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90/01 Straßenverkehrsordnung 1960Norm
B-VG Art 18 Abs2Leitsatz
Gesetzwidrigkeit der Verordnung eines Vorarlberger Bürgermeisters betreffend ein Fahrverbot auf der "Alten Landstraße" mangels Durchführung eines Ermittlungsverfahrens vor VerordnungserlassungRechtssatz
Das Ermittlungsverfahren dient dem Zweck, eine Untersuchung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrsverhältnisse sowie eine sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren oder Belästigungen für Bevölkerung und Umwelt, vor denen die Verkehrsbeschränkung schützen soll, zu ermöglichen, damit die Behörde auf dieser Grundlage die gemäß §43 StVO 1960 vor Verordnungserlassung gebotene Interessenabwägung zwischen den Interessen an der Verkehrsbeschränkung und dem Interesse an der ungehinderten Benützung der Straße vornehmen kann.
Dem VfGH ist es angesichts der Mitteilung durch die verordnungserlassende Behörde, dass kein Verordnungsakt existiere, nicht möglich festzustellen, ob die verordnungserlassende Behörde ein für die Erlassung der angefochtenen Verordnung gebotenes Ermittlungsverfahren durchgeführt hat, in dem die Erforderlichkeit der vorliegenden Verordnung festgestellt wurde.
Die verordnungserlassende Behörde erklärt in ihrer Äußerung, dass es im Rahmen der Verfahren, die zur Errichtung der Lingenauer Hochbrücke und zur Verlegung der "Alten Landstraße" geführt hätten, Ermittlungen (auch) zu der Frage des obsolet gewordenen Gemeingebrauchs an der "Alten Landstraße" gegeben hätte. Aus diesem - nicht näher ausgeführten Hinweis - lässt sich nicht schließen, dass vor Erlassung der angefochtenen Verordnung eine Untersuchung der Verkehrsbeziehungen und der Verkehrsverhältnisse sowie eine sachverhaltsmäßige Klärung der Gefahren oder Belästigungen für Bevölkerung und Umwelt, vor denen die angefochtene Verkehrsbeschränkung schützen soll, stattgefunden hätte, auf deren Grundlage die verordnungserlassende Behörde die gemäß §43 StVO 1960 vor Verordnungserlassung gebotene Interessenabwägung vornehmen hätte können.
Die Ausführungen der verordnungserlassenden Behörde lassen vielmehr den Schluss zu, dass ein den Anforderungen des §43 StVO 1960 entsprechendes Ermittlungsverfahren nicht stattgefunden hat. Die Ausführungen zur Erforderlichkeit der angefochtenen Verordnung gehen im Hinblick darauf, dass das versäumte Ermittlungsverfahren nicht nach Verordnungserlassung nachgeholt werden kann, ins Leere.
Schlagworte
Straßenpolizei, Fahrverbot, Verkehrsbeschränkungen, Verordnungserlassung, VolksanwaltschaftEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:V77.2019Zuletzt aktualisiert am
16.10.2020