TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/14 G306 2224511-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 14.07.2020
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Entscheidungsdatum

14.07.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs5
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z6
FPG §53 Abs3 Z7
FPG §53 Abs3 Z8
FPG §55 Abs4

Spruch

G306 2224511-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Dietmar MAURER als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA: Bosnien und Herzegowina, vertreten durch RA Mag. Dr. Ralf Heinrich HÖFLER, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 25.09.2019, Zahl
XXXX , zu Recht erkannt:

A)

I.       Die Beschwerde wird als unbegründet a b g e w i e s e n .

II.     Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.

B)       

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.

Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Urteil des LG XXXX , Zl.: XXXX , vom XXXX .2017, wurde der BF wegen der Verbrechen der terroristischen Vereinigung gemäß § 278b Abs. 2 StGB und der kriminellen Organisation gemäß § 278a StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.

Einer Berufung des BF gegen das besagte Strafurteil wurde mit Urteil des OLG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2018, nicht Folge gegeben.

2. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), vom 17.12.2018, dem Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) zugestellt am 18.12.2018, wurde der BF anlässlich seiner Verurteilung über die in Aussicht genommene Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot in Kenntnis gesetzt. Gleichzeitig wurde der BF zur Abgabe einer Stellungnahme binnen zwei Wochen aufgefordert.

3. Mit Schriftsatz vom 27.12.2018 und 16.01.2019 gab der BF durch seinen damaligen Rechtsvertreter (im Folgenden: RV), RA Dr. Farhad PAYA, Stellungnahmen ab.

4. Mit Schriftsatz vom 24.09.2019 gab der BF durch seinen aktuellen RV, RA Mag. Dr. Ralf Heinrich HÖFLER, eine weitere Stellungnahme ab.

5. Am 24.09.2019 fand eine niederschriftliche Einvernahme des BF vor dem BFA statt.

6. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem RV des BF zugestellt am 25.09.2019, wurde gegen den BF gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Ferner wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Bosnien gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.), gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 6,7,8 und 9 FPG ein unbefristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV.) sowie einer Beschwerde gegen die Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 und 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

7. Mit per Post am 14.10.2019 beim BFA eingebrachtem Schreiben erhob der BF durch seinen RV, Beschwerde gegen den oben im Spruch angeführten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden. BVwG).

Darin wurde die ersatzlose Behebung der Spruchpunkte I. bis IV. sowie die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung beantragt.

8. Am XXXX .2019 wurde der BF auf dem Luftweg in seinen Herkunftsstaat abgeschoben.

9. Die Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden vom BFA am 18.10.2019 dem BVwG vorgelegt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum) und ist Staatsangehöriger von Bosnien und Herzegowina, ledig, frei von Obsorgeverpflichtungen und der bosnischen, deutschen und arabischen Sprache mächtig.

Der BF wurde in Österreich geboren, hält sich seit seiner Geburt beinahe durchgehend im Bundesgebiet auf und ist im Besitz eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt EU“.

Der BF hat die Schule in Österreich besucht, die höhere technische Lehranstalt (HTL) in Klagenfurt im Ausbildungszweig Mechatronik mit Matura erfolgreich abgeschlossen und ein Studium an der Montanuniversität Leoben begonnen, jedoch nicht beendet.

Der BF ist gesund und arbeitsfähig.

In den Zeiträumen 08.07.2013 bis 31.07.2013, 18.09.2014 bis 03.10.2014, 07.12.2016 bis 13.12.2016, 09.02.2017 bis 17.02.2017, 25.07.2017 bis 29.12.2017 sowie 16.04.2018 bis 20.06.2018 ging der BF Erwerbstätigkeiten in Österreich nach. Von 04.10.2015 bis 22.12.2015 bezog der BF Mindestsicherung sowie von 22.03.20169 bis 21.10.2016 und 14.03.2017 bis 24.07.2017 wiederholt Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung.

Im Jahr 2015 reiste der BF über XXXX nach XXXX , von wo er versuchte nach Syrien zu gelangen um sich der Terrororganisation „Islamischer Staat“ (IS) anzuschließen. Er wurde jedoch von der türkischen Polizei bei dem Versuch verhaftet und in seinen Herkunftsstaat abgeschoben. Der BF reiste daraufhin erneut nach Österreich und kehrte mittlerweile weitere zweimal in seinen Herkunftsstaat zurück.

Die Eltern, 2 Brüder, eine Schwester und weitere Verwandte des BF leben in Österreich, und war der BF zuletzt bei seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt wohnhaft.

Im Herkunftsstaat halten sich ein Onkel, und Verwandte der Eltern sowie zumindest ein Freund des BF auf.

Mit Urteil des LG XXXX , Zl.: XXXX , vom XXXX .2017, bestätigt durch das Urteil des OLG XXXX , Zl. XXXX , am XXXX .2018, wurde der BF wegen der Verbrechen der terroristischen Vereinigung gemäß § 278b Abs. 2 StGB und der kriminellen Organisation gemäß § 278a StGB zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt.

Der BF wurde für schuldig befunden, er habe

I.       Sich als Mitglied (§ 278 Abs. 3 StGB) an den Aktivitäten einer terroristischen Vereinigung (§ 278b Abs. 3 StGB), nämlich der in der UN-Sanktionsliste aufscheinenden Terrororganisation IS-Islamic State (kurz: IS), bei der es sich um einen auf längere Zeit angelegten Zusammenschluss von mehr als zwei Personen handelte, der darauf ausgerichtet war, dass von einem oder mehreren Mitgliedern dieser Vereinigung eine oder mehrere terroristische Straftaten (§ 278c StGB) ausgeführt wurde, in dem Wissen (§ 5 Abs. 3 StGB), dass er dadurch den IS oder dessen strafbare Handlungen fördert, dadurch beteiligt, dass er

a.       Zu einem nicht mehr feststellbaren Zeitpunkt im Februar 2015 vorerst auf dem Landweg von Österreich nach Bosnien-Herzegowina, dann per Flugzeug nach Istanbul und schließlich weiter über den Landweg nach XXXX in die türkisch-syrische Grenzregion fuhr, dies mit dem Ziel, in der Nähe der Stadt XXXX die Grenze zu überqueren, um sich der Ausbildung zur Begehung von Straftaten nach § 278c StGB zur Verfügung zu stellen und Hilfs- und Unterstützungstätigkeiten zu leisten und

b.       In der Zeit von XXXX 2015 bis zum XXXX .2017 in XXXX auf einem von ihm betriebenen „You-Tube-Kanal“ durch das Hochladen von für eine breite Öffentlichkeit zugänglichen Videos einseitig verzerrte propagandistische Informationen über das Leben in vom IS beherrschten Gebieten verbunden mit der Aufforderung, den IS (auch militärisch) zu unterstützen und sich ihm anzuschließen, verbreitete;

II.      Durch die unter Punkt I. beschriebenen Handlungen sich an den Aktivitäten einer auf längere Zeit angelegten unternehmensähnlichen Verbindung einer größeren Zahl von Personen, nämlich dem IS, in dem Wissen (§ 5 Abs. 3 StGB), dass er dadurch die Vereinigung und deren strafbare Handlungen, nämlich die zur Erreichung ihrer Ziele als erforderlich angesehenen terroristischen Straftaten nach § 278c Abs. 1 StGB fördert, als Mitglied beteiligt, wobei die Verbindung, wann auch nicht ausschließlich, auf die wiederkehrende und geplante Begehung schwerwiegender strafbarer Handlungen, die das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die Freiheit oder das Vermögen bedrohten oder schwerwiegender strafbarer Handlungen im Bereich der sexuellen Ausbeutung von Menschen, der Schlepperei oder des unerlaubten Verkehrs mit Kampfmitteln ausgerichtet war, dadurch eine Bereicherung in großem Umfang anstrebte und andere zu korrumpieren oder einzuschüchtern oder sich auf besondere Weise gegen Strafverfolgungshandlungen abzuschirmen suchte.

