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L37069 Kurzparkzonenabgabe Parkabgabe Parkgebühren Wien;Norm
B-VG Art9 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des D, vertreten durch Dr. E und Dr. W, Rechtsanwälte in N, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 14. Juni 1996, Zl. UVS-05/K/49/00379/96, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat der Bundeshauptstadt Wien Aufwendungen in der Höhe von S 565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
1.1. Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien, dem Beschwerdeführer zugestellt am 16. September 1995, wurde dem Beschwerdeführer vorgeworfen, er habe das dem Kennzeichen nach näher bestimmte Fahrzeug am 9. Juni 1995 zu einer näher angeführten Zeit in Wien an einem näher bezeichneten Ort in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt, ohne für seine Kennzeichnung mit einem für den Beanstandungszeitpunkt gültig entwerteten Parkschein gesorgt zu haben; der Beschwerdeführer habe dadurch die Parkometerabgabe fahrlässig verkürzt.
In seinem dagegen erhobenen Einspruch vom 18. September 1995 (eingelangt beim Magistrat der Stadt Wien am 21. September 1995) erklärte der Beschwerdeführer, zum angegebenen Zeitpunkt nicht in Wien gewesen zu sein.
1.2. Dem Beschwerdeführer wurde hieraufhin am 4. Oktober 1995 an seiner Anschrift in Deutschland unmittelbar durch die Post eine Lenkererhebung vom 25. September 1995 zugestellt, in der er unter Hinweis auf § 1a des Wiener Parkometergesetzes, LGBl. Nr. 47/74 in der geltenden Fassung, als Zulassungsbesitzer des näher angeführten Fahrzeuges ersucht wurde, innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung des Schreibens Auskunft darüber zu geben, wem er zur näher angeführten Zeit dieses Fahrzeug, das an einem näher angeführten Ort in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien abgestellt gewesen war, überlassen gehabt habe. Unter Hinweis auf § 1a des (Wiener) Parkometergesetzes wurde dem Beschwerdeführer für den Fall, daß er den Termin nicht einhalte, ein Strafverfahren wegen Verletzung der Auskunftspflicht in Aussicht gestellt.
In seiner Antwort hierauf vom 4. Oktober 1995 (eingelangt beim Magistrat der Stadt Wien am 6. Oktober 1995) erklärte der Beschwerdeführer der vorhin erwähnten Aufforderung, den Fahrer zu benennen, nicht nachzukommen, da die deutsche Rechtsprechung den Zwang zur Benennung von Familienmitgliedern ausschließe. Er "mutmaße", daß eines seiner Familienmitglieder den PKW in Wien "falsch geparkt" habe.
1.3. Mit Strafverfügung des Magistrates der Stadt Wien vom 30. Oktober 1995 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Zulassungsbesitzer des näher bezeichneten Fahrzeuges dem am 4. Oktober 1995 ordnungsgemäß zugestellten Verlangen des Magistrats vom 25. September 1995, innerhalb von zwei Wochen Auskunft darüber zu geben, wem er das Fahrzeug, das zur angegebenen Zeit in der gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien an einem näher bezeichneten Ort abgestellt gewesen sei, nicht entsprochen, da in der am 4. Oktober 1995 erteilten Auskunft keine konkrete Person als Lenker genannt worden sei.
In seinem dagegen erhobenen Einspruch vom 16. November 1995 (eingelangt beim Magistrat der Stadt Wien am 22. November 1995) erklärte der Beschwerdeführer, er habe festgestellt, "daß ein Familienmitglied (1. Ordnung) zu diesem Zeitpunkt in Wien ... und für das Parkvergehen zuständig" gewesen sei. Nach deutscher Rechtsprechung sei er nicht verpflichtet, Familienmitglieder bei einem solchen Strafvergehen an die Vollzugsbehörde zu benennen.
1.4. Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 14. Februar 1996 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe als Zulassungsbesitzer dem am 4. Oktober 1995 ordnungsgemäß zugestellten Verlangen des Magistrats vom 25. September 1995, innerhalb von zwei Wochen Auskunft darüber zu geben, wem er das näher bezeichnete Fahrzeug überlassen gehabt habe, das am 9. Juni 1995 zur näher angeführten Zeit in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien an einem näher bezeichneten Ort abgestellt gewesen sei, nicht entsprochen, da in der am 4. Oktober 1995 erteilten Auskunft keine konkrete Person als Lenker genannt worden sei. Der Beschwerdeführer habe dadurch § 1a des Parkometergesetzes, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 47/1974 in der geltenden Fassung verletzt, weshalb über ihn gemäß § 4 Abs. 2 des (Wiener) Parkometergesetzes eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde. Gleichzeitig wurde der Beschwerdeführer zu einem Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens verhalten.
