Entscheidungsdatum
28.05.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W 136 2223626-1/5E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag. HABERMAYER-BINDER über die Beschwerde des XXXX , geboren XXXX , gegen den Bescheid des Militärkommandos Tirol vom 13.08.2019, GZ P1536855/1-MilKdo T/Kdo/ErgAbt/2019, zu Recht:
A) Die Beschwerde wird gemäß § 28 Abs. 2 Z 1 VwGVG als unbegründet abgewiesen.
B) Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang und Sachverhalt:
1. Der Beschwerdeführer (BF) wurde mit Beschluss der Stellungskommission Tirol vom 14.11.2017 für tauglich befunden. Mit Antrag vom 13.02.2019 ersuchte der BF um Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes und brachte dazu im Wesentlichen Folgendes vor:
Dass der Hof seines im Jahr 2007 verstorbenen Vaters nach der erbrechtlichen Aufteilung (Mutter 1/3 und fünf Kinder je 2/15) nunmehr im Vollerwerb durch seine Mutter (geb. 30.04.1980) unter seiner Mithilfe bewirtschaftet würde. Aufgrund einer damit verbundenen Mitgliedschaft in einer Weideinteressentschaft würden alle Rinder (durchschnittlich 40 Kühe und 30 Jungrinder) alljährlich gesömmert werden. Es würde sich um einen Bergbauernbetrieb der Erschwerniszone 2 mit rund 44 ha aus vorwiegend Dauergrünland und Wald handeln, der mit 139 BHK Punkten bewertet sei. Als geplanter Hofübernehmer habe er die Lehranstalt Rotholz mit dem Facharbeiterbrief abgeschlossen und danach eine Schlosser- bzw. Metalltechnikerlehre begonnen, welche er am 21.01.2019 mit dem Gesellenbrief beenden würde. Bis Mai 2019 würde er voraussichtlich noch in seinem Lehrbetrieb tätig sei, der es ihm ermöglichen würde, am Morgen und am Abend bei den erforderlichen Arbeiten am Hof mitzuhelfen sowie bei Arbeitsspitzen am Hof zu bleiben. Danach würde er voraussichtlich ausschließlich den Betrieb gemeinsam mit seiner Mutter bewirtschaften. Seine namentlich genannten Geschwister seien jünger und würden Lehrberufen nachgehen oder noch die Schule besuchen. Als geplanter Hofnachfolger, dessen ganzjährige Anwesenheit zur Aufrechterhaltung der Hofbewirtschaftung erforderlich sei, würde er daher die gänzliche Befreiung von der Leistung des Grundwehrdienstes wegen Unabkömmlichkeit vom Betrieb beantragen.
2.1. Mit Schreiben der belangten Behörde vom 19.02.2019 wurde die Bezirkslandwirtschaftskammer Schwaz ersucht, nähere Angaben zum Landwirtschaftsbetrieb, zu den Eigentümern bzw. zu allfälligen Pächtern, zur maschinellen Ausstattung, zum Viehbestand und zur eigenen bzw. gepachteten Fläche des Betriebs sowie zu vorhandenen Arbeitskräften bzw. Aushilfskräften im Notfall zu machen und anzugeben, ob in der Umgebung ein Betriebshilfering mit Aushilfsarbeitskräften (inklusive Anschrift und Kosten) geführt und ob im Rahmen der Nachbarschaftshilfe (Maschinenring) mit Landwirtschaftsbetrieben zusammengearbeitet wird. Weiters anzuführen, ob angeschlossene Betriebe bestehen, wie sich Ertragslage und Arbeitsaufwand darstellen, welche unverschieb- oder verschiebbare Arbeiten und Tätigkeiten es gibt bzw. welche Möglichkeiten zur vorübergehenden Einschränkung der Tierhaltung oder Stilllegung von Anbauflächen bzw. Senkung oder Nichtausschöpfung des Milchkontingentes zur Verfügung stehen würden. Schließlich die konkreten Auswirkungen einer sechsmonatigen Abwesenheit des Wehrpflichtigen anzuführen und dessen Arbeitszeit im Betrieb inklusive täglichen bzw. jährlichen Arbeitsspitzen sowie Angabe eines günstigen Einberufungstermins.
