TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/7 G314 2231697-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 07.09.2020
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Entscheidungsdatum

07.09.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1
FPG §67 Abs2

Spruch

G314 2231697-1/5E

ENDERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Mag.a Katharina BAUMGARTNER über die Beschwerde des rumänischen Staatsangehörigen XXXX , geboren am XXXX , vertreten durch die ARGE Rechtsberatung (Diakonie Flüchtlingsdienst gemeinnützige GmbH und Volkshilfe Flüchtlings- und MigrantInnenbetreuung GmbH), gegen den Bescheid des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl vom XXXX 04.2020,
Zl. XXXX , betreffend die Erlassung eines Aufenthaltsverbots zu Recht:

A)              Der Beschwerde wird teilweise Folge gegeben und der angefochtene Bescheid dahingehend abgeändert, dass es in Spruchpunkt I. zu lauten hat: „Gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG wird gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von fünf Jahren befristetes Aufenthaltsverbot erlassen.“

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

Verfahrensgang:

Der Beschwerdeführer (BF) wurde in Österreich am XXXX 07.2019 festgenommen und mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , XXXX , zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Gleichzeitig wurde eine hinsichtlich des Teils einer Geldstrafe gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen.

Mit dem Schreiben des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl (BFA) vom 06.08.2019 wurde der BF aufgefordert, sich zu der beabsichtigten Erlassung eines Aufenthaltsverbotes zu äußern und Fragen zu seinem Aufenthalt in Österreich und zu seinem Privat- und Familienleben zu beantworten. Mit 26.08.2019 langte beim BFA die Stellungnahme des BF ein. Eine weitere Aufforderung zur Stellungnahme vom 20.02.2020 blieb unbeantwortet.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde gegen den BF gemäß § 67 Abs 1 und 2 FPG ein achtjähriges Aufenthaltsverbot erlassen (Spruchpunkt I.), gemäß § 70 Abs 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt (Spruchpunkt II.) und einer Beschwerde gemäß § 18 Abs 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt (Spruchpunkt III.). Das Aufenthaltsverbot wurde im Wesentlichen mit den strafgerichtlichen Verurteilungen des BF und dessen mangelnder Integration im Bundesgebiet begründet.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Beschwerde mit den Anträgen, dieser die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen und die Dauer des Aufenthaltsverbotes zu reduzieren, in eventu, den Bescheid „ersatzlos zu beheben und zur Verfahrensergänzung und neuerlichen Entscheidung an das BFA zurückzuverweisen“. Der BF begründet die Beschwerde zusammengefasst damit, dass das BFA es unterlassen habe, sich einen persönlichen Eindruck von ihm zu verschaffen. Außerdem seien die Milderungsgründe des Strafurteils ebensowenig berücksichtigt worden wie der Umstand, dass die Strafdrohung nicht einmal zur Hälfte ausgeschöpft worden sei. Ein auf acht Jahre befristetes Aufenthaltsverbot sei unverhältnismäßig.

Das BFA legte die Beschwerde samt den Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) mit dem Antrag auf deren Abweisung vor.

Mit Teilerkenntnis vom 22.06.2020 wurde der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung zurückgewiesen, die Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung (Spruchpunkt III. des Bescheides) abgewiesen und der Beschwerde die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

In der Folge wurde dem BVwG der ECRIS-Auszug des BF übermittelt.

Feststellungen:

Der BF ist rumänischer Staatsangehöriger und kam am XXXX in der Stadt XXXX zur Welt. Er ist geschieden und hat eine Tochter, die bei seiner ehemaligen Partnerin in der Bundesrepublik Deutschland lebt. Er ist gesund und arbeitsfähig. Er absolvierte in Rumänien die Schule und machte eine Ausbildung zum XXXX und XXXX sowie zum XXXX . Seine Muttersprache ist Rumänisch, er verfügt aber auch über Grundkenntnisse der deutschen Sprache (Strafurteil AS 71; Reisepasskopie AS 5; Stellungnahme AS 62-63).

