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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
BAO §212 Abs1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden):91/17/0099Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höß, Dr. Höfinger, Dr. Holeschofsky und Dr. Köhler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. S, Rechtsanwalt in A, gegen
1. den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 25. November 1986, Zl. GA 11 - 1975/86, betreffend Nachsicht und Stundung der Versicherungssteuer (KFZ-Haftpflichtversicherung 1984/85), und
2. den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Wien, Niederösterreich und Burgenland vom 25. November 1986, Zl. GA 11 - 1975/1/86, betreffend Entlassung aus der Gesamtschuld, Nachsicht und Stundung der Versicherungssteuer (KFZ-Haftpflichtversicherung 1985 und Folgejahre),
zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Als Beilage seiner Eingabe vom 9. Dezember 1984 übermittelte der Beschwerdeführer dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern ein am 6. August 1984 verfaßtes, an die Anglo-Elementar Versicherungs-Aktien-Gesellschaft gerichtetes Schreiben mit dem Antrag, im Fall der Zuständigkeit über das darin enthaltene Begehren abzusprechen (im folgenden Erstantrag genannt). In jenem an die Versicherung gerichteten Schreiben hatte der Beschwerdeführer diese um Nachsicht und Stundung der in seiner Versicherungsprämie für seine Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung für den Zeitraum vom 29. August 1984 bis 29. August 1985 enthaltenen Versicherungssteuern in der Höhe von S 212,-- ersucht. Als Versicherungsnehmer sei er deren Steuerschuldner; die Voraussetzungen nach §§ 236 und 212 BAO seien gegeben. Sein Jahreseinkommen als Rechtsgutachter und Fachschriftsteller liege unter S 5.000,--; deshalb werde er nicht einmal zur Einkommensteuer veranlagt. Die "Jahresversicherungssteuer" würde daher 5 % seines Jahreseinkommens ausmachen. Deren Bezahlung treibe ihn unweigerlich in den Konkurs, zumal er ja auch noch die "reine Versicherungsprämie" bezahlen müsse, weil er sein Kraftfahrzeug unbedingt beruflich benötige. Die Nachteile einer Versicherungssteuereinziehung (Hineintreiben in den Konkurs und damit Störung der beruflichen Existenz) stünden in keinem wirtschaftlich vertretbaren Verhältnis zu den Vorteilen von deren Einziehung ("Auffettung des staatlichen Vergeudungs- und Verschwendungssalärs für unsere korrupten Polit- und Bürokratiebonzen um lumpige S 212,--"). Er habe daher nur die reine Versicherungsprämie ohne Versicherungssteuer an den Versicherer überwiesen.
Mit Schreiben vom 24. August 1985 ergänzte der Beschwerdeführer seinen Erstantrag dahin, es möge ihm auch die auf die "Folgeprämie bis 1990" entfallene Versicherungssteuer in Höhe von S 2.120,-- aus den bereits dargestellten Gründen gestundet und nachgesehen werden.
Mit Bescheid vom 6. Dezember 1985 wies das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern den Antrag des Beschwerdeführers vom 9. Dezember 1984 betreffend Nachsicht und Stundung von S 212,-- ab.
In seiner dagegen erhobenen Berufung vom 20. Dezember 1985 wandte sich der Beschwerdeführer ausschließlich gegen die Nachsichtsverweigerung nach § 236 BAO.
Mit Schreiben vom gleichen Tag stellte der Beschwerdeführer folgendes auf §§ 236, 237 und 212 BAO gestütztes Ansuchen an das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern (im folgenden Zweitantrag):
1. Entlassung aus der Gesamtschuld der auf seiner KFZ-Haftpflichtversicherungsprämie 1984/85 lastenden Versicherungssteuer in Höhe von S 212,--;
2. Nachsicht und - in eventu - Entlassung aus der Gesamtschuld der auf den Haftpflichtversicherungsprämien 1985-1995 lastenden Versicherungssteuer in Höhe von S 2.120,-- und
3. Stundung dieser Versicherungssteuer, soweit sie im Zeitpunkt der Antragserledigung bereits fällig sei, bis zur endgültigen Nachsichtsgewährung bzw. bis zur Entlassung aus der Gesamtschuld, längstens jedoch bis 31. Dezember 1995.
