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10/07 Verwaltungsgerichtshof;Norm
AVG §71 Abs1 Z1;Beachte
Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung verbunden): 97/10/0171Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Mizner und Dr. Bumberger als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Suda, über den Antrag 1. der Apotheke Mag.pharm. G KG in Linz-Ebelsberg,
2. des Mag.pharm. G in Linz-Ebelsberg, 3. des Mag.pharm. S in Linz, und 4. der Mag.pharm. M in Grein, alle vertreten durch Dr. P, Rechtsanwalt in L, auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Frist zur Erhebung der Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz vom 7. Februar 1997, Zl. 262.650/1-II/A/4/97, betreffend Apothekenkonzession, sowie über die mit diesem Antrag verbundene nachgeholte Beschwerde, den Beschluß gefaßt:
Spruch
1. Dem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wird nicht stattgegeben.
2. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Begründung
Mit Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz vom 7. Februar 1997 wurden die Berufungen der Beschwerdeführer gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 6. September 1994, mit dem Mag.pharm. A. die Konzession zur Errichtung und zum Betrieb einer neuen öffentlichen Apothke in Linz erteilt wurde, abgewiesen. Dieser Bescheid wurde den Beschwerdeführern am 13. Februar 1997 zugestellt.
Gegen diesen Bescheid erheben die Beschwerdeführer eine mit einem Wiedereinsetzungsantrag verbundene Beschwerde.
Im Wiedereinsetzungsantrag wird ausgeführt, am 2. September 1997 habe der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer namens der Viertbeschwerdeführerin eine Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen einen Bescheid des Bundesministers für Arbeit, Gesundheit und Soziales vom 28. Juli 1997 ausgearbeitet. Diese Beschwerde wende sich gegen die Nichterteilung einer Apothekenkonzession an die Viertbeschwerdeführerin. Da es dabei um denselben Standort wie bei der gegenständlichen Verwaltungsgerichtshofbeschwerde betreffend die Erteilung einer Apothekenkonzession an Mag.pharm. A. gehe, habe der Rechtsvertreter der Beschwerdeführer den Stand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens betreffend die - seiner Meinung nach eingebrachte - Verwaltungsgerichtshofbeschwerde der nunmehrigen Beschwerdeführer erhoben. Er habe beim Verwaltungsgerichtshof angerufen, um die Geschäftszahl der Beschwerde zu erfahren; dabei habe trotz längerer Suche keine solche Beschwerde aufgefunden werden können. Dies sei zunächst unerklärlich gewesen, da das Postaufgabebuch des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer eine Beschwerdeaufgabe für den 20. März 1997 aufzeige. Nachforschungen hätten ergeben, daß zwar ein alle Merkmale einer Verwaltungsgerichtshofbeschwerde aufweisender Schriftsatz verfaßt worden sei, der jedoch an das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz adressiert sei. Der Versuch einer Rekonstruktion dieses Fehlers habe folgendes ergeben:
Die für den Vertreter der Beschwerdeführer zuständige Sekretärin H. arbeite mit einem Schreibautomaten. Im Zuge der Arbeitsvereinfachung und Rationalisierung würden daher die ersten Seiten von Eingaben aus dem abgespeicherten Text abgerufen, sodaß die beteiligten Parteien nicht immer neu geschrieben werden müßten. Dieser Vorgang werde auch bei Verwaltungsgerichtshofbeschwerden gewählt, wobei der Adressat geändert werde (Verwaltungsgerichtshof) und die Bezeichnung der Parteien (z.B. "Beschwerdeführer"). Frau H. habe im Februar dieses Jahres die Verwaltungsgerichtshofbeschwerde gegen den Bescheid des Bundesministers für Gesundheit und Konsumentenschutz vom 7. Februar 1997 über Diktat des Beschwerdeführer-Vertreters geschrieben und nach Genehmigung durch die Beschwerdeführer am 20. März 1997 zur Post gegeben.