Der BF kam erstmals im Mai 2015 in das Bundesgebiet, um Arbeit zu suchen. Zwischen XXXX 10. und XXXX 12.2016 stand er in XXXX als Arbeiter in einem vollversicherten Beschäftigungsverhältnis. Von Dezember 2016 bis Mai 2017 lebte er in den Niederlanden. Zwischen Mai und Juli 2017 sowie zwischen Februar und Oktober 2018 hielt er sich als Obdachloser in Österreich auf. Nunmehr hält er sich seit April 2019 durchgehend im Inland auf, wobei er zunächst keine Wohnsitzmeldung vornahm. Eine Anmeldebescheinigung wurde ihm nie ausgestellt; er hat dies auch nicht beantragt (Auszug aus dem Zentralen Melderegister-ZMR; Versicherungsdatenauszug; Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister-IZR; Beschwerde AS 171).

Der BF wurde in Deutschland vier Mal strafgerichtlich verurteilt. Im Juni 2000 wurde wegen unerlaubten Aufenthalts eine zur Bewährung ausgesetzte Freiheitsstrafe von sieben Monaten verhängt, die 2003 endgültig nachgesehen wurde. Im Juli 2013 folgte die Verurteilung zu einer Geldstrafe wegen fahrlässiger Körperverletzung. Im September 2014 wurde wegen Einbruchsdiebstahls eine Freiheitsstrafe von sieben Monaten verhängt, im Oktober 2014 wegen Diebstahls und Sachbeschädigung eine Freiheitsstrafe von neun Monaten. 2016 wurde nachträglich eine Gesamtstrafe (ein Jahr und ein Monat Freiheitsstrafe) gebildet (ECRIS-Auszug).

In Österreich wurde der BF zweimal strafgerichtlich verurteilt (Strafregisterauszug; ECRIS-Auszug). Mit dem Urteil des Bezirksgerichts XXXX vom XXXX , wurde er wegen des Vergehens des Diebstahls (§§ 15, 127 StGB) zu einer teilbedingten Geldstrafe verurteilt (Datum der letzten Tat: XXXX 06.2017). Der unbedingte Strafteil wurde am XXXX 04.2019 vollzogen (Strafregisterauszug).

Am XXXX 07.2019 wurde er in XXXX verhaftet und anschließend in Untersuchungshaft genommen. Mit dem Urteil des Landesgerichts XXXX vom XXXX , wurde er wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßigen Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 5, 129 Abs 1 Z 1 und 2 sowie Abs 2 Z 1, 130 Abs 1 und 2, 15 StGB zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe verurteilt. Dem lag zugrunde, dass er im Zeitraum XXXX 08. bis XXXX 10.2018 sowie im Zeitraum XXXX 04.2019 bis XXXX 07.2019 in insgesamt zehn Angriffen in mehreren XXXX Gemeinden gewebsmäßig Bargeld und Wertgegenstände im Gesamtwert von rund EUR 24.800 stahl, und zwar in einem Fall durch Einbruch in ein Einfamilienhaus, in den anderen Fällen durch Einbruch in Gebäude (teilweise auch durch Aufbrechen eines Behältnisses). Als mildernd wurden das Geständnis und der Umstand, dass es bei einem Angriff beim Versuch geblieben war, berücksichtigt, als erschwerend drei einschlägige Vorstrafen und der rasche Rückfall. Gleichzeitig wurde die zuvor gewährte bedingte Strafnachsicht zu XXXX des Bezirksgerichts XXXX widerrufen (Strafurteil AS 71-75; Strafregisterauszug).

Der BF verbüßte die Freiheitsstrafe bis XXXX 01.2020 in der Justizanstalt XXXX und danach in der Justizanstalt XXXX . Seit XXXX 05.2020 wird er in der Justizanstalt XXXX im Normalvollzug angehalten. Das urteilsmäßige Strafende ist (unter Berücksichtigung der 20-tägigen Ersatzfreiheitsstrafe aufgrund des Widerrufs der bedingten Strafnachsicht) am XXXX 08.2021 (Vollzugsinformation AS 163).

Beweiswürdigung:

Der Verfahrensgang ergibt sich widerspruchsfrei aus dem unbedenklichen Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten und des Gerichtsakts des BVwG.

Die Feststellungen basieren jeweils auf den in den Klammerzitaten angegebenen Beweismitteln. Die Identität des BF (Name, Geburtsdatum und Staatsangehörigkeit) ergibt sich aus den Angaben zu seiner Person im Strafurteil sowie aus seinem 2019 abgelaufenen Reisepass (dessen Datenblatt dem BVwG in Kopie vorliegt). Seine familiären Verhältnisse werden anhand seiner plausiblen Angaben in seiner schriftlichen Stellungnahme und der Feststellungen zu seiner Person im Strafurteil festgestellt. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass sie sich mittlerweile geändert hätten, zumal im Zentralen Melderegister (ZMR) als Familienstand nach wie vor „geschieden“ aufscheint. Rumänische Sprachkenntnisse sind aufgrund seiner Herkunft plausibel und ergeben sich auch aus der Vollzugsinformation und der Stellungnahme des BF an das BFA. Grundkenntnisse der deutschen Sprache sind aufgrund der Aufenthalte in Deutschland und Österreich glaubhaft.

Die Feststellungen zu den vom BF begangenen Straftaten, zu seinen Verurteilungen und den Strafbemessungsgründen basieren auf dem Urteil des Landesgerichts XXXX , dem ECRIS-Auszug und dem Strafregister. Der Strafvollzug geht aus der Vollzugsinformation und den Wohnsitzmeldungen in Justizanstalten laut ZMR hervor.

Die Feststellungen zu den Inlandsaufenthalten des BF folgen dem Beschwerdevorbringen, das insoweit gut mit dem ZMR und den Daten der Straftaten korreliert.

Der Schulbesuch, die Berufsausbildung und das Beschäftigungsverhältnis des BF in Österreich können anhand seiner glaubhaften Angaben in der schriftlichen Stellungnahme, der Beschwerde sowie des Versicherungsdatenauszugs festgestellt werden.

Mangels anderslautender aktenkundiger Informationen ist davon auszugehen, dass beim BF keine relevanten gesundheitlichen Probleme bestehen, zumal er angab, gesundheitlich ohne Einschränkungen zu sein (AS 63). Seine Arbeitsfähigkeit folgt daraus sowie aus seinem erwerbsfähigen Alter.

Es sind keine Anhaltspunkte für eine über die Feststellungen hinausgehende familiäre, berufliche oder soziale Integration des BF in Österreich zutage getreten, sodass dazu keine weiteren Feststellungen getroffen werden. Seinen Angaben lässt sich entnehmen, dass ihm bisher keine Anmeldebescheinigung ausgestellt wurde; dies korreliert mit einer Abfrage im Informationsverbundsystem Zentrales Fremdenregister (IZR), in dem weder eine Anmeldebescheinigung noch ein darauf gerichteter Antrag aufscheint.

Rechtliche Beurteilung:

Zur in der Beschwerde behaupteten Verletzung des Parteiengehörs ist festzuhalten, dass allein der Umstand, dass die Behörde den BF nicht persönlich einvernommen hat, das Parteiengehör nicht verletzt, wenn sie dem Recht auf Parteiengehör auf andere geeignete Weise entspricht. Aufgrund der Verständigungen vom Ergebnis der Beweisaufnahme hatte der BF die Gelegenheit, in diesem Verfahren Stellung zu nehmen. Letztlich ist aufgrund der ihm im Rahmen des Beschwerdeverfahrens gebotenen Möglichkeit, sich zum Inhalt des angefochtenen Bescheides zu äußern, von einer Sanierung einer allfälligen Verletzung des Parteiengehörs auszugehen, zumal der angefochtene Bescheid die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens vollständig wiedergibt (vgl. VwGH 10.09.2015, Ra 2015/09/0056).

Die Beschwerdeanträge sind insoweit widersprüchlich, als der BF neben dem Primärantrag auf Reduktion der Dauer des Aufenthaltsverbotes hilfsweise die ersatzlose Behebung des angefochtenen Bescheids und die Zurückverweisung an das BFA beantragt. Es ist davon auszugehen, dass die ersatzlose Behebung des Bescheids, in eventu die Aufhebung und Zurückverweisung der Angelegenheit an das BFA gemeint sind.

Gemäß § 67 Abs 1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen den BF als unionsrechtlich aufenthaltsberechtigten EWR-Bürger iSd § 2 Abs 4 Z 8 FPG zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet ist. Das Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können diese Maßnahmen nicht ohne weiteres begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbots gegen einen EWR-Bürger, der den Aufenthalt seit zehn Jahren im Bundesgebiet hatte, ist zulässig, wenn aufgrund des persönlichen Verhaltens davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde. Gemäß § 67 Abs 2 FPG kann ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von höchstens zehn Jahren erlassen werden. Bei einer besonders schwerwiegenden Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit kann das Aufenthaltsverbot gemäß § 67 Abs 3 FPG auch unbefristet erlassen werden, so z.B. bei einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als fünf Jahren (§ 67 Abs 3 Z 1 FPG).

Hier hat sich der BF weder seit zehn Jahren im Bundesgebiet aufgehalten noch das unionsrechtliche Recht auf Daueraufenthalt erworben (das grundsätzlich einen fünfjährigen rechtmäßigen und kontinuierlichen Aufenthalt voraussetzt, siehe § 53a NAG). Er befindet sich erst wieder seit April 2019 durchgehend in Österreich, wobei er seit Juli 2019 in Justizanstalten untergebracht ist. Daher ist der Gefährdungsmaßstab des § 67 Abs 1 erster bis vierter Satz FPG („tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt“) anzuwenden.

Bei der Erstellung der für jedes Aufenthaltsverbot zu treffenden Gefährdungsprognose ist das Gesamtverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen und auf Grund konkreter Feststellungen eine Beurteilung dahin vorzunehmen, ob und im Hinblick auf welche Umstände die jeweils maßgebliche Gefährdungsannahme gerechtfertigt ist. Dabei ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung oder Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Bei der nach § 67 Abs 1 FPG zu erstellenden Gefährdungsprognose geht schon aus dem Gesetzeswortlaut klar hervor, dass auf das "persönliche Verhalten" des Fremden abzustellen ist und strafgerichtliche Verurteilungen allein nicht ohne weiteres ein Aufenthaltsverbot begründen können (siehe VwGH 22.08.2019, Ra 2019/21/0091).

Das persönliche Verhalten des BF stellt eine solche Gefahr dar, die Grundinteressen der Gesellschaft iSd Art 8 Abs 2 EMRK (an der Verteidigung der öffentlichen Ruhe und Ordnung, der Verhinderung von strafbaren Handlungen sowie zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer und der Moral) berührt. Der in Deutschland bereits einschlägig vorbestrafte BF wurde ist kurz nach seiner Einreise nach Österreich straffällig und beging zuletzt in gewerbsmäßiger Absicht mehrere Einbruchsdiebstähle mit beträchtlichen Beutewert. Aufgrund des raschen Rückfalls musste die zuvor gewährte bedingte Strafnachsicht widerrufen werden. Außerdem missachtete er melderechtliche Vorschriften, weil nach der Einreise im April 2019 bis zur Verhaftung im Juli 2019 keine Wohnsitzmeldung erfolgte. Da der Gesinnungswandel eines Straftäters grundsätzlich daran zu messen ist, ob und wie lange er sich – nach dem Vollzug einer Haftstrafe – in Freiheit wohlverhalten hat (siehe VwGH 26.01.2017, Ra 2016/21/0233), und der BF kurz nach der Begehung der letzten strafbaren Handlung festgenommen wurde und seither in Haft ist, ist die für die Erlassung eines Aufenthaltsverbots maßgebliche Gefährdungsannahme erfüllt. Dafür spricht letztlich auch, dass die Beschwerde primär nicht auf den Entfall des Aufenthaltsverbots, sondern auf die Herabsetzung der Dauer gerichtet ist.

Der BF hat in Österreich keine familiären Anknüpfungspunkte, zumal seine Tochter in der – nicht vom räumlichen Geltungsbereich des Aufenthaltsverbotes umfassten – Bundesrepublik Deutschland lebt. Zudem ist davon auszugehen, dass er während seiner Aufenthalte im Bundesgebiet nur geringe fremdenrechtlich relevante Sozialkontakte geknüpft hat, zumal er kurz nach seiner letzten Einreise verhaftet wurde. Eine diese Aspekte berücksichtigende einzelfallbezogene gewichtende Abwägung des öffentlichen Interesses an der Aufenthaltsbeendigung mit seinen gegenläufigen privaten Interessen, insbesondere unter Berücksichtigung der in § 9 Abs 2 BFA-VG genannten Kriterien in Form einer Gesamtbetrachtung ergibt, dass der mit dem Aufenthaltsverbot verbundene Eingriff in sein Privatleben verhältnismäßig ist, zumal ob der dort absolvierten Ausbildung und der Sprachkenntnisse hinreichende Anknüpfungen iSd § 9 Abs 2 Z 5 BFA-VG zu Rumänien bestehen.

Bei der Festsetzung der Dauer des Aufenthaltsverbotes ist gemäß § 67 Abs 4 FPG auf alle für seine Erlassung maßgeblichen Umstände Bedacht zu nehmen, insbesondere auch auf die privaten und familiären Verhältnisse (VwGH 24.05.2016, Ra 2016/21/0075). Zwar sind die Voraussetzungen für die Erlassung eines bis zu zehnjährigen Aufenthaltsverbots prinzipiell erfüllt, die Straftaten des BF erreichen jedoch nicht eine solche Schwere, die ein achtjähriges Aufenthaltsverbot notwendig macht. Da er sich im Strafverfahren geständig verantwortete und das Strafgericht den Strafrahmen des § 130 Abs 2 StGB bei weitem nicht ausschöpfte, ist trotz der gewerbsmäßigen Eigentumsdelinquenz, der Vorstrafenbelastung und des raschen Rückfalls ein fünfjähriges Aufenthaltsverbot ausreichend, um der von ihm ausgehenden Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit wirksam zu begegnen. Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheids ist in teilweiser Stattgebung der Beschwerde insoweit abzuändern.

Gemäß § 70 Abs 3 FPG ist EWR-Bürgern bei der Erlassung einer Ausweisung von Amts wegen ein Durchsetzungsaufschub von einem Monat zu erteilen, es sei denn, die sofortige Ausreise wäre im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich.

Aufgrund der Straftaten des BF, der seinen Lebensunterhalt durch die Begehung von Vermögensdelikten bestreitet, trotz einschlägiger strafgerichtlicher Verurteilungen erneut straffällig wurde und bei seinem letzten Aufenthalt im Bundesgebiet keine Wohnsitzmeldung vornahm, ist dem BFA darin beizupflichten, dass seine sofortige Ausreise nach seiner Haftentlassung im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich ist. Im Einklang mit der Abweisung der Beschwerde gegen die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung ist daher die Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes gemäß § 70 Abs 3 FPG laut Spruchpunkt II. des angefochtenen Bescheids nicht zu beanstanden.

Da der relevante Sachverhalt aus der Aktenlage und dem Beschwerdevorbringen geklärt werden konnte und auch bei einem positiven Eindruck vom BF bei einer mündlichen Verhandlung keine weitere Herabsetzung oder gar ein Entfall des Aufenthaltsverbots möglich wäre, liegt ein eindeutiger Fall vor, sodass eine Beschwerdeverhandlung, von deren Durchführung keine weitere Klärung der Angelegenheit zu erwarten ist, gemäß § 21 Abs 7 BFA-VG unterbleibt, zumal dem Beschwerdevorbringen zu seinen Aufenthalten im Bundesgebiet und seinem Privat- und Familienleben gefolgt werden konnte.

Die einzelfallbezogene Erstellung einer Gefährdungsprognose, die Interessenabwägung gemäß § 9 BFA-VG und die Bemessung der Dauer eines Aufenthaltsverbots sind im Allgemeinen nicht revisibel (siehe VwGH 20.10.2016, Ra 2016/21/0284, 01.03.2018, Ra 2018/19/0014 und 10.07.2019, Ra 2019/19/0186). Die Revision ist nicht zuzulassen, weil sich das BVwG in vorliegenden Einzelfall an der zitierten höchstgerichtlichen Rechtsprechung orientieren konnte und keine darüber hinausgehende grundsätzliche Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu lösen war.

Schlagworte

befristetetes Aufenthaltsverbot Geständnis Herabsetzung Interessenabwägung Milderungsgründe öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G314.2231697.1.01

Im RIS seit

15.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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