Seitens der Bezirkslandwirtschaftskammer Schwaz in Tirol wurde mit Schreiben vom 06.03.2019 - im Zuge der Beantwortung der seitens des Militärkommandos gestellten Fragen zum landwirtschaftlichen Betrieb (etwa Eigentumsverhältnisse, Nutzung bzw. Größe der Eigen- und Pachtflächen, Anzahl der Tiere sowie Maschinenausstattung bzw. Abnahmeverträge und Arbeitsaufteilung innerhalb der Landwirtschaft) - zusammenfassend im Wesentlichen ausgeführt, dass der Betrieb nach Ableben des Vaters zeitlich begrenzt mit Hilfe von Zivildienern aufrechterhalten worden sei, dass es mittlerweile aber keine weiteren Aushilfskräfte in Notfällen geben würde. Es würde im Bezirk Schwaz zwar einen Betriebshilfe- und Maschinenring mit Aushilfskräften geben, jedoch seien diese zu Zeiten von Arbeitsspitzen schwierig zu organisieren und würden den Betrieb mit erheblichen Kosten belasten. Der erforderliche Arbeitszeitbedarf von 7700 Stunden beim vorliegenden Betrieb würde rund vier Vollarbeitskräften entsprechen. Die tägliche Arbeitszeit würde mit der Viehversorgung und dem Melken um 5 h 30 in der Früh beginnen und um ca. 20 h am Abend enden und die Landwirtschaft sieben Tage pro Woche erfordern. Insbesondere Erntearbeiten würden bis zum Einbruch der Nacht andauern. Obwohl der Beschwerdeführer einer außerlandwirtschaftlichen Tätigkeit nachgehen würde, könnte er den Betrieb stets verlassen, um am nahegelegenen Hof dringende Arbeiten durchzuführen. Außerdem seien die Arbeitszeiten so gelegen, dass der Wehrpflichtige die am Morgen und am Abend erforderlichen Stallarbeiten durchführen könnte. Unabhängig davon seien die meisten landwirtschaftlichen Tätigkeiten (etwa die morgendliche und abendliche Tierversorgung) nicht verschiebbar und würden sich Arbeitsspitzen durch die Erntearbeiten im Sommer sowie die Düngungsarbeiten in den Herbst- und Frühjahrsmonaten ergeben. Ferner müssten die ständig anfallenden Reparatur- und Instandhaltungsarbeiten am Betrieb und an den Geräten jederzeit erledigt werden. Schließlich würden witterungsabhängig Waldarbeiten, etwa erforderliche Pflege- bzw. Nutz- und Brennholzarbeiten durchgeführt werden. Es würde für den wehrpflichtigen, künftigen Hofübernehmer daher keinen günstigen Einrückungstermin geben. Bei einer sechsmonatigen Abwesenheit des Wehrpflichtigen wäre eine massive Reduzierung des Betriebs bzw. eine Verpachtung oder die Einstellung von Fremdarbeitskräften notwendig, was wiederum massive finanzielle Nachteile mit sich bringen würde.
2.2. Ferner wurde die Gemeinde, in der der BF seinen Wohnsitz hat, mit Schreiben vom 19.02.2019 ersucht, nähere Angaben zum Landwirtschaftsbetrieb, zu dessen Eigentümern bzw. allfälligen Pächtern, zum Wehrpflichtigen (Adresse, Berufsausbildung, allfällige Nebenbeschäftigungen und Sozialversicherung), zu Vertretungen während seiner Berufsschulausbildung, zu allen mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden Personen (v.a. Beruf und allfällige Mithilfe bzw. deren Zumutbarkeit) und zu vom elterlichen Wohnsitz verzogenen Geschwistern des Wehrpflichtigen zu machen. Und anzugeben, welche Maßnahmen der Wehrpflichtige nach Bekanntgabe des Stellungsergebnisses gesetzt hat, um sein wirtschaftliches bzw. familiäres Interesse mit seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes in Einklang zu bringen bzw. welche Gründe die Pachtung/Übernahme des Betriebes durch den Wehrpflichtigen unumgänglich machen würden.
Von der zuständigen Gemeinde wurden im Schreiben vom 28.02.2019 die Fragen der belangten Behörde (insbesondere zu den Eigentumsverhältnissen, zum Wohnsitz bzw. zur Ausbildung des BF und zu seinen Geschwistern) beantwortet und wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass der BF die ersten drei Jahre seiner Lehrzeit im Internat verbracht habe und dass die Mehrarbeit von Familienmitgliedern, vor allem seiner Mutter getragen worden sei. Die Mithilfe im Landwirtschaftsbetrieb der Geschwister sei gegeben, jedoch habe der BF bereits eigene Bereiche, wie das Mischen des Futters übernommen, welche nicht ohne Weiteres von anderen übernommen werden könnten. Der Tod des Vaters und der Wille zur Weiterführung würden die Übernahme des Betriebes durch den BF unumgänglich machen.
2.3. Mit Schreiben des Militärkommandos Tirol vom 03.04.2019 wurde der BF vom Ergebnis der Beweisaufnahme in Kenntnis gesetzt und wurde ihm die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt. Dabei wurde zusammenfassend über die Eigentumsverhältnisse, die nähere Ausgestaltung des landwirtschaftlichen Betriebs, die Ausbildung des BF und die Möglichkeit referiert, bei Bedarf Aushilfskräfte vom Betriebshilfe- und Maschinenring anzufordern. Ferner, dass er mit seiner Mutter und seinen Geschwistern im gemeinsamen Haushalt leben würde. Dazu wurde seitens des BF keine Stellungnahme abgegeben.
