arbeiten viele Krankenhäuser mit eingeschränkter Kapazität. Die Ärzte und das Krankenhauspersonal gelten generell als qualifiziert, viele haben aber aus Angst vor Entführung oder Repression das Land verlassen. Die für die Grundversorgung der Bevölkerung besonders wichtigen örtlichen Gesundheitszentren (ca. 2.000 im gesamten Land) sind entweder geschlossen oder wegen baulicher, personeller und Ausrüstungsmängel nicht in der Lage, die medizinische Grundversorgung sicherzustellen (AA 12.1.2019). Spezialisierte Behandlungszentren für Personen mit psychosoziale Störungen existieren zwar, sind jedoch nicht ausreichend (UNAMI 12.2016). Laut Weltgesundheitsorganisation ist die primäre Gesundheitsversorgung nicht in der Lage, effektiv und effizient auf die komplexen und wachsenden Gesundheitsbedürfnisse der irakischen Bevölkerung zu reagieren (WHO o.D.).

Der BF bezeichnete sich selbst als gesund, sodass er keine medizinische Versorgung benötigt und bei ihm grundsätzlich Arbeitsfähigkeit vorliegt.

Quellen:

-        AA - Auswärtiges Amt (12.1.2019): Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Irak, https://www.ecoi.net/en/file/local/1457267/4598_1548939544_auswaertiges-amt-bericht-ueber-die-asyl-und-abschiebungsrelevante-lage-in-der-republik-irak-stand-dezember-2018-12-01-2019.pdf, Zugriff am 28.07.2020

-        GIZ - Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (12.2019): Alltag, https://www.liportal.de/irak/alltag/, Zugriff am 30.06.2020

-        IOM - Internationale Organisation für Migration (1.4.2019): Länderinformationsblatt Irak (Country Fact Sheet 2018), https://milo.bamf.de/milop/livelink.exe/fetch/2000/702450/698578/704870/698617/18363939/Irak_%2D_Country_Fact_Sheet_2018%2C_deutsch.pdf?nodeid=20101157&vernum=-2, Zugriff am 28.07.2020

-        UNAMI - United Nations Assistance Mission to Iraq (12.2016): Report on the Rights of Persons with Disabilities in Iraq, https://reliefweb.int/sites/reliefweb.int/files/resources/UNAMI_OHCHR__Report_on_the_Rights_of_PWD_FINAL_2Jan2017.pdf, Zugriff am 28.07.2020

-        WHO - World Health Organization (o.D.): Iraq: Primary Health Care, http://www.emro.who.int/irq/programmes/primary-health-care.html, Zugriff am 28.07.2020

1.6.3. Anfragebeantwortungen der Staatendokumentation von Oktober 2014 und Oktober 2019, welche nach einer Aktualisierung vom 16.06.2020 noch immer als aktuell anzusehen sind, haben ergeben, dass sunnitisch und schiitisch konnotierte Namen zu Diskriminierung und Schikanen führen können. Speziell Namen wie Bakr und Omar lassen eine Identifizierung als Sunnit zu und verstärken die Verfolgungsgefahr. Aus diesem Grund wächst der Markt für gefälschte ID-Karten und es existieren Websites, auf denen Tipps gegeben werden, wie man sich verhalten soll um seine Identität zu verschleiern [Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Irak: Verfolgung aufgrund eines „sunnitischen/schiitischen Namens vom 06.10.2016; Anfragebeantwortung der Staatendokumentation zu Irak: Einreise, Rückkehrlage und Zugang zu Sozialleistungen vom 14.10.2014 S. 10 und update vom 16.06.2020].

1.7. Aus den Angaben des BF lassen sich keine Anhaltspunkte dahingehend entnehmen, dass er mit den Behörden, der Polizei oder den Gerichten des Herkunftsstaates - etwa wegen seines Religionsbekenntnisses, seiner ethnischen Zugehörigkeit zur Mehrheitsbevölkerung der Araber oder aus politischen Gründen - Probleme gehabt hätte.

Es gibt auch keinerlei Hinweise in die Richtung, dass er oder die Angehörigen seiner Kernfamilie jemals politisch aktiv gewesen wären oder die Genannten einer politisch aktiven Bewegung oder einer bewaffneten Gruppierung des Herkunftsstaates als Mitglieder angehört hätten.

Er hatte mit den Angehörigen derselben Glaubensrichtung bzw. mit den Angehörigen einer anderen im Herkunftsstaat beheimateten Glaubensrichtung keine Probleme.