Mildernd wurde dabei die bisherige Unbescholtenheit sowie das teilweise Alter des BF unter 21 Jahren, erschwerend jedoch das Zusammentreffen zweier Verbrechen gewertet.

Ferner stellte das Strafgericht fest, dass der BF streng gläubiger Muslim, konservativ- sunnitischer Prägung mit salafistischer Einstellung, sei, Religion im Leben des BF eine wesentliche Rolle spiele und es ihm aufgrund seiner Einstellung bis dato nicht gelang sich gesellschaftlich in Österreich zu integrieren.

Es wird festgestellt, dass der BF die besagten Straftaten begangen hat.

Der BF wurde von XXXX .2017 bis XXXX .2018 und von XXXX .2018 bis XXXX .2019 in Justizanstalten in Österreich angehalten, wobei der BF mit Beschluss des LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2019, am XXXX .2019, unter Auflage der Bewährungshilfe, bedingt aus seiner Freiheitsstrafe entlassen wurde.

Am XXXX .2019 wurde der BF auf dem Luftweg in seinen Herkunftsstaat abgeschoben.

Bosnien-Herzegowina gilt als sicherer Herkunftsstaat.

Zur Lage im Herkunftsstaat:

1. Politische Lage

Der Gesamtstaat Bosnien und Herzegowina (BiH) wurde im November/Dezember 1995 durch das Daytoner „Rahmenabkommen für den Frieden“ geschaffen, dessen Annex 4 die gesamtstaatliche Verfassung festschreibt. Er hat heute ca. 3,5 Millionen Einwohner. BiH ist in zwei flächenmäßig nahezu gleich große, weitgehend autonome Entitäten geteilt: die überwiegend bosniakischkroatische Föderation BiH, (FBiH, 51 % des Territoriums, ca. 63 % der Gesamtbevölkerung) und die überwiegend serbische Republika Srpska (RS, 49 % des Territoriums, ca. 35 % der Gesamtbevölkerung). Neben den beiden Entitäten gibt es den multiethnischen Sonderdistrikt Br?ko. Die FBiH gliedert sich in zehn Kantone, die wiederum aus mehreren Gemeinden bestehen. Die RS ist zentral organisiert und nur in Gemeinden gegliedert. Als „Staatsoberhaupt“ des Gesamtstaats fungiert das Staatspräsidium, das in direkter Wahl für eine Amtszeit von 4 Jahren bestimmt wird. Es besteht aus je einem Vertreter der drei konstituierenden Völker. Der Vorsitz rotiert alle 8 Monate. Die Regierungen des Gesamtstaates, der beiden Entitäten, des Distrikts Br?ko und der zehn Kantone in der FBiH kommen zusammen auf über 150 Ministerien. Der Anteil des Staatsapparats am Staatsbudget ist infolgedessen fast doppelt so hoch wie der EUDurchschnitt. Im Übrigen ist die Besetzung von Ämtern in Regierungen und Verwaltungen auf allen Ebenen durch die institutionalisierte Machtteilung zwischen den konstituierenden Völkern geprägt (AA 16.4.2018). In BiH fanden am 7.10.2018 landesweit in beiden Entitäten allgemeine Wahlen statt. Gewählt wurden die drei ethnisch besetzten Mitglieder des Staatspräsidiums, das gesamtstaatliche Parlament von BiH, das Parlament der Föderation von BiH, die Versammlung der 10 Kantonsparlamente, der Präsident und der Vizepräsident der Republik Srpska (RS) sowie die Nationalversammlung der RS. Die Wahlbeteiligung lag bei 53 %. Die SDA und die SNSD sind beide die großen Wahlsieger. In das Staatspräsidium von BiH wurden der kroatische Mitglied Željko Komši? aus der DF (Demokratska Fronta), der serbische Mitglied Milorad Dodik von der SNSD (Union unabhängiger Sozialdemokraten) und bosniakischer Mitglied Šefik Džaferovi? von der SDA (Partei der demokratischen Aktion) gewählt. In Bezug auf die Parlamentswahlen zeichnen sich gegenwärtig mögliche Koalitionen nicht ab (KAS 10.10.2018). Die konstituierende Sitzung der RS-Volksversammlung fand am 19.11.2018 statt - zur neuen RSPräsidentin wurde die bisherige Premierministerin Željka Cvijanovic gewählt (VB 16.4.2019). Die Wahlen sind im Allgemeinen ordnungsgemäß verlaufen und die IEOM-Beobachter (Election Observation Mission) konnten den Prozess ohne Einschränkungen verfolgen (OSCE 25.1.2019). Trotz permanenter politischer Versprechungen, den EU Beitrittsstatus so bald wie möglich erreichen zu wollen, ging die Beantwortung des von der EU diesbezüglich übermittelten Fragebogens nur sehr schleppend voran. Der Vorsitzende des BiH Staatspräsidiums hat am 4.3.2019 in Brüssel die Antworten auf die Zusatzfragen der EU Kommission eingereicht. Es fehlt auch an der konsequenten Umsetzung der für einen EU-Beitritt maßgeblichen gesetzlichen Richtlinien. Es wird vermieden, bestehende Schlupflöcher zu schließen. Nach wie vor ist die allgegenwärtige Korruption eines der Hauptprobleme im Land (VB 16.4.2019). Die klassische rechtsstaatliche Gewaltenteilung wird schließlich ergänzt durch den im Daytoner Rahmenabkommen für den Frieden vorgesehenen Hohen Repräsentanten der Internationalen Gemeinschaft (HR) und die ihm unterstehende Behörde, dem „Office of the High Representative“ (OHR). Der HR ist die höchste Instanz im Land für die Auslegung und Implementierung des Daytoner Rahmenabkommens für den Frieden und steht damit rechtlich über den staatlichen Stellen. Seit 26.3.2009 ist der Österreicher Valentin Inzko Amtsinhaber (AA 16.4.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (16.4.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/1432989/4598_1526981108_auswaertiges-amt-berichteinstufung-von-bosnien-herzegowina-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfgstand-april-2018-16-04-2018.pdf, Zugriff 24.4.2019

- KAS - Konrad-Adenauer-Stiftung (10.10.2018): Auslandsbüro Bosnien und Herzegowina, Publikationen, Länderberichte, Bosnien nach den Wahlen, https://www.kas.de/web/bosnienherzegowina/laenderberichte/detail/-/content/bosnien-nach-den-wahlen, Zugriff 24.4.2019

- OSZE - Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (25.1.2019): Bosnia and Herzegovina, General Elections, 7 October 2018: Final Report, https://www.osce.org/odihr/elections/bih/409905?download=true, Zugriff 24.4.2019

- VB des BMI für Bosnien und Herzegowina (16.4.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

