TE Bvwg Erkenntnis 2020/8/27 G307 2233034-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 27.08.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

27.08.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs2 Z1
BFA-VG §9
B-VG Art133 Abs4
FPG §46
FPG §52 Abs5
FPG §52 Abs9
FPG §53 Abs1
FPG §53 Abs3 Z1
FPG §55 Abs4

Spruch

G307 2233034-1/5E

Im namen der republik!

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Markus MAYRHOLD als Einzelrichter über die Beschwerde des XXXX , geb. am XXXX , StA: Bosnien und Herzegowina, vertreten durch die Diakonie Flüchtlingsdienst, gemeinnützige Gesellschaft mbH – ARGE Rechtsberatung in 1170 Wien, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 04.06.2020, Zahl XXXX , zu Recht erkannt:

A)

Der Beschwerde wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid behoben.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I. Verfahrensgang:

1. Mit Schreiben des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl (im Folgenden: BFA), vom 20.11.2019 wurde der Beschwerdeführer (im Folgenden: BF) anlässlich seiner Festnahme über die in Aussicht genommene Erlassung einer Rückkehrentscheidung samt Einreiseverbot für den Fall seiner Verurteilung in Kenntnis gesetzt. Zudem wurde der BF zur Abgabe einer dahingehenden Stellungnahme binnen zwei Wochen ab Erhalt dieses Schreibens aufgefordert.

2. Mit einem handschriftlich abgefassten Schreiben vom 27.11.2019, beim BFA eingelangt am 02.12.2019, gab der BF hiezu eine Stellungnahme ab.

3. Mit einem Schreiben des BFA vom 14.02.2020 wurde die ehemalige Lebensgefährtin des BF, XXXX , geb. XXXX , StA: Österreich zu einer Stellungnahme hinsichtlich ihrer Beziehung zum BF sowie dessen Beziehung zum gemeinsamen Sohn aufgefordert.

4. Mit per E-Mail am 27.02.2020 beim BFA eingebrachtem Schreiben, gab die besagte ehemalige Lebensgefährtin des BF eine diesbezügliche Stellungnahme ab.

5. Mit einem weiteren Schreiben des BFA vom 12.03.2020, dem BF persönloich zugestellt am 19.03.2020, wurde der BF erneut zur Abgabe einer Stellungnahme aufgefordert.

Bis dato langte eine weitere Stellungnahme des BF beim BFA nicht ein.

6. Mit dem oben im Spruch angeführten Bescheid des BFA, dem BF persönlich zugestellt am 12.06.2020, wurde gegen diesen gemäß § 52 Abs. 5 FPG iVm § 9 BFA-VG eine Rückkehrentscheidung erlassen (Spruchpunkt I.). Ferner wurde gemäß § 52 Abs. 9 FPG festgestellt, dass die Abschiebung des BF nach Bosnien und Herzegowina (im Folgenden: BuH) gemäß § 46 FPG zulässig sei (Spruchpunkt II.), gegen den BF gemäß § 53 Abs. 1 iVm Abs. 3 Z 1 FPG ein auf 5 Jahre befristetes Einreiseverbot erlassen (Spruchpunkt III.), dem BF gemäß § 55 Abs. 4 FPG eine Frist zur freiwilligen Ausreise nicht gewährt (Spruchpunkt IV., sowie einer Beschwerde gegen diese Rückkehrentscheidung gemäß § 18 Abs. 2 Z 1 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt V.).

7. Mit per E-Mail am 01.07.2020 beim BFA eingebrachtem Schreiben erhob der BF durch seine Rechtsvertretung (im Folgenden: RV) Beschwerde gegen den oben im Spruch angeführten Bescheid an das Bundesverwaltungsgericht (im Folgenden. BVwG).

Darin wurden neben der Anberaumung einer mündlichen Verhandlung jeweils in eventu die Behebung des angefochtenen Bescheides, die Behebung des Einreiseverbotes, die Herabsetzung seiner Befristung, sowie die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Entscheidung an die belangte Behörde, beantragt.

8. Die Beschwerde und der dazugehörige Verwaltungsakt wurden vom Bundesamt dem BVwG vorgelegt, und langten am 16.07.2020 ein.

9. Mit Beschluss des BVwG, GZ.: G307 2233034-1/2Z, vom 21.07.2020 wurde der gegenständlichen Beschwerde die aufschiebende Wirkung zuerkannt.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

1.1. Der BF führt die im Spruch angegebene Identität (Name und Geburtsdatum), ist Staatsbürger von BuH, ledig und der deutschen Sprache mächtig.

1.2. Der BF wurde in Österreich geboren, hält sich seit seiner Geburt in Österreich auf, hat im Bundesgebiet die Schule besucht, ist im Besitz eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt EU“ und wohnt mit seinen Eltern im gemeinsamen Haushalt.

1.3. Der BF ist gesund und ging zwischen 07.07.2008 und 23.06.2017 wiederholt, unterbrochen Zeiten des Arbeitslosengeldbezuges, kurzzeitig Erwerbstätigkeiten in Österreich nach. Aktuell ist der BF seit 10.08.2020 bei der. XXXX , in XXXX , als Arbeiter beschäftigt.

1.4. Im Bundesgebiet halten sich die Eltern, zwei Schwestern sowie der Sohn des BF auf und sind diese entweder österreichische Staatsbürger oder zum dauerhaften Aufenthalt in Österreich berechtigt.

1.5. Der Sohn des BF, XXXX , geb. XXXX , StA: Österreich, lebt mit dessen die alleinige Obsorge innehabende Mutter, XXXX , geb. XXXX , StA.: Österreich, im gemeinsamen Haushalt und ist der BF diesem gegenüber unterhaltspflichtig.

1.6. Familiäre oder soziale Bezüge zum Herkunftsstaat konnten nicht festgestellt werden.

1.7. Der BF weist folgende strafgerichtliche Verurteilungen in Österreich auf:

1.       LG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2011, RK XXXX .2011, wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten schweren gewerbsmäßigen Diebstahls (großteils) durch Einbruch, im Rahmen einer kriminellen Vereinigung gemäß §§ 15, 127, 128 Abs. 1/4, 129/1, 129/2, 130 1. Fall, 130 2. Fall, 130 4. Fall, sowie der Vergehen der schweren Sachbeschädigung gemäß §§ 125, 126 Abs. 1/5, 126 Abs. 1/7 StGB , und der Körperverletzung gemäß § 83/1 StGB, zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 15 Monaten.

