TE Lvwg Erkenntnis 2020/1/24 VGW-221/079/2660/2018/VOR

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 24.01.2020
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Entscheidungsdatum

24.01.2020

Index

L37129 Benützungsabgabe Gebrauchsabgabe Wien
90/01 Straßenverkehrsordnung
40/01 Verwaltungsverfahren

Norm

GebrauchsabgabeG Wr §1 Abs1
GebrauchsabgabeG Wr §1a
GebrauchsabgabeG Wr §2 Abs2
GebrauchsabgabeG Wr §2 Abs2a
GebrauchsabgabeG Wr §2 Abs7
StVO 1960 §82 Abs1
StVO 1960 §82 Abs5
StVO 1960 §94d Z9
AVG §6 Abs1
AVG §76 Abs1
AVG §77

Text

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Verwaltungsgericht Wien erkennt durch seine Richterin MMag. Dr. Ollram über die Beschwerde des A. B., C.-gasse, Wien, vertreten durch D. E., F.-gasse, Wien, gegen den Bescheid des Magistrats der Stadt Wien, Magistratsabteilung 59, vom 13.10.2017, MA 59-..., betreffend die Abweisung des Antrags auf Erteilung der Erlaubnis (§ 1 Gebrauchsabgabegesetz 1966 – GAG) und der Bewilligung (§ 82 Abs. 1 Straßenverkehrsordnung 1960 – StVO 1960) zum Gebrauch des öffentlichen Gemeindegrundes und der Straße mit öffentlichem Verkehr sowie des darüber befindlichen Luftraums in Wien, G. gegenüber ONr. ..., für die Aufstellung eines transportablen Verkaufsstandes (165 cm x 110 cm) samt holzkohlebetriebenem Maronibratofen jeweils im Zeitraum 1. Oktober bis 31. März mit Öffnungszeiten von 9:00 Uhr bis 20:00 Uhr zum Verkauf von gebratenen Früchten, Maroni und Kartoffeln nach Vorstellung (§ 54 VwGVG) gegen das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts Wien vom 7.2.2018, VGW-221/079/RP01/15680/2017-2, nach öffentlicher mündlicher Verhandlung gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG zu Recht:

I. Soweit sich die Beschwerde gegen die Abweisung nach dem GAG richtet, wird sie als unbegründet abgewiesen, und der angefochtene Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass die Rechtsgrundlagen § 2 Abs. 2 und 2a GAG lauten und im Spruch die Wortfolge „von 10 Jahren“ entfällt.

II. Gemäß § 17 VwGVG iVm § 77 Abs. 1, 2, 4 und 5 AVG und Tarif II A. Post 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung über Verwaltungsabgaben und Kommissionsgebühren hat der Beschwerdeführer für die vom Verwaltungsgericht Wien am 10.10.2019 in Wien, G. gegenüber ONr. ..., durchgeführte Ortsaugenscheinsverhandlung unter Teilnahme von vier Gerichts- bzw. Amtsorganen Kommissionsgebühren in der Höhe von insgesamt 53,41 Euro binnen 14 Tagen ab Zustellung der Entscheidung bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Der Betrag ist mit dem Verwendungszweck „VGW-221/079/2660/2018/VOR“ auf das Bankkonto IBAN: AT16 1200 0006 9621 2729, BIC: BKAUATWW, lautend auf „MA 6 - BA 40“, einzuzahlen bzw. zu überweisen.

III. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG jeweils nicht zulässig.

BESCHLUSS

gemäß § 31 VwGVG

IV. Soweit sich die Beschwerde gegen die Abweisung nach § 82 Abs. 1 (richtig: Abs. 5) StVO 1960 richtet, wird sie wegen sachlicher/funktioneller Unzuständigkeit des Verwaltungsgerichts bzw. als gemäß Art. 132 Abs. 6 B-VG unzulässig zurückgewiesen.

V. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG nicht zulässig.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die belangte Behörde begründete die negative Erledigung des Ansuchens unter Wiedergabe der herangezogenen Gesetzesbestimmungen sowie der im Verfahren erstatteten Stellungnahmen im Wesentlichen damit, dass sich nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit Ortsaugenschein die H. GmbH & Co KG (H.) strikt gegen das Projekt ausgesprochen habe, zumal sich „genau beim Stand“ eine Tür zu ihrem Betriebsraum befinde. Die planmäßige Ausführung behindere den Zu- und Abgang des Personals sowie aufgrund der Positionierung in einem Haltestellenbereich auch die Fahrgäste; ferner sei laut Brandschutzvorgaben ein Mindestabschnitt von 3 m zum Gebäude einzuhalten. Laut Stellungnahme der Magistratsabteilung 46 (MA 46) als verkehrstechnischer Dienststelle stünden der Bewilligung auch Gründe der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, insbesondere des vor Ort starken Fußgängerverkehrs und des Platzbedarfs der Fahrgäste der Linien … und U…, entgegen, zumal auch die Restgehsteigbreite auf 2,05 m eingeschränkt würde. Auch die von den H. genannten Einwände beträfen entsprechende öffentliche Interessen (Zugang bzw. Zutritt zu öffentlichen Verkehrsmitteln, Wartung des Stationsgebäudes und ungehinderter Zugang zu den Diensträumen). Ob an diesem Standort bereits zu einem früheren Zeitpunkt ein solcher Stand bewilligt gewesen sei, worauf der Beschwerdeführer (BF) ohne sonstige begründende Ausführungen „stereotyp“ verweise, sei in Bezug auf ein neues Projekt nicht relevant. Der Gemeingebrauch sei nicht im Hinblick auf die wirtschaftlichen Interessen eines Einzelnen zu beeinträchtigen. Ferner könne die in Rede stehende Sondernutzung an anderer Stelle bei geringerer Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs erfolgen.

Dagegen richtet sich die fristgerecht und mängelfrei eingebrachte Beschwerde mit den Begehren, eine mündliche Verhandlung durchzuführen, die negative Sachentscheidung aufzuheben und die beantragten Bewilligungen für die (damalige) gesetzliche Höchstdauer von 10 Jahren, in eventu für einen kürzeren Zeitraum, zu erteilen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass die Behörde etwa ein Jahr zuvor mit Bescheid vom 4.10.2016 dem Antragsteller I. J. für fünf Jahre die Aufstellung eines gleich situierten und zweckgleichen Verkaufsstandes bewilligt habe. Bereits davor sei über mehr als 10 Jahre ein zweckgleicher Verkaufsstand betrieben worden. Offenbar hätten sich die H. zu diesen Zeiten nicht am Vorhandensein einer Personalraumtür „gestoßen“; überdies sei auf einem Foto der MA 46 vom 3.8.2017 keine Tür zu sehen. In den vergangenen Jahren hätten weder eine Tür noch ein angeblich fehlender und nicht durch Vorschriften belegter Sicherheitsabstand eine Bewilligung verhindert. Auch die von der MA 46 eingewendeten Fahrgastströme könnten sich gegenüber dem Vorjahr nicht derart dramatisch verändert haben, dass ein langjährig bestehender und auch von Fahrgästen gut angenommener Maronistand eine konfliktfreie Begegnung von Fahrgästen und Maronikonsumenten verhindere, zumal bei Maroniständen (anders als bei Würstelständen) üblicher Weise keine Konsumation direkt am Stand erfolge. Der Radweg am G. liege weiter weg im Bereich des Gehsteigs und nicht unter dem Brückentragwerk, wo der Stand situiert wäre, sodass sich auch hier kein Konfliktpotenzial ergebe. Die negative Entscheidung sei daher willkürlich und rechtswidrig. Ferner gelte im Verwaltungsrecht der Grundsatz von Treu und Glauben, welcher mangels Vorliegens besonderer Umstände auch für die Behörde gelte. Insofern könne ohne relevante Änderung der Sachlage im Vergleich mit jener bei früheren Bewilligungen keine Antragsabweisung erfolgen.