2. Sicherheitslage

Wichtigstes Ziel der Sicherheits- und Verteidigungspolitik von BiH ist die Annäherung und schließlich Integration in die euroatlantische Partnerschaftsarchitektur. Jedoch gibt es hiergegen auch Widerstände, insbesondere von Politikern der Republika Srpska (AA 16.4.2018). In BiH ist man seit vielen Jahren an aggressive nationalistische Rhetorik gewöhnt, allerdings geht es schon lange nicht nur mehr um Worte, sondern auch um Taten. So will die Regierung des Landesteils RS nun eine Reservepolizei aufbauen. Medienberichten zufolge soll diese Polizei dafür sorgen, die "Entitätsgrenzen" - das sind die administrativen Grenzen zwischen den bosnischen Landesteilen RS und Föderation - zu "sichern", wenn der Chef der nationalistischen Partei SNSD, Milorad Dodik, die Sezession der RS ankündigt. Der Gesetzesvorschlag sieht zudem vor, dass Polizisten aus anderen Staaten angestellt werden und "undercover" arbeiten könnten. Das erinnert viele an die Paramilitärs, die im Krieg hier Schrecken verbreiteten. Für Ängste hat zudem gesorgt, dass die Polizei der RS 2017 mit 2.500 automatischen Langwaffen - ähnlich jenen, die eine Armee hat - ausgestattet wurden (derStandard 25.4.2019). Sowohl die politische Situation als auch die allgemeine Konfliktlage in der Region bleiben auch 23 Jahre nach Kriegsende labil und angespannt. Im Rahmen der EUFOR Mission Operation Althea, die 2004 mit dem Ende von SFOR die Überwachung des Dayton-Abkommens übernahm, sind derzeit 1.600 Soldaten aus 26 Staaten stationiert. Die OSZE-Mission in BiH ist mit etwa 68 Personen weiterhin in dem Land präsent und operiert unter der Führung der USA. Ziel der Mission ist es, die allgemeine Sicherheitslage zu verbessern und die Verteidigungsstrukturen zu stärken. Darüber hinaus hat die Mission zum Ziel, die bosnische Regierung beim Aufbau einer demokratischen Gesellschaft, einer funktionierenden Zivilgesellschaft und einem guten Regierungssystem zu unterstützen. Zwischen BiH und Kroatien bestehen einige ungelöste, andauernde Grenz- und Territorialfragen. Zwischen BiH und Serbien wiederum existieren ungelöste Grenz- und Territorialfragen entlang des Flusses Drina (BICC 12.2018; vgl. KAS 12.2017). Kürzlich wurde publik, dass der kroatische Geheimdienst SOA versuchte, das Nachbarland BiH als Hort des islamischen Terrorismus darzustellen, um es zu diskreditieren. Das bosnische Medium "Žurnal" deckte auf, dass der kroatische Geheimdienst versucht hatte, über einen Mittelsmann Waffen in Moscheen in BiH zu verstecken, um diese angeblichen Waffendepots danach "aufzudecken" und behaupten zu können, es gäbe dort militanten Islamismus. Es gibt seit Jahrzehnten Versuche von kroatischer Seite, BiH als Terrorzentrum zu diskreditieren. Nun bestätigte der bosnische Sicherheitsminister Dragan Mekti? die Vorwürfe gegen SOA (derStandard 12.4.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (16.4.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/1432989/4598_1526981108_auswaertiges-amt-berichteinstufung-von-bosnien-herzegowina-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfgstand-april-2018-16-04-2018.pdf, Zugriff 24.4.2019

- BICC - Bonn International Center for Conversion (12.2018): Informationsdienst, Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte - Länderinformationen osnien-Herzegowina, http://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/bosnien/ 2018_bosnien.pdf, Zugriff 24.4.2019

- derStandard (12.4.2019): International, Kroatien, Ausspionieren: Kroatischer Geheimdienst verärgert Nachbarn, derstandard.at/2000101246246/Ausspionieren-und-diskreditieren-kroatischerGeheimdienst-veraergert-Nachbarn, Zugriff 15.4.2019

- derStandard (25.4.2019): International, Bosnien-Herzegowina, Republika Srpska will Sondereinheiten der Polizei aufbauen, https://derstandard.at/2000102024422/Republika-Srpskawill-Sondereinheiten-der-Polizei-aufbauen, Zugriff 26.4.2019

- KAS - Konrad Adenauer Stiftung (12.2017): Länderbericht, Ethnische Politik in Bosnien und Herzegowina, http://www.kas.de/wf/doc/kas_51222-1522-1-30.pdf?180102110250, Zugriff 5.4.2019

3. Rechtsschutz / Justizwesen

Die Staatsverfassung sieht das Recht auf eine faire Gerichtsverhandlung in Zivil- und Strafsachen vor. Die Entitätsverfassungen sehen eine unabhängige Justiz vor. Dennoch beeinflussen manchmal politische Parteien und Persönlichkeiten die Justiz in politisch sensiblen Fällen, insbesondere im Zusammenhang mit Korruption, sowohl auf staatlicher als auch auf Entitätsebene. Die Behörden haben es manchmal versäumt, Gerichtsentscheidungen durchzusetzen. Während die zivilen Behörden eine wirksame Kontrolle und Koordinierung der Strafverfolgungsbehörde und Sicherheitskräfte aufrechterhalten, führte das Fehlen einer klaren Aufteilung der Zuständigkeiten und Verantwortlichkeiten zwischen den 16 Strafverfolgungsbehörden des Landes zu gelegentlichen Verwirrung und überlappenden Zuständigkeiten. Das Gesetz sieht die Unschuldsvermutung vor. Der Angeklagte hat das Recht auf einen Anwalt und falls er sich keinen Anwalt leisten kann, wird auf Staatskosten ein Pflichtverteidiger bereitgestellt. Die Gerichte sind verpflichtet, einen Verteidiger zu bestellen, wenn der Angeklagte taub oder stumm ist oder einer Straftat beschuldigt wird, für die eine langjährige Haft verhängt werden kann. Der Angeklagte hat das Recht auf einen gerichtlich bestellten Dolmetscher, die Zeugen und Beweise in seinen eigenen Namen vorzulegen und Urteile anzufechten. Die Behörden respektieren im Allgemeinen die meisten dieser Rechte, die sich auf alle Angeklagten erstrecken (USDOS 13.3.2019). Mit der Schließung des Internationalen Strafgerichtshofs für das ehemalige Jugoslawien (ICTY) im Dezember 2017 bekam die Verfolgung von Kriegsverbrechen vor nationalen Gerichten eine neue Bedeutung. In der Praxis gibt es jedoch wenige Fortschritte. Im September 2018 gab es 114 Fälle von Kriegsverbrechen vor dem Staatsgericht mit 296 Angeklagten. Zwischen Jänner und September 2018 verkündete das Gericht 29 Urteile, davon 14 Verurteilungen, 12 Freisprüche und drei Teilfreisprüche. Zwischen Jänner und September 2018 erhielt der Oberste Gerichtshof der RS sieben Fälle von Kriegsverbrechen, von denen vier zu Verurteilungen führten und drei zum Zeitpunkt des Redaktionsschlusses bearbeitet wurden (HRW 17.1.2019). Der Hohe Justiz- und Staatsanwaltschaftsrat von BiH (HJPC) und die Regulierungsbehörde für das ganze bosnische Gerichtswesen ernannten am 23.1.2019 Gordana Tadic zur Oberstaatsanwältin. Laut dem hohen Repräsentanten in BiH hat sich Situation mit der Rechtsstaatlichkeit in BiH verschlechtert. Korruption und politische Schirmherrschaft sind offensichtlich. Ein großer Grund zur Besorgnis und große Enttäuschung stellen Politiker dar, welche die Justiz kontrollieren und nutzen und dafür wenige oder gar keine Konsequenzen tragen müssen (VB 16.4.2019). Wie viele Bereiche des täglichen Lebens in BiH ist auch die Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis von Korruption durchzogen. Problematisch ist zudem, dass oft die existierenden, transparenten Regelungen zur Auswahl des Richters in einem Verfahren (gesetzlich bestimmter Richter) in der Praxis nicht angewandt werden. Sippenhaft wird in BiH nicht praktiziert (AA 16.4.2018). Grundsätzlich gilt, dass sich jeder bosnische Staatsbürger im Falle von "Verfolgungshandlungen gegen seine/ihre Person" an Polizei oder direkt an die Staatsanwaltschaft wenden kann. Sollten die offiziellen Stellen nicht tätig werden bzw. sollte es sich bei der Verfolgungshandlung gegen den Betroffenen um eine Menschenrechtsverletzung handeln, stehen halb- bis nichtstaatliche Organisationen mit Rechtsbeistand zur Seite. Auch hat das Ministerium für Menschenrechte und Flüchtlinge in der Sektion für Menschenrechte eine Abteilung zum „Schutz von individuellen Menschenrechten und Bürgerrechten“, welche u.a. Anliegen und Beschwerden annimmt und bearbeitet und Bürgern fachliche Hilfe leistet (VB 16.4.2019). Der Hohe Repräsentant für BiH, Valentin Inzko, berichtete am 11.6.2018 an den UN-Sicherheitsrat, dass BiH neben der Frage der nicht umgesetzten Gerichtsentscheidungen auch vor einem Problem der tief verwurzelten öffentlichen Enttäuschung über die scheinbare Unfähigkeit des Strafrechtssystems Korruption zu bekämpfen und mit dem organisierten Verbrechen umzugehen steht (OHR 11.6.2018). Das Repräsentantenhaus des BiH-Parlaments verabschiedete am 17.9.2018 das Gesetz zu Änderungen der BiH-Strafprozessordnung im Zuge einer einberufenen Krisensitzung. Somit tritt eine Reihe von Neuheiten hinsichtlich der Voraussetzungen für den Einsatz besonderer Ermittlungsmaßnahmen in Kraft. In den Änderungen der Strafprozessordnung werden auch Fristen neu definiert, innerhalb derer die Ermittlungen abgeschlossen werden müssen. Die Änderungen präzisieren klar die Ermittlungsdauer oder den Zeitpunkt, bis zu dem Anklage erhoben werden muss. Das Gesetz präzisiert ebenfalls Straftaten, für die besondere Ermittlungsmaßnahmen, wie zum Beispiel Abhörmaßnahmen, angeordnet werden können (VB 16.4.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (16.4.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/1432989/4598_1526981108_auswaertiges-amt-berichteinstufung-von-bosnien-herzegowina-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfgstand-april-2018-16-04-2018.pdf, Zugriff 24.4.2019

- HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002240.html, Zugriff 24.4.2019

- OHR – Office of the High Representative (11.6.2018): emarks by High Representative Valentin Inzko to the UN Security Council, http://www.ohr.int/?p=100185, Zugriff 24.4.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018, Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004276.html, Zugriff 24.4.2019

- VB des BMI für Bosnien und Herzegowina (16.4.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

4. Sicherheitsbehörden

Auch im Bereich Sicherheit schlägt sich die komplexe BiH Verfassung nieder: Auf Gesamtstaatsebene existiert neben der dem deutschen BKA vergleichbaren Polizeibehörde SIPA (u.a. zuständig für Kriegsverbrechen, OK und Korruption) die Grenzpolizei sowie die Direktion zur Koordinierung der Polizeidienste, der u.a. Interpol und der Objektschutz zugeordnet sind. Aufsicht über diese gesamtstaatlichen Polizeibehörden liegt beim Sicherheitsministerium. In der FBiH existiert eine Föderationspolizei mit Sitz in Sarajevo, deren Zuständigkeit sich auf das Gebiet FBiH erstreckt, die aber keinerlei Weisungsbefugnis gegenüber den auf Kantonsebene bestehenden Polizeibehörden hat. In der RS übt die Gesamtpolizei der RS hingegen auch Aufsicht über die 6 regionalen Polizeibehörden der Entität aus. Die Polizei im Sonderdistrikt Brcko ist unabhängig. Jede dieser Behörden verfügt wiederum über Spezialeinheiten. Daneben besteht ein gesamtstaatlicher, sowohl In- als auch Auslandsaktivitäten abdeckender Geheimdienst (OSA), der aus der Zusammenlegung der früher existierenden beiden Entitätsgeheimdienste entstanden ist. Seit 2006 steht er unter parlamentarischer Kontrolle. Es ist nicht auszuschließen, dass insbesondere die Polizeibehörden der RS zumindest teilweise nachrichtendienstliche Parallelstrukturen unterhalten. Das Militär befindet sich seit 2003 in einem Reformprozess (u.a. in Hinblick auf die weitere NATO-Annäherung BiHs). Durch das Verteidigungsgesetz und das Wehrdienstgesetz (beide 2005) wurde mit den „Armed Forces“ eine gesamtstaatliche Armee geschaffen. Die Armeen der Entitäten bzw. aus Kriegszeiten erhalten gebliebene Truppenteile der drei konstitutiven Volksgruppen wurden abgeschafft (AA 16.4.2018). Parallel zum Militär fand auch innerhalb der Polizei ein umfassender Reformprozess statt. Erfolge bestehen darin, dass die Polizei, die einst Rückkehrer drangsalierte und Kriegsverbrecher schützte, nun zu den angesehensten Institutionen im ganzen Land zählt (BICC 12.2018). Durch die permanente Ausbildung von bosnischen Polizeibeamten durch europäische und österreichische Experten (z.B. Twinning Project „Strenghtening in Law Enforcement“ und „Moneylaundering“) wurde die internationale Zusammenarbeit wesentlich ausgebaut. Die Kooperation zwischen heimischen [österreichischen; Anm.] und bosnischen Sicherheitsbehörden hat sich unter anderem auch dadurch weiter intensiviert. Besonders hervorzuheben ist die ausgezeichnete Zusammenarbeit zwischen dem BVT und den bosnischen Sicherheitsbehörden (VB 16.4.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (16.4.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/1432989/4598_1526981108_auswaertiges-amt-berichteinstufung-von-bosnien-herzegowina-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfgstand-april-2018-16-04-2018.pdf, Zugriff 24.4.2019

- BICC - Bonn International Center for Conversion (12.2018): Informationsdienst, Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte - Länderinformationen Bosnien-Herzegowina, http://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/bosnien/ 2018_bosnien.pdf, Zugriff 24.4.2019

- VB des BMI für Bosnien und Herzegowina (16.4.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

5. Folter und unmenschliche Behandlung

Die Verfassung von BiH schreibt für alle Menschen das Recht auf Freiheit von Folter fest. BiH ist danach an die Antifolterkonvention (1984) und die Europäische Folterverhütungskonvention gebunden. BiH hat 2003 vorbehaltlos die Zuständigkeit der Antifolterkommission nach Art. 22 der VN-Antifolterkonvention anerkannt. Folter ist in BiH strafbar. Der Ausschuss des Europarates zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung (European Committee for the Prevention of Torture and Inhuman or Degrading Treatment or Punishment, CPT) überprüft seit 2011 Polizeistationen, Haftanstalten und psychiatrische Einrichtungen in BiH. Es kommt nach Angaben des CPT im Rahmen von polizeilichen Verhören und Verhaftungen verbreitet und innerhalb der Gefängnisse nach wie vor vereinzelt zu körperlichen Misshandlungen, insbesondere gegen Angehörige der Roma. Beschwerden von Betroffenen werden uneinheitlich behandelt und nur wenige werden aufgeklärt (AA 16.4.2018). Das Gesetz verbietet solche Praktiken. Obwohl es in den ersten neun Monaten des Jahres 2016 keine Berichte gab, dass Regierungsbeamte solche Maßnahmen ergriffen haben, gibt es keine konkreten Hinweise darauf, dass die Sicherheitskräfte die Praxis der schweren Misshandlung von Häftlingen und Gefangenen, die in den Vorjahren gemeldet wurden, beendet hatten. Die Regierung verfügt über Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch und Korruption. Allerdings verhindert der politische Druck oft die Nutzung dieser Mechanismen. Die Beobachter halten die polizeiliche Straflosigkeit für weit verbreitet. In Zusammenarbeit mit internationalen Organisationen, stellt die Regierung für die Sicherheitskräfte Schulungen zur Bekämpfung von Korruption und Missbrauch zur Verfügung bzw. fördert die Einhaltung von Menschenrechten (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (16.4.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/1432989/4598_1526981108_auswaertiges-amt-berichteinstufung-von-bosnien-herzegowina-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfgstand-april-2018-16-04-2018.pdf, Zugriff 24.4.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018, Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004276.html, Zugriff 24.4.2019

