TE Vwgh Beschluss 2020/9/28 Ra 2020/11/0147

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Veröffentlicht am 28.09.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
90/02 Führerscheingesetz

Norm

B-VG Art133 Abs4
FSG 1997 §24 Abs4
VwGG §28 Abs3
VwGG §34 Abs1

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des V H in S, vertreten durch die Imre & Schaffer Rechtsanwälte OG in 8200 Gleisdorf, Ludersdorf 201, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 31. August 2020, Zl. LVwG 42.10-1471/2020-8, betreffend Aufforderung nach § 24 Abs. 4 FSG (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Weiz), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis wurde der Revisionswerber - in teilweiser Stattgebung seiner Beschwerde gegen den Aufforderungsbescheid der belangten Behörde vom 11. Mai 2020 - gemäß § 24 Abs. 4 FSG aufgefordert, sich binnen zwei Wochen ab Zustellung des Erkenntnisses amtsärztlich untersuchen zu lassen. Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revision unzulässig sei.

Begründend stellte das Verwaltungsgericht fest, der 79-jährige Revisionswerber sei am 10. April 2020 beim Lenken seines PKW aufgrund rasanter und unsicherer Fahrweise polizeilich angehalten worden. Er habe einfache Fragen nicht beantworten können und angegeben, 15 verschiedene Medikamente, die er jedoch nicht bezeichnen könne, über den Tag verteilt einnehmen zu müssen. Eine Rückfrage bei der Ehefrau habe ergeben, dass er täglich u.a. die Medikamente Trittico und Clopidrogel einnehme. Trittico sei ein Antidepressivum, dessen Beipackzettel besonders für ältere Patienten mögliche Nebenwirkungen wie Schwindel, seelische Erregung, Halluzinationen, Tachykardie und Suizidgedanken sowie Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens ausweise. Weiters enthalte der Beipackzettel einen besonderen Warnhinweis hinsichtlich der Verkehrstüchtigkeit und der Beeinträchtigung der Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen und zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr. Clopidrogel sei ein Blutverdünner, für den Wechselwirkungen mit Antidepressiva ausgewiesen seien. Bei dem im 80. Lebensjahr stehenden Revisionswerber bestünden auch im Entscheidungszeitpunkt begründete Bedenken an der gesundheitlichen Lenkeignung.

Beweiswürdigend führte das Verwaltungsgericht zusammengefasst aus, die Feststellungen stützten sich auf den widerspruchsfreien und klar formulierten Polizeibericht und die im Internet abrufbaren Beipackzettel der erwähnten Medikamente.

In seiner rechtlichen Beurteilung hielt das Verwaltungsgericht nach Zitierung des § 24 Abs. 4 FSG und unter Hinweis auf hg. Judikatur im Wesentlichen fest, die rasante und unsichere Fahrweise des Revisionswerbers habe in Zusammenschau mit der Einnahme der beschriebenen Medikamente und dem fortgeschrittenen Alter des Revisionswerbers zu Bedenken an dessen gesundheitlicher Lenkeignung geführt. Die Bedenken seien nach wie vor aktuell, da sich seit dem Tag der polizeilichen Anhaltung kein Hinweis auf eine Situationsänderung ergeben habe.

2        Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision, zu deren Zulässigkeit vorgebracht wird, das Verwaltungsgericht habe keine Feststellungen zur Medikamenteneinnahme getroffen, aber daraus unzulässige (weil ohne ärztlichen Sachverständigen getroffene) medizinische Schlüsse gezogen und entgegen der hg. Judikatur sein Erkenntnis nicht in Sachverhaltsfeststellungen, Beweiswürdigung und rechtliche Beurteilung gegliedert. Überdies sei die zweiwöchige Aufforderungsfrist nicht begründet worden.

3        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.

Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. etwa die Beschlüsse VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0014, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/11/0225, jeweils mwN).

4        In der Zulässigkeitsbegründung der Revision werden ausschließlich Begründungs- und somit Verfahrensmängel geltend gemacht. Abgesehen davon, dass das angefochtene Erkenntnis - wie auch aus der obigen Darstellung hervorgeht - entgegen dem Vorbringen sowohl eine klare Gliederung aufweist als auch Feststellungen zur Medikamenteneinnahme enthält, nicht aber medizinische Schlüsse, sondern nur die Wiedergabe von Beipackzetteln, wird in den Zulässigkeitsgründen die Relevanz der behaupteten Verfahrensfehler nicht dargestellt; dies vor dem Hintergrund, dass für die Aufforderung gemäß § 24 Abs. 4 FSG begründete Bedenken gegen das Vorliegen der gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen ausreichen (vgl. etwa VwGH 15.5.2019, Ra 2019/11/0032, mwN). Gleiches gilt für das Vorbringen, die zweiwöchige Aufforderungsfrist sei nicht begründet worden.

5        Mit der Behauptung eines Verfahrensfehlers (als Abweichung von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes) kann aber nur dann eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung iSd Art. 133 Abs. 4 B-VG aufgeworfen werden, wenn im Rahmen des Vorbringens zur Zulässigkeit der Revision auch die Relevanz dieses Verfahrensfehlers für den Verfahrensausgang aufgezeigt wird (vgl. etwa den Beschluss VwGH 23.1.2017, Ra 2017/11/0001, mwN).

6        In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 28. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020110147.L00

Im RIS seit

09.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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