Der BF wurde darin für schuldig befunden, er habe in XXXX

A.       im bewussten und gewollten Zusammenwirken als Mitglied einer kriminellen Vereinigung unter Mitwirkung (§ 13 StGB) zumindest eines anderen Mitgliedes dieser Vereinigung anderen zu nachgenannten Zeiten fremde bewegliche Sachen einem € 3.000,00 übersteigenden Wert, großteils durch Einbruch, mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er die großteils durch Einbruch begangenen Diebstähle in der Absicht beging, sich durch deren wiederkehrende Begehung eine fortlaufende Einnahmequelle zu verschaffen, und zwar mit wechselnden Mittätern

I.       durch Einschlagen bzw. Aufzwängen der Seitenscheiben von Pkws

a.       von XXXX . bis XXXX .2008 in insgesamt 5 Angriffen teils mit weiteren unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB);

b.       von XXXX .2008 bis XXXX .2008 in insgesamt 4 Angriffen teils mit unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB);

c.       in der Nacht auf den XXXX .2008 mit unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB), wobei die Tatvollendung unterblieb;

d.       von XXXX bis XXXX .2008 in insgesamt 23 Angriffen teils mit unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

e.       von XXXX .2007 bis XXXX .2007, in insgesamt 9 Angriffen, teils mit unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

f.        am XXXX . Jänner und am XXXX . April in jeweils einem Angriff teils mit unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

g.       von XXXX .2008 bis XXXX .2008 in insgesamt 3 Angriffen teils mit unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

h.       von XXXX .2007 bis XXXX .2007 in 25 Angriffen, teils mit unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

II.      überwiegend durch Aufbrechen von Fahrradschlössern bzw. Kellertüren

a.       von XXXX .2008 bis XXXX .2008 in zwei Angriffen gemeinsam mit einem weiteren unmündigen Mittäter als Beteiligten (§ 12 StGB)

b.       von XXXX .2007 bis XXXX .2007, in insgesamt 9 Angriffen teils gemeinsam mit weiteren unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

c.       von XXXX .2006 bis XXXX .2007 in insgesamt 16 Angriffen teils gemeinsam mit weiteren unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

d.       zwischen XXXX . Und XXXX . März in einem Angriff mit dem zur Tatzeit unmündigen E.M. als Beteiligten;

III.    überwiegend durch Aufzwängen bzw. Aufbrechen von Türen oder Fenstern von Geschäftslokalen

a.       von XXXX .2007 bis XXXX .2008 in insgesamt 10 Angriffen teils gemeinsam mit weiteren unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

b.       von XXXX . bis XXXX .2007 in drei Angriffen teils gemeinsam mit weiteren unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

c.       von XXXX .2007 bis XXXX .2007 in 2 Angriffen teils gemeinsam mit weiteren unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

IV.      überwiegend durch Aufzwängen bzw. Einschlagen von Fenstern oder Türen von Gartenhütten

a.       von XXXX .2007 bis XXXX .2007 in insgesamt 8 Angriffen teils gemeinsam mit weiteren unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

V.       überwiegend Verfügungsberechtigten eines Verlages Bargeld in unbekannter Höhe durch Herunterreißen und Aufbrechen von Zeitungskassen,

a.       zwischen XXXX . und XXXX . 2008 in insgesamt 12 Angriffen (12 Zeitungskassen) teils gemeinsam mit weiteren unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

b.       am XXXX .2008 in drei Angriffen (drei Zeitungskassen) teils gemeinsam mit weiteren unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

c.       von XXXX .2008 bis XXXX .2008 Verfügungsberechtigten eines Zeitungsverlages in insgesamt 19 Angriffen (19 Zeitungskassen) teils gemeinsam mit weiteren unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

B.       im bewussten und gewollten Zusammenwirkung fremde, teils der öffentlichen Sicherheit oder dem öffentlichen Verkehr dienenden Sachen oder für öffentliche Zwecke bestimmte Fernmeldeanlagen beschädigt bzw. zerstört, und zwar

a.       von XXXX .2008 bis XXXX .2008 in insgesamt drei Angriffen durch Zerkratzen und Abreißen des beifahrerseitigen Seitenspiegels, Heruntertreten des linken Seitenspiegels sowie Einschlagen des rechten hinteren Dreiecksfensters bei Fahrzeugen im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit weiteren unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

b.       durch Zerkratzen der gesamten Beifahrertüre gemeinsam mit weiteren unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

c.       von XXXX .2007 bis XXXX .2007 in insgesamt 4 Angriffen durch Heruntertreten des linken Seitenspiegels, Abdrehen des linken Seitenspiegels, Heruntertreten des rechten Rückspiegels und des Emblems auf dem Kühlergrill sowie Heruntertreten des rechten Seitenspiegels gemeinsam mit weiteren unmündigen Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

d.        von XXXX .2008 bis XXXX .2008 in insgesamt 5 Angriffen, durch Treten gegen den rechten Seitenspiegel und Beschädigen der vorderen Kennzeichenhalterung, Treten gegen den rechten Seitenspiegel, Eindellen der Motorhaube, Treten gegen rechten Seitenspiegel und Treten gegen den rechten Seitenspiegel gemeinsam mit weiteren unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

e.       von XXXX .2008 bis XXXX .2008 in zwei Angriffen
durch Treten gegen den rechten Seitenspiegel und Heruntertreten des linken Seitenspiegels gemeinsam mit weiteren unmündigen bzw. abgesondert verfolgten Mittätern als Beteiligte (§ 12 StGB)

C.       am XXXX .2008 in XXXX M.M im bewussten und gewollten Zusammenwirken mit einem Mittäter vorsätzlich durch Versetzen von Schlägen und Tritten in Form einer Kopfprellung und Abschürfungen vorsätzlich am Körper verletzt.

Als mildernd wurden dabei die Unbescholtenheit, das Geständnis sowie der Umstand, dass es teilweise beim Versuch blieb, als erschwerend das Zusammentreffen von Verbrechen und Vergehen sowie der lange Tatzeitraum gewertet.

2.       LG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2012, RK XXXX .2012, wegen des Verbrechens der Verleumdung gemäß § 297 (1) 2. Fall StGB sowie der Vergehen der der Nötigung gemäß § 105 (1) StGB, und der gefährlichen Drohung gemäß §§ 107 (1), 107 (2) StGB, zu einer Geldstrafe von 100 Tagsätzen zu je € 10,00 (= € 1.000,-) und einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von 5 Monaten.

Dem BF wurde im Zuge dieser Verurteilung angelastet, er habe in XXXX

I.       am XXXX .2012 P.H. durch die Äußerung „Komm herunter, dann stech ich dich ab, du fette Hure. Samt deinem Buben kannst herunterkommen, dann hau ich euch beiden den Schädel herunter!“, gefährlich mit dem Tode bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzen, wobei er die Drohung dadurch unterstrich, dass er mit einem Eishockeyschläger gegen eine Eisenstange schlug;

II.      am XXXX .2012 E.M. durch gefährliche Drohung mit der Zufügung einer Körperverletzung, nämlich durch die sinngemäße Äußerung, er werde ihm eine „draufhauen“, wenn er sich nicht sofort hineinschleiche, zur daraus ersichtlichen Handlung genötigt;

III.    am XXXX .2012 einen anderen, nämlich D.G.N. dadurch der Gefahr einer behördlichen Verfolgung ausgesetzt, dass er ihn einer von Amts wegen zu verfolgenden mit einer ein Jahr übersteigenden Freiheitsstrafe bedrohten Handlung, nämlich des Vergehens der gefährlichen Drohung nach § 107 Abs. 1 und Abs. 2 StGB, falsch verdächtigte, wobei er wusste, dass die Verdächtigung falsch ist, indem er bei seiner Beschuldigtenvernehmung vor dem Stadtpolizeikommando XXXX angab, nicht er, sondern D.G.N. habe P.H. gefährlich mit dem Tode bedroht, um sie in Furcht und Unruhe zu versetzten, und zwar durch die Äußerungen „Was ist mit dir du Mistgeburt, komm herunter, ich stech dich ab!“ und „Du fette Schlampe komm herunter, ich stech dich auch ab!“.