6. Korruption

Die Regierung verfügt über Mechanismen zur Untersuchung und Bestrafung von Missbrauch und Korruption, aber der politische Druck verhindert oft die Anwendung dieser Mechanismen. Die Regierung hat das ganze Jahr 2018 - hauptsächlich mit Unterstützung der internationalen Gemeinschaft - die Polizei- und Sicherheitskräfte geschult, um Missbrauch und Korruption zu bekämpfen und die Achtung der Menschenrechte zu fördern. Die Schulung von Polizeibeamten hat auch Komponenten des Ethik- und Antikorruptionstrainings enthalten. Korruption seitens der Beamten ist strafbar, aber die Regierung hat das Gesetz nicht effektiv umgesetzt und die öffentliche Korruption nicht als ernsthaftes Problem eingestuft. Besonders häufig war die Korruption im Gesundheits- und Bildungswesen, bei den öffentlichen Beschaffungsprozessen, bei der lokalen Verwaltung und bei den Beschäftigungsverfahren in öffentlicher Verwaltung (USDOS 13.3.2019). Korruption ist sowohl auf höchster politischer als auch gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und privater Ebene weit verbreitet. Wie viele Bereiche des täglichen Lebens in BiH ist auch die Strafverfolgungs- oder Strafzumessungspraxis von Korruption durchzogen. Korruption ist in BiH allgegenwärtig und kann auch im Gesundheitswesen nicht ausgeschlossen werden (AA 16.4.2018). Die Korruption in den staatlichen Institutionen ist nach wie vor das größte Problem in BiH. Sie trägt zu politischem und wirtschaftlichem Stillstand bei. BiH hat zwar diesbezüglich Gesetze, diese werden jedoch von den Behörden nicht umgesetzt. Auch wird das Problem der Korruption von den zuständigen Behörden nicht ernst genommen. Beamte, die an Korruptionshandlungen beteiligt sind, kommen oft ungestraft davon, während die Korruption in vielen politischen und ökonomischen Institutionen weit verbreitet ist (VB 16.4.2019). Im aktuellen Transparency International Corruption Perceptions Index 2018 rangiert Bosnien unter 180 Ländern und Territorien an 89. Stelle mit einer Punkteanzahl von 38 von bestmöglichen 100 (TI 2016).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (16.4.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/1432989/4598_1526981108_auswaertiges-amt-berichteinstufung-von-bosnien-herzegowina-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfgstand-april-2018-16-04-2018.pdf, Zugriff 24.4.2019

-TI - Transparency International (2018): Corruption Perceptions Index 2018; https://www.transparency.org/cpi2018, Zugriff 24.4.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018, Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004276.html, Zugriff 24.4.2019 - VB des BMI für Bosnien und Herzegowina (16.4.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

7. Ombudsmann

Insgesamt gibt es in BiH Ombudsmannbüros in Banja Luka, Sarajevo, Mostar, im Distrikt Brcko und eine Außenstelle in Livno (VB 16.4.2019). Der gesamtstaatliche Ombudsmann hat die Befugnis, Menschenrechtsverletzungen und Verstöße gegen die Landesgesetze auf Hinweis der einzelnen Bürger zu untersuchen und Empfehlungen zur Nachbesserung an die Regierung unterbreiten. Die Empfehlungen des Bürgerbeauftragten sind rechtlich unverbindlich. Ein Bosniake, ein Kroate und ein Serbe teilen sich die Führung der Ombudsstelle, der die Mittel fehlen, um effektiv zu arbeiten (USDOS 13.3.2019). Dem Büro des Bürgerbeauftragten fehlen weiterhin ausreichende personelle Ressourcen und ist ernsten finanziellen Einschränkungen ausgesetzt, die sich nachteilig auf die Gesamtleistung auswirken. Dies schadet dem gesamten Ergebnis, auch bei der Umsetzung der Antidiskriminierungsgesetzgebung. Die systematische Zusammenarbeit zwischen dem Büro des Ombudsmanns und dem zivilen Sektor bleibt begrenzt (EK 17.4.2018). Die Zahl der Beschwerden, die beim Ombudsmann für Menschenrechte im Jahr 2018 eingelangt sind, erhöhte sich auf 3.266 Fälle, um 106 mehr als im Jahr 2017 (3.160 Fälle). Mit den aus den Vorjahren übertragenen Fällen wurden 5.303 Beschwerden bearbeitet, davon 3.240 erledigt. Die meisten Beschwerden betrafen Verstöße gegen die bürgerlichen und politischen Rechte - 1.819 (1.861 im Vorjahr) (Ombudsmann BiH 3.2019).

Quellen:

- EK - Europäische Kommission (17.4.2018): Bosnia and Herzegovina 2018 Report [SWD(2018) 155 final], https://www.ecoi.net/en/file/local/1438379/1226_1531808797_20180417-bosnia-andherzegovina-report.pdf, Zugriff 24.4.2019

- Ombudsmann für Menschenrechte BiH (3.2019): Annual Report on results of the activities of the Institution of Human Rights Ombudsman of Bosnia and Herzegovina for 2016, https://www.ombudsmen.gov.ba/documents/obmudsmen_doc2019030109434379eng.pdf, Zugriff 24.4.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018, Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004276.html, Zugriff 24.4.2019 - VB des BMI für Bosnien und Herzegowina (16.4.2019): Auskunft des VB, per E-Mail

8. Wehrdienst und Rekrutierungen

Durch das Verteidigungsgesetz und das Wehrdienstgesetz (beide 2005) wurde mit den „Armed Forces“ eine gesamtstaatliche Armee geschaffen. Die Armeen der Entitäten der drei konstitutiven Volksgruppen wurden abgeschafft, die Wehrpflicht ebenfalls (AA 16.4.2018). Der Blick auf die NATO und eine mögliche Mitgliedschaft waren ausschlaggebend für eine erfolgreiche Militärreform auf gesamtstaatlicher Ebene, in Zuge derer auch die allgemeine Wehrpflicht zum 1. Jänner 2006 abgeschafft und das Militär in eine Freiwilligenarmee umgebaut wurde (BICC 12.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (16.4.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/1432989/4598_1526981108_auswaertiges-amt-berichteinstufung-von-bosnien-herzegowina-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfgstand-april-2018-16-04-2018.pdf, Zugriff 24.4.2019

- BICC - Bonn International Center for Conversion (12.2018): Informationsdienst, Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte - Länderinformationen Bosnien-Herzegowina, http://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/bosnien/ 2018_bosnien.pdf, Zugriff 24.4.2019

9. Allgemeine Menschenrechtslage
Im Jahr 2018 gab es im Bereich der Menschenrechte kaum sichtbare Fortschritte. Mitglieder nationaler Minderheiten hatten bei den Parlamentswahlen 2018 keinen Anspruch auf einen Präsidentschaftskandidaten, da die diskriminierenden Bestimmungen der Verfassung nach wie vor nicht geändert wurden. Die Behörden leisteten Tausenden von Asylbewerbern und Migranten, die 2018 ankamen, keine Grundversorgung. Journalisten sahen sich weiterhin Bedrohungen und Einmischungen in ihre Arbeit ausgesetzt. Kriegsverbrecherfälle wurden weiterhin nur langsam bearbeitet. Mitglieder von Lesben-, Schwulen-, Bisexuellen- und Transgender-Gemeinschaften (LGBT) sehen sich weiterhin Hassreden und Bedrohungen ausgesetzt (HRW 17.1.2019). Im September 2019 soll die erste offizielle Gay Pride durchgeführt werden. Seit der Bekanntgabe werden LGBT-Personen vermehrt zur Zielscheibe des Hasses. Dies zeigen viele homophobe Kommentare in den sozialen Netzwerken. Diskriminierungen aufgrund der sexuellen Orientierung und Hassverbrechen sind verboten. In der Realität sind LGBT-Personen immer wieder verbalen und gewalttätigen Übergriffen ausgesetzt (BAMF 15.4.2019). Eine Beschränkung der Betätigungsmöglichkeiten für die politische Opposition durch den Staat und seine Organe erfolgt grundsätzlich nicht. Die Vereinigungsfreiheit wird durch die Verfassung sowie durch beide Entitätsverfassungen gewährleistet. Vereine und Stiftungen können auf Gesamtstaatsebene registriert werden. Die Versammlungsfreiheit ist nicht eingeschränkt. Die Informationsfreiheit ist insofern gewährleistet, als es insgesamt ein breit gefächertes Medienangebot gibt, so dass bei Lektüre einer Vielzahl von Medien eine umfassende Information möglich ist. Jedoch gibt es kein Medium, das unabhängig von parteipolitischer Einflussnahme ist. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk wird seinem Informationsauftrag nicht gerecht. Unabhängige Beobachter wie die OSZE, Human Rights Watch, der hiesige Presserat und die EU sehen kritische Journalisten neben wirtschaftlichem Druck vereinzelt Bedrohungen und Nötigung ausgesetzt (AA 16.4.2018). Grundlegende Menschen- und Bürgerrechte sind zwar durch die Verfassung gedeckt, werden jedoch weiterhin missachtet. Die Diskriminierung in weiten Teilen des öffentlichen und privaten Lebens ist weit verbreitet. Sehr problematisch ist das mehrfach vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte gerügte Wahlrecht, das Minderheiten keine ausreichende Vertretung garantiert. Auch Teile der Verfassung, die stellenweise nur einen provisorischen Charakter haben, sind aus Sicht des Gerichtshofs kritisch. Trotz Verabschiedung eines Antidiskriminierungsgesetzes und sich daraus ergebender Fortschritte bei der Bekämpfung der Diskriminierung, verdeutlichen beispielsweise die allgemeine Segregation und Diskriminierung in öffentlichen Schulen dieses grundlegende Problem, das das Zusammenleben zukünftiger Generationen weiterhin erschweren wird. Defizite bestehen weiterhin bei der gerichtlichen Aufarbeitung der Kriegsverbrechen und der gesellschaftlichen Versöhnung. Bei der Umsetzung der Nationalen Strategie zur Verfolgung von Kriegsverbrechen treten weiterhin Mängel auf (BICC 12.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (16.4.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/1432989/4598_1526981108_auswaertiges-amt-berichteinstufung-von-bosnien-herzegowina-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfgstand-april-2018-16-04-2018.pdf, Zugriff 24.4.2019