Diesen Zweitantrag wies das Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern mit Bescheid vom 24. Juni 1986 ab.
Auch gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Berufung, in der er begehrte, seinem Zweitantrag vollinhaltich stattzugeben.
Seine (erste) Berufung (gegen die Abweisung des Erstantrages) wies die belangte Behörde mit dem erstangefochtenen Bescheid vom 25. November 1986 als unbegründet ab. Sie begründete dies im wesentlichen damit, gemäß § 59 KFG bestehe Versicherungspflicht für Kraftfahrzeuge, die zum Verkehr zugelassen seien. Die Versicherungssteuer sei eine Selbstbemessungsabgabe, die aus dem Prämienentgelt von dem zur Haftung Verpflichteten (gemäß § 7 Abs. 1 und 4 des Versicherungssteuergesetzes - im folgenden VersStG - der Versicherer) abzuführen sei. Die gesetzliche Regelung verschaffe dem Versicherer - obwohl nur Haftender - die nominelle Stellung eines Steuerschuldners; sie solle den Eingang der Steuer sicherstellen und das Verfahren bei der Einbringung erleichtern. Soweit das VersStG die Entrichtung der Versicherungssteuer - wie im gegenständlichen Fall - nicht dem Versicherungsnehmer, sondern den für die Abgabe haftenden Personen vorschreibe, könne der Versicherungsnehmer nur gemäß § 7 Abs. 4 VersStG im ordentlichen Rechtsweg zur Zahlung der Versicherungssteuer an den Versicherer verhalten werden. Die BAO biete der Abgabenbehörde keine Möglichkeit, gegen den Versicherungsnehmer vorzugehen. Erweise sich die Selbstberechnung als unrichtig, ließen die Abgabenvorschriften kein Terrain für die Erlassung eines Abgabenbescheides nach § 201 BAO an den Abgabepflichtigen (Steuerschuldner), sondern schrieben zwingend die Erlassung eines Haftungsbescheides an den Haftungspflichtigen vor. Die Behörde habe somit keine Handhabe, den Versicherungsnehmer zur Zahlung von Versicherungssteuer heranzuziehen (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1975, Zl. 431/75). Nachdem der Versicherer die Steuer im Beschwerdefall abgeführt habe, habe es seitens der Behörde keines Haftungsbescheides bedurft. Es sei das erklärte Ziel des Beschwerdeführers, bestimmte Abgaben, die nach den Abgabegesetzen eine besondere Art der Entrichtung vorschrieben, wie KFZ-Steuer, Lohnsteuer und Gebühren, anzuzweifeln. Dazu komme jetzt die Versicherungssteuer, deren Einziehung für den Beschwerdeführer angeblich eine besondere Härte darstelle, weil sein Jahreseinkommen aus selbständiger Tätigkeit unter S 5.000,-- liege. Auch hier zeige sich, mit welch unsachlichen Mitteln der Beschwerdeführer versuche, sein Ziel zu erreichen. Er habe dem Finanzamt für Gebühren und Verkehrsteuern bewußt seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit verschwiegen, die er bei seinem Wohnsitzfinanzamt mit S 164.000,-- für das Jahr 1984 angegeben habe und somit eine schlechte finanzielle Lage vorgetäuscht. Dieses Verhalten zeige, daß es dem Beschwerdeführer nur darum gehe, das Steuersystem anzugreifen. Keinesfalls liege hier eine tatbestandsmäßige Unbilligkeit des Einzelfalles - wie dies § 236 BAO verlange - vor.