Als mildernd wurde dabei das Geständnis, als erschwerend eine einschlägige Vorstrafe sowie das Zusammentreffen eines Verbrechens und zweier Vergehen gewertet.

3.       LG XXXX , Zahl XXXX , vom XXXX .2014, RK XXXX .2014, wegen des Verbrechens des teils versuchten, teils vollendeten Diebstahls durch Einbruch gemäß §§ 127, 129 Z 1, 129 Z 2 StGB, § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten, wovon 9 Monate bedingt nachgesehen wurden.

Der BF wurde darin für schuldig befunden, er habe mit drei Mittätern in der Nacht zum XXXX .2014 in XXXX als Beteiligter nachgenannten Geschädigten fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen bzw. wegzunehmen versucht, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, wobei er die Diebstähle jeweils durch Einbruch beging, und zwar

I.       Verfügungsberechtigten eines Sportvereines fünf Packungen Zigaretten, zumindest 7 Stück Batterien, eine Holzschachtel mit Zigarren, eine Schachtel mit Zigarillos, eine Flasche Almdudler und zwei Fußbälle durch Einschlagen eines Küchenfensters, Aufbrechen dreier Spinde sowie Aufzwängen einer Bürotür und der Tür zum Erste-Hilfe-Raum, wobei die Tat im Hinblick auf das Aufzwängen der Bürotüre und des Erste-Hilfe-Raumes sowie das geplante Durchsuchen dieser Räume beim Versuch blieb;

II.      Verfügungsberechtigten eines Kindergartens Bargeld und werthaltige Gegenstände durch Aufzwängen einer Terrassentür, wobei die Tat diesbezüglich infolge Betretung beim Versuch blieb.

Als mildernd wurden das Geständnis, der Umstand, dass es teilweise beim Versuch blieb sowie die teilweise objektive Schadensgutmachung, als erschwerend die Tatwiederholung sowie eine einschlägige Vorstrafe gewertet.

4.       LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2020, RK XXXX .2020, wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch gemäß §§ 127, 129 (1) Z 1, 130 (1) 2. Fall, 130 (2) 2. Fall StGB, sowie des Vergehens der Amtsanmaßung gemäß § 314 StGB, zu einer Freiheitsstrafe von 12 Monaten.

Dem BF wurde darin angelastet, er habe

A.       in XXXX anderen gewerbsmäßig und im Rahmen einer kriminellen Vereinigung durch Einbruch fremde bewegliche Sachen mit dem Vorsatz weggenommen, sich oder einen Dritten durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern, indem er jeweils mittels widerrechtlich erlangten Schlüssels in versperrte Siegenhäuser und Keller eindrang und dort Gegenstände an sich nahm, während S.R. Aufpasserdienste leistete und beim Abtransport behilflich war, um sie schließlich J.R. zum Weiterverkauf zu übergeben, wobei J.R. insofern zu den Taten beitrug, als sie teilweise Aufpasserdienste leistete und jeweils im Zuge der Vorbesprechung des Tatplans zusicherte, den Weiterverkauf der gestohlenen Gegenstände über Verkaufsplattformen zu übernehmen und J.R. auch den BF und S.R dazu bestimmte, und zwar

a.       mit zwei weiteren Mittätern als Beteiligter von XXXX .2019 bis XXXX .2019 in insgesamt 8 Angriffen in einem Gesamtwert von € 4774,90.

b.       mit einer Mittäterin als Beteiligter im Oktober 2019 einem unbekannten Opfer ein Pfeil und Bogen Set im Wert von zumindest € 20,00;

B.       am XXXX .2019 in XXXX im gemeinsamen Zusammenwirken mit den abgesondert verfolgten M.T. und M.H. sich die Ausübung eines öffentlichen Amtes angemaßt, ohne dazu befugt zu sein und eine Handlung vorgenommen, die nur kraft öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf, indem er sich gegenüber R.H. und T.L. als Polizist ausgab und eine Personenuntersuchung mit den Worten „Dats amoi ois aus den Toschn aussa“ und „Lahnts eich amoi mit de Händ zu der Wand“, welche vom BF, welcher sie aufforderte, bekanntzugeben, ob sie spitze Gegenstände bei sich haben würden oder Gegenstände, an denen er sich verletzen könnte, durchgeführt wurde, vornahmen, R.H. und T.L. deren Ausweise abnahm, ein Telefonat vortäuschte und, nachdem R.H. nach den Dienstausweisen fragte, seinen Aufenthaltstitel vorlegte und Wort „Aufenthaltstitel“ mit der Hand abdeckte.

Als mildernd wurde dabei das Geständnis, als erschwerend die mehrfache Qualifikation, der lange Tatzeitraum sowie einschlägige Vorstrafen gewertet.

Es wird festgestellt, dass der BF die besagten Straftaten begangen und die beschriebenen Verhaltensweisen gesetzt hat.

1.8. Der BF wurde von XXXX .2014 bis XXXX .2014 und XXXX .2019 bis XXXX .2020 in Justizanstalten in Österreich angehalten.

1.9. Mit Beschluss des LG XXXX , Zl. XXXX , vom XXXX .2020 wurde der BF am XXXX .2020 bedingt aus seiner Freiheitsstrafe unter Anordnung der Bewährungshilfe entlassen.

1.10. BuH gilt als sicherer Herkunftsstaat.

2. Beweiswürdigung

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus dem unzweifelhaften und unbestrittenen Akteninhalt des vorgelegten Verwaltungsaktes des BFA und des vorliegenden Gerichtsaktes des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Die oben getroffenen Feststellungen beruhen auf den Ergebnissen des vom erkennenden Gericht auf Grund der vorliegenden Akten durchgeführten Ermittlungsverfahrens und werden in freier Beweiswürdigung der gegenständlichen Entscheidung als maßgeblicher Sachverhalt zugrunde gelegt:

2.2.1. Durch Einsichtnahme in das Zentrale Melderegister konnten die Anhaltungen des BF in Justizanstalten sowie die gemeinsame Haushaltsführung mit den Eltern und durch Abfrage des Zentralen Fremdenregisters der Besitz des oben genannten Aufenthaltstitels ermittelt werden.

Dem Inhalt des auf den Namen des BF lautenden Sozialversicherungsdatenauszuges konnten die Erwerbstätigkeiten des BF sowie die Bezüge von Leistungen aus der staatlichen Arbeitslosenversicherung entnommen werden.

Aus dem Umstand, dass der BF in Österreich geboren wurde, hier aufgewachsen ist und die Schule besucht hat, erschließt sich die Feststellung der Deutschkenntnisse des BF und ergibt sich die Einstufung BuH als sicherer Herkunftsstaat aus § 1 Z 6 HStV.

Die strafgerichtlichen Verurteilungen des BF samt näherer Ausführungen sowie die Feststellung, dass der BF die besagten Straftaten begangen hat, beruhen auf einer Einsichtnahme in das Strafregister der Republik Österreich. Dem kann auch die bedingte Entlassung des BF aus seiner Freiheitsstrafe unter Auflage der Bewährungshilfe entnommen werden.