- BAMF - Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (15.4.2019): BN - Briefing Notes, per E-Mail

- BICC - Bonn International Center for Conversion (12.2018): Informationsdienst, Sicherheit, Rüstung und Entwicklung in Empfängerländern deutscher Rüstungsexporte - Länderinformationen Bosnien-Herzegowina, http://ruestungsexport.info/user/pages/04.laenderberichte/bosnien/ 2018_bosnien.pdf, Zugriff 24.4.2019

- HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002240.html, Zugriff 24.4.2019

10. Haftbedingungen

Die Haftbedingungen in BiH variieren zwischen den einzelnen Haftanstalten. Die bisherigen Probleme wie Gewaltanwendung durch das Gefängnispersonal bzw. unter den Inhaftierten selbst, das Fehlen konkreter Verhaltensregeln für das Gefängnispersonal sowie schlechte medizinische Versorgung und bestehende schlechte Unterbringungsbedingungen in manchen Einrichtungen müssen nach kritischen Berichten verstärkt angegangen werden. Unabhängigen internationalen und nationalen Beobachtern werden weitreichende Besuchsrechte eingeräumt. Jugendliche männliche Strafgefangene im Alter von 16 bis 18 Jahren werden in einigen Haftanstalten mit den erwachsenen Strafgefangenen zusammen untergebracht. Nur für jugendliche Strafgefangene unter 16 Jahren werden separate Unterbringungsmöglichkeiten gesucht. Auch Frauengefängnisse fehlen, so dass weibliche Strafgefangene zum Teil in abgetrennte Bereiche der allgemeinen Gefängnisse eingewiesen werden. Die Umsetzung der vorgeschriebenen Sicherungsverwahrung von Straftätern, die ggf. eine psychologische Behandlung erhalten müssen, erfolgt nicht immer im erforderlichen Umfang (AA 16.4.2018). In Gefängnissen und Haftanstalten herrschen schwierige Bedingungen. Die räumlichen und sanitären Bedingungen in meist überfüllten Gefängnissen und Haftanstalten des Landes sind je nach Standort unterschiedlich, werden jedoch im Allgemeinen als minderwertig eingestuft. Die Regierung gestattet unabhängigen Menschenrechtsbeobachtern den Besuch und gewährt den Vertretern der internationalen Gemeinschaft ungehinderten Zugang zu Hafteinrichtungen und Gefangenen. Gefängnisse und Haftanstalten bieten bei Bedarf eine angemessene medizinische Grundversorgung und Routinemaßnahmen für komplexere medizinische Eingriffe. Belüftung und Beleuchtung fehlen jedoch in vielen Einrichtungen, insbesondere im Gefängnis in Sarajevo. Im Berichtszeitraum gab es keine Gefängnisse, die für Häftlinge mit körperlichen Behinderungen geeignet waren (USDOS 13.3.2019). Die Eröffnung des zukünftigen, nach europäischen Standards eingerichteten und mittlerweile fertigen Staatsgefängnisses ist ins Stocken geraten. Der Grund ist ein Streit zwischen bosnischserbischen und bosnisch-kroatischen Ministern in der Regierung um die Bestellung des Direktors dieses Staatsgefängnisses; strittig ist, ob der Leiter dieser Anstalt ein bosnischer Kroate oder ein bosnischer Serbe sein soll (Oslobodjenje 6.2.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (16.4.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/1432989/4598_1526981108_auswaertiges-amt-berichteinstufung-von-bosnien-herzegowina-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfgstand-april-2018-16-04-2018.pdf, Zugriff 24.4.2019

- Oslobodjenje - Tageszeitung, Onlineausgabe (6.2.2019): Zašto je državni zatvor još zaklju?an?, https://www.oslobodjenje.ba/vijesti/bih/zasto-je-drzavni-zatvor-jos-zakljucan-431047, Zugriff 24.4.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018, Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004276.html, Zugriff 24.4.2019

11. Todesstrafe

Das EMRK-Protokoll Nr. 6 ist in BiH am 1.11.2003 in Kraft getreten; die Todesstrafe wurde hierdurch abgeschafft, aber in der Verfassung der RS ist sie weiterhin zu finden. Beide Entitäten haben die Todesstrafe inzwischen aus ihren Strafgesetzbüchern gestrichen (AA 16.4.2018; vgl. AI 12.4.2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (16.4.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/1432989/4598_1526981108_auswaertiges-amt-berichteinstufung-von-bosnien-herzegowina-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfgstand-april-2018-16-04-2018.pdf, Zugriff 24.4.2019

- AI - Amnesty International (12.4.2018): Death Sentences and Executions 2017, https://www.ecoi.net/en/file/local/1429291/90_1523523827_act5079552018english.pdf, Zugriff 24.4.2019

12. Religionsfreiheit

Gemäß der Verfassung ist die Glaubens- und Religionsfreiheit garantiert. Diese Rechte werden auch durch vergleichbare Regelungen in den Entitätsverfassungen und durch das Religionsgesetz gewährleistet. Jede Diskriminierung in Glaubensfragen ist verboten. Dazu gehört u.a. die Beleidigung von kirchlichen Amtsträgern, die Beschädigung von religiösen Gebäuden und das Verspotten einer Religion. Bei der Abwägung von Kunst- gegen Religionsfreiheit sehen sich Verfechter der Kunstfreiheit scharfem Gegenwind ausgesetzt: sie werden von religiös Gebundenen als „aggressive Atheisten“ verächtlich gemacht. Die Strafverfolgung entsprechender Fälle ist wie bei anderen Deliktsformen aufgrund von Defiziten im Justizapparat nicht in jedem Fall konsequent. Anerkannte Religionsgemeinschaften sind die Islamische Gemeinschaft, die Serbisch-Orthodoxe Kirche, die Katholische Kirche und die Jüdische Gemeinde sowie alle anderen Kirchen und religiösen Gemeinschaften, deren Rechtspersönlichkeit vor Inkrafttreten des Religionsgesetzes anerkannt worden ist. Der Staat darf nicht in die kirchliche Selbstverwaltung eingreifen. Es gibt keine Staatskirche und keine Staatsreligion (AA 16.4.2018). Laut der Volkszählung 2013 machen Muslime etwa 51 % der Bevölkerung aus, serbisch-orthodoxe Christen 31 %, Katholiken 15 % und andere, darunter Protestanten und Juden, 3 %. Es gibt einen starken Zusammenhang zwischen Ethnie und Religion: die bosnischen Serben sind in erster Linie mit der serbisch-orthodoxen Kirche und die bosnischen Kroaten mit der römisch-katholischen Kirche verbunden. Bosniaken sind überwiegend Muslime. Die jüdische Gemeinde schätzt, dass sie 1.000 Mitglieder hat, deren Mehrheit in Sarajevo lebt. Die Mehrheit der serbisch-orthodoxen Christen lebt in der RS, die meisten Muslime und Katholiken in der Föderation. Protestantische und die meisten anderen kleinen Religionsgemeinschaften haben ihre größten Gemeinden in Sarajevo und Banja Luka. Religionsgemeinschaften von Minderheiten berichten weiterhin von einer Diskriminierung durch die Kommunalbehörden bei der Nutzung von religiösem Eigentum und der Erteilung von Genehmigungen für neue religiöse Objekte. Die Stadtverwaltung von Banja Luka (RS) weigert sich weiterhin, zuvor verstaatlichte Immobilien an die Katholische Kirche zurückzugeben. Seit 2010 registrierte der Interreligiöser Rat insgesamt 198 Angriffe auf religiöse Amtsträger und Stätten. Die Polizei hatte nur bei 55 Angriffen die Täter identifiziert und die Gerichte nur 23 dieser Fälle verfolgt. Das IRC (Interreligious Council) unternimmt weiterhin Schritte zur Förderung des interreligiösen Dialogs (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (16.4.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/1432989/4598_1526981108_auswaertiges-amt-berichteinstufung-von-bosnien-herzegowina-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfgstand-april-2018-16-04-2018.pdf, Zugriff 24.4.2019

