TE Vwgh Beschluss 2020/9/28 Ra 2020/11/0139

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Veröffentlicht am 28.09.2020
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Index

10/01 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG)
10/07 Verwaltungsgerichtshof
90/01 Straßenverkehrsordnung
90/02 Führerscheingesetz

Norm

B-VG Art133 Abs4
FSG 1997 §25 Abs3
FSG 1997 §26 Abs2
FSG 1997 §26 Abs2 Z4
FSG 1997 §26 Abs2 Z6
FSG 1997 §7 Abs3 Z1
FSG 1997 §7 Abs4
StVO 1960 §99 Abs1
StVO 1960 §99 Abs1a
VwGG §28 Abs3

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Schick und den Hofrat Dr. Grünstäudl sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Vitecek, über die Revision des DI M L in S, vertreten durch PRUTSCH & Partner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Joanneumring 6/3, gegen das Erkenntnis des Landesverwaltungsgerichts Steiermark vom 29. Mai 2020, Zl. LVwG 42.20-594/2020-11, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bezirkshauptmannschaft Graz-Umgebung), den Beschluss gefasst:

Spruch

Die Revision wird zurückgewiesen.

Begründung

1        Mit dem angefochtenen, nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung ergangenen Erkenntnis wurde dem Revisionswerber (in Bestätigung des Bescheids der belangten Behörde) die Lenkberechtigung für sieben Monate unter gleichzeitiger Anordnung einer Nachschulung entzogen. Gleichzeitig wurde gemäß § 25a VwGG ausgesprochen, dass eine ordentliche Revison unzulässig sei.

2        Begründend stellte das Verwaltungsgericht fest, der Revisionswerber habe im alkoholisierten Zustand (zumindest 1,36 Promille Blutalkoholgehalt) als Lenker eines PKW einen Unfall mit Sachschaden verursacht und sich von der Unfallstelle entfernt.

3        Rechtlich führte das Verwaltungsgericht aus, da der Revisionswerber erstmalig ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1a StVO 1960 begangen habe, sei seine Lenkberechtigung gemäß § 26 Abs. 2 Z 4 FSG für mindestens vier Monate zu entziehen und gemäß § 24 Abs. 3 zweiter Satz Z 3 FSG eine Nachschulung anzuordnen gewesen. Im Sinne der nach § 7 Abs. 4 FSG gebotenen Wertung sei überdies zu berücksichtigen, dass der Revisionswerber einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet habe, weshalb nicht davon auszugehen sei, dass der Revisionswerber seine Verkehrszuverlässigkeit vor dem Ablauf von sieben Monaten wiedererlangen werde.

4        Dagegen richtet sich die vorliegende Revision, zu der das Verwaltungsgericht die Verfahrensakten vorgelegt hat.

5        Nach Art. 133 Abs. 4 B-VG ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird. Auf Beschlüsse der Verwaltungsgerichte ist Art. 133 Abs. 4 B-VG sinngemäß anzuwenden (Art. 133 Abs. 9 B-VG).

6        Nach § 34 Abs. 1 VwGG sind Revisionen, die sich wegen Nichtvorliegens der Voraussetzungen des Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zur Behandlung eignen, ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung mit Beschluss zurückzuweisen.

7        Nach § 34 Abs. 1a VwGG ist der Verwaltungsgerichtshof bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG an den Ausspruch des Verwaltungsgerichtes gemäß § 25a Abs. 1 VwGG nicht gebunden. Die Zulässigkeit einer außerordentlichen Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG hat der Verwaltungsgerichtshof im Rahmen der dafür in der Revision gesondert vorgebrachten Gründe (§ 28 Abs. 3 VwGG) zu überprüfen. Diesem Erfordernis wird insbesondere nicht schon durch nähere Ausführungen zur behaupteten Rechtswidrigkeit der bekämpften Entscheidung (§ 28 Abs. 1 Z 5 VwGG) oder zu den Rechten, in denen sich der Revisionswerber verletzt erachtet (§ 28 Abs. 1 Z 4 VwGG), Genüge getan (vgl. etwa die Beschlüsse VwGH 23.3.2017, Ra 2017/11/0014, und VwGH 1.9.2017, Ra 2017/11/0225, jeweils mwN).

8        Soweit der Revisionswerber in den Zulässigkeitsgründen der Revision das Beweisverfahren der „belangten Behörde“ im Hinblick auf die „Rechtmäßigkeit des Schuldspruchs“, die „Strafbemessung“ und den „Ausspruch über die Strafe und die Kosten“ kritisiert, geht das Vorbringen an der Sache des Verfahrens - nämlich der vom Verwaltungsgericht ausgesprochenen Entziehung der Lenkberechtigung nach dem FSG - vorbei.

9        Das weitere Zulässigkeitsvorbringen, das Verwaltungsgericht habe die viermonatige Mindestentziehungszeit des § 26 Abs 2 Z 4 FSG um drei Monate überschritten, ohne Feststellungen zu einem „allfälligen sonstigen Fehlverhalten des Revisionswerbers“ zu treffen oder eine Wertung iSd. § 7 Abs. 4 FSG vorzunehmen, widerspricht dem Inhalt des angefochtenen Erkenntnisses. Dort hatte das Verwaltungsgericht, wie oben bereits ausgeführt, festgestellt, der Revisionswerber habe mit 1,36 Promille Blutalkoholgehalt einen Verkehrsunfall mit Sachschaden verschuldet und sich von der Unfallstelle entfernt und dies in die Wertung iSd. § 7 Abs. 4 FSG einbezogen.

Dass das Verschulden eines Verkehrsunfalls zusätzlich zur Begehung eines Alkoholdelikts bei der Verkehrsunzuverlässigkeitsprognose berücksichtigt werden und - ebenso wie die Fahrerflucht - das Überschreiten der Mindestentziehungsdauer rechtfertigen kann, entspricht der hg. Judikatur (vgl. etwa VwGH 23.1.2019, Ra 2018/11/0231, Rn 24 mwN).

10       In den Zulässigkeitsgründen wird schließlich vorgebracht, das Verwaltungsgericht habe gegen (näher zitierte) hg. Judikatur verstoßen, weil die Entziehung der Lenkberechtigung nicht mehr gerechtfertigt sei, wenn zwischen der Tat und der Einleitung des Entziehungsverfahrens mehr als ein Jahr verstrichen sei. Dazu genügt es, darauf hinzuweisen, dass die Tat am 30. Juli 2019 gesetzt und das Entziehungsverfahren laut dem vorgelegten Verwaltungsakt spätestens mit der „Verständigung von der Beweisaufnahme“ der belangten Behörde vom 16. August 2019, also 17 Tage nach der Tat, eingeleitet wurde. Da das Entziehungsverfahren somit binnen Jahresfrist eingeleitet wurde, ist ein Abweichen von hg. Judikatur (vgl. etwa VwGH 3.12. 2018, Ra 2018/11/0232) nicht ersichtlich.

11       In der Revision werden somit keine Rechtsfragen aufgeworfen, denen im Sinne des Art. 133 Abs. 4 B-VG grundsätzliche Bedeutung zukäme. Die Revision war daher zurückzuweisen.

12       Bei diesem Ergebnis erübrigte sich eine Entscheidung über den Antrag, der Revision aufschiebende Wirkung zuzuerkennen.

Wien, am 28. September 2020

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2020:RA2020110139.L00

Im RIS seit

09.11.2020

Zuletzt aktualisiert am

09.11.2020
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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