Mit Erkenntnis vom 7.2.2018, VGW-221/079/RP01/15680/2017-2, wies die zuständige Rechtspflegerin die Beschwerde als unbegründet ab, dies im Wesentlichen mit dem Hinweis auf nachvollziehbare und schlüssige Stellungnahmen der beigezogenen Beteiligten (MA 46, H.) sowie auf einen von ihr am 31.1.2018 (alleine) durchgeführten Ortsaugenschein. Bei letzterem seien selbst zur Mittagszeit größere Passantenströme festgestellt worden, wobei der in Rede stehende Haltestellenbereich der Linie … Richtung Zentrum schon an sich relativ eng sei und sich an der Front zum … Gürtel hin bereits zwei Imbissstände mit Verkaufsfront zum Fußgängerstrom befänden; dazwischen befinde sich eine nicht bis zu den fußgängerseitigen Imbissfronten reichende Warenausräumung eines Blumengeschäfts. Aufgrund der am geplanten Standort vorgefundenen (näher beschriebenen) Vorrichtungen würde der Verkaufsstand die Türöffnung bei einem der vorhandenen Imbissstände und/oder den Zugang zum Betriebsraum der H. behindern. Ferner würde der dortige Durchgang zwischen Imbissstand und Stationsgebäude für Fußgänger blockiert und durch Zwang zur Umgehung der Vorrichtungen der Abfluss des Passantenstroms von der Straßenbahnhaltestelle gehemmt. Die H. hätten zur Aufrechterhaltung der Betriebssicherheit vor Ort regelmäßig (näher beschriebene) Überprüfungen durchzuführen, weshalb auch ein ungehinderter Zugang zu den Betriebsräumen erforderlich sei. Eine „Verschiebung“ des Standes Richtung Straßenbahnhaltestelle würde wiederum zu einem Hineinragen in den Haltestellenbereich und einer weiteren Einengung beim Ein-/Aussteigen führen. Der Verkehrsknotenpunkt „K.-Straße“ würde täglich von hunderten U-Bahnen und Straßenbahnzügen mit entsprechendem Passantenaufkommen, darunter Rollstuhlfahrer und Personen mit Kinderwägen, frequentiert. Unabhängig von der Erteilung früherer Bewilligungen handle es sich gegenständlich um einen nach den geltenden Rechtsvorschriften zu prüfenden Neuantrag.

Dagegen richtet sich die fristgerecht erhobene Vorstellung (§ 54 VwGVG), in welcher grundsätzlich auf das bisherige Vorbringen verwiesen wurde. Erneut wurde eingewendet, dass eine Veränderung der Sachlage zu jener in früheren (positiv erledigten) Bewilligungsverfahren zu prüfen gewesen wäre.

In seinen vorangegangenen Stellungnahmen vom 19.7.2017 und 25.8.2017 hatte der BF bei der belangten Behörde inhaltsgleiche Vorbringen erstattet. In gleicher Weise argumentierte er auch in der zweiteiligen mündlichen Beschwerdeverhandlung.

Im Hinblick auf die Aufrechterhaltung des Antrags und gleichzeitige Unzulänglichkeiten in den vorgelegten (offenbar aus einem früheren Bewilligungsverfahren übernommenen) Projektunterlagen wurde dem BF bezugnehmend auf die diesbezüglichen Erörterungen in der Ortsaugenscheinsverhandlung mit E-Mail des VGW vom 10.10.2019 zu Handen des damaligen Vertreters aufgetragen, die Unterlagen binnen drei Wochen entsprechend zu präzisieren bzw. zu ergänzen. Dem Auftrag wurde nicht nachgekommen, sondern gab der rechtsfreundliche Vertreter, RA Dr. L., dem VGW mit Eingabe vom 6.11.2019 die Auflösung des Vollmachtsverhältnisses mit dem BF bekannt.

Eine Auflösung der ursprünglichen Bevollmächtigung des D. E. – die dem Antrag vom 15.5.2017 beigelegte inhaltlich nicht näher spezifizierte Vollmacht vom 15.3.2017 wurde offensichtlich in der mündlichen Verhandlung der belangten Behörde vom 26.6.2017 verfahrensbezogen bestätigt – ist bislang nicht aktenkundig.

Maßgeblicher Sachverhalt:

Der verfahrenseinleitende Antrag vom 15.5.2017 nennt als vorgesehenen Aufstellzeitraum den Zeitraum vom 1. Oktober bis 31. März mit täglichen Öffnungszeiten von 9:00 Uhr bis 20:00 Uhr und ein Warenangebot von gebratenen Früchten (insbesondere gemeint: Maroni) und Kartoffeln einschließlich Langos und Kartoffelpuffer; nicht explizit angeführt wurde eine Befristung der Nutzungsdauer nach Jahren bzw. Saisonperioden. In der beigelegten Planskizze ist eine antragsgegenständliche Aufstellfläche von 1,65 x 1,10 m angeführt.

Ausgehend von den Einreichunterlagen soll der gegenständliche Verkaufsstand (in der Folge: Maronistand) entsprechend der nicht maßstabsgetreuen Planskizze auf Seite 7 der gegenständlichen Entscheidung im nicht überdachten Freiraum zwischen der Außenwand des südlichen Brückenauflager-Pfeilers des Tragwerks der U-Bahnlinie U... und der Rückwand eines bereits vorhandenen Verkaufsstands (in der Folge: Kebabstand 1) situiert werden. Die Verkaufsrichtung/-öffnung des Kebabstands 1 ist nach Westen, Richtung G., orientiert, jene des geplanten Maronistandes soll nach Norden, direkt in den Haltestellenbereich der Straßenbahnlinie ... (stadteinwärts), erfolgen.

Zum Maronistand gehört nach dem Verhandlungsergebnis auch eine in den Projektunterlagen nicht dargestellte auskragende Vordachkonstruktion zur Überdachung des Bratofens bei aktivem Betrieb. Bei Berücksichtigung dieses Vordachs wird die im Antrag derzeit mit 1,10 m angeführte Breitseite der Aufstellfläche tatsächlich zur (mit Ofen und Kunden weiter in den Haltestellenbereich der Straßenbahnlinie ... hineinragenden) Längsseite der Gesamtvorrichtung mit einem Ausmaß von ca. 2,50 m, während die im Antrag als „Längsseite“ angegebenen 1,65 m tatsächlich die Breitseite der Gesamtvorrichtung darstellen. Die bei der Antragstellung vorgelegten bzw. verwiesenen Grundriss- und Aufrissskizzen der Standvorrichtungen, welche offenbar unverändert von früheren Projekten der Jahre 2011 und 2016 übernommen wurden, sind größtenteils nicht lesbar und inhaltlich unvollständig. Insbesondere fehlen Angaben zur Positionierung des Holzkohleofens bei aktivem Betrieb, zur sonstigen Energieversorgung des Verkaufsstands (Batterie/Strom), zur tatsächlichen Dimensionierung der maßgeblichen Standvorrichtungen einschließlich Höhenangaben und Entfernungen von der Gehsteigkante vor den Straßenbahngleisen. Die dreiseitige Einhausung des Maronistands (Hinterwand und Seitenwände) soll nach dem Verhandlungsergebnis in Holzausführung erfolgen; der Zugang des Verkaufspersonals erfolgt von vorne durch den Verkaufsbereich.

(Planskizze - nicht anonymisierbar)

Der derzeitige Abstand zwischen der Rückseite des Kebabstands 1 abzüglich Dachvorsprung und der Außenwand des U-Bahn-Stationsgebäudes beträgt ohne Berücksichtigung vorhandener Türaufschlagsbereiche etwa 1,65 m. Der Kebabstand 1 verfügt an seiner Rückwand über eine Zugangstür mit Schlagrichtung nach links außen, sohin in die Richtung des geplanten Aufstellbereichs. Eine alternative Schlagrichtung nach innen kommt aufgrund der geringen Größe des Innenraums technisch nicht in Betracht. Unmittelbar an der Rückwand des Kebabstands 1 befindet sich an der (beim Hinaustreten) rechten Seite auch ein mit dem Boden verbundener Metallkasten mit Stromvorrichtungen. Gegenüber der rückseitigen Tür des Kebabstands 1 befindet sich in der Mauer des U-Bahn-Tragwerks die Tür zum Stiegenhaus vor Ort etablierter Betriebsräumlichkeiten der H., deren Schlagrichtung seit etwa zwei Jahren - bei unverändertem äußeren Erscheinungsbild - aus arbeitnehmerschutzrechtlichen Gründen zur Gewährleistung der Fluchtwegsfunktion nach links außen erfolgt. In den Betriebsräumlichkeiten sind derzeit etwa 15 Bedienstete der H. im Einsatz, während die Anzahl früher bei nur etwa fünf Bediensteten lag. Bei gleichzeitiger Öffnung der Betriebsraumtür und der Tür das Kebabstands 1 verbliebe bei plangemäßer Errichtung des Maronistands ein nur etwa 64 cm breiter und zudem gegen die Türaufschlagrichtung verlaufender Fluchtweg nach links. Bei geschlossener Tür des Kebabstands 1 wäre der ebenfalls gegen die Türaufschlagrichtung verlaufende Fluchtweg zwischen Türkante und Stromkasten etwa 84 cm breit. Der aktuell etablierte Fluchtweg nach rechts wäre durch das Gehäuse des Maronistands in jedem Fall versperrt.

