TE Vwgh Beschluss 2020/9/24 Ra 2020/11/0078

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Veröffentlicht am 24.09.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof

Norm

B-VG Art133 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des F S in S, vertreten durch Mag. Hannes Gabriel, Rechtsanwalt in 9871 Seeboden, Hauptstraße 84, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Kärnten vom 6. März 2020, Zl. KLVwG-89/6/2020, betreffend Abweisung eines Antrages auf (Wieder-)Erteilung der Lenkberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Spittal an der Drau), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen Erkenntnis wurde, in Bestätigung des Bescheides der belangten Behörde vom 30. Oktober 2019, nach durchgeführter mündlicher Verhandlung einerseits der Antrag des Revisionswerbers vom 6. Mai 2019 auf Wiedererteilung der Lenkberechtigung der Klassen B und F mangels gesundheitlicher Eignung und andererseits sein Antrag auf neuerliche Durchführung einer Beobachtungsfahrt abgewiesen.

Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG unzulässig sei.

2        In der Begründung wurde, hier auf das Wesentliche zusammengefasst, festgestellt, mit Bescheid der belangten Behörde vom 12. Februar 2018 sei die Lenkberechtigung des Revisionswerbers für die Dauer der gesundheitlichen Nichteignung entzogen worden, weil bei ihm nach dem amtsärztlichen Gutachten eine fortschreitende dementielle Erkrankung diagnostiziert worden sei.

3        Sowohl die in der Folge erstattete klinisch-psychologische Stellungnahme vom 17. Februar 2018, die neurologisch-psychiatrische Stellungnahme vom 19. Februar 2018 als auch das amtsärztliche Gutachten vom 26. Februar 2018 hätten auf „nicht geeignet“ gelautet.

4        Nach der (vom Revisionswerber nach der Aktenlage mit gleichzeitig gestelltem Antrag auf Durchführung einer Beobachtungsfahrt vorgelegten) neurologisch-psychiatrischen Stellungnahme der Dr. C vom 4. Juli 2018 bestehe kein Einwand gegen das Lenken von Kraftfahrzeugen, „soferne [der Revisionswerber] im Rahmen einer Beobachtungsfahrt beweisen kann, dass er in der Lage ist, die testpsychologischen Defizite im praktischen Bereich zu kompensieren“. Eine (erste) am 25. Juli 2018 durchgeführte Beobachtungsfahrt habe nach dem amtsärztlichen Gutachten das Ergebnis „nicht geeignet“ bestätigt (der Revisionswerber habe u.a. Probleme bei der Orientierung und beim Spurhalten gehabt).

5        Eine nach (wiederholtem) Antrag des Revisionswerber durchgeführte zweite Beobachtungsfahrt am 17. Oktober 2018 habe mit einem Fahrtabbruch aufgrund Gefahr im Verzug geendet und abermals das amtsärztliche Gutachtensergebnis „nicht geeignet“ zum Lenken eines Kraftfahrzeuges erbracht.

6        Die neuerliche psychiatrische Stellungnahme der Dr. C vom 13. Mai 2019, wonach kein Einwand gegen das Lenken von Kraftfahrzeugen seitens des Revisionswerbers bestehe, wenn er durch eine Beobachtungsfahrt die Kompensation der testpsychologischen Defizite beweisen könne, habe schließlich zu einer dritten Beobachtungsfahrt am 29. Mai 2019 und (weil der Revisionswerber dabei einen Fußgänger am Schutzweg nicht beachtet habe) abermals zum amtsärztlichen Gutachtensergebnis, der Revisionswerber sei zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht geeignet, geführt.

7        In der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht habe die Amtsärztin zum ihr vorgehaltenen positiven Gutachten des internistischen Facharztes Dr. K. vom 29. Oktober 2019 ausgeführt, dass die Fahrtauglichkeit des Revisionswerbers aus internistischer Sicht nie in Abrede gestellt worden sei. Vielmehr fehle dem Revisionswerber in neurologisch-psychiatrischer Hinsicht aufgrund seiner demenziellen Entwicklung die kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit.

8        Ausgehend von den als objektiv nachvollziehbar erachteten Gutachten betreffend die gesundheitliche Nichteignung des Revisionswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen gelangte das Verwaltungsgericht in rechtlicher Hinsicht zum Ergebnis, dass dem Revisionswerber die diesbezügliche Erteilungsvoraussetzung iSd. § 8 FSG fehle und daher sein Antrag auf Wiedererteilung abzuweisen gewesen sei. Eine neuerliche Beobachtungsfahrt sei, weil die aktuellen Ergebnisse keinerlei Veränderung im Verhalten des Revisionswerbers gezeigt hätten, nicht angezeigt.