3. Mit dem bekämpften Bescheid vom 13.08.2019 wies die belangte Behörde den Antrag des BF vom 13.02.2019 auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes gemäß § 26 Abs. 1 Z 2 WG 2001 ab. Hierzu wird in der Begründung nach ausführlicher Darlegung des bisherigen Verfahrensganges wie folgt ausgeführt (auszugsweise, Anonymisierung durch das BVwG)):
"Das Militärkommando Tirol gelangte nach eingehender Prüfung und Beurteilung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhaltes zu folgender Ansicht:
[...] In Ihrem Fall liegen zwar wirtschaftliche Interessen als Teileigentümer der gegenständlichen Landwirtschaft vor, jedoch ist diesen aufgrund nachstehender Erwägungen eine besondere Rücksichtswürdigkeit im Sinne der Gesetzesbestimmung nicht zuzumessen.
Die Interessen hinsichtlich der Aufrechterhaltung bzw. Fortführung des gegenständlichen Anwesens sind zum gegebenen Zeitpunkt bzw. weiterhin als im zumindest gleichen Maße wie bei Ihnen, bei Ihrer Mutter als 1/3 Eigentümer, als auch bei Ihren Geschwistern als jeweils 2/15 Eigentümer gelegen anzusehen. Ihre Mutter (als Mehrheitseigentümerin) ist ebenso wie Sie, in Kenntnis Ihrer noch ausstehenden Präsenzdienstverpflichtung gehalten, Ihre wirtschaftlichen Interessen mit Ihrer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes zu harmonisieren.
Auch der von Ihnen angeführte Umstand Ihrer vorgesehenen Hofübernahme rechtfertigt eine Befreiung nicht, da dies ein zukünftiges, ungewisses Ereignis darstellt und die Behörde anlässlich ihrer Entscheidung ausschließlich von den zu diesem Zeitpunkt maßgeblichen Umständen auszugehen hat. [...]
Ihre Mutter ist ebenso wie Sie, in Kenntnis Ihrer noch ausstehenden Präsenzdienstverpflichtung gehalten, ihre wirtschaftlichen Interessen mit Ihrer öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes zu harmonisieren und so von vornherein auf das, auf Ihre Mithilfe aufbauende Engagement zu verzichten oder so zu disponieren, das Sie während der Erfüllung Ihrer Präsenzdienstpflicht ausreichend vertreten werden können (vgl. dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 22.05.1990, ZI. 89/11/0175).
Der Grundsatz der Dispositionspflicht im Hinblick auf eine bevorstehende Präsenzdienstleistung ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch auf den Fall zu übertragen, dass sich der Wehrpflichtige auf die angebliche Bedrohung seiner Existenz beruft (vgl. Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 01.12.1992, ZI. 92/11/0252, und vom 27.04.1995, ZI. 95/11/0015).
Schließlich werden Sie während der Leistung des Grundwehrdienstes nach Maßgabe der dienstfreien Zeit, insbesondere aber an den Wochenenden, Gelegenheit haben, in Ihrem Betrieb tätig zu sein.
Das Militärkommando Tirol weist auch darauf hin, dass Sie bei vereinzelt anfallenden Arbeiten, die Ihre persönliche Anwesenheit erforderlich erscheinen lassen, die Möglichkeit haben, bei Ihrem Einheitskommandanten eine Dienstfreistellung im Sinne des § 45 Abs. 4 des im Spruch zitierten Wehrgesetzes 2001 zu beantragen.
Es liegen auch keine familiären Interessen im Sinne des Wehrgesetzes vor. Dies deshalb, weil nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes besonders rücksichtswürdige familiäre Interessen im Sinne des § 26 Abs. 1 Ziffer 2 des im Spruch zitierten Wehrgesetzes 2001 nur dann vorliegen, wenn ein Familienangehöriger in seinen eigenen Belangen der Unterstützung des Wehrpflichtigen bedarf, die ihm dieser aber wegen der Leistung des Grundwehrdienstes nicht gewähren kann und wenn der unterstützungsbedürftige Familienangehörige als Folge des Ausbleibens dieser Unterstützung in seiner Gesundheit oder in sonstigen lebenswichtigen Interessen gefährdet würde (vergleiche dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 30. März 1993, Zl. 93/11/0042).
Eine Pflegebedürftigkeit Ihrer Mutter haben Sie nicht geltend gemacht und kann auch dem vorliegenden Sachverhalt nicht entnommen werden.
Weiters verweist die ho. Behörde auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach zur Unterstützung eines Familienmitgliedes nicht ausschließlich der Sohn, der zur Erfüllung seiner Wehrpflicht einberufen werden soll, sondern vielmehr die gesamte Familie berufen ist (vergleiche dazu das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 08. Mai 1990, Zl. 89/11/0056). Es sind daher auch Ihre Geschwister dazu verhalten, Ihre Mutter im Bedarfsfall zu unterstützen.