Das alte U-Bahn Gebäude (Teil der „...“) weist an seinen Außenmauern, so auch in einigen Metern Höhe neben dem geplanten Maronistand, Stuckvorsprünge und Kabelvorrichtungen auf; ferner sind in U-Bahnbrücken wartungsaufwändige Widerlager eingebaut. Aus sicherheitstechnischen Gründen sind an den genannten Vorrichtungen periodisch sowie im Anlassfall baupolizeiliche und betriebliche Kontroll- und Wartungsmaßnahmen durchzuführen; in Störfällen sind auch spontane Instandhaltungsmaßnahmen mit geeigneten Gerätschaften vorzunehmen. Der Zugriff auf die mit der Außenwand verbundenen Vorrichtungen ist aus technischen Gründen nur von außen möglich. Derartige Wartungs- und Intandsetzungsarbeiten erfordern gewöhnlich mehrere Meter Abstand von der Gebäudemauer.

Im rechten Winkel zur Verkaufsrichtung/-öffnung des geplanten Maronistands verlaufen auf der Straße die Gleise der Straßenbahnlinie ... (nächstgelegen zum Maronistand stadteinwärts, daneben stadtauswärts), welche verkehrstechnisch als strukturbildende Verkehrslinie mit radikaler Erschließungsfunktion einzustufen ist. Unterhalb der Brücke und im nahen Umfeld befindet sich auf der jeweiligen Straßenseite der Wartebereich der Straßenbahnhaltestelle „K.-straße“. Die auf der Brücke gelegene U...-Station „K.-straße“ verfügt über einen beidseitigen Zugang vom inneren und … Gürtel, wobei der Zugang vom … Gürtel mit einer Rampe für Rollstuhlfahrer, Kinderwägen, Rollgepäck u.ä. barrierefrei ausgeführt ist. Der geplante Standort des Maronistands liegt etwa auf Höhe der sechsten Tür der haltenden Straßenbahn Linie ... stadteinwärts und zudem direkt im Verbindungsweg (Fußgängergehrelation) zwischen dem Ein-/Ausstiegsbereich der Straßenbahn und dem barrierefreien Zugang zum U-Bahngebäude. Bereits gegen 8:00 Uhr morgens herrscht werktags im Bereich der Haltestellen der Linien ... und U... ein intensives und eiliges Personenaufkommen, bestehend aus Fahrgästen und sonstigen Passanten auf dem Gehsteig bzw. beim Queren der angrenzenden Straßenzüge und Gleise. Im Jahr 2018 ergaben fachkundig durchgeführte Fahrgastzählungen an Schultagen für die Straßenbahnhaltestelle „K.-Straße“ stadteinwärts (Fahrtrichtung …) eine Anzahl von 6.815 einsteigenden und 9.762 aussteigenden Fahrgästen und stadtauswärts (Fahrtrichtung …) eine Anzahl von 9.732 einsteigenden und 4.576 aussteigenden Fahrgästen. Die Fahrtenintervalle der Linie ... betragen derzeit wie bereits im Jahr 2017 zu den Stoßzeiten etwa 3 Minuten, jene der Linie U... etwa 2,5 Minuten. Der derzeitige Freiraum/Durchgang zwischen dem Kebabstand 1 und dem U-Bahngebäude, eröffnet zahlreichen vom Haltestellenbereich der Straßenbahnlinie ... in Richtung U-Bahn strömenden Fußgängern einen direkten und zügigen Weg zum barrierefreien U-Bahn-Zugang (… Gürtel). Nach verkehrstechnischen Schätzungen wird dieser Durchgang faktisch von ca. 25 % dieser Fußgängerkategorie in Anspruch genommen und federt er damit einen nicht unerheblichen Teil des Passantenstroms ab. Folglich wird auch ein Personenandrang und -stau am „Hauptweg“ (um den Kebabstand 1 herum) verringert, wo zudem auch ein Radweg entlang des … Gürtels verläuft und zahlreiche Fußgänger auf das Ampelsignal zur Querung der Fahrbahn warten. Ein ursprünglich zur Straßenbahntrasse hin orientiertes Esspult am Kebabstand 1 wurde zwecks Hintanhaltung einer Behinderung des Passantenverkehrs bereits zu einem früheren Zeitpunkt auf behördliche Veranlassung entfernt.

Laut „Masterplan Verkehr 2003“ mit Evaluierung und Fortschreibung 2013, dessen Zweck Verbesserung und Erhalt der Qualität des Fußgängerverkehrs sind, ist bei Aufstellung und Betrieb eines Verkaufsstands als verkehrsfremder Tätigkeit ein – allenfalls projektbezogen bereits unter einem Vordach ansetzbarer – Platzbedarf für verweilende Personen von 1,0 m Breite („Verkaufszone“) zuzüglich eines Sicherheitsabstands von 0,5 m zu den vorbeigehenden Fußgängern vorzusehen.

Aktuelle verkehrstechnische Richtlinien (RVS „Nicht Motorisierter Verkehr – Fußgängerverkehr“) sehen als Gehraumbreite für einen Fußgänger 1,0 m bzw. als Begegnungsraumbreite für zwei sich begegnende Fußgänger 2,0 m vor. Grundlage dieser Richtlinien sind neben quantitativen insbesondere auch qualitative Aspekte wie die Gehökonomie von Fußgängern und eine Verbesserung der Mobilitätschancen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen. Ein regulärer Haltestellenbereich erfordert richtliniengemäß eine Gehsteigbreite von 2,0 m zuzüglich eines Sicherheitsabstandes von 0,5 m von der Bahnsteigkante, sohin insgesamt 2,5 m. Bei besonders starker Fahrgastfrequenz wie jener an der Straßenbahnhaltestelle „K.-Straße“ ist für die Aufrechterhaltung eines ordnungsgemäßen Fußgängerverkehrs eine Gehsteigbreite von mindestens 3,5 m erforderlich.

Mit Bescheid vom 4.10.2016, MA 59-..., war einem anderen Bewilligungswerber, I. J., für den in Rede stehenden Standort die Gebrauchserlaubnis und die entsprechende straßenpolizeiliche Bewilligung für ein inhaltlich genauer definiertes und hinsichtlich des Warenangebots leicht abweichendes, jedoch sonst weitgehend gleichartiges Projekt erteilt worden; auch zu früheren Zeitpunkten waren vor Ort ähnliche Vorrichtungen behördlich bewilligt worden. Aufgrund der Rechtskraft des auf den I. J. lautenden Bewilligungsbescheides blieb das damals von Behördenseite unzureichend und insbesondere ohne Ortsaugenschein durchgeführte Ermittlungsverfahren ohne Auswirkungen. In der Folge wurde die Bewilligung vom I. J. nicht konsumiert, sondern ausdrücklich darauf verzichtet, weshalb sich auch ein allfälliger Widerruf nach § 4 GAG von vornherein erübrigte. Gleichzeitig mit dem Verzicht des I. J. brachte der BF das nunmehr verfahrensgegenständliche neue Ansuchen ein.

Beweisverfahren, Beweiswürdigung:

In der zweiteiligen mündlichen Beschwerdeverhandlung (11.9.2019 und Ortsaugenscheinsverhandlung am 10.10.2019) wurden folgende für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts relevanten Beweise aufgenommen bzw. erörtert: Gesamter Inhalt des vorgelegten Behördenakts und der bisherigen Gerichtsakten (einschließlich Rechtspflegerverfahren); weitere Parteivorbringen von Beschwerdeführer und belangter Behörde, nunmehr vertreten durch die MA 36-G; fachkundige Stellungnahmen einer verkehrstechnischen Amtssachverständigen der MA 46 sowie technischer Bediensteter der H. GmbH & Co KG; Augenschein zu sämtlichen als problematisch thematisierten örtlichen Gegebenheiten durch die gesamte Amts- bzw. Gerichtsabordnung; vor Ort angefertigte Farbfotodokumentation.

Dem Antrag des BF auf zeugenschaftliche Vernehmung des ursprünglichen Vertreters D. E. (in seiner Funktion als ursprünglicher Vertreter des BF) war nicht nachzukommen, da diesbezüglich kein für den Sachverhalt relevantes Beweisthema dargetan wurde. Aussagen zum Verlauf des Verfahrens vor der belangten Behörde sind im konkreten Fall nicht entscheidungsrelevant, da das Verwaltungsgericht nach eigener Würdigung in der Sache zu entscheiden hat. Aussagen im Zusammenhang mit den vom BF wiederholt ins Treffen geführten früheren behördlichen Bewilligungen sind, wie in der rechtlichen Beurteilung ausgeführt, für die Entscheidung ebenfalls unerheblich.