In seiner dagegen erhobenen Berufung vom 13. März 1996 (eingelangt beim Magistrat der Stadt Wien am 14. März 1996) erklärte der Beschwerdeführer, nach deutschem Recht als "Autohalter" nicht verhalten zu sein, Mitglieder innerhalb der Familie zu benennen, falls das Familienmitglied das Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt habe. Das deutsche Recht "beuge" das österreichische Recht.
1.5. Mit dem Bescheid vom 14. Juni 1996 gab der Unabhängige Verwaltungssenat Wien der Berufung des Beschwerdeführers keine Folge und bestätigte das angefochtene Straferkenntnis. Die belangte Behörde ging gleichfalls von der Strafbarkeit des Verhaltens des Beschwerdeführers aus, auch wenn es sich bei ihm um einen deutschen Staatsbürger handle.
1.6. Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften mit dem Antrag, den Bescheid aufzuheben. Er erachtet sich erkennbar darin verletzt, nicht wegen eines Verstoßes gemäß § 1a Wiener Parkometergesetz bestraft zu werden.
Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens mit dem Antrag vorgelegt, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen, von der Erstattung einer Gegenschrift jedoch Abstand genommen.
2.0. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
2.1. Der Beschwerdeführer rügt unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften, es seien keinerlei Erhebungen durchgeführt worden, aus denen sich entnehmen ließe, daß sein Fahrzeug tatsächlich in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt gewesen sei. Dieses Vorbringen geht ins Leere, weil das dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Delikt einen Verstoß gegen die Pflicht zur Auskunft im Sinne des § 1a des Wiener Parkometergesetzes zum Gegenstand hat, nicht aber das unberechtigte Abstellen eines Fahrzeuges in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone.
2.2. Das Vorbringen des Beschwerdeführers unter dem Gesichtspunkt der Rechtswidrigkeit des Inhaltes des bekämpften Bescheides läßt sich dahin zusammenfassen, daß er bezweifelt, ob eine "internationale" Strafhoheit Österreichs gegeben ist sowie, ob eine Zustellung der "Lenkererhebung" aufgrund des Abkommens über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990, an ihn in der Bundesrepublik Deutschland hätte erfolgen dürfen.
§ 1a des Parkometergesetzes, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 47/1974 in der Fassung Landesgesetzblatt für Wien Nr. 24/1987, lautet:
"§ 1a (1) Der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Fahrzeuges überläßt, für deren Abstellen Parkometerabgabe zu entrichten war, hat, falls das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat.
(2) Die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muß, ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen."
Der Tatort der hier umschriebenen Verweigerung der Lenkerauskunft ist gemäß § 2 Abs. 2 VStG der Sitz der anfragenden Behörde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1997, Zlen. 97/17/0019 bis 0021, mwN). Dies wird von den Beschwerdeausführungen auch nicht in Zweifel gezogen. Wird aber das Delikt im Inland, nämlich am Sitz der anfragenden Behörde, verwirklicht, kann die Befugnis zur Bestrafung durch die nach den österreichischen Gesetzen dafür in Betracht kommende Behörde nicht zweifelhaft sein. Davon zu trennen ist die Frage der Vollstreckbarkeit einer im Inland verhängten Strafe und die davon wieder zu unterscheidende Frage, ob die inländische Strafbehörde in Verfolgung einer Straftat gegenüber einer bestimmten Person rechtmäßig vorgegangen ist.
Von der Beschwerde wird nicht bezweifelt, daß der Beschwerdeführer - auch als Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland - dann rechtmäßig bestraft worden wäre, wenn ihm die Aufforderung zur Auskunft im Inland zugestellt worden wäre, und daß er sich in diesem Falle auch nicht auf ein "absolutes Auskunftsverweigerungsrecht" hätte berufen können. Schon diese Überlegungen zeigen, daß von entscheidender Bedeutung die Frage ist, ob dem Beschwerdeführer das Auskunftsbegehren im Sinne des § 1a des Wiener Parkometergesetzes in der Bundesrepublik Deutschland wirksam zugestellt werden konnte.
Der hier in Betracht kommende Abs. 1 des § 11 Zustellgesetz lautet wie folgt:
"(1) Zustellungen im Ausland sind nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen."
Der strafbewehrte Auftrag zur Erteilung einer Lenkerauskunft ist ein mit Zwangsgewalt verbundener Hoheitsakt. Das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip erlaubt staatliche Hoheitsakte, jedenfalls, wenn sie mit Zwangsgewalt verbunden sind, auf fremdem Staatsgebiet grundsätzlich nur mit ausdrücklicher Zustimmung oder Duldung des betroffenen Staates. Die Zustellung einer derartigen Verfügung ist eine Ausübung von Hoheitsrechten und darf daher in fremden Staaten nur mit deren Zustimmung erfolgen; dabei handelt es sich um eine allgemein anerkannte Regel des Völkerrechts, welche gemäß Art. 9 Abs. 1 B-VG Bestandteil des österreichischen Bundesrechts ist. Die Zustellung des Auftrages zur Erteilung einer Lenkerauskunft in einem fremden Staat bedarf daher der Zustimmung dieses Staates. Für Deutschland liegt für Verwaltungssachen die Zustimmung im bereits erwähnten Vertrag BGBl. Nr. 526/1990 über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vor, freilich innerhalb des Anwendungsbereiches und nach Maßgabe seines Inhaltes.
Der Beschwerdeführer sieht nun das vorliegende Auskunftsbegehren nicht durch den oben erwähnten Vertrag gedeckt, da es sich bei der nach dem Wiener Parkometergesetz zu entrichtenden Gebühr um eine Abgabe handle, Abgaben aber vom Geltungsbereich des Vertrages ausgenommen seien.
Art. 1 Abs. 2 Z. 1 des mehrfach erwähnten Abkommens BGBl. Nr. 526/1990 schließt Amts- und Rechtshilfe im Sinne des Abkommens für "Abgabensachen" dann aus, wenn besondere vertragliche Regelungen diesbezüglich vorliegen.
Bei der nach dem Wiener Parkometergesetz zu entrichtenden Abgabe handelt es sich um eine der in Art. 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen, BGBl. Nr. 249/1955, erwähnten öffentlichen Abgaben, die von einer Gemeinde erhoben wird. Es ist daher die Frage der Rechtmäßigkeit der Zustellung nach diesem Vertrag und nicht nach dem Amts- und Rechtshilfevertrag BGBl. Nr. 526/1990 zu beurteilen. Die völkerrechtliche Berechtigung zur Zustellung im unmittelbaren Postweg ergibt sich aus dem Ergebnis eines Verständigungsverfahrens gemäß Art. 15 des soeben zitierten Vertrages BGBl. Nr. 249/1955 (veröffentlicht in AÖF Nr. 241/1981); ein Widerruf des Einverständnisses hinsichtlich Lenkerauskunftsanfragen im Sinne des § 1a des Wiener Parkometergesetzes wurde von der Bundesrepublik Deutschland bisher nicht erklärt (vgl. ähnlich zu § 103 Abs. 2 KFG das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 97/02/0220). Völkerrechtliche Bedenken gegen die Zustellung in der Bundesrepublik Deutschland im unmittelbaren Postweg bestehen daher nicht. Es ist auch unbestritten, daß die Sendung dem Beschwerdeführer tatsächlich zugekommen ist und daher mit diesem Zeitpunkt die Sendung als zugestellt gilt (vgl. § 7 Zustellgesetz). Auf der Beschwerde allenfalls entnehmbare Bedenken gegen eine strafbewehrte Pflicht zu allfälliger Selbstbezichtigung unter dem Gesichtspunkt des "Fair trial"-Gebotes im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK ist nicht einzugehen, da nur dessen innerstaatliche Maßstabsfunktion für die Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes von Bedeutung ist (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. September 1988, G 72 u.a./88, VfSlg. 11.829). Insoweit steht ihr aber die spätere - dem letzten Satz des § 103 Abs. 2 KFG idF BGBl. Nr. 106/1986 vergleichbare - Verfassungsbestimmung des Art. II im Bundesgesetz BGBl. 384/1986 zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 1985 hinsichtlich der dort getroffenen Regelung der Auskunft über die Überlassung von (Kraft)Fahrzeugen in Parkgebührensachen entgegen.
2.3. Aus den oben näher dargelegten Erwägungen ergibt sich, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten weder wegen der geltend gemachten noch wegen einer vom Verwaltungsgerichtshof aus eigenem aufzugreifenden Rechtswidrigkeit verletzt worden ist.
Die Beschwerde war infolgedessen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
2.4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH StrafverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1996170348.X00Im RIS seit
26.11.2001Zuletzt aktualisiert am
12.10.2011