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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch eine Ersatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts; Verkennung der Rechtsanschauung des VfGH durch Bezugnahme auf die Beweiswürdigung in der – bereits vom VfGH aufgehobenen – vorangegangenen Entscheidung und Zitierung untauglicher GutachtenRechtssatz
Nach §87 Abs2 VfGG sind die Verwaltungsgerichte und die Verwaltungsbehörden verpflichtet, dann, wenn der VfGH einer Beschwerde stattgegeben hat, in der betreffenden Rechtssache mit den ihnen zu Gebote stehenden rechtlichen Mitteln unverzüglich den der Rechtsanschauung des VfGH entsprechenden Rechtszustand herzustellen. Die Verwaltungsgerichte bzw Verwaltungsbehörden sind demnach bei Erlassung der Ersatzentscheidung an die vom VfGH im ersten Rechtsgang geäußerte Rechtsansicht gebunden. Ein bei Erlassung der Ersatzentscheidung begangener Verstoß gegen dieses Gebot, ohne dass sich die maßgebende Sach- und Rechtslage geändert hätte, verletzt den Beschwerdeführer in demselben Recht wie die im ersten Rechtsgang erlassene und vom VfGH aufgehobene Entscheidung.
In seiner Beweiswürdigung bezieht sich der erkennende Richter auf die Entscheidung des BVwG vom 02.05.2019, W170 2208106-1, und stellt klar, dass die im ersten Rechtsgang eingeholten Gutachten des früheren länderkundlichen Sachverständigen für Afghanistan "dem gegenständlichen Verfahren nicht hinzugezogen" würden. Jedoch sei bei "Wegfall" der Gutachten "auch nicht bewiesen und geklärt, ob der Vater bei den Akbari-Milizen tätig war, ob dieser und unter welchen Umständen [er] gestorben ist. Damit musst[e] auch die negative Feststellung getroffen werden, ob der Vater noch lebt oder nicht".
Auch in der Darstellung des Verfahrensganges werden weiterhin Teile der im ersten Rechtsgang eingeholten Gutachten des früheren länderkundlichen Sachverständigen für Afghanistan zitiert. Damit bezieht sich der erkennende Richter in seiner Ersatzentscheidung vom 20.04.2020 weiterhin wesentlich auf die in Rede stehenden Gutachten, die aber die Erfordernisse tauglicher Gutachten nicht erfüllen.
Ferner wird in der Beweiswürdigung die Unglaubhaftigkeit des Fluchtvorbringens weiterhin mit Widersprüchen zwischen dem Vorbringen des Beschwerdeführers und dem seines als Zeugen einvernommenen jüngeren Bruders begründet. Diese sind jedoch weiterhin überwiegend spekulativ. Mangels ergänzender Beweisaufnahme, insbesondere mangels Durchführung einer weiteren mündlichen Verhandlung zur ergänzenden Befragung des Beschwerdeführers bzw seines Bruders hinsichtlich etwaiger Widersprüche, aber auch hinsichtlich des Vorbringens in Bezug auf den Vater des Beschwerdeführers nach "Wegfall" der Gutachten, hat das BVwG jegliche Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt unterlassen.
Entscheidungstexte
Schlagworte
Asylrecht, Ersatzentscheidung, Bindung (der Verwaltungsgerichte an VfGH), ErmittlungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:E1868.2020Zuletzt aktualisiert am
16.10.2020