TE Bvwg Erkenntnis 2020/9/10 G311 2233811-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.09.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

10.09.2020

Norm

BFA-VG §18 Abs3
BFA-VG §18 Abs5
B-VG Art133 Abs4
FPG §67 Abs1

Spruch

G311 2233811-1/4Z

TEILERKENNTNIS

IM NAMEN DER REPUBLIK

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch die Richterin Dr. Eva WENDLER über die Beschwerde des XXXX , geboren am XXXX , Staatsangehörigkeit: Rumänien, vertreten durch die ARGE Rechtsberatung – Diakonie Flüchtlingsdienst gem. GmbH, gegen den Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.07.2020, Zahl: XXXX , betreffend die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung zu Recht:

A)       

I.       Der Antrag auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung wird als unzulässig zurückgewiesen.

II.      Der Beschwerde wird die aufschiebende Wirkung nicht zuerkannt.

B)       Die Revision ist gemäß Art 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


Entscheidungsgründe:

I.       Verfahrensgang und Sachverhalt:

Mit Bescheid des Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl vom 08.07.2020 wurde gegen den sich im Stande der Strafhaft befindenden Beschwerdeführer gemäß § 67 Abs. 1 und 3 FPG ein unbefristetes Aufenthaltsverbot erlassen, ihm gemäß § 70 Abs. 3 FPG kein Durchsetzungsaufschub erteilt und einer Beschwerde gegen dieses Aufenthaltsverbot gemäß § 18 Abs. 3 BFA-VG die aufschiebende Wirkung aberkannt. Sowohl hinsichtlich der Nichterteilung eines Durchsetzungsaufschubes als auch der Aberkennung der aufschiebenden Wirkung wurde – wie schon hinsichtlich der Erlassung des Aufenthaltsverbotes, auf die strafgerichtliche Verurteilung des Beschwerdeführers zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verwiesen.

Der Beschwerdeführer erhob mit Schriftsatz seiner bevollmächtigten Rechtsvertretung vom 28.07.2020 fristgerecht Beschwerde und beantragte unter anderem die Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung.

Die Beschwerde und die Akten des Verwaltungsverfahrens langten am 07.08.2020 beim Bundesverwaltungsgericht ein.

Der Beschwerdeführer ist verheiratet und weist bis auf seine durchgehenden Hauptwohnsitzmeldungen in Justizanstalten im Bundesgebiet seit 21.02.2019 keine weiteren Wohnsitzmeldungen im Bundesgebiet auf. Er verfügt über keine Anmeldebescheinigung und ging bisher keiner sozialversicherten Erwerbstätigkeit im Bundesgebiet nach.

Gegen den Beschwerdeführer liegt in Österreich eine rechtskräftige strafgerichtliche Verurteilung vor. Seit XXXX .02.2019 befindet er sich durchgehend in Untersuchungs- bzw. Strafhaft.

Aus dem angefochtenen Bescheid in Zusammenschau mit dem Auszug aus dem Strafregister ergibt sich nachfolgende strafgerichtliche Verurteilung, die vom Beschwerdeführer in der Beschwerde nicht bestritten wurde:

Mit Urteil des Landesgerichtes XXXX als Schöffengericht vom XXXX .2019, XXXX , wurde der Beschwerdeführer zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zehn Jahren wegen des Vergehens des Hausfriedensbruches nach § 109 Abs. 1 und Abs. 3 Z 1, 2 und 3 StGB; der Verbrechen des schweren Raubes nach §§ 142 Abs. 1, 143 Abs. 1 zweiter Fall und Abs. 2 erster Fall StGB und der Vergehen der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs. 1 StGB jeweils als unmittelbarer Täter verurteilt. Der Verurteilung lag zugrunde, dass der Beschwerdeführer und drei weitere Mittäter am XXXX .2019 sich durch Läuten an der Wohnungstüre des Opfers, welches in der Folge die Türe öffnete, mit Gewalt Zutritt zur Wohnung verschafften, dieses mit Kabelbinder und Klebeband fesselten und knebelten, im Schläge und Tritte gegen den Oberkörper versetzten, wodurch dieses einen Serienrippenbruch und somit eine schwere Körperverletzung erlitt, das Opfer weiters mit einer Waffe bedrohten, Bargeld im Wert von EUR 6.120,00 und Schmuck in unbekanntem Wert raubten und im Anschluss das Opfer widerrechtlich gefangen hielten, indem sie es im gefesselten zustand am Tatort zurückließen. Weiters erzwangen sich der Beschwerdeführer und seine Mittäter am XXXX .2019 Eintritt in ein Wohnhaus mit Gewalt, indem sie dem zweiten Opfer unmittelbar nach dem Öffnen der Türe einen Faustschlag ins Gesicht versetzten und zugleich auch eine Waffe mit sich führten, um den Widerstand einer Person zu überwinden oder zu verhindern. In weiterer Folge schlugen und traten sie auch auf das zweite Opfer ein und fesselten dieses im Anschluss erst mit Handschellen, dann mit Kabelbindern an Händen und Füßen, sodass dieses eine Kopfprellung mit zahlreichen Hautabschürfungen im Gesichtsbereich, Hämatome und Schwellungen im Unterkieferbereich und über dem linken Jochbein, eine Zerrung beider Handgelenke mit beidseitigen Hautabschürfungen und eine Prellung und Zerrung des rechten Ellbogengelenks verbunden mit einer länger als 24 Tage andauernden Gesundheitsschädigung, nämlich einer traumatischen Streckhemmung und einem Tremor der rechten oberen Extremität erlitt. Sie bedrohten das Opfer ebenfalls mit einer Waffe und raubten Bargeld in Höhe von rund EUR 600,00 sowie Schmuck und ein Fernglas. Auch das zweite Opfer hielten sie danach widerrechtlich gefangen, indem sie es gefesselt am Tatort zurückließen.