Seine zweite Berufung (gegen die Abweisung des Zweitantrages) wies die belangte Behörde mit dem zweitangefochtenen Bescheid vom gleichen Tag als unbegründet ab. Eine Maßnahme nach § 237 Abs. 1 BAO sei nach dem Gesetz nicht vorgesehen, weil die Abgabe bereits - wie im Beschwerdefall - vom Versicherer entrichtet worden sei. Die Stellung des Versicherers gehe über die bloße Haftung hinaus, weil ihm die Entrichtung der Versicherungssteuer gesetzlich auferlegt sei. Damit liege es nicht im Ermessen des Finanzamtes, ob es sich an den Versicherer oder an den Versicherungsnehmer als Gesamtschuldner halten wolle. Für eine Anwendung des § 237 Abs. 1 BAO bleibe daher kein Raum. Zum Ansuchen auf Nachsicht verwies die belangte Behörde auf die Begründung des erstangefochtenen Bescheides. In Anbetracht der Vermögens- und Einkommenslage könne keine Unbilligkeit des Einzelfalles erblickt werden, weil der Beschwerdeführer damit nur das vom Gesetzgeber beabsichtigte Schicksal all jener Personen teile, die sich ungeachtet ihrer schlechten Wirtschaftslage ein Kraftfahrzeug hielten (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom 10. April 1986, 85/17/0147, 0148). Mit der überaus geringen Versicherungssteuer hätte daher der Beschwerdeführer rechnen müssen, wenn er KFZ-Halter sei. Zur Stundung wies die belangte Behörde darauf hin, infolge der ordnungsgemäßen Entrichtung durch den Versicherer des Beschwerdeführers bestehe weder ein Anlaß noch auch eine rechtliche Möglichkeit, gegen ihn Einbringungsmaßnahmen zu setzen. Fehle es aber daran, seien die eine solche Einbringung voraussetzenden Vorschriften wie § 212 Abs. 1 BAO nicht anzuwenden.
Gegen beide Bescheide erhob der Beschwerdeführer die zu den hg. Zlen. 87/17/0011, 0012 protokollierten Beschwerden. Mit Beschluß vom 27. März 1987 wurde die Beschwerde wegen Verspätung zurückgewiesen.
Mit Beschluß vom 14. Juni 1991, Zlen. 87/17/0211, 0212, wurde dem Antrag des Beschwerdeführers auf Wiederaufnahme des mit dem obzitierten Beschluß abgeschlossenen Beschwerdeverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 und 4 VwGG stattgegeben.
Der Beschwerdeführer erachtet sich durch diese Bescheide verletzt:
1. in seinem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit vor dem Gesetz, weil die "allgemeine Rechtslage" bei der Versicherungssteuer, nämlich die §§ 7 und 8 Versicherungssteuergesetz, eine Stundung und Nachsicht von Versicherungssteuer nach den §§ 212 und 236 BAO unmöglich machten und dadurch die Versicherungssteuerschuldner und -träger gegenüber allen anderen Steuerschuldnern unsachlich diskriminiert würden;
2. in seinem Recht auf eine dem § 212 und § 236 BAO entsprechende Sachentscheidung, weil die belangte Behörde zu Unrecht eine Unbilligkeit in der Einhebung von Versicherungssteuer durch seinen Versicherer nicht darin erblicken wolle, daß er völlig mittel- und vermögenslos sei und daher die Bezahlung von Versicherungssteuer, selbst wenn sie noch so gering sei, seinen notwendigen Lebensunterhalt gefährden würde;
3. in seinem Recht auf eine mängelfreie und erschöpfende Sachverhaltsermittlung, weil die belangte Behörde einfach unterstellt habe, daß er eine Gefährdung seines Lebensunterhaltes nur vorgetäuscht und dem Finanzamt erster Instanz bewußt seine Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit verschwiegen habe und es dem Beschwerdeführer nur darum gehe, das Steuersystem anzugreifen und schließlich
4. in seinem Recht auf Parteiengehör (§ 115 Abs. 2 BAO), weil ihm die belangte Behörde vor Erlassung des angefochtenen Bescheides keine Gelegenheit zur Kenntnis und Stellungnahme zu den von ihr getroffenen Sachverhaltsfeststellungen gegeben habe, sodaß er deren Unrichtigkeit nicht habe einwenden können. Aus dem weiteren Beschwerdevorbringen geht hervor, daß der Beschwerdeführer diese Verfahrensrüge im Rahmen der übrigen geltend gemachten Beschwerdepunkte erhebt.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie kostenpflichtige Abweisung als unbegründet beantragte.