Dabei sei folgender Fehler unterlaufen: Es sei zwar die Bezeichnung der Parteien gegenüber der letzten Eingabe vom 29. Jänner 1997 von "Berufungswerber" auf "Beschwerdeführer" geändert worden, desgleichen die des Konzessionswerbers auf "mitbeteiligte Partei"; ebenso sei die belangte Behörde angegeben worden. Es sei aber bei der Adressierung an das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz verblieben. Frau H. habe trotz einer diesbezüglichen Anordnung unterlassen, die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zu richten und habe auf dem Schreibautomaten den letzten Adressaten, nämlich das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz, übernommen. Dieses Versehen von Frau H. sei ein einmaliger Vorfall. Sie sei eine außerordentlich verläßliche Kanzleiangestellte mit großer Berufserfahrung und eine verantwortungsbewußte und kritische Mitarbeiterin. Trotzdem werde sie überwacht und kontrolliert. Diese Kontrollen erfolgten insbesondere in der Form, daß auch der einfachste Brief genau von vorne bis hinten durchgelesen werde, und zwar auch dann, wenn er nach Korrektur allfälliger Schreibfehler nochmals vorgelegt werde. Auch die gegenständliche Verwaltungsgerichtshofbeschwerde sei vom Vertreter der Beschwerdeführer genau kontrolliert und dann unterfertigt worden. Offensichtlich sei dabei aber die Falschadressierung an das Bundesministerium statt an den Verwaltungsgerichtshof übersehen worden. Ein derartiger Fehler sei dem Vertreter der Beschwerdeführer in seiner 1974 begonnenen Tätigkeit als Rechtsanwalt noch nie unterlaufen.
Der Wiedereinsetzungsantrag ist nicht gerechtfertigt.
Nach § 46 Abs. 1 VwGG ist einer Partei, wenn sie durch ein unvorgesehenes ode unabwendbares Ereignis eine Frist versäumt und dadurch einen Rechtsnachteil erleidet, auf Antrag die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu bewilligen. Daß der Partei ein Verschulden an der Versäumung zur Last liegt, hindert die Bewilligung der Wiedereinsetzung nicht, wenn es sich nur um einen minderen Grad des Versehens handelt.
Im Beschwerdefall liegt nicht (nur) ein Fehler der Sekretärin vor, sondern auch ein Fehler des Rechtsvertreters der Beschwerdeführer. Dieser hat zwar die Beschwerde kontrolliert, dabei aber einen wesentlichen Mangel derselben, nämlich die Adressierung an das Bundesministerium statt an den Verwaltungsgerichtshof, übersehen.
Die Verantwortung für die Richtigkeit und Vollständigkeit eines vom Rechtsanwalt zu unterfertigenden Schriftsatzes trägt der Rechtsanwalt. Übersieht er bei der von ihm zu fordernden Kontrolle eines solchen Schriftsatzes wesentliche Mängel, dann liegt ein Verschulden vor, das über einen minderen Grad des Versehens hinausgeht (vgl. die hg. Beschlüsse vom 10. Oktober 1996, 96/15/0191, vom 30. Jänner 1997, 97/18/0003, vom 5. Oktober 1994, 94/03/0236, 0237, vom 18. April 1997, 97/16/0043, 0044, u.v.a.). Bei dem Umstand, daß die (ursprüngliche, fehlerhafte) Beschwerde der Beschwerdeführer an das Bundesministerium für Gesundheit und Konsumentenschutz adressiert war, handelt es sich um einen ins Auge springenden Fehler.
Da somit die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorliegen, konnte dem Wiedereinsetzungsantrag nicht stattgegeben werden.
Die nachgeholte Beschwerde gegen den am 13. Februar 1997 zugestellten angefochtenen Bescheid wurde am 8. September 1997 zur Post gegeben und erweist sich daher als verspätet, weshalb sie gemäß § 34 Abs. 1 VwGG zurückzuweisen war.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997100170.X00Im RIS seit
03.04.2001