Die sonstigen oben getroffenen Feststellungen beruhen auf jenen im angefochtenen Bescheid, denen in der gegenständlichen Beschwerde nicht substantiiert entgegengetreten wurde.

2.2.2. Wie das dem BF eingeräumte mehrfache schriftliche Parteiengehör seitens der belangten Behörde zeigt, wurde diesem hinreichend die Möglichkeit geboten, sich zur Sache zu äußern und Beweismittel in Vorlage zu bringen.

Dem Vorbringen des BF in der gegenständlichen Beschwerde, nichts davon gewusst zu haben, sich vor der belangten Behörde zur Sache äußern zu können, kann nicht gefolgt werden. Vielmehr hat der BF mit Schreiben vom 27.11.2019 eine Stellungnahme abgegeben (siehe AS 103) und wurde ihm ein weiteres Schreiben des BFA nachweislich am 19.03.2020 zugestellt (siehe AS 307).

Insofern der BF in der gegenständlichen Beschwerde zudem vorbringt, über zwei Kinder mit Nachnamen XXXX zu verfügen, ist ihm die Stellungnahme seiner ehemaligen Lebensgefährtin, XXXX , vor dem BFA vom 27.02.2020 (siehe AS 289) entgegenzuhalten, in welcher diese die Existenz nur eines gemeinsamen Sohnes, behauptet. Zudem hat der BF es bis dato unterlassen, Beweismittel in Vorlage zu bringen, welche seine behauptete Vaterschaft zu einem weiteren Kind belegen. Vor diesem Hintergrund war die Vaterschaft des BF einzig zum oben genannten minderjährigen Kind festzustellen.

Der BF brachte darüber hinaus keinen neuen relevanten Sachverhalt vor und trat der belangten Behörde letztlich im Ergebnis auch nicht substantiiert entgegen. Demzufolge konnte auch kein mangelhaftes Ermittlungsverfahren seitens der belangten Behörde festgestellt werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu Spruchteil A):

3.1. Zur Stattgabe der Beschwerde:

3.1.1. Gemäß § 2 Abs. 4 Z 1 FPG gilt als Fremder, jemand der die österreichische Staatsbürgerschaft nicht besitzt, und gemäß Abs. 4 Z 10 leg cit, ein Fremder der nicht EWR-Bürger oder Schweizer Bürger ist als Drittstaatsangehöriger.

Der BF ist aufgrund seiner bosnischen Staatsangehörigkeit Drittstaatsangehöriger iSd. § 4 Abs. 4 Z 10 FPG.

3.1.2. Der mit „Rückkehrentscheidung“ betitelte § 52 FPG lautet wie folgt:

„§ 52. (1) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn er sich

1.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält oder

2.       nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und das Rückkehrentscheidungsverfahren binnen sechs Wochen ab Ausreise eingeleitet wurde.

(2) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem (§ 10 AsylG 2005) mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.       dessen Antrag auf internationalen Schutz wegen Drittstaatsicherheit zurückgewiesen wird,

2.       dessen Antrag auf internationalen Schutz sowohl bezüglich der Zuerkennung des Status des Asylberechtigten als auch der Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten abgewiesen wird,

3.       ihm der Status des Asylberechtigten aberkannt wird, ohne dass es zur Zuerkennung des Status des subsidiär Schutzberechtigten kommt oder

4.       ihm der Status des subsidiär Schutzberechtigten aberkannt wird

und ihm kein Aufenthaltsrecht nach anderen Bundesgesetzen zukommt. Dies gilt nicht für begünstigte Drittstaatsangehörige.

(3) Gegen einen Drittstaatsangehörigen hat das Bundesamt unter einem mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn dessen Antrag auf Erteilung eines Aufenthaltstitels gemäß §§ 55, 56 oder 57 AsylG 2005 zurück- oder abgewiesen wird.

(4) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der sich rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält, hat das Bundesamt mit Bescheid eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn

1.       nachträglich ein Versagungsgrund gemäß § 60 AsylG 2005 oder § 11 Abs. 1 und 2 NAG eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Aufenthaltstitels entgegengestanden wäre,

1a nachträglich ein Versagungsgrund eintritt oder bekannt wird, der der Erteilung des zuletzt erteilten Einreisetitels entgegengestanden wäre oder eine Voraussetzung gemäß § 31 Abs. 1 wegfällt, die für die erlaubte visumfreie Einreise oder den rechtmäßigen Aufenthalt erforderlich ist,

2.       ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht und im ersten Jahr seiner Niederlassung mehr als vier Monate keiner erlaubten unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

3.       ihm ein Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 oder 2 NAG erteilt wurde, er länger als ein Jahr aber kürzer als fünf Jahre im Bundesgebiet niedergelassen ist und während der Dauer eines Jahres nahezu ununterbrochen keiner erlaubten Erwerbstätigkeit nachgegangen ist,

4.       der Erteilung eines weiteren Aufenthaltstitels ein Versagungsgrund (§ 11 Abs. 1 und 2 NAG) entgegensteht oder

5.       das Modul 1 der Integrationsvereinbarung gemäß § 9 Integrationsgesetz (IntG), BGBl. I Nr. 68/2017, aus Gründen, die ausschließlich vom Drittstaatsangehörigen zu vertreten sind, nicht rechtzeitig erfüllt wurde.

Werden der Behörde nach dem NAG Tatsachen bekannt, die eine Rückkehrentscheidung rechtfertigen, so ist diese verpflichtet dem Bundesamt diese unter Anschluss der relevanten Unterlagen mitzuteilen. Im Fall des Verlängerungsverfahrens gemäß § 24 NAG hat das Bundesamt nur all jene Umstände zu würdigen, die der Drittstaatsangehörige im Rahmen eines solchen Verfahrens bei der Behörde nach dem NAG bereits hätte nachweisen können und müssen.

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes auf Dauer rechtmäßig niedergelassen war und über einen Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ verfügt, hat das Bundesamt eine Rückkehrentscheidung zu erlassen, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 die Annahme rechtfertigen, dass dessen weiterer Aufenthalt eine gegenwärtige, hinreichend schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

(6) Ist ein nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhältiger Drittstaatsangehöriger im Besitz eines Aufenthaltstitels oder einer sonstigen Aufenthaltsberechtigung eines anderen Mitgliedstaates, hat er sich unverzüglich in das Hoheitsgebiet dieses Staates zu begeben. Dies hat der Drittstaatsangehörige nachzuweisen. Kommt er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nach oder ist seine sofortige Ausreise aus dem Bundesgebiet aus Gründen der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich, ist eine Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 zu erlassen.

(7) Von der Erlassung einer Rückkehrentscheidung gemäß Abs. 1 ist abzusehen, wenn ein Fall des § 45 Abs. 1 vorliegt und ein Rückübernahmeabkommen mit jenem Mitgliedstaat besteht, in den der Drittstaatsangehörige zurückgeschoben werden soll.

