Index
L82000 BauordnungNorm
AVG §52Beachte
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Bayjones und den Hofrat Dr. Moritz sowie die Hofrätin Mag. Liebhart-Mutzl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Wölfl, über die Revision 1. der Marktgemeinde L, 2. des M G, 3. des J K, 4. des J B und 5. der K G, die Zweit- bis Fünftrevisionswerber alle in T, sämtliche Revisionswerber vertreten durch die List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichtes Niederösterreich vom 29. Oktober 2019, LVwG-AV-38/005-2012, betreffend Einwendungen gegen eine Abfallbehandlungsanlage (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Landeshauptmann von Niederösterreich; mitbeteiligte Partei: T GmbH in W, vertreten durch die Onz, Onz, Kraemmer, Hüttler Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schwarzenbergplatz 16), den Beschluss gefasst:
Spruch
Die Revision wird zurückgewiesen.
Begründung
1 Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
2 Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.
3 Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen.
4 In den Revisionszulässigkeitsgründen werden Verfahrensmängel vorgebracht. Rechtsfragen des Verfahrensrechtes sind nur dann solche von grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG, wenn tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen bzw. wenn die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt wäre, wozu kommt, dass auch die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels dargelegt werden muss (vgl. VwGH 24.1.2017, Ra 2017/05/0005, mwN).
5 Soweit in den Revisionszulässigkeitsgründen gerügt wird, dass die mündliche Verhandlung vor der vor dem Verwaltungsgericht belangten Behörde nicht in der Standortgemeinde, sondern in der Nachbargemeinde stattgefunden hat und sich das behördliche Ermessen damit nicht mehr am Zweck und im Rahmen des Gesetzes bewegt habe, kann nicht erkannt werden, weshalb dadurch tragende Grundsätze des Verfahrensrechtes auf dem Spiel stehen sollten bzw. der geltend gemachte Mangel zu einer grob fehlerhaft erfolgten Beurteilung in der Sache geführt hätte. Auch wird in den Revisionszulässigkeitsgründen keine krasse Fehlbeurteilung im Sinne eines Missbrauches oder eines Überschreitens von gesetzlich eingeräumtem Ermessen aufgezeigt (vgl. VwGH 2.8.2017, Ra 2017/05/0202, mwN). Schließlich ist auch eine Relevanz des geltend gemachten Verfahrensmangels für die vom Verwaltungsgericht getroffene Entscheidung nicht ersichtlich und wird auch in den Revisionszulässigkeitsgründen nicht angesprochen.
6 Zutreffend verweisen die Revisionszulässigkeitsgründe darauf, dass bei der Frage der Gefährdung des Lebens und der Gesundheit von Menschen bzw. einer unzumutbaren Belästigung von Nachbarn grundsätzlich ein humanmedizinisches Gutachten einzuholen ist (vgl. VwGH 26.11.2015, 2012/07/0027; weiters etwa VwGH 23.11.2016, Ra 2016/05/0023, mwN). Allerdings ist die Einholung eines medizinischen Gutachtens nicht in jeder Fallkonstellation geboten, insbesondere dann nicht, wenn bereits auf Grund der konkret gegebenen Umstände bzw. der Ausführungen des technischen Sachverständigen eine Verletzung der genannten Rechtsgüter im Einzelfall auszuschließen ist (vgl. VwGH 24.2.2006, 2001/04/0039; 23.1.2007, 2005/06/0244; 18.5.2016, Ra 2015/04/0093; 27.1.2020, Ra 2019/04/0005, 0006).
7 Im hier vorliegenden Fall wäre es angesichts der vorstehenden Ausführungen erforderlich gewesen, in den Revisionszulässigkeitsgründen aufzuzeigen, weshalb tragende Grundsätze des Verfahrensrechts auf dem Spiel stehen bzw. die in der angefochtenen Entscheidung getroffene Beurteilung grob fehlerhaft erfolgt ist: Das Verwaltungsgericht ist bei seiner Entscheidung nämlich von der konkreten Wohnlage der Revisionswerber sowie überhaupt der Entfernung der nächstgelegenen Wohnnachbarschaften ausgegangen (S 48 und 49 des angefochtenen Erkenntnisses) sowie von den luftreinhaltetechnischen und lärmtechnischen Gutachten, nach denen keine bzw. nur geringfügige Auswirkungen bezüglich Lärm, Geruch und Staub durch die Anlage gegeben seien (vgl. S 49, 50 und 51 des angefochtenen Erkenntnisses). Die Revisionszulässigkeitsgründe gehen auf diese Darlegungen des Verwaltungsgerichtes aber nicht ein.
8 Da somit in den Revisionszulässigkeitsgründen insgesamt keine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG dargestellt wird, war die Revision gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen.
Wien, am 22. September 2020
Schlagworte
Nachbarrecht Nachbar Anrainer Grundnachbar subjektiv-öffentliche Rechte, Schutz vor Immissionen BauRallg5/1/6 Sachverständiger Arzt Sachverständiger TechnikerEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020050182.L00Im RIS seit
02.11.2020Zuletzt aktualisiert am
02.11.2020