Die Bezirksvorsteherin für den ... Bezirk wurde iSd § 17 Abs. 3 GAG von den relevanten Verfahrensschritten in Kenntnis gesetzt.

Die Feststellungen zur Lage des geplanten Maronistands und zu den in der Standortumgebung vorhandenen Vorrichtungen ergeben sich aus der eingereichten Planskizze in Verbindung mit den unmittelbaren Wahrnehmungen in der Ortsaugenscheinsverhandlung samt Fotodokumentation. Aus diesen Wahrnehmungen in Verbindung mit den Ausführungen der verkehrstechnischen Amtssachverständigen und des BF ergeben sich auch die festgestellten Unstimmigkeiten bzw. Unzulänglichkeiten der vorliegenden Projektunterlagen.

Die ortsbezogene Situation der Linien des öffentlichen Verkehrs (..., U...), ihre Frequenzen/Auslastung, die Nutzung der Betriebsräumlichkeiten im U-Bahngebäude mit Fluchtweg sowie die periodisch und/oder anlassbezogen erforderlichen Wartungs- und Instandhaltungsmaßnahmen wurden von technisch fachkundigen Vertretern der H. schlüssig und mit den Gegebenheiten vor Ort übereinstimmend dargelegt. Das hohe Personenaufkommen in den Haltestellenbereichen und der Personenfluss von der Linie ... zum U-Bahnzugang Richtung … Gürtel wurden kurz vor Beginn und während der gesamten Ortsaugenscheinverhandlung (Donnerstag, 10.10.2019, ab 8:00 Uhr) wie beschrieben wahrgenommen und sind der erkennenden Richterin zudem aus eigener regelmäßiger Nutzung der dortigen Verkehrsmittel bekannt. Obwohl der derzeitige Freiraum (geplanter Standort) zwischen dem Kebabstand 1 und der Mauer des U-Bahngebäudes durch die Begutachtungen der Gerichts-/ Amtsabordnung wiederholt eingeschränkt war, steuerten Passanten vom Haltestellenbereich der laufend aus beiden Richtungen in die Station einfahrenden Straßenbahnlinie ... reihenweise auf diesen Durchgang zu und nutzten sie diesen auf ihrem Weg Richtung U-.... Gleichartige Wahrnehmungen hatte auch die verkehrstechnische Amtssachverständige bei Vorerhebungen am Montag, 9.9.2019, von 7:15 Uhr bis 8:15 Uhr getätigt, wobei die Auslastung des Durchgangs mit 25 % des Personenstroms von der Straßenbahnhaltestelle Richtung … Gürtel geschätzt wurde. Ebenso unbedenklich und schlüssig erweisen sich die vor dem VGW erörterten Ausführungen der Amtssachverständigen in der schriftlichen Stellungnahme vom 3.8.2017 einschließlich der auch im weiteren Verfahren herangezogenen aktuellen verkehrstechnischen Richtlinien mit Vorgaben für einschlägige Abstandsmaße (Wiener Stadtentwicklungsstudie „Masterplan Verkehr 2003“ mit Fortschreibung und Evaluierung 2013; aktuelle „RVS nicht motorisierter Verkehr – Fußgängerverkehr“ der Forschungsgesellschaft Straße – Schiene – Verkehr, Stand 1.3.2019), welchen der BF nicht auf fachlich gleicher Ebene bzw. inhaltlich überhaupt nicht entgegengetreten ist. Überhaupt führte der BF im gesamten Verfahren, ohne auf die sachbezogen und allgemein verständlich dargelegten und zudem direkt vor Ort nachvollziehbar demonstrierten Einwände inhaltlich einzugehen, wiederholt im Jahr 2016 und zu früheren Zeitpunkten erteilte Bewilligungen und den Grundsatz von „Treu und Glauben“ ins Treffen, aus welchem er ein Recht auf Erteilung einer weiteren Bewilligung ableitet. Dass die belangte Behörde beim letzten Genehmigungsverfahren des I. J. aufgrund interner Vorgaben ein nicht aussagekräftiges und im Ergebnis unzureichendes schriftliches Ermittlungsverfahren (nach dem Grundsatz „Schweigen als Zustimmung“) geführt hat und die erteilte Bewilligung zudem letztlich nicht konsumiert wurde, hat die Vertreterin der belangten Behörde in der Verhandlung unmissverständlich dargelegt.

Rechtliche Beurteilung:

Zu I:

Gemäß § 17 Abs. 2 GAG hat die Gemeinde ihre in diesem Gesetz geregelten Aufgaben mit Ausnahme der Durchführung von Verwaltungsstrafverfahren im eigenen Wirkungsbereich zu besorgen. Der Wiener Landesgesetzgeber hat in § 75 Abs. 1 Wiener Stadtverfassung – WStV den in Art. 118 Abs. 4 B-VG verfassungsrechtlich vorgegebenen zweistufigen innergemeindlichen Instanzenzug für sämtliche landesgesetzlich zu regelnden Materien pauschal ausgeschlossen. Somit konnte gegen die Versagung der Gebrauchserlaubnis nach dem GAG unmittelbar das VGW angerufen werden und ist dieses für die Entscheidung laut Spruchpunkten I und II sachlich (funktionell) zuständig.

Gemäß § 1 Abs. 1 GAG ist für den Gebrauch von öffentlichem Grund in der Gemeinde, der als Verkehrsfläche dem öffentlichen Verkehr dient, samt den dazugehörigen Anlagen und Grünstreifen einschließlich seines Untergrundes und des darüber befindlichen Luftraumes vorher eine Gebrauchserlaubnis zu erwirken, wenn die Art des Gebrauches im angeschlossenen Tarif (Sondernutzung) angegeben ist. Auf die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis besteht nach dem letzten Satz des Abs. 1 „kein Rechtsanspruch“.

Tarif C Post 5 des GAG erfasst unter anderem nicht gesondert geregelte Verkaufsstände aller Art an festen oder wechselnden Standorten, wobei die Bewilligung für Maronistände nur für die Zeit vom 1. Oktober bis 31. März gilt.

Gemäß § 2 Abs. 7 GAG in der gemäß § 18 Abs. 9 Z 1 seit 1.1.2020 geltenden Fassung LGBl. Nr. 57/2019 ist die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach Tarif C Post 5 auf maximal sieben Jahre, bei erstmaliger Bewilligung jedoch nur auf maximal fünf Jahre befristet zulässig. Vor Inkrafttreten der Novelle galt für solche Gebrauchserlaubnisse gemäß § 2 Abs. 7 GAG letzter Satz aF die allgemeine Höchstbefristung auf zehn Jahre. Nach dem Zweck bzw. dem erkennbaren Willen des Gesetzgebers bezieht sich die Höchstbefristung im Fall von jahresgrenzüberschreitenden Projekten nicht auf Kalenderjahre, sondern auf entsprechende Saisonperioden, wobei jeder mit periodischer Wiederholung genehmigte Zeitraum (hier: 1. Oktober bis 31. März) als „ein Jahr“ zählt. Eine aufrechte Gewerbeberechtigung für die projektgegenständliche Verkaufstätigkeit ist nach dem GAG keine Voraussetzung für die Erteilung einer entsprechenden Gebrauchserlaubnis.

§ 1a GAG lautet:

Nutzung des öffentlichen Grundes

Der öffentliche Grund in der Gemeinde gemäß § 1 dient dem bestimmungsgemäßen Gebrauch aller in Wien wohnenden und sich aufhaltenden Personen. Dabei wird berücksichtigt, dass der Gemeingebrauch als vorrangige Zweckbestimmung für diese Personen gewährleistet ist und ihnen auch genügend Möglichkeiten zur Nutzung für Zwecke der Erholung, der Bewegung, des Verweilens und der Begegnung bleiben sowie der öffentliche Grund barrierefrei zugänglich ist. Mit dieser Bestimmung werden weder Rechte noch Verpflichtungen begründet.