Außerdem besteht für Sie auch die Möglichkeit, sich beim Referat 2 der Ergänzungsabteilung/Militärkommando Tirol um eine Einberufung während der außenarbeitsärmeren Jahreszeit in eine nach Möglichkeit wohnortnahe gelegene Garnison zu bemühen, um in den dienstfreien Zeiten, insbesondere aber am Wochenende, am Hof mithelfen zu können. Im Falle einer kurzfristig unumgänglichen Anwesenheit am Betrieb können Sie gemäß § 45 (4) des zitierten Wehrgesetzes 2001 beim zuständigen Einheitskommandanten um zeitlich begrenzte Dienstfreistellung ansuchen.
Unter Bedachtnahme auf den vorangeführten Sachverhalt und die bestehenden Rechtsgrundsätze erscheint demnach auch während Ihrer eingeschränkten Verfügbarkeit während des Grundwehrdienstes die Aufrechterhaltung des Betriebes im notwendigen Umfang gewährleistet, sodass durch Ihre zeitlich absehbare Wehrdienstleistung weder eine konkrete Gefährdung der Existenzgrundlage für den Betrieb, noch eine konkrete Beeinträchtigung lebenswichtiger Interessen Ihrer verbleibenden Familienangehörigen zu erwarten ist, zumal Sie auch während Ihres Fachschulbesuches bzw. während Ihrer Lehrausbildung für die Mitarbeit am landwirtschaftlichen Betrieb nur bedingt zur Verfügung standen.
In diesem Zusammenhang ist noch festzuhalten, dass nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Sicherung laufender Einkünfte die vorübergehende Inanspruchnahme auch familienfremder Arbeitskräfte und -leistungen zumutbar erscheint.
[...]
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. [...]"
4. Gegen diesen Bescheid erhob der BF am 04.09.2019 (eingelangt bei der belangten Behörde am 05.09.2019) rechtzeitig Beschwerde und führte - nach einer auszugsweisen Wiederholung seines bisherigen Vorbringens - zusammenfassend im Wesentlichen aus, dass er seine Lehre zum Schlosser bzw. Metalltechniker mit der am 21.01.2019 bestandenen Lehrabschlussprüfung mittlerweile abgeschlossen habe und seit Mai 2019 ausschließlich im landwirtschaftlichen Betrieb seiner Familie tätig sei. In seinem Fall würden besonders berücksichtigungswürdige wirtschaftliche und auch familiäre Interessen vorliegen, da er das einzige Kind sei, welches seiner Mutter bei der Bewirtschaftung ihres Hofes zur Seite stehen würde. Seine vier Geschwister seien keine Hilfe, zumal sie sich entweder in einer Lehre befinden bzw. noch zur Schule gehen würden. Seine Mutter sei daher auf seine Hilfe angewiesen. Die Behörde habe den Umstand, dass er die einzige Stütze seiner Mutter sei, nicht ausreichend gewürdigt. Er ersuchte daher, die angeführten Gründe nochmals zu prüfen und seinem Antrag auf Befreiung von der Leistung des Militärdienstes stattzugeben, in eventu die Einberufung während der außenarbeitsärmeren Jahreszeit, in einer nach Möglichkeit wohnortnahe gelegenen Garnison zu gestatten.
5. Mit Anschreiben vom 20.09.2019 wurden die Beschwerde und der gegenständliche Verfahrensakt dem BVwG vorgelegt.
6. Mit Bescheid vom 28.11.2019 änderte die belangte Behörde den Einberufungsbefehl des BF zum Antritt des Grundwehrdienstes zum Einberufungstermin 02.12.2019 beim Kommando und Stabskompanie/Stabsbataillon XXXX von Amts wegen auf den 05.10.2020 ab.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
1.1. Die Beschwerde wurde rechtzeitig erhoben und ist zulässig.
1.2. Für das Bundesverwaltungsgericht steht der unter Punkt I dargelegte Sachverhalt, was den Zeitpunkt des Eintrittes der Tauglichkeit des BF im November 2017 sowie den entscheidungswesentlichen Beginn seiner hauptberuflichen Tätigkeit, in dem im Eigentum seiner Mutter bzw. des BF und seiner Geschwister stehenden landwirtschaftlichen Betrieb im Mai 2019 betrifft, unstrittig fest. Von 2016 bis 2019 hat der BF eine Lehre als Schlosser und Metalltechniker absolviert, wobei er die ersten drei Jahre der Berufsschule in einem Internat untergebracht war. Dies ergibt sich aus der diesbezüglich vorliegenden Aktenlage sowie dem damit übereinstimmenden Vorbringen des BF.