Der Beschwerdeführer hat unaufgefordert eine Replik zur Gegenschrift erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Vorab ist festzuhalten, daß sich der Beschwerdeführer nur gegen die in den angefochtenen Bescheiden getroffene Entscheidung über seine Nachsichts- und Stundungsanträge wendet; von den oben dargestellten Beschwerdepunkten ist die im zweitangefochtenen Bescheid getroffene Entscheidung über die Ablehnung seiner Entlassung aus der Gesamtschuld (§ 237 Abs. 1 BAO) nicht erfaßt. Dieser Teilabspruch des zweitangefochtenen Bescheides, der vom übrigen Inhalt dieses Bescheides trennbar ist, ist daher nicht Gegenstand des vorliegenden verwaltungsgerichtlichen Verfahrens.
2. Die im Beschwerdefall maßgebenden Rechtsvorschriften lauten (auszugsweise):
2.1. Versicherungssteuergesetz 1953, BGBl. Nr. 133 (auszugsweise).
"Gegenstand der Steuer
§ 1 (1) Der Steuer unterliegt die Zahlung des Versicherungsentgeltes auf Grund eines durch Vertrag oder auf sonstige Weise entstandenen Versicherungsverhältnisses,
1. wenn der Versicherungsnehmer bei der jeweiligen Zahlung des Versicherungsentgeltes seinen Wohnsitz (Sitz) oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hat, oder
2. wenn ein Gegenstand versichert ist, der zur Zeit der Begründung des Versicherungsverhältnisses im Inland war.
...
Steuerschuldner
§ 7 (1) Steuerschuldner ist der Versicherungsnehmer. Für die Steuer haftet der Versicherer. Er hat die Steuer für Rechnung des Versicherungsnehmers zu entrichten. Ist die Steuerentrichtung einem zur Entgegennahme des Versicherungsentgeltes Bevollmächtigten übertragen, so haftet auch der Bevollmächtigte für die Steuer.
(2) Hat der Versicherer im Inland keinen Wohnsitz (Sitz), ist aber ein Bevollmächtiger zur Entgegennahme des Versicherungsentgeltes bestellt, so haftet auch dieser für die Steuer. In diesem Fall hat der Bevollmächtigte die Steuer für Rechnung des Versicherungsnehmers zu entrichten.
(3) Hat der Versicherer im Inland weder seinen Wohnsitz (Sitz) noch einen Bevollmächtigten zur Entgegennahme des Versicherungsentgeltes, so hat der Versicherungsnehmer die Steuer zu entrichten.
(4) Im Verhältnis zwischen dem Versicherer und dem Versicherungsnehmer gilt die Steuer als Teil des Versicherungsentgeltes, insbesondere soweit es sich um dessen Einziehung und Geltendmachung im Rechtsweg handelt."
2.2. Bundesabgabenordnung (BAO), BGBl. Nr. 194/1961:
"§ 77 (1) Abgabepflichtiger im Sinne dieses Bundesgesetzes ist, wer nach den Abgabenvorschriften als Abgabenschuldner in Betracht kommt
..."
§ 212 Abs. 1 Satz 1 (in der Fassung BGBl. Nr. 320/1977):
"Auf Ansuchen des Abgabepflichtigen kann die Abgabenbehörde für Abgaben, hinsichtlich derer ihm gegenüber auf Grund eines Rückstandsausweises (§ 229) Einbringungsmaßnahmen für den Eintritt des bereits erfolgten oder späteren Eintrittes aller Voraussetzungen hiezu in Betracht kommen, den Zeitpunkt der Entrichtung der Abgaben hinausschieben (Stundung) oder die Entrichtung von Raten bewilligen, wenn die sofortige oder die sofortige volle Entrichtung der Abgaben für den Abgabepflichtigen mit erheblichen Härten verbunden wäre und die Einbringlichkeit der Abgabe durch den Aufschub nicht gefährdet wird ...