Die in § 2 Abs. 2, 2a und 2c GAG festgelegten allgemeinen Versagungsgründe lauten:

(2) Die Gebrauchserlaubnis ist zu versagen, wenn dem Gebrauch gegenwärtige bzw. zu erwartende öffentliche Rücksichten, beispielsweise Umstände sanitärer oder hygienischer Art, Gründe der Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, des Winterdienstes (Säuberung von Schnee, Bestreuung bei Schnee und Glatteis u. dgl.), des Platzbedarfes für Lade- und Liefertätigkeit, der Aufenthaltsqualität für Personen zu nicht kommerziellen Zwecken (insbesondere Gewährleistung von Aufenthalts- und Kommunikationsbereichen), städtebauliche Interessen und Vorhaben, Gesichtspunkte des Stadt- und Grünlandbildes sowie des Klimaschutzes, Nutzungskonzepte und Zonierungspläne (§ 1b), Schutzzonen nach § 7 der Bauordnung für Wien, LGBl. für Wien Nr. 11/1930, in der jeweils geltenden Fassung, oder Umstände des Natur-, Denkmal- oder Bodenschutzes, entgegenstehen. Bei Erteilung der Gebrauchserlaubnis sind Bedingungen, Befristungen oder Auflagen vorzuschreiben, soweit dies zur Wahrung dieser Rücksichten erforderlich ist. Eine Beeinträchtigung des Gemeingebrauches ist möglichst gering zu halten.

(2a) Die Gebrauchserlaubnis kann insbesondere versagt werden, wenn den Interessen des Gemeingebrauches oder dem Schutz des öffentlichen Grundes in der Gemeinde gemäß § 1 der Vorrang gegenüber der Sondernutzung gebührt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn

1. der mit der Sondernutzung verfolgte Zweck ebenso durch die Inanspruchnahme von privatem Grund erreicht werden kann;

2. die Sondernutzung an anderer Stelle bei geringerer Beeinträchtigung des Gemeingebrauches erfolgen kann;

3. der öffentliche Grund in der Gemeinde gemäß § 1, beispielsweise Belag oder Ausstattung, durch die Art der Sondernutzung beschädigt werden kann und der Antragsteller nicht ausreichend Gewähr dafür leistet, dass die Beschädigung auf seine Kosten unverzüglich wieder behoben wird;

4. durch eine Häufung von Sondernutzungen der Gemeingebrauch besonders beeinträchtigt wird, sowie

5. saisonalen temporären Nutzungen, beispielsweise für Punsch- und Maronistände, Weihnachtsmärkte, Christbaummärkte, Silvesterpfade, Gelegenheitsmärkte u. dgl., nach erfolgter Interessensabwägung der Vorrang gebührt, oder der Gemeingebrauch durch die Sondernutzung wesentlich eingeschränkt würde und dieser daher der Sondernutzung vorgeht.

Abs. 2 vorletzter und letzter Satz gelten sinngemäß.

(2c) Die Gebrauchserlaubnis kann weiters versagt werden, wenn der Gebrauch das örtliche Gemeinschaftsleben störende Missstände herbeiführt oder herbeizuführen droht; Abs. 2 vorletzter und letzter Satz gelten sinngemäß.

Zunächst ist festzuhalten, dass die im Bereich der Hoheitsverwaltung unübliche und von der gesetzgeberischen Intention im Gesamtkontext des GAG auch nicht nachvollziehbare allgemeine Bestimmung des § 1 Abs. 1 letzter Satz GAG, wonach auf die Erteilung der Gebrauchserlaubnis „kein Rechtsanspruch“ bestehen soll (im Sinn einer verfassungs- und insbesondere gleichheitskonformen Auslegung) jedenfalls nicht dahingehend verstanden werden kann, dass es der Behörde freisteht, die Gebrauchserlaubnis bei Nichtvorliegen gesetzlich normierter Versagungsgründe nach Belieben und insofern willkürlich zu versagen. Sollte es sich um eine Art Ermessensbestimmung handeln, wäre ein solches Ermessen im Sinn des Gesetzes zu üben, weshalb sich die Vollziehung wiederum an den normierten Kriterien zu orientieren hätte.

Die Erteilung einer Gebrauchserlaubnis nach § 1 Abs. 1 GAG erfolgt durch einen Bescheid mit konstitutiver Wirkung. Mangels abweichender Regelung im GAG ist der Entscheidung die Sach- und Rechtslage zum jeweiligen Entscheidungszeitpunkt zu Grunde zu legen.

Hinsichtlich des vom BF wiederholt ins Treffen geführten Grundsatzes von „Treu und Glauben“ ist zunächst anzumerken, dass sich die zitierte Entscheidung des VwGH vom 15.3.2001 2001/16/0063 und die darin verwiesene Entscheidung vom 14.10.1992, 90/13/0009, auf gänzlich anders gelagerte Sachverhalte beziehen, nämlich auf Verfahrens- bzw. Rechtsauskünfte im Vorfeld von Entscheidungen in Angelegenheit derselben Adressaten. Diese Ausführungen können nicht auf von verschiedenen Personen zu unterschiedlichen Zeitpunkten gestellte Ansuchen nach dem GAG übertragen werden. Der Gesetzgeber hat mit § 3 Abs. 4 GAG, der betreffend Tarif D Post 2 („Schanigärten“) unter bestimmten Voraussetzungen ausdrücklich die Möglichkeit des Rechtsübergangs vom bisherigen Erlaubnisträger auf Rechtsnachfolger des Betriebes vorsieht, klar zum Ausdruck gebracht, dass in Bezug auf andere Tarifposten, wie Verkaufsstände iSd Tarif C Post 5, jeder Erlaubniswerber unabhängig von einer wirtschaftlichen Nachfolge ein eigenes Ansuchen zu stellen hat, welches nach den Grundsätzen für konstitutive Bewilligungen eigenständig und nach der jeweils aktuellen Sach- und Rechtslage zu beurteilen ist. Die gesetzliche Sonderstellung von Tarif D Post 2 ist insofern als sachlich anzusehen, als „Schanigärten“ („Vorgärten“) vor Ort etablierten und in einem gewerberechtlichen Genehmigungsverfahren detailliert geprüften Gastbetriebsanlagen zugehören, sich der Sache nach auf die Bereitstellung weiterer Verabreichungsplätze beschränken und keine eigenständigen Betriebszentren einschließlich technischer Gerätschaften und Betriebsmittel darstellen. Unterstrichen wurde das Grundkonzept von Neuantrag und aktueller Projektbeurteilung überdies durch die letzte Novelle LGBl. Nr. 57/2019, wonach in § 1 Abs. 4 GAG nunmehr ausdrücklich festgehalten ist, dass durch eine Sondernutzung keine Rechte „ersessen“ werden. Im Übrigen sehen Verwaltungsvorschriften, so auch § 4 GAG, regelmäßig Möglichkeiten vor, rechtskräftig erteilte Bewilligungen im öffentlichen Interesse zu widerrufen und besteht nach ständiger Rechtsprechung des VwGH bei der Erlassung von Verwaltungsakten – offenbar gerade im Hinblick auf die Wahrung öffentlicher Schutzinteressen – auch kein Recht auf Gleichbehandlung im Unrecht (vgl. etwa VwGH 20.2.2014, 2013/09/0057; 30.1.2014, 2011/15/0040; 26.9.2012, 2008/04/0117). Insofern hat der BF keinen Anspruch darauf, dass in seinem eigenen Bewilligungsverfahren erforderliche Ermittlungen (erneut) unterlassen bzw. ausgeblendet werden und ihm bereits aufgrund des positiv erledigten Vorverfahrens des I. J. eine Gebrauchserlaubnis erteilt wird.