1.3. Hinsichtlich des landwirtschaftlichen Betriebes des BF und seiner Familienangehörigen sowie der damit im Zusammenhang stehenden familiären Verhältnisse kann Folgendes festgestellt werden:
Der landwirtschaftliche Betrieb umfasst ca. 26,50 ha Dauergrünland sowie eine Waldfläche von rund 28,50 ha zuzüglich Holzbezugsrechte, welche ebenfalls selbst genutzt werden. Es handelt sich um einen Bergbauernbetrieb der ehemaligen Erschwerniszone II, der aktuell mit 139 BHK Punkten bzw. 126 Erschwernispunkten bewertet ist. Durchschnittlich werden am Betrieb 70 Rinder, davon 40 Milchkühe und 30 Jungrinder gehalten. Es besteht ein Milchliefervertrag. Die maschinelle Einrichtung entspricht dem ortsüblichen Standard. Über einen Betriebshilfe- und Maschinenring im Bezirk Schwaz können bei Bedarf Aushilfskräfte angefordert werden, wobei es zu Zeiten von Arbeitsspitzen mit qualifizierten Mitarbeitern zu Organisationsschwerigkeiten kommen kann. Der Arbeitszeitbedarf am Betrieb nach erfolgtem Ansatz der Stundensätze aus dem Standarddeckungsbeitragskatalog beträgt etwa 7700 Arbeitsstunden, was in etwa 4 Vollarbeitskräften entspricht.
Die Mutter des BF ist hauptberuflich in der Landwirtschaft tätig. Bis September 2007 war auch der Vater des BF im Betrieb tätig, danach wurde der Betrieb zeitlich begrenzt durch Zivildiener aufrechterhalten, weil der BF noch zu jung war. Mittlerweile gibt es keine weiteren Aushilfskräfte in Notfällen. Die vier Geschwister des BF sind auf der elterlichen Landwirtschaft aufgewachsen. Sie sind mit Hauptwohnsitz an der gleichen Meldeadresse wie der BF gemeldet.
Diese Feststellungen konnten unmittelbar aufgrund der unbestrittenen Aktenlage sowie dem Parteienvorbringen getroffen werden.
Von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs. 4 VwGVG Abstand genommen werden, da der Sachverhalt aus der Aktenlage in Verbindung mit der Beschwerde geklärt erscheint und eine mündliche Erörterung die weitere Klärung der Rechtssache nicht erwarten lässt. Dem Entfall der Verhandlung stehen auch weder Art. 6 Abs. 1 der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten, BGBl. Nr. 210/1958 noch Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, ABl. Nr. C 83 vom 30.03.2010 S. 389 entgegen.
2. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gegenständlich liegt mangels anderslautender gesetzlicher Anordnung in den anzuwendenden Gesetzen eine Einzelrichterzuständigkeit vor.
Zu Spruchpunkt A):
2.1. § 26 des Wehrgesetzes 2001, BGBl. I Nr. 146/2001 (WG 2001) in der hier maßgebenden Fassung BGBl. I Nr. 181/2013, lautet auszugsweise:
"Befreiung und Aufschub
§ 26. (1) Taugliche Wehrpflichtige sind, soweit zwingende militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, von der Verpflichtung zur Leistung eines Präsenzdienstes zu befreien
1. von Amts wegen, wenn und solange es militärische Rücksichten oder sonstige öffentliche Interessen erfordern, und
2. auf ihren Antrag, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern. ..."
2.2. Die belangte Behörde hat das Vorliegen besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen des BF im Sinne der bezogenen Gesetzesstelle verneint, weil den zwar grundsätzlich vorliegenden wirtschaftlichen Interessen des BF, als Teileigentümer des landwirtschaftlichen Betriebs seiner Eltern bzw. Mutter, eine besondere Rücksichtswürdigkeit im Sinne der Gesetzesbestimmung letztlich nicht zuzumessen gewesen sei. Die Interessen hinsichtlich der Aufrechterhaltung bzw. Fortführung des gegenständlichen Anwesens seien nämlich im zumindest gleichen Maße wie bei ihm, auch bei seiner Mutter als 1/3 Eigentümerin bzw. bei seinen vier Geschwistern als jeweils 2/15 Eigentümern gelegen. Seine Mutter (als Mehrheitseigentümerin) sei ebenso wie er, in Kenntnis seiner noch ausstehenden Präsenzdienstverpflichtung gehalten, ihre wirtschaftlichen Interessen mit seiner öffentlich-rechtlichen Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes zu harmonisieren (Harmonisierungspflicht). Auch eine (geplante) Betriebsnachfolge des BF würde daran nichts ändern.