§ 236 (1) Fällige Abgabenschuldigkeiten können auf Antrag des Abgabepflichtigen ganz oder zum Teil durch Abschreibung nachgesehen werden, wenn ihre Einhebung nach der Lage des Falles unbillig wäre.
(2) Abs. 1 findet auf bereits entrichtete Abgabenschuldigkeiten sinngemäß Anwendung. Ein solcher Antrag ist nur innerhalb der Frist des § 238 zulässig.
(3) Die Bestimmungen des § 235 Abs. 2 und 3 gelten auch für die Nachsicht von Abgabenschuldigkeiten."
3. Zur Stundung:
Antragsberechtigt ist nur der Abgabepflichtige hinsichtlich der bei ihm aufgrund eines Rückstandsausweises zwangsweise einzubringenden Abgabe (siehe § 212 Abs. 1 Satz 1 BAO). Daher kann ein als Abgabenschuldner nicht heranziehbarer Schuldner, für den ein abgaberechtlich Haftender die Abgaben abzuführen hat - dies trifft im Hinblick auf § 7 Abs. 1 Satz 2 VersStG im Beschwerdefall zu, da ein Anwendungsfall des Abs. 3 leg. cit. nicht gegeben ist (vgl. auch das hg. Erkenntnis vom 19. Juni 1975, Zl. 431/75 = Slg. NF Nr. 4863/F) -, für sich die Gewährung von Ratenzahlung oder eine Stundung nicht erwirken (siehe auch Stoll, Bundesabgabenordnung-Kommentar, Band 3, Punkt 3 zu § 212, Seite 2245).
4. Zur Nachsicht:
Der im zweitangefochtenen Bescheid zum Ausdruck gebrachten Auffassung der belangten Behörde ist beizupflichten, in der Einhebung der Abgabe sei ungeachtet der (behaupteten schlechten) Einkommens- und Vermögenslage des Beschwerdeführers eine unbillige Härte im Einzelfall nicht zu erblicken, weil es sich bei der Einhebung lediglich um die Auswirkung einer allgemeinen Rechtslage handle, die alle von dem betreffenden Gesetz erfaßten Abgabepflichtigen in gleicher Weise treffe.
Eine Unbilligkeit, die für die davon Betroffenen aus dem Gesetz selbst folgt und für deren Hintanhaltung der Gesetzgeber selbst hätte vorsorgen müssen, ist der Beseitigung im Wege des an Unbilligkeiten aus der Besonderheit des Einzelfalles orientierten § 236 BAO entzogen. Eine tatbestandsmäßige Unbilligkeit des Einzelfalles ist dann nicht gegeben, wenn lediglich eine Auswirkung der allgemeinen Rechtslage festzustellen ist, die alle von dem betreffenden Gesetz erfaßten Abgabepflichtigen in gleicher Weise trifft. Nur wenn im Einzelfall bei Anwendung des Gesetzes ein vom Gesetzgeber offenbar nicht beabsichtigtes Ergebnis eintritt, könnte die Einziehung nach Lage des Falles unbillig sein.
§ 59 Abs. 1 des Kraftfahrgesetzes 1967 (KFG 1967) normiert die Versicherungspflicht für Kraftfahrzeuge und Anhänger mit inländischen Kennzeichen. Die Versicherungsbestätigung für das Fahrzeug nach § 61 Abs. 1 leg. cit. des Versicherers ist eine Voraussetzung für die kraftfahrrechtliche Zulassung (§ 37 Abs. 2 KFG 1967), die Anzeige des Versicherers von der Leistungsfreiheit (§ 61 Abs. 3) oder vom Vorliegen eines Umstandes, daß das Nichtbestehen oder die Beendigung der für das Fahrzeug vorgesehenen Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung zur Folge hat (§ 61 Abs. 4 leg. cit.) löst die Pflicht der Behörde aus, die kraftfahrrechtliche Zulassung aufzuheben (§ 44 Abs. 1 lit. b und lit. c KFG 1967). Gegenstand der Steuermaßnahme des Versicherungssteuergesetzes ist die Zahlung des Versicherungsentgeltes (vgl. dazu näher § 1 VersStG), wobei der Versicherungsnehmer Steuerschuldner ist (§ 7 Abs. 1 Satz 1 leg. cit.). Die Steuer gilt gemäß § 7 Abs. 4 im Verhältnis Versicherer und Versicherungsnehmer als Teil des Versicherungsentgelts.