Ausgehend vom festgestellten Sachverhalt würde bereits durch die grundlegende Positionierung des Maronistands zwischen der Mauer des U-Bahn-Gebäudes mit Betriebsraum der H. und dem Kebabstand 1 (samt anschließendem Stromkasten) eine zügige Nutzung der Zugänge beider vorhandener Vorrichtungen insofern beträchtlich behindert, als eine derartige Blockade im dazwischenliegenden Freiraum die Bewegungs- und Manipulationsfreiheit auf vorsichtige Umgehungsbewegungen einschränken würde. Zudem handelt es sich bei der Tür zum Stiegenhaus des Betriebsgebäudes der H. um einen zum Schutz der Bediensteten eingerichteten Fluchtweg. Da eine derzeit nicht vorgesehene alternative und bei Errichtung des Maronistands einzig mögliche Fluchtbewegung gegen die Türaufschlagsrichtung geradezu kontraproduktiv wäre und auch die Arbeitsstättenverordnung, wie in der Verhandlung vorgebracht, für unter 20 Personen eine Fluchtwegmindestbreite von 1,0 m vorsieht (§ 18 Abs. 1 Z 1 AStV) während im vorliegenden Fall verbleibende Fluchtwege von ca. 64 cm bis ca. 84 cm festgestellt wurden, ist die geplante Positionierung bereits mit dem wesentlich gewichtigeren öffentlichen Interesse der körperlichen Sicherheit von Personen nicht vereinbar. Da die Tätigkeit der Bediensteten vor Ort überdies auch der Aufrechterhaltung und Gewährleistung der Flüssigkeit des öffentlichen Verkehrs (U-Bahn) dient, stehen dem Projekt insofern weitere öffentliche Rücksichten iSd § 2 Abs. 2 GAG entgegen. Gleiches gilt für das Erfordernis eines Freiraums vor der Mauer für die Durchführung periodischer oder spontan erforderlicher Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten an der Außenwand der Brückentragwerksmauer und der dort befestigten Leitungskabel. Wenn der BF hier argumentiert, dass der vorhandene Kebabstand 1 auch keinen (von den H. beim Ortsaugenschein der belangten Behörde auch aus brandschutztechnischen Gründen geforderten) Abstand von 3 m zur Gebäudemauer aufweise, ist ihm entgegenzuhalten, dass die Beurteilung des vorhandenen Verkaufsstands nicht Gegenstand dieses Verfahrens ist und es - unabhängig davon - jedenfalls den genannten öffentlichen Interessen und Rücksichten entspricht, dass zumindest die vorhandene Freifläche für die Durchführung solcher Arbeiten verfügbar bleibt und nicht weiter durch Privateigentum verstellt wird. Weiters ergeben sich aus den Feststellungen zur Blockade und Verzögerung eines nicht unerheblichen Teils des an Werktagen und insbesondere zu Stoßzeiten grundsätzlich starken Passagier-/Fußgängerstroms zwischen dem Haltestellenbereich der Linie ... und dem barrierefreien Zugang zur Linie U... entgegenstehende Rücksichten der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Fußgängerverkehrs iSd § 1a iVm § 2 Abs. 2 GAG.

Ebenso ist gegenständlich davon auszugehen, dass den Interessen des Gemeingebrauchs iSd § 2 Abs. 2a GAG der Vorrang gegenüber der beantragten Sondernutzung gebührt: Zum einen kann die Errichtung eines solchen Verkaufsstandes, wie auch im Verfahren erörtert wurde, entsprechend Z 2 an zahlreichen anderen Wiener Standorten bei wesentlich geringerer Beeinträchtigung des Gemeingebrauchs erfolgen. Zum anderen würde der Maronistand in Anbetracht der bereits vorhandenen Umgebungssituation (unmittelbar benachbarter Kebabstand 1 und etwas weiter entfernt, jedoch ebenfalls im barrierefreien Zugangsbereich zur U...-Station liegender Kebabstand 2) zu einer Anhäufung von Sondernutzungen führen, die im Sinn von Z 4 den Gemeingebrauch vor Ort besonders beeinträchtigt. Ferner ist bei Gesamtbetrachtung aller vorangehend erörterter Aspekte insgesamt auch von einer wesentlichen Einschränkung des Gemeingebrauchs im Sinn von Z 5 zweiter Fall auszugehen und haben wirtschaftliche Interessen eines Einzelnen, etwa die Erwartung eines besonders hohen Umsatzes an einem bestimmten Standort, nach dem Zweck des Gesetzes (§ 1a GAG) jedenfalls keinen Vorrang vor dem Gemeingebrauch.

Darüber hinaus konnte aufgrund der mangelhaften Mitwirkung des BF als Antragsteller keine vollständige Beurteilung im Hinblick auf die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs der Straßenbahnlinie ... sowie der ein- und aussteigenden und im Haltestellenbereich aufhältigen Fahrgäste bzw. Fußgänger erfolgen: Da der BF beim Ortsaugenschein zwar die Planung einer im Verfahren mehrmals thematisierten Vordachkonstruktion bestätigt und die Ermittlungen der Amtssachverständigen der MA 46 betreffend das Hineinragen in den Haltestellenbereich nicht bestritten, jedoch in der Folge keine Angaben zur genauen Positionierung der Verkaufszone unter dem Vordach bei aktivem Ofenbetrieb und zu den Entfernungen der maßgeblichen Punkte (Einhausung, Ofen, Vordach) von der Gehsteigkante vor den Eisenbahngeleisen übermittelt hat, kann die nach den maßgeblichen technischen Richtlinien gebotene Einhaltung der Restgehsteigbreiten und Sicherheitsabstände bei stark frequentierten Haltestellen nicht geprüft und gewährleistet werden. Zu bemerken ist, dass sich diese technischen Vorgaben nach den Erläuterungen der Amtssachverständigen in der Stellungnahme vom 3.8.2017 an Aspekten der Gehökonomie von Fußgängern und Mobilitätschancen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen orientieren, die auch zu den in § 1a GAG hervorgehobenen Schutzzwecken gehören. Anders als etwa § 353 GewO 1994 betreffend die Genehmigung gewerblicher Betriebsanlagen sieht das GAG nicht (als Antragsvoraussetzung) den Beischluss bestimmter Projektunterlagen vor, deren Nichtvorlage bzw. Mangelhaftigkeit nach erfolglosem Verbesserungsauftrag nach § 13 Abs. 3 AVG zur Zurückweisung des Ansuchens führt. Im vorliegenden Fall ist die entgegen dem gerichtlichen Auftrag unterbliebene Verbesserung der Unterlagen insofern unerheblich, als eine positive Erledigung gemäß den vorangehenden Ausführungen schon in Anbetracht des grundsätzlich gewählten Standorts nicht möglich ist.

Im Ergebnis war der angefochtene Bescheid im angeführten Umfang durch Abweisung der Beschwerde zu bestätigen, wobei die Zitierung einer gesetzlichen Frist „von 10 Jahren“ im Hinblick auf die letzte Novellierung des § 2 Abs. 7 GAG betreffend Tarif C Post 5 und die in jedem Fall (von einer antragsgegenständlichen Befristung unabhängige) negative Sachentscheidung zu entfallen hatte.

Zu II:

§ 77 AVG, der gemäß § 17 VwGVG auch im Bescheidbeschwerdeverfahren des VGW sinngemäß anzuwenden ist, lautet auszugsweise:

§ 77. (1) Für Amtshandlungen der Behörden außerhalb des Amtes können Kommissionsgebühren eingehoben werden. Hinsichtlich der Verpflichtung zur Entrichtung dieser Gebühren ist § 76 sinngemäß anzuwenden.

(2) Die Kommissionsgebühren sind in Pauschalbeträgen (nach Tarifen) oder, soweit keine Pauschalbeträge (Tarife) festgesetzt sind, als Barauslagen nach § 76 aufzurechnen. Die Pauschalbeträge (Tarife) sind nach der für die Amtshandlung aufgewendeten Zeit, nach der Entfernung des Ortes der Amtshandlung vom Amt oder nach der Zahl der notwendigen Amtsorgane festzusetzen.

(3) Die Festsetzung der Pauschalbeträge (Tarife) erfolgt durch Verordnung der Bundesregierung, für die Behörden der Länder und Gemeinden durch Verordnung der Landesregierung.

(4) Die Kommissionsgebühren sind von der Behörde, die die Amtshandlung vorgenommen hat, einzuheben und fließen der Gebietskörperschaft zu, die den Aufwand dieser Behörde zu tragen hat.

(5) Entsenden andere am Verfahren beteiligte Verwaltungsbehörden Amtsorgane, so sind von der die Amtshandlung führenden Behörde Kommissionsgebühren nach den für die entsendeten Organe geltenden Tarifen als Barauslagen einzuheben und dem Rechtsträger, dem die entsendeten Verwaltungsorgane zugehören, zu übermitteln.

Bei Vorliegen der Voraussetzungen der § 76 Abs. 1 und § 77 AVG ist die Behörde bzw. das Verwaltungsgericht unbeschadet des Wortlauts „kann“ verpflichtet, die Beteiligten zum Ersatz der Kommissionsgebühren heranzuziehen (vgl. Hengstschläger/Leeb, rdb.at, AVG § 77 Rz. 3 mit verwiesener Judikatur).

Gemäß Tarif II A. Allgemeiner Teil Post 1 der Verordnung der Wiener Landesregierung über Verwaltungsabgaben und Kommissionsgebühren betragen die Pauschbeträge für Amtshandlungen der Behörde außerhalb des Amtes, soweit hierfür nicht eine Gebühr nach einer Post des Besonderen Teils zu entrichten ist, für jedes teilnehmende Amtsorgan und jede angefangene halbe Stunde an Werktagen mit Ausnahme von Samstagen zwischen 7:30 Uhr und 15:30 Uhr 7,63 Euro.