2.3. Im Zusammenhang mit dem Anspruch auf Befreiung von der Verpflichtung zur Leistung des Grundwehrdienstes wegen besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen hat der Verwaltungsgerichtshof Folgendes ausgesprochen:
2.3.1. "Das Vorliegen besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen im Sinn des §°26 Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetz 2001 setzt voraus, dass der Wehrpflichtige selbst Unternehmensinhaber ist, was auch beim Unternehmenspächter zu bejahen ist (vgl. das hg. Erkenntnis vom 29. September 2005, Zl. 2003/11/0026). Nach dem zitierten Erkenntnis ist der Wehrpflichtige gehalten, seine wirtschaftlichen Dispositionen so zu treffen, dass für den Fall seiner Einberufung zur Leistung des ordentlichen Präsenzdienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden und nicht durch die Aufnahme einer wirtschaftlichen Tätigkeit solche Schwierigkeiten erst geschaffen werden. Unterlässt es ein Wehrpflichtiger seine wirtschaftlichen Angelegenheiten mit der Wehrpflicht zu harmonisieren, so können die daraus abgeleiteten wirtschaftlichen Interessen nicht als besonders rücksichtswürdig im Sinne des § 26 Abs. 1 Z. 2 Wehrgesetzes 2001 angesehen werden (vgl. etwa auch das hg. Erkenntnis vom 21. Februar 2012, Zl. 2011/11/0086, mwN)." (VwGH vom 27.01.2014, Zl. 2013/11/0246)
2.3.2. "Die Obliegenheit zur Harmonisierung der (beruflichen) Dispositionen mit der Wehrpflicht beinhaltet auch, rechtzeitig und vorausschauend - somit durch geeignete wirtschaftliche Dispositionen - für die Möglichkeit einer Vertretung des Wehrpflichtigen während der Dauer des Grundwehrdienstes zu sorgen (Hinweis Erkenntnisse vom 29. September 2005, 2003/11/0026, 27. März 2008, 2008/11/0011, und vom 27. März 2008, 2007/11/0202)." (VwGH vom 23.09.2014, Ro 2014/11/0081).
2.3.3. "Jedenfalls dann, wenn es an Anhaltspunkten dafür fehlt, dass der Wehrdienstpflichtige vor seiner Stellung vernünftigerweise hätte annehmen können, dass es ihm an der Tauglichkeit fehle, ist keinesfalls davon auszugehen, dass die Obliegenheit zur Harmonisierung etwa erst mit der Feststellung der Tauglichkeit besteht (Hinweis E vom 23.09.2014, Ro 2014/11/0081)." (VwGH vom 10.06.2015, GZ 2013/11/0166)
2.3.4. "Die Verpflichtung, die Dispositionen in wirtschaftlicher Hinsicht so zu treffen, dass für den Fall der Einberufung zur Leistung des Grundwehrdienstes voraussehbare Schwierigkeiten vermieden und nicht durch das Eingehen von Verpflichtungen derartige Schwierigkeiten erst geschaffen werden, besteht nicht erst ab Zustellung des Einberufungsbefehls, wenn also der Termin, ab wann der Betreffende den Grundwehrdienst zu leisten hat, bekannt ist, sondern bereits ab dem Zeitpunkt, ab dem von ihm verlangt werden kann, dass er nunmehr Handlungen unterlässt, die die Erfüllung der mit der Staatsbürgerschaft verbundenen Wehrpflicht vereiteln oder gefährden können (Hinweis E 22. Jänner 1991, 90/11/0068; E 18. Mai 1993, 93/11/0074). (Hier: Dieser Zeitpunkt ist mit der Zusicherung der Verleihung der österreichischen Staatsbürgerschaft anzusetzen.)" (VwGH vom 18.11.2008, GZ 2008/11/0096)
2.4. Im Lichte der vorangeführten Judikatur kommt dem Beschwerdevorbringen, wonach besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen beim BF vorlägen, keine Berechtigung zu.
2.5. Ebenso hat die belangte Behörde das Vorliegen besonders rücksichtswürdiger familiärer Interessen des BF im Sinne der bezogenen Gesetzesstelle verneint (§ 26 Abs. 1 Z 2 WehrG 2001), weil solche nur dann vorliegen, wenn ein Familienangehöriger in seinen eigenen Belangen der Unterstützung des Wehrpflichtigen bedarf, die ihm dieser aber wegen der Leistung des Grundwehrdienstes nicht gewähren kann und wenn der unterstützungsbedürftige Familienangehörige als Folge des Ausbleibens dieser Unterstützung in seiner Gesundheit oder in sonstigen lebenswichtigen Interessen gefährdet würde (VwGH vom 27.03.2008, Zl. 2007/11/0202). Eine Pflegebedürftigkeit seiner Mutter habe aber weder der BF geltend gemacht, noch habe eine solche dem vorliegenden Sachverhalt entnommen werden können.
2.5.1. Insoweit der BF in seiner Beschwerdeschrift von besonders rücksichtswürdigen familiären Interessen spricht, da er die einzige Stütze seiner Mutter sei bzw. diese auf seine Hilfe vollumfänglich angewiesen sei, weil sie auf seine vier Geschwister nicht zählen könnte, zumal diese ihr keine Hilfen seien, ist auf eine Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs aufmerksam zu machen, wonach zur Unterstützung eines Familienmitgliedes nicht nur jener Wehrpflichtige berufen ist, der zur Erfüllung seiner Wehrpflicht einberufen werden soll, sondern vielmehr die ganze Familie (VwGH 04.12.1987, ZI. 87/11/0094). Die Harmonisierungspflicht schließt mit ein, rechtzeitig für eine erforderliche Vertretung des Wehrpflichtigen durch Dritte vorzusorgen (Hinweis E 24. Mai 2005, 2004/11/0022, VwGH vom 27.03.2008, Zl.2007/11/0202).