Bei einer Rückkehr in den Herkunftsstaat wird der Beschwerdeführer keiner - aus in seiner Person gelegenen Gründen oder aufgrund der allgemeinen Lage vor Ort - realen Gefahr einer Verletzung seiner durch Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder 13 zur Konvention geschützten Rechte oder als Zivilperson einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes ausgesetzt sein.

2. Beweiswürdigung:

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. dargestellte Verfahrensgang und die in der Folge getroffenen (sachverhaltsbezogenen) Feststellungen ergeben sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt der vorgelegten Verwaltungsakten des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes, sowie aus den niederschriftlich protokollierten Angaben des BF anlässlich seiner Befragung durch die Organe der belangten Behörde.

2.2. Zur Person der beschwerdeführenden Partei:

Soweit in der gegenständlichen Rechtssache zur Identität, Volksgruppen- und Religionszugehörigkeit sowie der Staatsangehörigkeit des Beschwerdeführers Feststellungen getroffen wurden, beruhen diese im Wesentlichen auf den im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, die vom BF vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde, andererseits vor den Organen der belangten Behörde getätigt wurden, sowie auf den im Akt befindlichen Kopien der vorgelegten persönlichen Dokumente und Urkunden.

Diese Feststellungen gelten ausschließlich für die Identifizierung der Person des BF im gegenständlichen verwaltungsgerichtlichen Verfahren.

Die zu seiner Ausreise aus dem Irak, zur weiteren Reiseroute und zur Einreise ins Bundesgebiet getroffenen Konstatierungen ergeben sich aus seinen glaubhaften Angaben anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor den Organen der Sicherheitsbehörde, die im Wesentlichen unstrittig geblieben sind und der gegenständlichen Entscheidung daher im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu Grunde gelegt werden konnten.

2.3. Zum Vorbringen des Beschwerdeführers:

Das Vorbringen des BF zu den Gründen für das Verlassen des Herkunftsstaates und zu seiner Situation im Fall der Rückkehr in den Herkunftsstaat beruht einerseits auf seinen Angaben vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde, sowie auf den vor den Organen der belangten Behörde gemachten Angaben.

Vor den Organen der öffentlichen Sicherheitsbehörde hatte der BF angegeben, dass es durch unterschiedliche schiitische Milizen zu Rekrutierungsversuchen gekommen sei. Da er jedoch keine Waffen habe tragen wollen habe er sich geweigert und aus Angst um sein Leben das Land verlassen.

Vor der belangten Behörde bestätigte der BF die Fluchtroute und seine Fluchtgründe. Mitglieder der Milizen seien ab dem Jahr 2015 ca. dreimal bei ihnen (Anm. im Wohnhaus seiner Mutter, des Bruders sowie des BF) zu Hause gewesen und hätten ihn und seinen minderjährigen Bruder aufgefordert, sich zu bewaffnen und eine Ausbildung zu absolvieren um an ihrer Seite zu kämpfen. Beide hätten jedoch keine Waffen tragen wollen und in der Folge auf Anraten der Mutter das Land in Richtung Europa verlassen. Hätten beide den Aufforderungen der Milizen nicht Folge geleistet, so wären sie als Sunniten nicht ungeschoren davongekommen. Sein Vater sei zudem von schiitischen Milizen getötet worden, den genauen Tathergang könne er jedoch nicht rekonstruieren, da er zu diesem Zeitpunkt nicht bei seinem Vater gewesen sei. Seine Mutter sei ebenso Ziel eines Terrorangriffs geworden, bei welchem sie ihr Augenlicht am linken Auge verloren habe. Es sei niemals direkt Kontakt mit ihm aufgenommen worden, die Milizen hätten immer nur seine Mutter zu Hause angetroffen. Es sei gedroht worden, dass sie mitmarschieren müssten, widrigenfalls sie getötet würden. Eine konkrete Miliz könne er nicht nennen, da es derer viele gäbe. Die Milizen seien immer dann gekommen, wenn er und sein Bruder in der Schule gewesen seien.

Die Milizen seien noch immer an ihm interessiert, da er Sunnit sei und aus religiösen Gründen speziell Menschen mit dem Namen „ XXXX “ hassen würden. Er sei ob seines Namens auch in der Schule rassistischen Problemen ausgesetzt gewesen. Eine Namensänderung wäre nicht erfolgreich, da er in seiner Region bekannt sei. Milizen seien im ganzen Land, weswegen die Umsiedelung in eine andere Region nicht zielführend sei. Seine Mutter sei Schiitin und könne deshalb sicher im Irak leben.