Die Durchführung einer Ortsaugenscheinsverhandlung (Donnerstag, 10.10.2019, 8:00 Uhr bis 8:55 Uhr) war im vorliegenden Fall notwendig, um die aktuelle Situation am geplanten Standort zu begutachten und die von den Fachdienststellen gegen das Projekt vorgebrachten Bedenken im Rahmen der unmittelbaren Beweisaufnahme zu erörtern. Die Beiziehung der verkehrstechnischen Amtssachverständigen der MA 46 war für die Entscheidung jedenfalls erforderlich (vgl. a.a.O. § 77 Rz. 8); die Vertreter der H. sind keine „Amtsorgane“ iSd vorzitierten Verordnung. Die Vertreterin der belangten Behörde (nunmehr MA 36-G) und das Organ der die Grundeigentümerin Stadt Wien vertretenden MA 28 - letzteres auch mit straßenbaulicher Sachverständigenfunktion - sind als Organparteien (§ 18 VwGVG bzw. § 2 Abs. 5 GAG) und daher als Amtsorgane iSd § 77 Abs. 5 AVG zu qualifizieren (vgl. a.a.O. § 77 Rz. 22, 24), die verhandlungsleitende Richterin sinngemäß als „die Amtshandlung führende Behörde“ iSd § 77 Abs. 1 und 5. Bei vier zu berücksichtigenden Gerichts- bzw. Amtsorganen (VGW, MA 36-G, MA 46, MA 28) mit Anwesenheiten von 3 x 2/2 und 1 x 1/2 Stunden errechnen sich Kommissionsgebühren von 3 x 2 x 7,63 Euro + 1 x 7,63 Euro, sohin von insgesamt 53,41 Euro, die dem Beschwerdeführer als Antragsteller im Verfahren vor der belangten Behörde (§ 76 Abs. 1 AVG) aufzuerlegen waren.

Zu IV:

Gemäß § 82 Abs. 1 StVO 1960 ist für die Benützung von Straßen einschließlich des darüber befindlichen, für die Sicherheit des Straßenverkehrs in Betracht kommenden Luftraumes zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs, z. B. zu gewerblichen Tätigkeiten und zur Werbung, unbeschadet sonstiger Rechtsvorschriften, eine Bewilligung nach diesem Bundesgesetz erforderlich. Das gleiche gilt für Tätigkeiten, die geeignet sind, Menschenansammlungen auf der Straße herbeizuführen oder die Aufmerksamkeit der Lenker von Fahrzeugen zu beeinträchtigen.

Gemäß § 82 Abs. 5 StVO 1960 ist die Bewilligung nach Abs. 1 zu erteilen, wenn durch diese Straßenbenützung die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs nicht wesentlich beeinträchtigt wird oder eine über das gewöhnliche Maß hinausgehende Lärmentwicklung nicht zu erwarten ist. Wenn es die Sicherheit, Leichtigkeit oder Flüssigkeit des Verkehrs erfordert, ist die Bewilligung bedingt, befristet oder mit Auflagen zu erteilen.

§ 94 d Z 9 StVO 1960 verweist die Bewilligung nach § 82, sofern der Akt der Vollziehung wie im vorliegenden Fall nur für das Gebiet der betreffenden Gemeinde wirksam werden und sich auf weder als Autobahnen, Autostraßen, Bundesstraßen oder Landesstraßen geltende noch diesen gleichzuhaltende Straßen beziehen soll, in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde. Auf dieser Grundlage hat die belangte Behörde (gleichzeitig mit der Gebrauchserlaubnis nach dem GAG) gemäß § 82 Abs. 5 StVO 1960 auch die Bewilligung nach § 82 Abs. 1 verweigert.

Gemäß § 17 VwGVG iVm § 6 Abs. 1 AVG hat das Verwaltungsgericht seine sachliche und örtliche Zuständigkeit in jeder Lage des Verfahrens (vgl. etwa VwGH 12.9.2012, 2009/08/0054) von Amts wegen wahrzunehmen. Langen bei ihm Anbringen ein, zu deren Behandlung es nicht zuständig ist, hat es diese an die zuständige Stelle weiterzuleiten oder den Einschreiter an diese zu weisen. Steht die Zuständigkeit in Frage bzw. ist aus Rechtsschutzgründen eine bekämpfbare Entscheidung geboten, hat eine formelle Zurückweisung wegen Unzuständigkeit gemäß § 6 Abs. 1 AVG zu erfolgen (vgl. etwa VwGH 18.5.2018, Ra 2017/02/0029 mwV; sg. VwGH 19.6.2018, Ko 2018/03/0002 zum negativen Kompetenzkonflikt; VwGH 27.1.2004, 2000/10/0062).

Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit die Verwaltungsgerichte. Für im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde zu vollziehende Angelegenheiten gelten (abgesehen von der speziell geregelten Übergangsphase anlässlich des Inkrafttretens der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012) nunmehr folgende verfassungsrechtlichen Vorgaben:

Art. 118 Abs. 4 B-VG:

Die Gemeinde hat die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener Verantwortung frei von Weisungen und unter Ausschluss eines Rechtsmittels an Verwaltungsorgane außerhalb der Gemeinde zu besorgen. In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches besteht ein zweistufiger Instanzenzug; dieser kann gesetzlich ausgeschlossen werden. In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches kommt dem Bund und dem Land ein Aufsichtsrecht über die Gemeinde (Art. 119a) zu.

Art. 132 Abs. 6 B-VG:

In den Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches der Gemeinde kann Beschwerde beim Verwaltungsgericht erst nach Erschöpfung des Instanzenzuges erhoben werden.

Art 115 Abs. 2 B-VG:

Soweit nicht ausdrücklich eine Zuständigkeit des Bundes festgesetzt ist, hat die Landesgesetzgebung das Gemeinderecht nach den Grundsätzen der folgenden Artikel dieses Abschnittes zu regeln. Die Zuständigkeit zur Regelung der gemäß den Art. 118, 118a und 119 von den Gemeinden zu besorgenden Angelegenheiten einschließlich eines allfälligen Ausschlusses des Instanzenzuges bestimmt sich nach den allgemeinen Vorschriften dieses Bundesverfassungsgesetzes.

Art. 112 erster Satz B-VG:

Nach Maßgabe der Art. 108 und 109 gelten für die Bundeshauptstadt Wien im Übrigen die Bestimmungen des Abschnittes A des fünften Hauptstückes mit Ausnahme des Art. 117 Abs. 6 zweiter Satz, des Art. 119 Abs. 4 und des Art. 119a.

§ 75 Abs. 1 WStV mit der Überschrift „Eigener Wirkungsbereich“ lautet nunmehr:

Die Gemeinde hat die Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches im Rahmen der Gesetze und Verordnungen des Bundes und des Landes in eigener Verantwortung frei von Weisungen zu besorgen. Ein Instanzenzug findet nicht statt.

Gemäß dem auf die Bundeshauptstadt Wien anzuwendenden Art. 115 Abs. 2 B-VG bestimmt sich der allfällige Ausschluss des Prinzips des zweistufigen innergemeindlichen Instanzenzuges (Art. 118 Abs. 4) nach den allgemeinen Vorschriften des B-VG, sohin insbesondere nach den Kompetenzregelungen der Art. 10 ff. Ein solcher Ausschluss obliegt daher ausschließlich dem verfassungsrechtlich zuständigen Materiengesetzgeber, woran auch der Umstand nichts ändert, dass eine entsprechende Regelung nicht zwingend im jeweiligen Materiengesetz zu erfolgen hat. Wurde der Instanzenzug daher durch den Landesgesetzgeber in einer Gemeindeordnung bzw. einem Stadtstatut – wie gegenständlich im vorzitierten § 75 Abs. 1 WStV – generell ausgeschlossen, kann dies bei verfassungskonformer Interpretation nur für Materien gelten, die in der Gesetzgebung Landessache sind. Für Angelegenheiten, die in die Kompetenz des Bundesgesetzgebers fallen, kommen in erster Linie einschlägige Materiengesetze in Betracht. Ein genereller (materienübergreifender) Ausschluss des Instanzenzuges durch einfaches Bundesgesetz könnte insofern problematisch sein, als dadurch - im Zusammenhalt mit entsprechenden landesgesetzlichen Ausschlüssen - das verfassungsrechtlich etablierte Prinzip des zweistufigen innergemeindlichen Instanzenzuges unterlaufen bzw. dezimiert würde.