2.5.2. Außerdem haben jene Familienangehörigen, deren Unterstützungsbedürftigkeit der Wehrpflichtige geltend macht, überdies ihre wirtschaftlichen Angelegenheiten unter Bedachtnahme auf die Präsenzdienstpflicht des wehrpflichtigen Angehörigen einzurichten (Hinweis E 23. 1. 2001, 2000/11/0206; E 26. 2. 2002, 2000/11/0269; E 4. 6. 1991, 90/11/0231; E 1. 12. 1992, 92/11/0113; E 10. 11. 1998, 97/11/0377, VwGH vom 13.12.2005, Zl. 2005/11/0167)
2.5.3. Nicht nur der zur Leistung des Präsenzdienstes heranstehende Wehrpflichtige, sondern auch die übrigen Familienmitglieder sind zur Unterstützung des Angehörigen, der auf die Mithilfe des wehrpflichtigen Sohnes angewiesen ist, verpflichtet (Hinweis E 19.2.1991, 90/11/0120). Nach stRsp (Hinweis E 28.6.1988, 88/11/0040) hat auch der auf die Unterstützung durch den Wehrpflichtigen angewiesene Elternteil bei seinen wirtschaftlichen Dispositionen auf dessen Wehrpflicht entsprechend Bedacht zu nehmen. Andernfalls liegt kein besonders rücksichtswürdiges familiäres Interesse iSd § 36a Abs 1 Z 2 WehrG 1990 idF BGBl 1992/690 vor (VwGH vom 21.11.2000, Zl. 2000/11/0064).
2.5.4. Im Lichte der vorangeführten Judikatur kommt dem Beschwerdevorbringen, wonach besonders rücksichtswürdige familiäre Interessen beim BF vorlägen, weil er die einzige Stütze seiner Mutter sei bzw. da im Falle seiner Einberufung die wirtschaftliche Existenz des Betriebs bzw. seiner Mutter in Gefahr wäre, keine Berechtigung zu.
2.6. In diesem Zusammenhang ist vor allem auch darauf hinzuweisen, dass der BF bis zum Abschluss seiner Berufsausbildung zum Schlosser bzw. Metalltechniker am 21.01.2019 und der Beendigung seiner Arbeit im ausbildenden Betrieb, dem nunmehr von seiner Mutter geführten landwirtschaftlichen Betrieb nach seinen eigenen Angaben im Wesentlichen außerhalb seiner Ausbildungszeiten zum Facharbeiter, sohin nach dem Unterricht und an den Wochenenden zur Verfügung stand. Vielmehr hat er die ersten drei Jahren der Berufsschule sogar im Internat verbracht. Nachdem auch seine vier Geschwister schon bisher nicht als Mithilfe zur Verfügung standen, kann letztlich nicht erkannt werden, warum die wirtschaftliche Existenz seiner Mutter bei einer Einberufung des BF zwingend gefährdet wäre, wenn im Betrieb auch ohne eine Vollzeitbeschäftigung des BF offenbar bis Mai 2019 das Auslangen gefunden werden konnte.
Im Übrigen kann auch nicht erkannt werden, warum, wie vom BF ohne nähere Begründung ausgeführt, den in einer Lehrausbildung befindlichen oder noch zur Schule gehenden Geschwistern des BF eine vorübergehende Mithilfe im Betrieb bzw. eine gelegentliche weitere Unterstützung seiner Mutter nicht möglich und zumutbar wäre. Immerhin sind sie - wie auch der BF - auf einem landwirtschaftlichen Betrieb aufgewachsen und haben dort noch immer ihren Wohnsitz. Außerdem können sich zumindest die noch in Schulausbildung befindlichen Geschwister die Zeit relativ frei einteilen und es ist ihnen jedenfalls zumutbar, als Gegenleistung für die finanzielle Unterstützung der Mutter, die sie als Schülerinnen, aber auch als Lehrlinge u.U. noch benötigen, ihrer Mutter im Notfall auszuhelfen. Es ist ihnen zuzumuten, den Ausfall des BF zumindest teilweise zu kompensieren oder die Mutter im Haushalt wenigstens etwas zu entlasten.
Ebenso kommt dem Vorbringen im Schreiben der Bezirkslandwirtschaftkammer Schwaz vom 06.03.2019, wonach eine Bewirtschaftung im gegenwärtigen Umfang unbedingt erforderlich sei, um die erforderlichen Rückzahlungen tätigen bzw. den Betrieb aufrecht erhalten zu können, unter Bedachtnahme auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, wonach eine vorübergehende Einschränkung der Erwerbstätigkeit durchaus zumutbar ist, keine Berechtigung zu. Im Übrigen ist darauf zu verweisen, dass dabei auch wirtschaftliche Nachteile, sofern diese keine existentielle Bedrohung darstellen, in Kauf genommen werden müssen (vgl. VwGH vom 21.11.2000, Zl. 2000/11/0064).