- USDOS - US Department of State (29.5.2018): 2017 Report on International Religious Freedom - Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/1436829.html, Zugriff 24.4.2019

13. Ethnische Minderheiten Gemäß der Verfassung stehen die Grundrechte allen Personen unabhängig von ihrer ethnischen Zugehörigkeit grundsätzlich in gleicher Weise zu. In BiH werden 17 nationale Minderheiten anerkannt. Zu einigen staatlichen Ämtern haben Angehörige nationaler Minderheiten jedoch aufgrund der Verfassung keinen Zugang oder werden in anderer Weise schlechter gestellt als die Angehörigen der drei konstitutiven Volksgruppen. Alle Delegierten in den zweiten Kammern des Staats- und der Entitätsparlamente („Haus der Völker“) müssen Angehörige einer der drei konstitutiven Volksgruppen Bosniaken, Kroaten und Serben sein. Auch die Präsidentschaft des Gesamtstaates setzt sich aus je einem Mitglied dieser ethnischen Gruppen zusammen. Angehörige von Minderheiten sind insoweit in ihrem passiven Wahlrecht eingeschränkt. Die gegen diese Regel gerichtete Klage der Vorsitzenden der jüdischen Gemeinde und der RomaVereinigung von BiH beim EGMR wurde am 22.12.2009 von der großen Kammer des EGMR stattgegeben (EGMR-Urteil zu „SejdicFinci“). Die Umsetzung dieses Urteils steht jedoch bis heute aus; sie wird im weiteren EU-Annäherungsprozess eine wichtige Rolle spielen. Es gibt ein Minderheitenschutzgesetz. Demnach wird das Europäische Rahmenübereinkommen zum Schutz der nationalen Minderheiten unmittelbar angewandt. Laut der Volkszählung von 2013 bezeichnen sich 3,7% der Bevölkerung nicht als Bosniaken, Serben oder Kroaten. In BiH gibt es folgende Minderheiten: Albaner, Deutsche, Italiener, Juden, Mazedonier, Montenegriner, Polen, Roma, Rumänen, Rusinen, Russen, Slowaken, Slowenen, Tschechen, Türken, Ukrainer und Ungarn. Die größte Minderheit in BiH sind die Roma, wobei die Gesamtzahl je nach Quelle stark variiert (AA 16.4.2018). Angehörige von Minderheiten werden weiterhin in den Bereichen Beschäftigung und Bildung, sowohl im staatlichen als auch im privaten Sektor diskriminiert. Während das Gesetz die Diskriminierung verbietet, beklagen sich Menschenrechtsaktivisten häufig darüber, dass die Behörden das Gesetz nicht ausreichend durchsetzen. Die Belästigung und Diskriminierung von Minderheiten im ganzen Land hält an, wenn auch nicht so häufig wie in den Vorjahren (USDOS 13.3.2019). Quellen: - AA - Auswärtiges Amt (16.4.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/1432989/4598_1526981108_auswaertiges-amt-berichteinstufung-von-bosnien-herzegowina-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfgstand-april-2018-16-04-2018.pdf, Zugriff 24.4.2019 - USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018, Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004276.html, Zugriff 24.4.2019 14.1. Roma Die größte Minderheit in BiH sind die Roma, die auch im Vergleich zu Angehörigen anderer Minderheiten in verschiedenen Bereichen nicht auf ausreichende Unterstützung staatlicher Stellen hoffen können. Ursache der Benachteiligung ist u. a., dass lt. Angaben des UNHCR Roma-Kinder häufig nach der Geburt nicht in die öffentlichen Register eingetragen werden, was auch dazu führt, dass heute ungefähr 2000 nicht registrierte Kinder in BiH leben. Lediglich ein Drittel der Roma verfügt über eine Krankenversicherung. Die fehlende Krankenversicherung und Registrierung als Arbeitssuchender gehen oft Hand in Hand. Roma haben größere Schwierigkeiten als andere Bevölkerungsgruppen, einen Arbeitsplatz zu finden. Besonders problematisch sind Fragen der Ansiedlung und Unterkunft. Als Rückkehrer leben Roma häufig in provisorischen Siedlungen mit unzureichenden Versorgungsverhältnissen und mangelnder Hygiene. Nach Erkenntnissen der [deutschen; Anm.] Botschaft werden Roma oftmals bei der Förderung durch staatliche Stellen schlechter behandelt als andere Rückkehrer. Insbesondere der Zugang zu Bildung stellt ein Problem dar: so besuchen nur zwei Drittel (69 %) der schulpflichtigen Roma-Kinder eine Grundschule. Bei der OSZE in BiH gibt es das Amt des Roma-Referenten, ferner einen Roma- Projektbeauftragten und einen Roma-Beobachter. Beim BiH-Ministerrat gibt es einen neunköpfigen Roma-Rat und ein sog. „Advisory Board on Roma“, in dem Vertreter der BiH-Ministerien, des Roma-Rats und der internationalen Gemeinschaft vertreten sind. Im Oktober 2016 wurde eine Roma-Angehörige als Vertreterin der Minderheiten in den Gemeinderat in Visoko gewählt. Im November 2017 wurde in Bijeljina das Büro des Minderheitenkommissars eröffnet (AA 16.4.2018). Eine im April 2018 vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen durchgeführte Umfrage ergab, dass Roma in BiH trotz einiger Verbesserungen des Lebensstandards nach wie vor mit vielen Schwierigkeiten beim Zugang zu und beim Nutzen von Gesundheitsversorgung, Bildung, Wohnen und Beschäftigung konfrontiert sind. Vielen Roma fehlen Identifikationsdokumente, die für den Zugang zu Dienstleistungen erforderlich sind (HRW 17.1.2019). Angehörige der Roma sind in Artikel 2, Absatz 1, Punkt 16 des Gesundheitsgesetzes explizit als Gruppe erwähnt: „Dieser Gesundheitsschutz umfasst die Gesundheitsversorgung der Roma, die aufgrund der traditionellen Lebensweise keinen ständigen Wohnsitz oder Aufenthaltsort in der Föderation haben.“ In den besuchten Gesundheitseinrichtungen der bosnisch-kroatischen Föderation gibt es keine Hinweise auf eine offensichtliche Diskriminierung oder dass der Zugang zur medizinischen Versorgung für Angehörige der Roma nicht gewährleistet wäre. Im Einzelfall können jedoch wie auch immer motivierte Diskriminierungen nicht ausgeschlossen werden (BFASEM 1.2018). Wie in allen Ländern des Westbalkans sind Roma auch in BiH gegenüber anderen Volksgruppen benachteiligt, da eine ausreichende Integration innerhalb der Gesellschaft, dem sozialen Leben, im Bildungsbereich bisher nicht erreicht werden konnte. Insbesondere leiden Kinder unter den Umständen, die ihnen keine gleichberechtigten Chancen im Vergleich zu ihren Altersgenossen aus den anderen Volksgruppen geben. Der Staat und die NGOs sind sich der Lage der Roma bewusst, und durch den Druck, von EU und OSZE befassen sich die Behörden aller Ebenen mit Problemen, die Roma betreffen: Arbeitslosigkeit, Bildung, Lebensumstände, Krankenversicherung etc. (VB 16.4.2019). Die BiH-Regierung und das Ministerium für Menschenrechte und Flüchtlinge haben die Verbesserung der Wohnsituation der Roma im Land als Priorität eingestuft und in der Vergangenheit erhebliche Investitionen in den Bau von Häusern oder Wohnungen für Roma getätigt. Insgesamt wurden mehr als 700 Wohneinheiten gebaut oder umgebaut, sodass mehr als 1.000 Roma-Familien in den Genuss von Infrastrukturprogrammen gekommen sind. Dennoch besteht nach wie vor ein großer Bedarf an weiteren Wohnungsmaßnahmen, nicht zuletzt deshalb, weil die Rückkehrer und Binnenvertriebene sowie viele Roma nach wie vor unter ungesunden, slum-ähnlichen Bedingungen leben. Etwa 22.000 Roma leben in 36 informellen Siedlungen in BiH, was den Zugang zu öffentlichen Dienstleistungen und die Registrierung behindert (CRD 2018).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (16.4.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/1432989/4598_1526981108_auswaertiges-amt-bericht einstufung-von-bosnien-herzegowina-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfgstand-april-2018-16-04-2018.pdf, Zugriff 24.4.2019