Gemäß Art. 11 Abs. 1 Z 4 B-VG sind Angelegenheiten der Straßenpolizei in der Gesetzgebung Bundessache. Die StVO 1960, deren § 94 d Z 9 die Bewilligung nach § 82 unter den genannten Voraussetzungen in den eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde verweist, ist ein Bundesgesetz. Der zweistufige Instanzenzug ist diesbezüglich weder in der StVO 1960 noch in einem anderen Bundesgesetz ausgeschlossen. Die teilweise in der Literatur vertretene Rechtsmeinung, der Instanzenzug sei im Bundesland bzw. der Gemeinde Wien von vornherein verfassungsgesetzlich ausgeschlossen (vgl. Pauer, Justizstaat: Chance oder Risiko?, S. 251 ff; Kolonivits/Muzak/Stöger, Verwaltungsverfahrensrecht10, Rz 526, Kneihs/Urtz, Verwaltungsgerichtliche Verfahren, Rz 27) und die ihr zu Grunde liegende Argumentation (Auflösung des ehemaligen Berufungssenats durch die Übergangsbestimmungen des Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG iVm lit. J Z 4 der dort verwiesenen Anlage; Übergang der beim Berufungssenat am 31.12.2013 anhängigen Verfahren auf die Verwaltungsgerichte; keine Möglichkeit der Neuschaffung solcher Behörden in Wien; keine Auflösung von auf Gemeindeebene agierenden Rechtsmittelbehörden anderer Bundesländer) kann das VGW aus folgenden Gründen nicht teilen:

Schon nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut des Art. 112 B-VG gelten die im Abschnitt A des fünften Hauptstückes des B-VG etablierten verfassungsrechtlichen Vorgaben für Gemeinden (Art. 115 bis 120) ausdrücklich auch für die Bundeshauptstadt Wien. Ausgenommen sind lediglich einzelne, in abschließender Aufzählung angeführte Bestimmungen, zu welchen weder Art. 115 Abs. 2 noch Art. 118 Abs. 4 gehören. Bereits hier zeigt sich, dass nach dem klaren Willen des Verfassungsgesetzgebers die reformbedingt überarbeiteten Grundregeln für den innergemeindlichen Instanzenzug einschließlich seines potenziellen gesetzlichen Ausschlusses in allen neun Bundesländern in gleicher Weise gelten sollen. Auch in den Erläuterungen (RV 1618 BlgNR 24. GP, 11) zum reformbedingten Entfall des ehemaligen Art. 111 B-VG als verfassungsrechtliche Grundlage der Bauoberbehörde und der Abgabenberufungskommission ist im sachlichen Zusammenhang wörtlich ausgeführt (Hervorhebung VGW):

Art. 111 B-VG, der für die Bundeshauptstadt Wien in den Angelegenheiten des Bauwesens und des Abgabenwesens eine Entscheidung in oberster Instanz durch besondere Kollegialbehörden vorsieht, soll entfallen (was freilich nichts daran ändert, dass der in Z 56 vorgeschlagene Art. 118 Abs. 4 gemäß Art. 112 B-VG auch für die von der Bundeshauptstadt Wien zu besorgenden Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereiches gelten soll). Der für Rechtsmittel in (sonstigen) Angelegenheiten des eigenen Wirkungsbereichs der Gemeinde Wien zuständige Berufungssenat war im B-VG selbst nicht geregelt, weshalb sich hier eine entsprechende Bestimmung („Entfall“) samt Erläuterungen erübrigte.

Entwicklungshistorisch betrachtet wurde der Rechtsschutz gegen verwaltungsbehördliche Bescheide - auch in gemeinderechtlicher Hinsicht - im Rahmen einer umfassenden Reform durch die Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 von Grund auf neu konzipiert. Diesem neuen Regime, in welchem andere Grundsätze und Regeln gelten als zuvor, wurden alle neun Bundesländer (unter Berücksichtigung der gleichzeitig überarbeiteten Sonderbestimmungen für die Bundeshauptstadt Wien) grundsätzlich in gleicher Weise unterstellt. Eliminiert wurden für das frühere System charakteristische Differenzierungen wie etwa in Wien der Instanzenzug an den Berufungssenat bzw. in den anderen acht Bundesländern die Vorstellung an die Gemeindeaufsichtsbehörde. Zum nunmehr in einem neuen systematischen und teleologischen Zusammenhang stehenden innergemeindlichen Instanzenzug hat der VwGH bereits ausgesprochen, dass eine fehlende Regelung der Instanzen durch den Organisationsgesetzgeber – anders als vor der Reform – nichts daran ändert, dass der als verfassungsrechtliches Prinzip vorgegebene und nicht entsprechend ausgeschlossene Instanzenzug aufrecht bleibt. Ist in den Organisationsvorschriften keine zweite Instanz geregelt, greift Art 118 Abs. 5 B-VG, der als oberstes Organ der Gemeinde von Verfassungs wegen den Gemeinderat etabliert, und geht der innergemeindliche Instanzenzug in solchen Fällen an diesen (vgl. VwGH 13.10.2015, Ro 2015/01/0012, mwV). Gemäß Art. 112 B-VG gilt Art. 118 Abs. 5 auch für die Bundeshauptstadt Wien.

Eine Argumentation dahingehend, dass die Übergangsbestimmung des Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG iVm lit. J Z 4 der Anlage im Verhältnis zu Art. 112, 115 und 118 quasi eine Art implizite „lex specialis“ darstellen soll, die über den Wortlautgehalt der Behördenauflösung und des Verfahrensübergangs hinaus – ausschließlich für das Bundesland Wien – auf Dauer und materienübergreifend einen Ausschluss des innergemeindlichen Instanzenzuges verankert hätte, überzeugt auch in systematischer Hinsicht nicht: Dem Verfassungsgesetzgeber, der selbst von einem auch für die Gesetzgebung relevanten Bestimmtheitsgebot in Form des Legalitätsprinzips (Art. 18 B-VG) ausgeht, ist nämlich nicht zuzusinnen, zuerst an exponierter und sachlogischer Stelle (Abschnitt A des fünften Hauptstücks betreffend Gemeinden; Abschnitt B des vierten Hauptstücks betreffend die Bundeshauptstadt Wien) eine explizite Grundregelung zu treffen und diese gleichzeitig verwoben in eine Anhäufung von Übergangsbestimmungen mit natur- und erwartungsgemäß zeitlich begrenzt relevantem Inhalt - und hier wiederum nur implizit und unter der Voraussetzung eines besonderen Interpretationsaufwands - wieder auszuhebeln. Auch in den Materialien findet sich kein einziger in diese Richtung weisender Anhaltspunkt. Nebenbei sei noch bemerkt, dass die Annahme eines generellen bundesverfassungsrechtlichen Ausschlusses des innergemeindlichen Instanzenzuges für das Bundesland Wien die Regelung des § 75 Abs. 1 zweiter Satz WStV entbehrlich erscheinen ließe.

Allgemein stellt das Übergangsregime der Verwaltungsgerichtsbarkeits-Novelle 2012 reformbedingt ein eigenes Konstrukt mit intentionsgemäß zeitlich begrenzten Charakteristika dar, welche nicht zwingend auch im neu etablierten System gelten. Beispielsweise ist hier auf Art. 151 Abs. 51 Z 9 B-VG zu verweisen, wonach die Verwaltungsgerichte anstelle der belangten Behörden in die am 31.12.2013 bei den Höchstgerichten anhängigen Verfahren eintraten, während ihnen nach der neuen Rechtslage im Revisionsverfahren vor dem VwGH keine Parteistellung zukommt. Die in Art. 151 Abs. 51 Z 8 B-VG geregelte Weiterführung der am 31.12.2013 beim weisungsfreien Berufungssenat (und sonstigen Berufungsinstanzen) anhängigen Verfahren durch die unabhängigen und ebenfalls weisungsfreien Verwaltungsgerichte ist eine (teleo)logische Konsequenz des Grundgedankens dieser Verwaltungsreform, deren Ziel es war, den Rechtsschutz im Verwaltungsverfahren durch eine unabhängige, nunmehr explizit gerichtliche Einrichtung zu verstärken bzw. erstmals umfassend zu etablieren. Dass der Berufungssenat aufgelöst wurde, ist ebenfalls konsequent, da dieser als weisungsfreie gerichtliche „Vorstufe“ ausschließlich Aufgaben zu besorgen hatte, die nunmehr ge

Quelle: Landesverwaltungsgericht Wien LVwg Wien, http://www.verwaltungsgericht.wien.gv.at
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