2.7. Auch wenn der frühe Tod des Vaters des BF (September 2007) tragisch und nicht vorhersehbar war und für den Betrieb letztlich den Wegfall der Hauptarbeitskraft bedeutet hat, liegt dieses tragische Ereignis bereits rund dreizehn Jahre zurück. Seine Mutter hatte somit fast dreizehn Jahre Zeit wirtschaftliche Dispositionen zu treffen, um den weiteren Fortbestand des Betriebes rechtzeitig zu sichern bzw. zumindest bei der absehbaren Einberufung ihres Sohnes zum sechs Monate dauernden Grundwehrdienst in der Lage zu sein, den landwirtschaftlichen Betrieb (einstweilen) weiterzuführen. Die dazu vorgebrachten Schwierigkeiten mit allfälligen Betriebshelfern bzw. kurzfristigen, vorübergehenden Betriebseinschränkungen gehen daher ins Leere, zumal angesichts der langen (mehrmonatigen/-jährigen) Vorlaufzeit, wohl eine zufriedenstellende Lösung - allenfalls unter Zuhilfenahme von Fachleuten der Landwirtschaftskammer - für den Betrieb ausgearbeitet werden hätte können. Außerdem wurde im Schreiben der Landwirtschaftskammer nicht davon gesprochen, dass eine Vertretung des BF unmöglich sei, sondern lediglich davon berichtet, dass qualifizierte Mitarbeiter bzw. Aushilfen insbesondere zu Zeiten von Arbeitsspitzen schwierig zu organisieren seien. Bei einer entsprechend langen Vorlaufzeit wäre dieses Problem sicher zu lösen und wären entsprechende Betriebshelfer zu finden bzw. betriebsfremde Personen auch hinsichtlich des Mischen des Tierfutters, welches der BF gänzlich übernommen hat, ohne besondere Probleme einzuweisen.
Die Mutter des BF, die aktuelle Betriebsführerin der gegenständlichen Landwirtschaft, hätte daher schon kurz nach dem Tod ihres Ehegatten, ihre wirtschaftlichen Angelegenheiten, auch unter Bedachtnahme auf die Präsenzdienstpflicht des BF entsprechend richten müssen. Sie hätte daher damals schon so disponieren müssen, dass der BF während der Erfüllung seiner Präsenzdienstpflicht ausreichend hätte vertreten werden können. Die Harmonisierungspflicht schließt nämlich auch mit ein, rechtzeitig für eine erforderliche Vertretung des Wehrpflichtigen durch Dritte vorzusorgen (VwGH vom 27.03.2008, 2007/11/0202).
2.8. Was die Unterstützung seiner Mutter im Betrieb betrifft, ist der Behörde ebenso beizupflichten. Es ist nämlich auch aus der Sicht des BVwG kein Grund ersichtlich, warum es dem BF nicht auch während seines Präsenzdienstes möglich sein sollte, nach Dienst und in seiner dienstfreien Zeit, dem Betrieb zur Verfügung zu stehen. Darüber hinaus besteht auch wie von ihr bereits richtigerweise ausgeführt wurde, die Möglichkeit bei unaufschiebbaren Arbeiten, bei denen die persönliche Anwesenheit des BF unbedingt erforderlich erscheint, ein Ansuchen um Dienstfreistellung im Sinne des § 45 Abs. 4 WG 2001 zu stellen.
Lediglich ergänzend ist darauf hinzuweisen, dass der BF im vorliegenden Fall am 14.11.2017 von der Stellungskommission für tauglich befunden worden ist. Dem BF hätte damit bewusst sein müssen, dass er in naher Zukunft zur Ableistung des ordentlichen Präsenzdienstes eingezogen werden würde. Ungeachtet dessen hat er im Mai 2019 begonnen, in dem im Familieneigentum befindlichen Landwirtschaftsbetrieb hauptberuflich zu arbeiten.
2.9. Da es für die Befreiung des BF vom Grundwehrdienst somit an den gesetzlichen Voraussetzungen fehlte, war die Beschwerde gegen den angefochtenen Bescheid gemäß § 28 Abs. 1 und 2 VwGVG in Verbindung mit § 26 Abs. 1 Z 2 WG 2001 als unbegründet abzuweisen.
Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.
Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
Die maßgebliche Rechtsfrage des Vorliegens besonders rücksichtswürdiger wirtschaftlicher Interessen im Verständnis des § 26 Abs. 1 Z 2 WG 2001 wurde in der bisherigen Rechtsprechung des VwGH mehrfach behandelt. Nach der oben zu Spruchpunkt A dargelegten Rechtsprechung waren im vorliegenden Fall solche zu verneinen.
Schlagworte
Befreiungsantrag besonders rücksichtswürdige familiäre Interessen besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche Interessen dienstfreie Zeit Dienstfreistellung Harmonisierungspflicht Tauglichkeit Wehrdienst Wehrpflicht WehrpflichtbefreiungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W136.2223626.1.00Im RIS seit
15.10.2020Zuletzt aktualisiert am
15.10.2020