Die Aussage des BF vor dem BVwG vermochte kein Gefährdungsbild durch eine Rekrutierung zu verdeutlichen. Wie bereits vor der belangten Behörde gab der Beschwerdeführer bei der hg. mündlichen Verhandlung an, dass es zu drei Versuchen der Rekrutierung im September 2015 gekommen sei. Fraglich ist jedoch, warum dies immer über die Mutter als Stellvertreterin erfolgt sein soll, zumal der BF und dessen Bruder im Jahr 2015 bereits 20 und 16 Jahre alt waren und sohin direkt hätten angesprochen werden können. Weiters gab der BF an, nie direkten Kontakt zu irgendeinem Mitglied einer Milz gehabt zu haben. Zweifelhaft erscheint in diesem Zusammenhang auch, dass der BF bei drei Versuchen der Rekrutierung keine konkrete Miliz nennen konnte, welche Interesse an seiner Mitwirkung gehabt haben soll. Die von ihm vorgebrachte Bedrohung durch namentlich nicht genannte schiitische Milizen erscheint auch dadurch abgeschwächt, dass es zu keinem Zeitpunkt eine direkte Androhung von Folgen einer Nichtbeachtung der Rekrutierung gab. Die Aussage, dass er „mitmarschieren müsse, widrigenfalls er getötet werde“ wurde nicht ihm gegenüber getätigt sondern von dritter Hand an ihn weitergegeben.

Bezüglich seiner Eltern verstrickte sich der BF in Widersprüche zu den Angaben seines Bruders. Während die versuchte Rekrutierung noch übereinstimmend berichtet wurde gab der Bruder entgegen dem BF an, dass deren Mutter nicht bei einem Terrorangriff attackiert wurde, sondern bei einem Zwischenfall mit einem Verkehrspolizisten angeschossen wurde als dieser versucht habe, mittels eines Schusses den Verkehr zu regeln. Diese Aussage ist auch gut damit in Einklang zu bringen, dass sie laut Aussage des BF als Schiitin im Irak sicher leben könne. Auch wenn genau diese Situation nicht als fluchtauslösend genannt wurde so lässt sie die Aussagen des BF bezüglich einer Bedrohung durch schiitische Milizen in einem abgeschwächten Licht erscheinen. Die vom BF angegebene Ermordung des Vaters im Zusammenhang mit einem Terrorakt konnte ebenso nicht bestätigt werden. Laut der dem Akt beiliegen Niederschrift der Einvernahme des Bruders des BF ist der Vater zwar durch eine Schussverletzung getötet worden, der genaue Hintergrund ist diesen Dokumenten jedoch nicht zu entnehmen.

Auch in Bezug auf die vom BF vorgebracht Diskriminierung wegen seines Vornamens blieb er ungenau und konnte lediglich angeben, bereits in der Schule schlechter behandelt worden zu sein. Konkrete Beispiele, wie diese Diskriminierung in seinem konkreten Fall ausgesehen hat, nannte der BF nicht. In diesem Zusammenhang ist auf auffällig, dass der BF dieses Bedrohungsszenario bei seiner Erstbefragung nicht nannte, sondern erst vor der belangten Behörde. Selbst unter der Prämisse, dass die Erstbefragung gemäß § 19 AsylG vordergründig der Feststellung der Person des Antragstellers und der Reiseroute dient scheint es nicht lebensnah, dass eine solche Bedrohung aufgrund des Vornamens in so einer Situation nicht genannt wird. Zusätzlich scheint dieses Vorbringen in diesem konkreten Fall unhaltbar, da der BF seine Kindheit und Jugend in einem vorwiegend von Sunniten bewohnten Stadtteil seiner Heimatstadt verbrachte.

Die getroffenen Konstatierungen waren somit im Rahmen der freien Beweiswürdigung zu treffen.

2.4. Zur Lage im Herkunftsstaat:

Die länderkundlichen Feststellungen zur allgemeinen Lage im Irak gründen auf dem Amtswissen des erkennenden Gerichtes und auf den als notorisch zu qualifizierenden aktuellen Ereignissen im Herkunftsstaat der bfP in Verbindung mit den dazu ergänzend eingesehenen länderkundlichen Informationsquellen. Diesen war auch kein über die oben erörterten, vom BF selbst dargebotenen Verfolgungsgründe hinausgehender Sachverhalt zu entnehmen, der allenfalls Anhaltspunkte für eine aus sonstigen Gründen dem BF drohende individuelle Gefährdung beinhaltet hätte.

2.5. Zur Integration des BF in Österreich:

Die Feststellungen zu den vom Beschwerdeführer in Österreich gesetzten Integrationsschritten (Deutschkursbesuch, Teilnahme an Integrationsmodulen) ergaben sich aus den diesbezüglichen glaubhaften Nachweisen im Akt. Die Echtheit des vom BF vorgelegten Empfehlungsschreibens vom XXXX steht außer Zweifel und bestätigt die soziale Integration des BF.

Der Bezug aus Leistungen der Grundversorgung und dass der BF keiner Erwerbstätigkeit nachgeht ergibt sich aus den diesbezüglichen Abfragen der Versicherungsdaten und einem Auszug aus dem GVS-Betreuungsinformationssystem.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zuständigkeit und anzuwendendes Recht:

3.1.1. Die gegen den Bescheid der belangten Behörde vom XXXX .08.2018 erhobene Beschwerde des BF ist rechtzeitig und legte die belangte Behörde die Beschwerdesachen dem Bundesverwaltungsgericht vor.

Gemäß § 7 Abs. 1 Z 1 des BFA-Verfahrensgesetzes (BFA-VG), BGBl. I Nr. 87/2012 idgF., entscheidet über Beschwerden gegen Entscheidungen (Bescheide) des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (BFA) das Bundesverwaltungsgericht.

3.1.2. Gemäß § 6 des Bundesverwaltungsgerichtsgesetzes (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.

Da in den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen eine Senatszuständigkeit nicht vorgesehen ist, obliegt die Entscheidung in der gegenständlichen Rechtssache dem nach der jeweils geltenden Geschäftsverteilung des Bundesverwaltungsgerichtes zuständigen Einzelrichter.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte, mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. I Nr 33/2013 idgF, geregelt. Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes (AgrVG), BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 (DVG), BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

3.2. Zu Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides:

3.2.1. Gemäß § 3 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz im Sinne des § 2 Abs. 1 Z 13 AsylG 2005 gestellt hat, soweit dieser Antrag nicht bereits gemäß §§ 4, 4a oder 5 AsylG 2005 zurückzuweisen ist, der Status des Asylberechtigten zuzuerkennen, wenn glaubhaft ist, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 55/1955, idF des Protokolls über die Rechtsstellung der Flüchtlinge, BGBl. Nr. 78/1974 (Genfer Flüchtlingskonvention - GFK), droht.

Als Flüchtling im Sinne des Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK ist anzusehen, wer sich aus wohlbegründeter Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung verfolgt zu werden, außerhalb seines Heimatlandes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, sich des Schutzes dieses Landes zu bedienen; oder wer staatenlos ist, sich infolge obiger Umstände außerhalb des Landes seines gewöhnlichen Aufenthaltes befindet und nicht in der Lage oder im Hinblick auf diese Furcht nicht gewillt ist, in dieses Land zurückzukehren.

Zentrales Element des Flüchtlingsbegriffes ist nach ständiger Rechtsprechung des VwGH die „wohlbegründete Furcht vor Verfolgung“ (vgl. VwGH vom 22.12.1999, Zl. 99/01/0334; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131 und vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011). Eine solche liegt dann vor, wenn sie im Lichte der speziellen Situation des Asylwerbers unter Berücksichtigung der Verhältnisse im Verfolgerstaat objektiv nachvollziehbar ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob sich eine bestimmte Person in einer konkreten Situation tatsächlich fürchtet, sondern ob sich eine mit Vernunft begabte Person in dieser Situation aus Konventionsgründen fürchten würde (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0370 und vom 21.09.2000, Zl. 2000/20/0286).

Unter Verfolgung ist ein ungerechtfertigter Eingriff von erheblicher Intensität in die zu schützende Sphäre des Einzelnen zu verstehen, der sich eignet, die Unzumutbarkeit der Inanspruchnahme des Schutzes des Heimatstaates bzw. der Rückkehr in das Land des vorigen Aufenthaltes zu begründen (VwGH vom 24.11.1999, Zl. 99/01/0280). Eine Verfolgungsgefahr ist dann anzunehmen, wenn eine Verfolgung mit einer maßgeblichen Wahrscheinlichkeit droht, die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung genügt nicht (VwGH vom 19.12.1995, Zl. 94/20/0858; vom 23.09.1998, Zl. 98/01/0224; vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318; vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0370; vom 06.10.1999, Zl. 99/01/0279 mwN; vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233; vom 21.12.2000, Zl. 2000/01/0131 und vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Die Verfolgungsgefahr muss aktuell sein, was bedeutet, dass sie zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegen muss (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318 und vom 19.10.2000, Zl. 98/20/0233). Bereits gesetzte vergangene Verfolgungshandlungen können im Beweisverfahren ein wesentliches Indiz für eine bestehende Verfolgungsgefahr darstellen, wobei hierfür dem Wesen nach eine Prognose zu erstellen ist (VwGH vom 05.11.1992, Zl. 92/01/0792 und vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0318). Die Verfolgungsgefahr muss ihre Ursache in den in der GFK genannten Gründen haben, welche Art. 1 Abschnitt A Z 2 nennt, und muss ihrerseits Ursache dafür sein, dass sich die betreffende Person außerhalb ihres Heimatstaates bzw. des Staates ihres vorigen Aufenthaltes befindet. Die Verfolgungsgefahr muss dem Heimatstaat bzw. dem Staat des letzten gewöhnlichen Aufenthaltes zurechenbar sein, wobei Zurechenbarkeit nicht nur ein Verursachen bedeutet, sondern eine Verantwortlichkeit in Bezug auf die bestehende Verfolgungsgefahr bezeichnet (VwGH vom 16.06.1994, Zl. 94/19/0183).

Von einer mangelnden Schutzfähigkeit des Staates kann nicht bereits dann gesprochen werden, wenn der Staat nicht in der Lage ist, seine Bürger gegen jedwede Übergriffe seitens Dritter präventiv zu schützen. Es ist erforderlich, dass der Schutz generell infolge Fehlens einer nicht funktionierenden Staatsgewalt nicht gewährleistet wird (vgl. VwGH vom 01.06.1994, Zl. 94/18/0263 und vom 01.02.1995, Zl. 94/18/0731). Die mangelnde Schutzfähigkeit hat jedoch nicht zur Voraussetzung, dass überhaupt keine Staatsgewalt besteht - diesfalls wäre fraglich, ob von der Existenz eines Staates gesprochen werden kann -, die ihren Bürgern Schutz bietet. Es kommt vielmehr darauf an, ob in dem relevanten Bereich des Schutzes der Staatsangehörigen vor Übergriffen durch Dritte aus den in der GFK genannten Gründen eine ausreichende Machtausübung durch den Staat möglich ist. Mithin kann eine von dritter Seite ausgehende Verfolgung nur dann zur Asylgewährung führen, wenn sie von staatlichen Stellen infolge nicht ausreichenden Funktionierens der Staatsgewalt nicht abgewendet werden kann (VwGH vom 22.03.2000, Zl. 99/01/0256).

Verfolgungsgefahr kann nicht ausschließlich aus individuell gegenüber dem Einzelnen gesetzten Einzelverfolgungsmaßnahmen abgeleitet werden, vielmehr kann sie auch darin begründet sein, dass regelmäßig Maßnahmen zielgerichtet gegen Dritte gesetzt werden, und zwar wegen einer Eigenschaft, die der Betreffende mit diesen Personen teilt, sodass die begründete Annahme besteht, (auch) er könnte unabhängig von individuellen Momenten solchen Maßnahmen ausgesetzt sein (VwGH vom 09.03.1999, Zl. 98/01/0370 und vom 22.10.2002, Zl. 2000/01/0322).

Die Voraussetzungen der GFK sind nur bei jenem Flüchtling gegeben, der im gesamten Staatsgebiet seines Heimatlandes keinen ausreichenden Schutz vor einer konkreten Verfolgung findet (VwGH vom 08.10.1980, VwSlg. 10.255 A). Steht dem Asylwerber die Einreise in Landesteile seines Heimatstaates offen, in denen er frei von Furcht leben kann, und ist ihm dies zumutbar, so bedarf er des asylrechtlichen Schutzes nicht; in diesem Fall liegt eine sog. „inländische Fluchtalternative“ vor. Der Begriff „inländische Fluchtalternative“ trägt dem Umstand Rechnung, dass sich die wohlbegründete Furcht vor Verfolgung iSd. Art. 1 Abschnitt A Z 2 GFK, wenn sie die Flüchtlingseigenschaft begründen soll, auf das gesamte Staatsgebiet des Heimatstaates des Asylwerbers beziehen muss (VwGH vom 08.09.1999, Zlen. 98/01/0503 und 98/01/0648).

Grundlegende politische Veränderungen in dem Staat, aus dem der Asylwerber aus wohlbegründeter Furcht vor asylrelevanter Verfolgung geflüchtet zu sein behauptet, können die Annahme begründen, dass der Anlass für die Furcht vor Verfolgung nicht (mehr) länger bestehe. Allerdings reicht eine bloße - möglicherweise vorübergehende - Veränderung der Umstände, die für die Furcht des betreffenden Flüchtlings vor Verfolgung mitbestimmend waren, jedoch keine wesentliche Veränderung der Umstände iSd. Art. 1 Abschnitt C Z 5 GFK mit sich brachten, nicht aus, um diese zum Tragen zu bringen (VwGH vom 21.01.1999, Zl. 98/20/0399 und vom 03.05.2000, Zl. 99/01/0359).

3.2.2. Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes erweist sich die gegenständliche Beschwerde als unbegründet:

Ein in seiner Intensität asylrelevanter Eingriff in die vom Staat zu schützende Sphäre des Einzelnen führt dann zur Flüchtlingseigenschaft, wenn er an einem in Art. 1 Abschnitt A Z 2 der GFK festgelegten Grund, nämlich die Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder politische Gesinnung anknüpft.

Eine gegen seine Person gerichtete Verfolgungsgefahr von staatlicher Seite aus solchen Gründen wurde vom Beschwerdeführer weder im Verfahren vor der belangten Behörde, noch im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht glaubhaft gemacht.

Soweit er in der Beschwerde geltend gemacht hat, dass er aufgrund der versuchten Rekrutierung durch namentlich nicht genannte schiitische Milizen und den Folgen seiner Weigerung, an einem bewaffneten Konflikt teilzunehmen, das Land verlassen hat gelang es ihm nicht, dieses Vorbringen glaubhaft zu machen. Die nur von dritter Seite erfolgte Information über eine mutmaßliche Rekrutierung reicht nicht aus, um eine direkte Bedrohung des BF zu belegen. Auch die entfernte Möglichkeit einer Verfolgung reicht nicht aus, um den Status eines Asylberechtigten zu erhalten (VwGH vom 15.12.2015, Ra 2015/18/0100). Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, und konnten solche auch vom BF nicht glaubhaft gemacht werden, dass ihm eine über die allgemeinen im Irak herrschende Gefahr hinausgehende Gruppenverfolgung drohen würde. Die Angaben, wonach er ob seines sunnitisch konnotierten Vornamens Diskriminierung ausgesetzt gewesen sei, wurden vom BF nur sehr kurz und wenig ausführlich gehalten. So gab er vor dem BFA auf Fragen einer möglichen Namensänderung an, dass er unter seinem Namen bekannt sei und unter der Prämisse einer Namensänderung seine Situation unverändert sei, da die Milizen „jeden in der Gegend“ kennen würden. Er sei bereits in der Schule Diskriminierung ausgesetzt gewesen, weitere Angaben hierzu machte der BF jedoch nicht. Eine systematische Verfolgung von Personen mit sunnitischen Vornamen durch staatliche Stellen kann den vorliegenden Länderberichten nicht entnommen werden.

Zusammenfassend lässt sich eine aktuelle Verfolgungsgefahr des BF im Falle seiner Rückkehr aus einem der in der Genfer Flüchtlingskonvention genannten Gründe nicht erkennen und ist es dem BF nicht gelungen darzutun, dass ihm in seinem Herkunftsstaat asylrelevante Verfolgung droht.

3.2.3. Ob der in Spruchpunkt I. des Bescheids erfolgten fehlerhaften Datumsangabe ist die Beschwerde gegen diesen mit der Maßgabe als unbegründet abzuweisen, dass das Bescheiddatum korrigiert in den neu gefassten Spruchpunkt I. aufgenommen wird.

3.3. Zu Spruchpunkt II. der angefochtenen Bescheide:

3.3.1. Gemäß § 8 Abs. 1 AsylG 2005 ist einem Fremden, der in Österreich einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat, wenn dieser in Bezug auf die Zuerkennung des Status des Asylberechtigten abgewiesen wird (Z 1), oder dem der Status des Asylberechtigten aberkannt worden ist (Z 2), der Status des subsidiär Schutzberechtigten zuzuerkennen, wenn eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde.

