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L0350 Gemeindewahl, BürgermeisterwahlNorm
B-VG Art141 Abs1 litaLeitsatz
Zurückweisung einer Wahlanfechtung der Wiener Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen 2020; Wahlanfechtung vor Beendigung des Wahlverfahrens unzulässig; keine direkte Anfechtung der Nichteintragung in das Wählerverzeichnis vor dem VfGH wegen Vorhandenseins eines Rechtszugs an das VerwaltungsgerichtSpruch
Die Anfechtung wird zurückgewiesen.
Begründung
Begründung
1. Mit Kundmachung des Bürgermeisters der Stadt Wien über die Ausschreibung der Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen 2020 in der Bundeshauptstadt Wien vom 26. Juni 2020 wurde die Wahl der Mitglieder des Gemeinderates und der Bezirksvertretungen für Sonntag, den 11. Oktober 2020, ausgeschrieben.
2. Mit dem am 21. August 2020 eingelangten Schreiben wird vom Anfechtungswerber unter dem Betreff "Eintragungsbegehren" die "Beschwerde erhoben" und gleichzeitig "die Wahlanfechtung ausgesprochen".
3. Das Schreiben des Anfechtungswerbers ist als Anfechtung der Wiener Gemeinderats- und Bezirksvertretungswahlen 2020 zu beurteilen.
4. Der Verfassungsgerichtshof vertritt in ständiger Rechtsprechung die Auffassung, dass sich eine Wahlanfechtung gemäß Art141 Abs1 lita B-VG iVm §68 Abs1 VfGG nur gegen ein bereits abgeschlossenes Wahlverfahren richten kann (vgl VfSlg 6306/1970, 8953/1980, 9963/1984). Unter "Beendigung des Wahlverfahrens" im Sinn des §68 Abs1 VfGG, der den Beginn der Anfechtungsfrist festsetzt, muss jener Zeitpunkt verstanden werden, in dem der letzte in Betracht kommende Akt des Wahlverfahrens vollzogen ist. Da sich die vorliegende Anfechtung im Lichte dieser Rechtsprechung gegen eine künftige Wahl richtet, steht ihrer Behandlung ein Prozesshindernis entgegen (vgl VfSlg 10.218/1984, 12.460/1990, 13.167/1992; VfGH 22.5.2019, WI2/2019; 23.9.2019, WI4/2019).
5. Zudem erschöpft sich das unklar, verworren und teils unleserlich abgefasste Vorbringen im Wesentlichen in bloß unzulänglich konkretisierten und unzureichend begründeten Behauptungen. In dem Anfechtungsvorbringen liegt damit – ungeachtet der Frage, ob ein (begründeter) Antrag "auf Nichtigerklärung des Wahlverfahrens oder eines bestimmten Teiles desselben" iSd §67 Abs1 VfGG vorliegt – keine entsprechende Konkretisierung der Wahlanfechtungsgründe, die den Voraussetzungen des §67 Abs1 VfGG genügen würde (VfSlg 12.953/1991; VfGH 12.10.1994, WI11/94). Den Auftrag des §67 Abs1 VfGG, die Wahlanfechtung zu begründen, erfüllt eine wahlanfechtende Partei nämlich nur dann, wenn sie einen Wahlanfechtungsgrund konkretisiert und glaubhaft macht (vgl zB VfSlg 12.938/1991, 17.192/2004, 17.589/2005; VfGH 23.9.2019, WI4/2019).
6. Soweit sich das Schreiben gegen die Nichteintragung in das Wählerverzeichnis richtet, ist Folgendes festzuhalten: Gemäß Art141 Abs1 liti B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über die Aufnahme von Personen in Wählerevidenzen und die Streichung von Personen aus Wählerevidenzen, sofern nicht nach Art141 Abs1 litj B-VG ein Rechtszug zu einem Verwaltungsgericht eröffnet wird. Gemäß §36 Wiener Gemeindewahlordnung 1996 (GWO 1996) ist jedoch ein solcher Rechtszug – gegen Entscheidungen der Bezirkswahlbehörde über Berichtigungsanträge gegen das Wählverzeichnis – an das Verwaltungsgericht Wien eingerichtet. Eine direkte Anfechtung der Nichteintragung in das Wählerverzeichnis vor dem Verfassungsgerichtshof ohne Ausschöpfung des Instanzenzuges ist daher nicht zulässig (vgl zB VfGH 24.02.2020, WIV1/2020 ua mwN).
7. Allein schon aus diesen Erwägungen hatte der Verfassungsgerichtshof die Wahlanfechtung sogleich zurückzuweisen, ohne dass das Vorliegen der übrigen Prozessvoraussetzungen geprüft werden muss.
8. Gemäß §35 Abs1 VfGG iVm §86a Abs2 und §86a Abs1 zweiter bis vierter Satz ZPO wird der Anfechtungswerbers darauf hingewiesen, dass weitere derartige Anträge oder Eingaben ohne förmliche Beschlussfassung und ohne inhaltliche Behandlung mit einem entsprechenden Aktenvermerk zu den Akten genommen werden (VfGH 10.10.2019, WI5/2019).
9. Dieser Beschluss konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita und sinngemäß litc VfGG ohne weiteres Verfahren und ohne vorangegangene Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung gefasst werden.
Schlagworte
VfGH / Wahlanfechtung, Bezirksvertretungen, VfGH / Legitimation, Wahlen, VfGH / Zuständigkeit, Verwaltungsgericht, GemeinderatEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:WIV89.2020Zuletzt aktualisiert am
20.10.2020