(8) Die Rückkehrentscheidung wird im Fall des § 16 Abs. 4 BFA-VG oder mit Eintritt der Rechtskraft durchsetzbar und verpflichtet den Drittstaatsangehörigen zur unverzüglichen Ausreise in dessen Herkunftsstaat, ein Transitland gemäß unionsrechtlichen oder bilateralen Rückübernahmeabkommen oder anderen Vereinbarungen oder einen anderen Drittstaat, sofern ihm eine Frist für die freiwillige Ausreise nicht eingeräumt wurde. Liegt ein Fall des § 55a vor, so wird die Rückkehrentscheidung mit dem Ablauf der Frist für die freiwillige Ausreise durchsetzbar. Im Falle einer Beschwerde gegen eine Rückkehrentscheidung ist § 28 Abs. 2 Bundesgesetz über das Verfahren der Verwaltungsgerichte (Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz – VwGVG), BGBl. I Nr. 33/2013 auch dann anzuwenden, wenn er sich zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung nicht mehr im Bundesgebiet aufhält.

(9) Mit der Rückkehrentscheidung ist gleichzeitig festzustellen, ob die Abschiebung des Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 in einen oder mehrere bestimmte Staaten zulässig ist. Dies gilt nicht, wenn die Feststellung des Drittstaates, in den der Drittstaatsangehörige abgeschoben werden soll, aus vom Drittstaatsangehörigen zu vertretenden Gründen nicht möglich ist.

(10) Die Abschiebung eines Drittstaatsangehörigen gemäß § 46 kann auch über andere als in Abs. 9 festgestellte Staaten erfolgen.

(11) Der Umstand, dass in einem Verfahren zur Erlassung einer Rückkehrentscheidung deren Unzulässigkeit gemäß § 9 Abs. 3 BFA-VG festgestellt wurde, hindert nicht daran, im Rahmen eines weiteren Verfahrens zur Erlassung einer solchen Entscheidung neuerlich eine Abwägung gemäß § 9 Abs. 1 BFA-VG vorzunehmen, wenn der Fremde in der Zwischenzeit wieder ein Verhalten gesetzt hat, das die Erlassung einer Rückkehrentscheidung rechtfertigen würde.“

Der mit „Einreiseverbot“ betitelte § 53 FPG lautet:

„§ 53. (1) Mit einer Rückkehrentscheidung kann vom Bundesamt mit Bescheid ein Einreiseverbot erlassen werden. Das Einreiseverbot ist die Anweisung an den Drittstaatsangehörigen, für einen festgelegten Zeitraum nicht in das Hoheitsgebiet der Mitgliedstaaten einzureisen und sich dort nicht aufzuhalten.

(Anm.: Abs. 1a aufgehoben durch BGBl. I Nr. 68/2013)

(2) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist, vorbehaltlich des Abs. 3, für die Dauer von höchstens fünf Jahren zu erlassen. Bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbots hat das Bundesamt das bisherige Verhalten des Drittstaatsangehörigen mit einzubeziehen und zu berücksichtigen, inwieweit der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet oder anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen zuwiderläuft. Dies ist insbesondere dann anzunehmen, wenn der Drittstaatsangehörige

1.       wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 20 Abs. 2 der Straßenverkehrsordnung 1960 (StVO), BGBl. Nr. 159, iVm § 26 Abs. 3 des Führerscheingesetzes (FSG), BGBl. I Nr. 120/1997, gemäß § 99 Abs. 1, 1 a, 1 b oder 2 StVO, gemäß § 37 Abs. 3 oder 4 FSG, gemäß § 366 Abs. 1 Z 1 der Gewerbeordnung 1994 (GewO), BGBl. Nr. 194, in Bezug auf ein bewilligungspflichtiges, gebundenes Gewerbe, gemäß den §§ 81 oder 82 des SPG, gemäß den §§ 9 oder 14 iVm § 19 des Versammlungsgesetzes 1953, BGBl. Nr. 98, oder wegen einer Übertretung des Grenzkontrollgesetzes, des Meldegesetzes, des Gefahrengutbeförderungsgesetzes oder des Ausländerbeschäftigungsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist;

2.       wegen einer Verwaltungsübertretung mit einer Geldstrafe von mindestens 1 000 Euro oder primären Freiheitsstrafe rechtskräftig bestraft wurde;

3.       wegen einer Übertretung dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft worden ist, sofern es sich dabei nicht um eine in Abs. 3 genannte Übertretung handelt;

4.       wegen vorsätzlich begangener Finanzvergehen oder wegen vorsätzlich begangener Zuwiderhandlungen gegen devisenrechtliche Vorschriften rechtskräftig bestraft worden ist;

5.       wegen eines Verstoßes gegen die Vorschriften, mit denen die Prostitution geregelt ist, rechtskräftig bestraft worden ist;

6.       den Besitz der Mittel zu seinem Unterhalt nicht nachzuweisen vermag;

7.       bei einer Beschäftigung betreten wird, die er nach dem AuslBG nicht ausüben hätte dürfen, es sei denn, der Drittstaatsangehörige hätte nach den Bestimmungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes für denselben Dienstgeber eine andere Beschäftigung ausüben dürfen und für die Beschäftigung, bei der der Drittstaatsangehörige betreten wurde, wäre keine Zweckänderung erforderlich oder eine Zweckänderung zulässig gewesen;

8.       eine Ehe geschlossen oder eine eingetragene Partnerschaft begründet hat und sich für die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, für den Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, für den Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, zwecks Zugangs zum heimischen Arbeitsmarkt oder zur Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen auf diese Ehe oder eingetragene Partnerschaft berufen, aber mit dem Ehegatten oder eingetragenen Partner ein gemeinsames Familienleben im Sinne des Art. 8 EMRK nicht geführt hat oder

9.       an Kindes statt angenommen wurde und die Erteilung oder Beibehaltung eines Aufenthaltstitels, der Erwerb oder die Aufrechterhaltung eines unionsrechtlichen Aufenthaltsrechts, der Erwerb der österreichischen Staatsbürgerschaft, der Zugang zum heimischen Arbeitsmarkt oder die Hintanhaltung aufenthaltsbeendender Maßnahmen ausschließlicher oder vorwiegender Grund für die Annahme an Kindes statt war, er jedoch das Gericht über die wahren Verhältnisse zu den Wahleltern getäuscht hat.

