RS Vfgh 2020/9/21 V77/2019

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Veröffentlicht am 21.09.2020
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Index

90/01 Straßenverkehrsordnung 1960

Norm

B-VG Art 18 Abs2
B-VG Art139 Abs1 Z6
B-VG Art148i
B-VG Art 148f
Vlbg Landesverfassung Art60 Abs2
StVO §43, §44 Abs1
FahrverbotsV des Bürgermeisters der Gemeinde Alberschwende vom 24.02.1976
VfGG §7 Abs2

Leitsatz

Gesetzwidrigkeit der Verordnung eines Vorarlberger Bürgermeisters betreffend ein Fahrverbot auf der "Alten Landstraße" mangels Durchführung eines Ermittlungsverfahrens vor Verordnungserlassung

Rechtssatz

Das Ermittlungsverfahren dient dem Zweck, eine Untersuchung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrsverhältnisse sowie eine sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren oder Belästigungen für Bevölkerung und Umwelt, vor denen die Verkehrsbeschränkung schützen soll, zu ermöglichen, damit die Behörde auf dieser Grundlage die gemäß §43 StVO 1960 vor Verordnungserlassung gebotene Interessenabwägung zwischen den Interessen an der Verkehrsbeschränkung und dem Interesse an der ungehinderten Benützung der Straße vornehmen kann.

Dem VfGH ist es angesichts der Mitteilung durch die verordnungserlassende Behörde, dass kein Verordnungsakt existiere, nicht möglich festzustellen, ob die verordnungserlassende Behörde ein für die Erlassung der angefochtenen Verordnung gebotenes Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, in dem die Erforderlichkeit der vorliegenden Verordnung festgestellt wurde.

Die verordnungserlassende Behörde erklärt in ihrer Äußerung, dass es im Rahmen der Verfahren, die zur Errichtung der Lingenauer Hochbrücke und zur Verlegung der "Alten Landstraße" geführt hätten, Ermittlungen (auch) zu der Frage des obsolet gewordenen Gemeingebrauchs an der "Alten Landstraße" gegeben hätte. Aus diesem - nicht näher ausgeführten Hinweis - lässt sich nicht schließen, dass vor Erlassung der angefochtenen Verordnung eine Untersuchung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrsverhältnisse sowie eine sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren oder Belästigungen für Bevölkerung und Umwelt, vor denen die angefochtene Verkehrsbeschränkung schützen soll, stattgefunden hätte, auf deren Grundlage die verordnungserlassende Behörde die gemäß §43 StVO 1960 vor Verordnungserlassung gebotene Interessenabwägung vornehmen hätte können.

Die Ausführungen der verordnungserlassenden Behörde lassen vielmehr den Schluss zu, dass ein den Anforderungen des §43 StVO 1960 entsprechendes Ermittlungsverfahren nicht stattgefunden hat. Die Ausführungen zur Erforderlichkeit der angefochtenen Verordnung gehen im Hinblick darauf, dass das versäumte Ermittlungsverfahren nicht nach Verordnungserlassung nachgeholt werden kann, ins Leere.

Entscheidungstexte

Schlagworte

Straßenpolizei, Fahrverbot, Verkehrsbeschränkungen, Verordnungserlassung, Volksanwaltschaft

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2020:V77.2019

Zuletzt aktualisiert am

16.10.2020
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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