Aus diesen Vorschriften ist abzuleiten, daß die Versicherungssteuer nach der Absicht des Gesetzgebers einen Bestandteil der fixen Kosten eines Kraftfahrzeuges bilden soll. Daß Personen, deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse nicht ausreichen, um wenigstens die fixen Kosten des Kraftfahrzeuges pünktlich zu begleichen, die Zulassung des Fahrzeuges und seine Benützung auf öffentlichen Straßen im Inland nicht aufrechterhalten können, ist daher ein vom Gesetzgeber beabsichtigtes Ergebnis und zwar ungeachtet allfälliger unbedingter beruflicher Benötigung des Fahrzeuges, hätte der Gesetzgeber doch andernfalls für solche von ihm vorhersehbare Fälle Steuerbefreiungsvorschriften angeordnet.
Der Beschwerdeführer behauptet wegen seiner schlechten Einkommens- und Vermögenslage die ernstliche Gefährdung seines Lebensunterhaltes für den Fall der Entrichtung der in seiner Versicherungsprämie enthaltenen Versicherungssteuer. Hat der Beschwerdeführer daher ungeachtet der Kenntnis dieser seiner wirtschaftlichen Situation nicht für die Beendigung der Zulassung des Fahrzeuges gesorgt, so kann in der in der vorgeschriebenen Versicherungsprämie enthaltenen Versicherungssteuer für ihn in Anbetracht seiner Vermögens- und Einkommenslage verbundenen Härte keine Unbilligkeit des Einzelfalles erblickt werden, weil der Beschwerdeführer damit nur das vom Gesetzgeber beabsichtigte Schicksal all jener Personen teilt, die sich ungeachtet ihrer schlechten Wirtschaftslage ein Kraftfahrzeug halten (so bereits zur Nachsicht der Kraftfahrzeug-Steuer das hg. Erkenntnis vom 10. April 1986, 85/17/0147, 0148).
Die belangte Behörde hat dem Beschwerdeführer daher schon deshalb zu Recht die Abgabennachsicht - und zwar auch im erstangefochtenen Bescheid - verweigert, weshalb es keiner Auseinandersetzung mit den vom Beschwerdeführer behaupteten Verfahrensmängeln bezüglich seiner Einkommenssituation mehr bedarf.
5. Zur geltend gemachten Verfassungswidrigkeit:
Im Hinblick auf die oben unter 4. angestellten Überlegungen hält der Verwaltungsgerichtshof die vom Beschwerdeführer behaupteten verfassungsrechtlichen Bedenken für nicht zutreffend. Er sieht sich daher nicht veranlaßt, die vom Beschwerdeführer angeregte Aufhebung von Bestimmungen des Versicherungssteuergesetzes bzw. der §§ 212 und 236 BAO beim Verfassungsgerichtshof gemäß Art. 140 Abs. 1 B-VG zu beantragen.
Aus den dargestellten Erwägungen erweist sich die Beschwerde als unbegründet, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
Von der beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 6 VwGG abgesehen werden. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung war auch nicht unter dem Aspekt des Art. 6 MRK erforderlich, da Abgabenangelegenheiten nicht zu den "civil rights" gehören (vgl. Walter-Mayer, Grundriß des österreichischen Bundesverfassungsrechts8, Rz 1475, und die dort angeführte Rechtsprechung).
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47, 48 Abs. 2 Z. 1 und 2, 49 und 59 Abs. 1 VwGG in Verbindung mit der Pauschalierungsverordnung des Bundeskanzlers, BGBl. Nr. 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1991170098.X00Im RIS seit
17.05.2001Zuletzt aktualisiert am
01.06.2011