9        Dagegen richtet sich die vorliegende außerordentliche Revision.

10       Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

11       Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

12       Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. aus vielen die Beschlüsse VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0014, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/11/0225, jeweils mwN).

13       In den gemäß § 28 Abs. 3 VwGG gesondert vorzubringenden Gründen ist konkret auf die vorliegende Rechtssache bezogen aufzuzeigen, welche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung der Verwaltungsgerichtshof in einer Entscheidung über die Revision zu lösen hätte und in welchen Punkten die angefochtene Entscheidung von welcher Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht bzw. konkret welche Rechtsfrage dieser uneinheitlich oder noch nicht beantwortet hat. Dabei hat der Revisionswerber konkret darzulegen, dass der der gegenständlich angefochtenen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt einer der von ihm ins Treffen geführten hg. Entscheidungen gleicht, das Verwaltungsgericht im gegenständlichen Fall dennoch anders entschieden hat und es damit von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abgewichen ist, wobei die bloße Wiedergabe von Rechtssätzen zu verschiedenen hg. Entscheidungen nicht ausreicht. Ebenso reicht auch die bloße Nennung von hg. Entscheidungen nach Datum und Geschäftszahl, ohne auf konkrete Unterschiede in dieser Rechtsprechung hinzuweisen, nicht aus (vgl. zum Ganzen den Beschluss VwGH 23.4.2018, Ra 2018/11/0066, mwN).

14       Der Verwaltungsgerichtshof ist weder verpflichtet, Gründe für die Zulässigkeit einer Revision anhand der übrigen Revisionsausführungen gleichsam zu suchen, noch berechtigt, von Amts wegen erkannte Gründe, die zur Zulässigkeit einer Revision hätten führen können, aufzugreifen (vgl. VwGH 14.10.2019, Ra 2019/11/0157, mwN).

15       Die Revision bringt zu ihrer Zulässigkeit vor, das Verwaltungsgericht werde den Anforderungen des Verwaltungsgerichtshofes an eine ausreichende Würdigung widerstreitender Beweisergebnisse (Hinweis auf VwGH 25.4.2017, Ra 2017/09/0012) nicht gerecht, weil es sich nicht mit den vorgelegten fachärztlichen psychiatrischen Stellungnahmen der Dr. C und den fachärztlichen internistischen Stellungnahmen des Dr. K, mit denen der Revisionswerber den amtswegigen Beweisergebnissen auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten sei, auseinander gesetzt habe, obwohl diese „unmissverständlich“ die gesundheitliche Eignung des Revisionswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen bestätigten.

16       Die behauptete Abweichung von der zitierten Rechtsprechung liegt schon deshalb nicht vor, weil die vom Revisionswerber vorgelegten ärztlichen Atteste keine mit den amtsärztlichen Gutachten „widerstreitenden“ Beweisergebnisse darstellen. Auch in den beiden psychiatrischen Stellungnahmen wurden nämlich, wie dargestellt, Bedenken gegen die gesundheitliche Eignung des Revisionswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen nur unter der Voraussetzung verneint, dass der Revisionswerber durch eine Beobachtungsfahrt die Kompensation der testpsychologischen Defizite beweise, was vom Verwaltungsgericht - aufgrund der Ergebnisse von drei durchgeführten Beobachtungsfahrten - verneint wurde. Insoweit hat das Verwaltungsgericht, entgegen dem Zulässigkeitsvorbringen, auch seiner Begründungspflicht, aus welchen Gründen von der gesundheitlichen Nichteignung des Revisionswerbers auszugehen sei, entsprochen.

17       Letzteres gilt auch in Bezug auf die vom Revisionswerber vorgelegten fachärztlichen internistischen Stellungnahmen, weil diese, wie im angefochtenen Erkenntnis unter Hinweis auf die Aussagen der Amtsärztin nachvollziehbar ausgeführt wird, nichts an den fallbezogen entscheidenden neurologisch-psychiatrischen Defiziten des Revisionswerbers zu ändern vermochten.

18       Soweit die Revision zur Zulässigkeit im Übrigen vorbringt, die Abweisung des Antrages auf eine (vierte) Beobachtungsfahrt weiche von der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, fehlt es schon an der Konkretisierung dieser Rechtsprechung, sodass dieses Zulässigkeitsvorbringen nicht den obgenannten Anforderungen entspricht und daher nicht gesetzmäßig ausgeführt ist.

19       In der Revision werden keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Wien, am 24. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020110078.L00

Im RIS seit

09.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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