Der gegen die Strafhöhe erhobenen Berufung der Staatsanwaltschaft wurde mit Urteil des Oberlandesgerichtes XXXX vom XXXX .2020, XXXX , stattgegeben und die den Beschwerdeführer betreffende unbedingte Freiheitsstrafe rechtskräftig auf zwölf Jahre erhöht.

Im europäischen Ausland weist der Beschwerdeführer bereits vier Verurteilungen auf und verbrachte die Jahre 2012 bis 2018 in Rumänien in Haft (vgl Strafurteil des Landesgerichtes XXXX vom XXXX .2019, AS 150).

II.      Rechtliche Beurteilung:

§ 18 Abs. 3 und 5 FPG lauten:

„[…]

(3) Bei EWR-Bürgern, Schweizer Bürgern und begünstigten Drittstaatsangehörigen kann die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde gegen ein Aufenthaltsverbot aberkannt werden, wenn deren sofortige Ausreise oder die sofortige Durchsetzbarkeit im Interesse der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist.

[…]

(5) Das Bundesverwaltungsgericht hat der Beschwerde, der die aufschiebende Wirkung vom Bundesamt aberkannt wurde, binnen einer Woche ab Vorlage der Beschwerde von Amts wegen die aufschiebende Wirkung zuzuerkennen, wenn anzunehmen ist, dass eine Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in seinen Herkunftsstaat eine reale Gefahr einer Verletzung von Art. 2 EMRK, Art. 3 EMRK, Art. 8 EMRK oder der Protokolle Nr. 6 oder Nr. 13 zur Konvention bedeuten würde oder für ihn als Zivilperson eine ernsthafte Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen Konfliktes mit sich bringen würde. In der Beschwerde gegen den in der Hauptsache ergangenen Bescheid sind die Gründe, auf die sich die Behauptung des Vorliegens einer realen Gefahr oder einer ernsthaften Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit gemäß Satz 1 stützt, genau zu bezeichnen. § 38 VwGG gilt.“

Zu Spruchpunkt I.: Zurückweisung des Antrages auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Dem Beschwerdeführer kommt auf dem Boden der Rechtsprechung des VwGH gemäß § 18 Abs. 5 BFA-VG - insbesondere jedoch auch vor dem Hintergrund dessen Wortlautes "von Amts wegen" (vgl. 2285/A XXV. GP) kein Antragsrecht zu, sondern hat das Verwaltungsgericht vielmehr amtswegig - das Wiederzuerkennen einer allfällig aberkannten aufschiebenden Wirkung zu prüfen (vgl VwGH 20.9.2017, Ra 2017/19/0284, mwN auf VwGH 13.9.2016, Fr 2016/01/0014 ua).

In Ermangelung der Existenz eines diesbezüglichen Antragsrechtes des Beschwerdeführers war der - konkrete - Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung der aufschiebenden Wirkung als unzulässig zurückzuweisen.

Zu Spruchpunkt II.: Nichtzuerkennung der aufschiebenden Wirkung:

Der Beschwerdeführer wurde wegen massiver Verbrechen gegen die körperliche Unversehrtheit, die persönliche Freiheit und das Eigentum von Menschen in insgesamt zwei unterschiedlichen Angriffen innerhalb kürzester Zeit, und zwar sogenannten „Home Invasions“ mit drei weiteren Mittätern rechtskräftig zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von zwölf Jahren verurteilt.

Er ist zudem den Feststellungen des Landesgerichtes XXXX bzw. des Oberlandesgerichtes XXXX nach bereits vier Mal einschlägig im europäischen Ausland vorverurteilt und verbrachte bereits sechs Jahre von 2012 bis 2018 in Haft in Rumänien.

Das Verspüren des Haftübels konnte ihn nicht von der Begehung weiter Straftaten abhalten. Die Aberkennung der aufschiebenden Wirkung war auch unter Berücksichtigung des Privat- und Familienlebens des Beschwerdeführers nicht zu beanstanden, zumal er in Österreich soweit erkennbar weder ein Privat- oder Familienleben führt und seine bereits mehrjährigen Freiheitsstrafen ihn nicht von der Begehung der aktuellen Straftaten in Österreich abhalten konnten.

Vor diesem Hintergrund ist die sofortige Ausreise des Beschwerdeführers im Interesse der öffentlichen Ordnung und Sicherheit erforderlich.

Der Beschwerde ist im Ergebnis derzeit – vorbehaltlich allfälliger anderer Verfügungen zu einem späteren Zeitpunkt – die aufschiebende Wirkung nicht zuzuerkennen.

Zu Spruchteil B): Unzulässigkeit der Revision

Die Revision nach Art 133 Abs. 4 B-VG ist nicht zulässig, weil das BVwG grundsätzliche Rechtsfragen im Sinne dieser Gesetzesstelle nicht zu lösen hatte.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:G311.2233811.1.00

Im RIS seit

15.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

15.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten