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L37069 Kurzparkzonenabgabe Parkabgabe Parkgebühren Wien;Norm
B-VG Art9 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hnatek und die Hofräte Dr. Höfinger und Dr. Holeschofsky als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Böheimer, über die Beschwerde des M in Berlin (Deutschland), vertreten durch D und W, Rechtsanwälte OEG in N, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 9. Juli 1997, Zl. UVS-05/K/28/00897/96, betreffend Übertretung des Wiener Parkometergesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit Straferkenntnis des Magistrates der Stadt Wien vom 7. Mai 1996 wurde der Beschwerdeführer für schuldig erkannt, er habe als Zulassungsbesitzer dem am 16. November 1995 ordnungsgemäß zugestellten Verlangen des Magistrates vom 9. November 1995, innerhalb von zwei Wochen Auskunft darüber zu geben, wem er ein näher bezeichnetes Fahrzeug überlassen gehabt habe, das zu einer näher angegebenen Zeit in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone in Wien abgestellt war, nicht entsprochen. Der Beschwerdeführer habe dadurch gegen § 1a des (Wiener) Parkometergesetzes verstoßen. Über ihn wurde gemäß § 4 Abs. 2 des Wiener Parkometergesetzes eine Geldstrafe (Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.
Mit ihrem Bescheid vom 9. Juli 1997 gab die belangte Behörde der dagegen erhobenen Berufung keine Folge.
Der Beschwerdeführer bekämpft diesen Bescheid vor dem Verwaltungsgerichtshof allein wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer beruft sich vor dem Gerichtshof auf die (unstrittige) Tatsache, daß er deutscher Staatsbürger sei und seinen Wohnsitz in der Bundesrepublik Deutschland habe. Das darauf gestützte Beschwerdevorbringen läßt sich dahin zusammenfassen, daß an den Beschwerdeführer eine Aufforderung gemäß § 1a des Wiener Parkometergesetzes nicht hätte zugestellt werden dürfen. Dies ergebe sich einerseits daraus, daß von dem anzuwendenden Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen, BGBl. Nr. 526/1990, "Abgabensachen" ausgenommen seien (Art. 1 Abs. 2 Z. 2 des zitierten Abkommens) und anderseits gemäß Art. 4 Abs. 1 des Abkommens eine Zustellung auch deshalb unzulässig sei, da nach dem Recht des ersuchten Staates (der Bundesrepublik Deutschland) ein "absolutes Auskunftsverweigerungsrecht" bestehe.
§ 1a des Parkometergesetzes, Landesgesetzblatt für Wien Nr. 47/1974 in der Fassung Landesgesetzblatt für Wien Nr. 24/1987, lautet:
"§ 1a (1) Der Zulassungsbesitzer und jeder, der einem Dritten das Lenken eines mehrspurigen Kraftfahrzeuges oder die Verwendung eines mehrspurigen Fahrzeuges überläßt, für deren Abstellen Parkometerabgabe zu entrichten war, hat, falls das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone abgestellt war, dem Magistrat darüber Auskunft zu geben, wem er das Kraftfahrzeug oder das Fahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt überlassen gehabt hat.
(2) Die Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten muß, ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen."
Der Tatort der hier umschriebenen Verweigerung der Lenkerauskunft ist gemäß § 2 Abs. 2 VStG der Sitz der anfragenden Behörde (vgl. das hg. Erkenntnis vom 24. Februar 1997, Zlen. 97/17/0019 bis 0021, mwN). Dies wird von den Beschwerdeausführungen auch nicht in Zweifel gezogen. Wird aber das Delikt im Inland, nämlich am Sitz der anfragenden Behörde, verwirklicht, kann die Befugnis zur Bestrafung durch die nach den österreichischen Gesetzen dafür in Betracht kommende Behörde nicht zweifelhaft sein. Davon zu trennen ist die Frage der Vollstreckbarkeit einer im Inland verhängten Strafe und die davon wieder zu unterscheidende Frage, ob die inländische Strafbehörde in Verfolgung einer Straftat gegenüber einer bestimmten Person rechtmäßig vorgegangen ist.
Von der Beschwerde wird nicht bezweifelt, daß der Beschwerdeführer - auch als Staatsbürger der Bundesrepublik Deutschland - dann rechtmäßig bestraft worden wäre, wenn ihm die Aufforderung zur Auskunft im Inland zugestellt worden wäre, und er sich in diesem Falle auch nicht auf ein "absolutes Auskunftsverweigerungsrecht" hätte berufen können. Schon diese Überlegungen zeigen, daß von entscheidender Bedeutung die Frage ist, ob dem Beschwerdeführer das Auskunftsbegehren im Sinne des § 1a des Wiener Parkometergesetzes in der Bundesrepublik Deutschland wirksam zugestellt werden konnte.
Der hier in Betracht kommende Abs. 1 des § 11 Zustellgesetz lautet wie folgt:
"(1) Zustellungen im Ausland sind nach den bestehenden internationalen Vereinbarungen oder allenfalls auf dem Weg, den die Gesetze oder sonstigen Rechtsvorschriften des Staates, in dem zugestellt werden soll, oder die internationale Übung zulassen, erforderlichenfalls unter Mitwirkung der österreichischen Vertretungsbehörden, vorzunehmen."
Der strafbewehrte Auftrag zur Erteilung einer Lenkerauskunft ist ein mit Zwangsgewalt verbundener Hoheitsakt. Das völkerrechtliche Territorialitätsprinzip erlaubt staatliche Hoheitsakte, jedenfalls wenn sie mit Zwangsgewalt verbunden sind, auf fremdem Staatsgebiet grundsätzlich nur mit ausdrücklicher Zustimmung oder Duldung des betroffenen Staates. Die Zustellung einer derartigen Verfügung ist eine Ausübung von Hoheitsrechten und darf daher in fremden Staaten nur mit deren Zustimmung erfolgen; dabei handelt es sich um eine allgemein anerkannte Regel des Völkerrechts, welche gemäß Art. 9 Abs. 1 B-VG Bestandteil des österreichischen Bundesrechts ist. Die Zustellung des Auftrages zur Erteilung einer Lenkerauskunft in einem fremden Staat bedarf daher der Zustimmung dieses Staates. Für Deutschland liegt für Verwaltungssachen die Zustimmung im bereits erwähnten Vertrag BGBl. Nr. 526/1990 über Amts- und Rechtshilfe in Verwaltungssachen vor, freilich innerhalb des Anwendungsbereiches und nach Maßgabe seines Inhaltes.
Der Beschwerdeführer sieht nun das vorliegende Auskunftsbegehren nicht durch den oben erwähnten Vertrag gedeckt, da es sich bei der nach dem Wiener Parkometergesetz zu entrichtenden Gebühr um eine Abgabe handle, Abgaben aber vom Geltungsbereich des Vertrages ausgenommen seien.
Art. 1 Abs. 2 Z. 1 des mehrfach erwähnten Abkommens BGBl. Nr. 526/1990 schließt Amts- und Rechtshilfe im Sinne des Abkommens für "Abgabensachen" dann aus, wenn besondere vertragliche Regelungen diesbezüglich vorliegen.
Bei der nach dem Wiener Parkometergesetz zu entrichtenden Abgabe handelt es sich um eine der in Art. 1 des Vertrages zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland über Rechtsschutz und Rechtshilfe in Abgabensachen, BGBl. Nr. 249/1955, erwähnten öffentlichen Abgaben, die von einer Gemeinde erhoben wird. Es ist daher die Frage der Rechtmäßigkeit der Zustellung nach diesem Vertrag und nicht nach dem Amts- und Rechtshilfevertrag BGBl. Nr. 526/1990 zu beurteilen. Die völkerrechtliche Berechtigung zur Zustellung im unmittelbaren Postweg ergibt sich aus dem Ergebnis eines Verständigungsverfahrens gemäß Art. 15 des soeben zitierten Vertrages BGBl. Nr. 249/1955 (veröffentlicht in AÖF Nr. 241/1981); ein Widerruf des Einverständnisses hinsichtlich Lenkerauskunftsanfragen im Sinne des § 1a des Wiener Parkometergesetzes wurde von der Bundesrepublik Deutschland bisher nicht erklärt (vgl. ähnlich zu § 103 Abs. 2 KFG das hg. Erkenntnis vom 27. Juni 1997, Zl. 97/02/0220). Völkerrechtliche Bedenken gegen die Zustellung in der Bundesrepublik Deutschland im unmittelbaren Postweg bestehen daher nicht. Es ist auch unbestritten, daß die Sendung dem Beschwerdeführer tatsächlich zugekommen ist und daher mit diesem Zeitpunkt die Sendung als zugestellt gilt (vgl. § 7 Zustellgesetz). Auf der Beschwerde allenfalls entnehmbare Bedenken gegen eine strafbewehrte Pflicht zu allfälliger Selbstbezichtigung unter dem Gesichtspunkt des "Fair trial"-Gebotes im Sinne des Art. 6 Abs. 1 MRK ist nicht einzugehen, da nur dessen innerstaatliche Maßstabsfunktion für die Prüfungsbefugnis des Verwaltungsgerichtshofes von Bedeutung ist (vgl. das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 29. September 1988, G 72 u. a./88, VfSlg. 11.829). Insoweit steht aber die spätere - dem letzten Satz des § 103 Abs. 2 KFG idF BGBl. 106/1986 vergleichbare - Verfassungsbestimmung des Art. II im Bundesgesetz BGBl. 384/1986 zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes 1985 hinsichtlich der dort getroffenen Regelung der Auskunft über die Überlassung von (Kraft)Fahrzeugen in Parkgebührensachen entgegen.
Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen läßt, daß die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.
Schlagworte
Verwaltungsrecht Internationales Rechtsbeziehungen zum Ausland VwRallg12Verwaltungsrecht allgemein Rechtsquellen VwRallg1Beschwerdepunkt Beschwerdebegehren Entscheidungsrahmen und Überprüfungsrahmen des VwGH StrafverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997170336.X00Im RIS seit
26.11.2001Zuletzt aktualisiert am
12.10.2011