- CRD - Civil Rights Defenders (2018): The Wall of Anti-Gypsyism - Roma in Bosnia and Herzegovina, https://crd.org/wp-content/uploads/2018/02/The-Wall-of-Anti-Gypsyism%E2%80%93-Roma-in-Bosnia-and-Herzegovina-Eng.pdf, Zugriff 24.4.2019

- HRW - Human Rights Watch (17.1.2019): World Report 2019 - Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2002240.html, Zugriff 24.4.2019

- VB des BMI für Bosnien und Herzegowina (16.4.2019): Auskunft des VB, per E-Mai): Auskunft des VB, per E-Mail

15. Bewegungsfreiheit

Soweit Angehörige einer der drei konstitutiven Volksgruppen Repressionen aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu dieser Gruppe entgehen möchten, können sie sich i.d.R. in einen anderen Teil des Staatsgebiets begeben. Für Angehörige gemischter Ehen und gemischter Familien gibt es kein „Mehrheitsgebiet“ ihrer Volksgruppe. In der RS stellt sich die gesellschaftliche Akzeptanz gemischtethnischer Ehen bzw. Familien schwieriger dar. Reisende BiH-Staatsangehörige wie auch andere Staatsangehörige werden an den Außengrenzen kontrolliert. Allein oder mit nur einem der beiden Sorgeberechtigten reisende Kinder benötigen eine schriftliche Zustimmung der Eltern bzw. des mit sorgeberechtigten Elternteils (AA 16.4.2018). Die Freiheit sich innerhalb des Landes frei zu bewegen, zu reisen, zu emigrieren und wieder zurückzukehren ist gesetzlich garantiert, wobei es jedoch in der Praxis zu gewissen Einschränkungen kommen kann. Die Regierung arbeitet mit dem Büro des UNHCR und anderen humanitären Organisationen zusammen, um Schutz und Hilfe für Binnenvertriebene, Flüchtlinge, rückkehrende Flüchtlinge, Asylbewerber, Staatenlose und andere gefährdete Personen zu gewähren (USDOS 13.3.2019).

Quellen:

- AA - Auswärtiges Amt (16.4.2018): Bericht im Hinblick auf die Einstufung von Bosnien und Herzegowina als sicheres Herkunftsland im Sinne des § 29 a AsylVfG, https://www.ecoi.net/en/file/local/1432989/4598_1526981108_auswaertiges-amt-berichteinstufung-von-bosnien-herzegowina-als-sicheres-herkunftsland-im-sinne-des-c-29-a-asylvfgstand-april-2018-16-04-2018.pdf, Zugriff 24.4.2019

- USDOS - US Department of State (13.3.2019): Country Report on Human Rights Practices 2018, Bosnia and Herzegovina, https://www.ecoi.net/de/dokument/2004276.html, Zugriff 24.4.2019

16. IDPs und Flüchtlinge

Anfang 2018 explodierte die Anzahl der illegalen Migranten, die nach BiH drängten. Neue Migrationsrouten von Serbien und Montenegro nach BiH sind entstanden. Wurden im Gesamtjahr 2017 lediglich etwas über 750 illegale Migranten verzeichnet, so waren es bis Anfang Dezember 2018 23.300, die registriert wurden. Dieser enorme Anstieg brachte die bosnischen Sicherheitsbehörden an den Rand der logistischen Leistungsfähigkeit. Ohne internationale Hilfe wäre die Situation nicht zu bewältigen gewesen. Mittlerweile war im Zeitraum Dezember 2018 - Jänner 2019 aufgrund der herrschenden Witterung eine leichte Entspannung des Zuflusses von illegalen Migranten nach BiH zu bemerken. Mit Frühlingsbeginn 2019 ist die Anzahl der illegalen Migranten erneut gestiegen und betrug z.B. im März 2019 2038 (VB 16.4.2019). Bosnien ist zur neuen Sackgasse auf der sich ständig ändernden Balkanroute geworden. Nach offiziellen Angaben sind etwa 20.000 Migranten registriert. Viele halten sich im Nordwesten des Landes auf, mitunter seit mehr als einem Jahr. Die Versorgung überfordere die bosnische Regierung, kritisieren Hilfsorganisationen. Tausende sind weitgehend sich selbst überlassen und auf die Hilfe der Bevölkerung angewiesen (BAMF 29.10.2018). Die Behörden leisteten Tausenden von Asylbewerbern und Migranten, die 2018 ankamen, keine Grundversorgung. Der Staat bietet den Neuankömmlingen, insbesondere in Nordwesten des Landes, keine angemessene Unterkunft, Nahrung und Zugang zu medizinischer Hilfe. Im November 2018 gab es nur zwei staatlich geführte Zentren für Migranten und Flüchtlinge - ein offenes Asylzentrum mit einer Kapazität von rund 154 und ein offenes Flüchtlingsaufnahmezentrum mit einer Kapazität von rund 290 und zwei temporäre Unterkünfte für Migranten, die mit Unterstützung internationaler Organisationen eingerichtet wurden. Der Mangel an Unterkünften und Dienstleistungen zwang Tausende, auf den Straßen, in verlassenen Gebäuden oder Zelten zu leben. Der Mangel an offizieller Unterkunft führt dazu, dass viele potenzielle Asylbewerber bei der Einreise keinen Aufenthaltsort eintragen können, was eine Voraussetzung für einen Asylantrag ist. Von den im Jahr 2018 eingereisten Migranten haben nur 1.314 einen Asylantrag gestellt (HRW 17.1.2019). Am 24.10.2018 ist das Aufnahmezentrum Ušivak bei Sarajevo, das Platz für 400 Migranten bietet, offiziell eröffnet. Die Migranten können das Zentrum während des Tages verlassen, müssen jedoch am Abend zurückkehren, damit ihre Bewegungsbereiche überwacht werden können. Die Gesundheitsministerin des Kantons Sarajevo dementierte Berichte, dass die lokalen Gesundheitseinrichtungen keine medizinische Versorgung für die Migranten bieten wollen. „Ärzte ohne Grenzen“ aus Belgrad hat angeboten, die Migranten in Ušivak medizinisch zu versorgen, sobald ein Vertrag mit dem Gesundheitszentrum des Kantons Sarajevo unterzeichnet wird (VB 16.4.2019).

Quellen:

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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