Gemäß § 8 Abs. 2 AsylG 2005 ist die Entscheidung über die Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nach Abs. 1 mit der abweisenden Entscheidung nach § 3 oder der Aberkennung des Status des Asylberechtigten nach § 7 zu verbinden.

Gemäß § 8 Abs. 3 AsylG 2005 sind Anträge auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abzuweisen, wenn der beschwerdeführenden Partei eine innerstaatliche Fluchtalternative im Sinne des § 11 offen steht.

Ist ein Antrag auf internationalen Schutz bezüglich der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht schon mangels einer Voraussetzung gemäß Abs. 1 oder aus den Gründen des Abs. 3 oder 6 abzuweisen, so hat gemäß § 8 Abs. 3a AsylG eine Abweisung auch dann zu erfolgen, wenn ein Aberkennungsgrund gemäß § 9 Abs. 2 AsylG 2005 vorliegt. Diesfalls ist die Abweisung mit der Feststellung zu verbinden, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat unzulässig ist, da dies eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. Dies gilt sinngemäß auch für die Feststellung, dass der Status des subsidiär Schutzberechtigten nicht zuzuerkennen ist.

Somit ist vorerst zu klären, ob im Falle der Rückführung des Fremden in seinen Herkunftsstaat Art. 2 EMRK (Recht auf Leben), Art. 3 EMRK (Verbot der Folter), das Protokoll Nr. 6 zur EMRK über die Abschaffung der Todesstrafe oder das Protokoll Nr. 13 zur EMRK über die vollständige Abschaffung der Todesstrafe verletzt werden würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat in ständiger, noch zum Refoulementschutz nach der vorigen Rechtslage ergangenen, aber weiterhin gültigen Rechtsprechung erkannt, dass der Antragsteller das Bestehen einer solchen Bedrohung glaubhaft zu machen hat, wobei diese aktuelle Bedrohungssituation mittels konkreter, die Person des Fremden betreffende und durch entsprechende Bescheinigungsmittel untermauerte Angaben darzutun ist (VwGH vom 23.02.1995, Zl. 95/18/0049; vom 05.04.1995, Zl. 95/18/0530; vom 04.04.1997, Zl. 95/18/1127; vom 26.06.1997, ZI. 95/18/1291 und vom 02.08.2000, Zl. 98/21/0461). Diese Mitwirkungspflicht des Antragstellers bezieht sich zumindest auf jene Umstände, die in seiner Sphäre gelegen sind und deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann (VwGH vom 30.09.1993, Zl. 93/18/0214).

Die Anforderungen an die Schutzwilligkeit und Schutzfähigkeit des Staates entsprechen jenen, wie sie bei der Frage des Asyls bestehen (VwGH vom 08.06.2000, Zl. 2000/20/0141). Ereignisse, die bereits längere Zeit zurückliegen, sind daher nicht geeignet, die Feststellung nach dieser Gesetzesstelle zu tragen, wenn nicht besondere Umstände hinzutreten, die ihnen einen aktuellen Stellenwert geben (vgl. VwGH vom 14.10.1998, Zl. 98/01/0122 und vom 25.01.2001, Zl. 2001/20/0011).

Unter „realer Gefahr“ ist eine ausreichend reale, nicht nur auf Spekulationen gegründete Gefahr möglicher Konsequenzen für den Betroffenen („a sufficiently real risk“) im Zielstaat zu verstehen (VwGH vom 19.02.2004, Zl. 99/20/0573; auch ErläutRV 952 BlgNR 22. GP zu § 8 AsylG 2005). Die reale Gefahr muss sich auf das gesamte Staatsgebiet beziehen und die drohende Maßnahme muss von einer bestimmten Intensität sein und ein Mindestmaß an Schwere erreichen, um in den Anwendungsbereich des Artikels 3 EMRK zu gelangen (z.B. VwGH vom 26.06.1997, Zl. 95/21/0294; vom 25.01.2001, Zl. 2000/20/0438 und vom 30.05.2001, Zl. 97/21/0560).

Herrscht in einem Staat eine extreme Gefahrenlage, durch die praktisch jeder, der in diesen Staat abgeschoben wird - auch ohne einer bestimmten Bevölkerungsgruppe oder Bür

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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