(3) Ein Einreiseverbot gemäß Abs. 1 ist für die Dauer von höchstens zehn Jahren, in den Fällen der Z 5 bis 9 auch unbefristet zu erlassen, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Aufenthalt des Drittstaatsangehörigen eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellt. Als bestimmte Tatsache, die bei der Bemessung der Dauer des Einreiseverbotes neben den anderen in Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten öffentlichen Interessen relevant ist, hat insbesondere zu gelten, wenn

1.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mindestens drei Monaten, zu einer bedingt oder teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten oder mindestens einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhenden strafbaren Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist;

2.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht wegen einer innerhalb von drei Monaten nach der Einreise begangenen Vorsatztat rechtskräftig verurteilt worden ist;

3.       ein Drittstaatsangehöriger wegen Zuhälterei rechtskräftig verurteilt worden ist;

4.       ein Drittstaatsangehöriger wegen einer Wiederholungstat oder einer gerichtlich strafbaren Handlung im Sinne dieses Bundesgesetzes oder des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes rechtskräftig bestraft oder verurteilt worden ist;

5.       ein Drittstaatsangehöriger von einem Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als drei Jahren rechtskräftig verurteilt worden ist;

6.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige einer kriminellen Organisation (§ 278a StGB) oder einer terroristischen Vereinigung (§ 278b StGB) angehört oder angehört hat, terroristische Straftaten begeht oder begangen hat (§ 278c StGB), Terrorismus finanziert oder finanziert hat (§ 278d StGB) oder eine Person für terroristische Zwecke ausbildet oder sich ausbilden lässt (§ 278e StGB) oder eine Person zur Begehung einer terroristischen Straftat anleitet oder angeleitet hat (§ 278f StGB);

7.       auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass der Drittstaatsangehörige durch sein Verhalten, insbesondere durch die öffentliche Beteiligung an Gewalttätigkeiten, durch den öffentlichen Aufruf zur Gewalt oder durch hetzerische Aufforderungen oder Aufreizungen, die nationale Sicherheit gefährdet;

8.       ein Drittstaatsangehöriger öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften ein Verbrechen gegen den Frieden, ein Kriegsverbrechen, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt oder

9.       der Drittstaatsangehörige ein Naheverhältnis zu einer extremistischen oder terroristischen Gruppierung hat und im Hinblick auf deren bestehende Strukturen oder auf zu gewärtigende Entwicklungen in deren Umfeld extremistische oder terroristische Aktivitäten derselben nicht ausgeschlossen werden können, oder auf Grund bestimmter Tatsachen anzunehmen ist, dass er durch Verbreitung in Wort, Bild oder Schrift andere Personen oder Organisationen von seiner gegen die Wertvorstellungen eines europäischen demokratischen Staates und seiner Gesellschaft gerichteten Einstellung zu überzeugen versucht oder versucht hat oder auf andere Weise eine Person oder Organisation unterstützt, die die Verbreitung solchen Gedankengutes fördert oder gutheißt.

(4) Die Frist des Einreiseverbotes beginnt mit Ablauf des Tages der Ausreise des Drittstaatsangehörigen.

(5) Eine gemäß Abs. 3 maßgebliche Verurteilung liegt nicht vor, wenn sie bereits getilgt ist. § 73 StGB gilt.

(6) Einer Verurteilung nach Abs. 3 Z 1, 2 und 5 ist eine von einem Gericht veranlasste Unterbringung in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher gleichzuhalten, wenn die Tat unter Einfluss eines die Zurechnungsfähigkeit ausschließenden Zustandes begangen wurde, der auf einer geistigen oder seelischen Abartigkeit von höherem Grad beruht.“

Der mit „Schutz des Privat- und Familienlebens“ betitelte § 9 BFA VG lautet wie folgt:

„§ 9. (1) Wird durch eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG, eine Anordnung zur Außerlandesbringung gemäß § 61 FPG, eine Ausweisung gemäß § 66 FPG oder ein Aufenthaltsverbot gemäß § 67 FPG in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen, so ist die Erlassung der Entscheidung zulässig, wenn dies zur Erreichung der im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist.

(2) Bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.       die Art und Dauer des bisherigen Aufenthaltes und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war,

2.       das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens,

3.       die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

4.       der Grad der Integration,

5.       die Bindungen zum Heimatstaat des Fremden,

6.       die strafgerichtliche Unbescholtenheit,

7.       Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei- und Einwanderungsrechts,

8.       die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren,

9.       die Frage, ob die Dauer des bisherigen Aufenthaltes des Fremden in den Behörden zurechenbaren überlangen Verzögerungen begründet ist.

(3) Über die Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist jedenfalls begründet, insbesondere im Hinblick darauf, ob diese gemäß Abs. 1 auf Dauer unzulässig ist, abzusprechen. Die Unzulässigkeit einer Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG ist nur dann auf Dauer, wenn die ansonsten drohende Verletzung des Privat- und Familienlebens auf Umständen beruht, die ihrem Wesen nach nicht bloß vorübergehend sind. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Rückkehrentscheidung gemäß § 52 FPG schon allein auf Grund des Privat- und Familienlebens im Hinblick auf österreichische Staatsbürger oder Personen, die über ein unionsrechtliches Aufenthaltsrecht oder ein unbefristetes Niederlassungsrecht (§ 45 oder §§ 51 ff Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG), BGBl. I Nr. 100/2005) verfügen, unzulässig wäre.

(Anm.: Abs. 4 aufgehoben durch Art. 4 Z 5, BGBl. I Nr. 56/2018)

(5) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits fünf Jahre, aber noch nicht acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf mangels eigener Mittel zu seinem Unterhalt, mangels ausreichenden Krankenversicherungsschutzes, mangels eigener Unterkunft oder wegen der Möglichkeit der finanziellen Belastung einer Gebietskörperschaft eine Rückkehrentscheidung gemäß §§ 52 Abs. 4 iVm 53 FPG nicht erlassen werden. Dies gilt allerdings nur, wenn der Drittstaatsangehörige glaubhaft macht, die Mittel zu seinem Unterhalt und seinen Krankenversicherungsschutz durch Einsatz eigener Kräfte zu sichern oder eine andere eigene Unterkunft beizubringen, und dies nicht aussichtslos scheint.

(6) Gegen einen Drittstaatsangehörigen, der vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhaltes bereits acht Jahre ununterbrochen und rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war, darf eine Rückkehrentscheidung gemäß § 52 Abs. 4 FPG nur mehr erlassen werden, wenn die Voraussetzungen gemäß § 53 Abs. 3 FPG vorliegen. § 73 Strafgesetzbuch (StGB), BGBl. Nr. 60/1974 gilt.“

Der mit „Gültigkeitsdauer von Aufenthaltstiteln“ betitelte § 20 NAG lautet:

„§ 20. (1) Befristete Aufenthaltstitel sind für die Dauer von zwölf Monaten oder für die in diesem Bundesgesetz bestimmte längere Dauer auszustellen, es sei denn, es wurde jeweils eine kürzere Dauer des Aufenthaltstitels beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.

(1a) Aufenthaltstitel gemäß § 8 Abs. 1 Z 2, 4, 5, 6, 8, 9 oder 10 sind für die Dauer von drei Jahren auszustellen, wenn der Fremde

1.       das Modul 1 der Integrationsvereinbarung (§ 9 IntG) erfüllt hat und

2.       in den letzten zwei Jahren durchgehend rechtmäßig im Bundesgebiet niedergelassen war,

es sei denn, es wurde eine kürzere Dauer des Aufenthaltstitels beantragt oder das Reisedokument weist nicht die entsprechende Gültigkeitsdauer auf.

(2) Die Gültigkeitsdauer eines Aufenthaltstitels beginnt mit dem Ausstellungsdatum, die Gültigkeitsdauer eines verlängerten Aufenthaltstitels mit dem auf den letzten Tag des letzten Aufenthaltstitels folgenden Tag, wenn seither nicht mehr als sechs Monate vergangen sind. Der rechtmäßige Aufenthalt im Bundesgebiet im Zeitraum zwischen Ablauf des letzten Aufenthaltstitels und Beginn der Gültigkeitsdauer des verlängerten Aufenthaltstitels ist gleichzeitig mit dessen Erteilung von Amts wegen gebührenfrei mit Bescheid festzustellen.

(3) Inhaber eines Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt – EU“ (§ 45) sind in Österreich unbeschadet der befristeten Gültigkeitsdauer des diesen Aufenthaltstiteln entsprechenden Dokuments unbefristet niedergelassen. Dieses Dokument ist für einen Zeitraum von fünf Jahren auszustellen und, soweit keine Maßnahmen nach dem Fremdenpolizeigesetz 2005 durchsetzbar sind, abweichend von § 24 auch nach Ablauf auf Antrag zu verlängern.

(4) Ein Aufenthaltstitel nach Abs. 3 erlischt, wenn sich der Fremde länger als zwölf aufeinander folgende Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhält. Aus besonders berücksichtigungswürdigen Gründen, wie einer schwerwiegenden Erkrankung, der Erfüllung einer sozialen Verpflichtung oder der Leistung eines der allgemeinen Wehrpflicht oder dem Zivildienst vergleichbaren Dienstes, kann sich der Fremde bis zu 24 Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhalten, wenn er dies der Behörde vorher mitgeteilt hat. Liegt ein berechtigtes Interesse des Fremden vor, hat die Behörde auf Antrag festzustellen, dass der Aufenthaltstitel nicht erloschen ist. Der Nachweis des Aufenthalts im EWR-Gebiet obliegt dem Fremden.

(4a) Abweichend von Abs. 4 erster Satz erlischt der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“, der einem Inhaber eines Aufenthaltstitels „Blaue Karte EU“ oder dessen Familienangehörigen erteilt wurde erst, wenn sich der Fremde länger als 24 aufeinander folgende Monate außerhalb des EWR-Gebietes aufhält.

(5) Abs. 4 gilt nicht für Inhaber eines Aufenthaltstitels Daueraufenthalt – EU, wenn

1.       sein Ehegatte, eingetragener Partner oder Elternteil Österreicher ist, der in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Gebietskörperschaft steht und dessen Dienstort im Ausland liegt, oder

2.       sein Ehegatte, eingetragener Partner oder Elternteil Österreicher ist, der in einem Dienstverhältnis zu einer inländischen Körperschaft öffentlichen Rechts steht und dessen Dienstort im Ausland liegt, soweit die Tätigkeit dieser Körperschaft im Ausland im Interesse der Republik liegt und

er die beabsichtigte Aufgabe der Niederlassung (§ 2 Abs. 2) der Behörde vorher mitgeteilt hat. Das Vorliegen der Voraussetzungen gemäß Z 1 oder 2 hat der Fremde nachzuweisen. Der Aufenthaltstitel „Daueraufenthalt – EU“ ist auch nach Aufgabe der Niederlassung auf Antrag zu verlängern.“

„Personen, die über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt - EU" verfügen, kommt nach § 20 Abs. 3 NAG 2005 in Österreich - unbeschadet der befristeten Gültigkeitsdauer des diesem Aufenthaltstitel entsprechenden Dokumentes - ein unbefristetes Niederlassungsrecht zu (vgl. VwGH 15.12.2015, Ra 2015/22/0024). Die Zulässigkeit einer Rückkehrentscheidung ist in diesem Fall am Maßstab des § 52 Abs. 5 FrPolG 2005 zu prüfen, wobei sich Einschränkungen der Zulässigkeit der Rückkehrentscheidung auch noch aus § 9 BFA-VG 2014 ergeben.“ (vgl. VwGH 29,05,2018, Ra 2018/21/0067)

3.1.3.  Auf Grund des durchgeführten Ermittlungsverfahrens und des festgestellten Sachverhaltes ergibt sich:

Gemäß § 31 Abs. 1 Z 2 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf, wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind.

Der BF ist im Besitz eines unbefristeten Aufenthaltstitels „Daueraufenthalt EU“ und hält sich somit rechtmäßig im Bundesgebiet auf.

Das Bundesamt hat die Rückkehrentscheidung daher dem Grunde nach zu Recht auf § 52 Abs. 5 FPG gestützt.

Der BF fällt nicht in den Anwendungsbereich des 6. Hauptstückes des FPG.

3.1.4. Gemäß Art. 8 Abs. 1 EMRK hat jede Person Anspruch auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihres Briefverkehrs.

Gemäß Art. 8 Abs. 2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, insoweit ein Eingriff gesetzlich vorgesehen ist und eine Maßnahme darstellt, die in einer demokratischen Gesellschaft für die nationale Sicherheit, die öffentliche Ruhe und Ordnung, das wirtschaftliche Wohl des Landes, die Verteidigung der Ordnung und zur Verhinderung von strafbaren Handlungen, zum Schutz der Gesundheit und der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer notwendig ist.

Bei der Setzung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme, wie sie eine Ausweisung eines Fremden darstellt, kann ein ungerechtfertigter Eingriff in das Recht auf Achtung des Privat- und Familienlebens des Fremden iSd. Art. 8 Abs. 1 EMRK vorliegen. Daher muss überprüft werden, ob die Ausweisung einen Eingriff und in weiterer Folge eine Verletzung des Privat- und/oder Familienlebens des Fremden darstellt:

Zu den in der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) zu Art. 8 EMRK entwickelten Grundsätzen zählt unter anderem, dass das durch Art. 8 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung des Familienlebens, das Vorhandensein einer „Familie“ voraussetzt. Der Begriff des „Familienlebens“ in Art. 8 EMRK umfasst nicht nur die Kernfamilie von Eltern und (minderjährigen) Kindern bzw. von verheirateten Ehegatten, sondern auch andere nahe verwandtschaftliche Beziehungen, sofern diese Beziehungen eine hinreichende Intensität für die Annahme einer familiären Beziehung iSd. Art. 8 EMRK erreichen. Der EGMR unterscheidet in seiner Rechtsprechung nicht zwischen einer ehelichen Familie (sog. „legitimate family“ bzw. „famille légitime“) oder einer unehelichen Familie („illegitimate family“ bzw. „famille naturelle“), sondern stellt auf das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens ab (siehe EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 454; 18.12.1986, Johnston u.a., EuGRZ 1987, 313; 26.05.1994, Keegan, EuGRZ 1995, 113; 12.07.2001 [GK], K. u. T., Zl. 25702/94; 20.01.2009, ?erife Yi?it, Zl. 03976/05). Als Kriterien für die Beurteilung, ob eine Beziehung im Einzelfall einem Familienleben iSd. Art. 8 EMRK entspricht, kommen tatsächliche Anhaltspunkte in Frage, wie etwa das Vorliegen eines gemeinsamen Haushaltes, die Art und die Dauer der Beziehung sowie das Interesse und die Bindung der Partner aneinander, etwa durch gemeinsame Kinder, oder andere Umstände, wie etwa die Gewährung von Unterhaltsleistungen (EGMR 22.04.1997, X., Y. und Z., Zl. 21830/93; 22.12.2004, Merger u. Cros, Zl. 68864/01). So verlangt der EGMR auch das Vorliegen besonderer Elemente der Abhängigkeit, die über die übliche emotionale Bindung hinausgeht (siehe Grabenwarter, Europäische Menschenrechtskonvention3 [2008] 197 ff.). In der bisherigen Spruchpraxis des EGMR wurden als unter dem Blickwinkel des Art. 8 EMRK zu schützende Beziehungen bereits solche zwischen Enkel und Großeltern (EGMR 13.06.1979, Marckx, EuGRZ 1979, 458; auch EKMR 07.12.1981, B 9071/80, X-Schweiz, EuGRZ 1983, 19), zwischen Geschwistern (EKMR 14.03.1980, B 8986/80, EuGRZ 1982, 311) und zwischen Onkel bzw. Tante und Neffen bzw. Nichten (EKMR 19.07.1968, 3110/67, Yb 11, 494 (518); EKMR 28.02.1979, 7912/77, EuGRZ 1981/118; EKMR 05.07.1979, B 8353/78, EuGRZ 1981, 120) anerkannt, sofern eine gewisse Beziehungsintensität vorliegt (vgl. Baumgartner, ÖJZ 1998, 761; Rosenmayer, ZfV 1988, 1). Das Kriterium einer gewissen Beziehungsintensität wurde von der Europäischen Kommission für Menschenrechte auch für die Beziehung zwischen Eltern und erwachsenen Kindern gefordert (EKMR 06.10.1981, B 9202/80, EuGRZ 1983, 215). Das Zusammenleben und die Bindung von Partnern, die auf einer gleichgeschlechtlichen Beziehung beruhen, fallen jedoch nicht unter den Begriff des Familienlebens iSd. Art. 8 EMRK (EGMR 10.05.2001, Mata Estevez, Zl. 56501/00).

Wie der Verfassungsgerichtshof (VfGH) bereits in zwei Erkenntnissen vom 29.09.2007, Zl. B 328/07 und Zl. B 1150/07, dargelegt hat, sind die Behörden stets dazu verpflichtet, das öffentliche Interesse an der Aufenthaltsbeendigung gegen die persönlichen Interessen des Fremden an einem weiteren Verbleib in Österreich am Maßstab des Art. 8 EMRK abzuwägen, wenn sie eine Ausweisung verfügt. In den zitierten Entscheidungen wurden vom VfGH auch unterschiedliche – in der Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) fallbezogen entwickelte – Kriterien aufgezeigt, die in jedem Einzelfall bei Vornahme einer solchen Interessenabwägung zu beachten sind und als Ergebnis einer Gesamtbetrachtung dazu führen können, dass Art. 8 EMRK einer Ausweisung entgegensteht:

?        die Aufenthaltsdauer, die vom EGMR an keine fixen zeitlichen Vorgaben geknüpft wird (EGMR 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 16.09.2004, Ghiban, Zl. 11103/03, NVwZ 2005, 1046),

?        das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80, 9473/81, 9474/81, EuGRZ 1985, 567; 20.06.2002, Al-Nashif, Zl. 50963/99, ÖJZ 2003, 344; 22.04.1997, X, Y und Z, Zl. 21830/93, ÖJZ 1998, 271) und dessen Intensität (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00),

?        die Schutzwürdigkeit des Privatlebens,

?        den Grad der Integration des Fremden, der sich in intensiven Bindungen zu Verwandten und Freunden, der Selbsterhaltungsfähigkeit, der Schulausbildung, der Berufsausbildung, der Teilnahme am sozialen Leben, der Beschäftigung und ähnlichen Umständen manifestiert (vgl. EGMR 04.10.2001, Adam, Zl. 43359/98, EuGRZ 2002, 582; 09.10.2003, Slivenko, Zl. 48321/99, EuGRZ 2006, 560; 16.06.2005, Sisojeva, Zl. 60654/00, EuGRZ 2006, 554; vgl. auch VwGH 05.07.2005, Zl. 2004/21/0124; 11.10.2005, Zl. 2002/21/0124),

?        die Bindungen zum Heimatstaat,

?        die strafgerichtliche Unbescholtenheit, aber auch Verstöße gegen das Einwanderungsrecht und Erfordernisse der öffentlichen Ordnung (vgl. zB EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 11.04.2006, Useinov, Zl. 61292/00), sowie

?        auch die Frage, ob das Privat- und Familienleben in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren (EGMR 24.11.1998, Mitchell, Zl. 40447/98; 05.09.2000, Solomon, Zl. 44328/98; 31.01.2006, Rodrigues da Silva und Hoogkamer, Zl. 50435/99, ÖJZ 2006, 738 = EuGRZ 2006, 562; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07).

Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte (EGMR) sind die Staaten im Hinblick auf das internationale Recht und ihre vertraglichen Verpflichtungen befugt, die Einreise, den Aufenthalt und die Ausweisung von Fremden zu überwachen (EGMR 28.05.1985, Abdulaziz ua., Zl. 9214/80 ua, EuGRZ 1985, 567; 21.10.1997, Boujlifa, Zl. 25404/94; 18.10.2006, Üner, Zl. 46410/99; 23.06.2008 [GK], Maslov, 1638/03; 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07). Die EMRK garantiert Ausländern kein Recht auf Einreise, Aufenthalt und Einbürgerung in einem bestimmten Staat (EGMR 02.08.2001, Boultif, Zl. 54273/00; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09).

Hinsichtlich der Rechtfertigung eines Eingriffs in die nach Art. 8 EMRK garantierten Rechte muss der Staat ein Gleichgewicht zwischen den Interessen des Einzelnen und jenen der Gesellschaft schaffen, wobei er in beiden Fällen einen gewissen Ermessensspielraum hat. Art. 8 EMRK begründet keine generelle Verpflichtung für den Staat, Einwanderer in seinem Territorium zu akzeptieren und Familienzusammenführungen zuzulassen. Jedoch hängt in Fällen, die sowohl Familienleben als auch Einwanderung betreffen, die staatliche Verpflichtung, Familienangehörigen von ihm Staat Ansässigen Aufenthalt zu gewähren, von der jeweiligen Situation der Betroffenen und dem Allgemeininteresse ab. Von Bedeutung sind dabei das Ausmaß des Eingriffs in das Familienleben, der Umfang der Beziehungen zum Konventionsstaat, weiters ob im Ursprungsstaat unüberwindbare Hindernisse für das Familienleben bestehen, sowie ob Gründe der Einwanderungskontrolle oder Erwägungen zum Schutz der öffentlichen Ordnung für eine Ausweisung sprechen. War ein Fortbestehen des Familienlebens im Gastland bereits bei dessen Begründung wegen des fremdenrechtlichen Status einer der betroffenen Personen ungewiss und dies den Familienmitgliedern bewusst, kann eine Ausweisung nur in Ausnahmefällen eine Verletzung von Art. 8 EMRK bedeuten (EGMR 31.07.2008, Omoregie ua., Zl. 265/07, mwN; 28.06.2011, Nunez, Zl. 55597/09; 03.11.2011, Arvelo Aponte, Zl. 28770/05; 14.02.2012, Antwi u.a., Zl. 26940/10).

„Es trifft zu, dass bei einem mehr als zehn Jahre dauernden inländischen Aufenthalt des Fremden regelmäßig von ein

Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten