Entscheidungsdatum
15.09.2020Index
40/01 VerwaltungsverfahrenNorm
VwGVG 2014 §27Text
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Landesverwaltungsgericht Tirol erkennt durch seinen Richter Ing. Mag. Peinstingl über die Beschwerde von AA, Adresse 1, Z, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadtgemeinde Z vom 26.05.2020, Zahl ***, betreffend eine Angelegenheit nach der Gewerbeordnung 1994
zu Recht:
1. Die Beschwerde wird insofern Folge gegeben, wonach der angefochtene Bescheid behoben wird.
2. Die ordentliche Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG nicht zulässig.
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
I. Verfahrensgang und Sachverhaltsfeststellungen:
Mit der Eingabe vom 02.08.2019 hat der Beschwerdeführer die Änderung der gewerblichen Betriebsanlage im Anwesen Adresse 2 und Z (BB Imbiss) beantragt. Inhaltlich ist ausgeführt, dass der mit der Erstgenehmigung vom 13.10.2010,
***, genehmigte Abluftventilator ausgetauscht werden soll, indem anstelle des Ventilators näher bezeichnete Komponenten, nämlich ein Vertikal-Ventilator, ein Hauben-Schalldämpfer, ein Trafo-Drehzahlsteller und ein Segeltuchstutzen installiert werden sollen.
Es ergingen der Verbesserungsauftrag vom 23.08.2019 sowie die Nachreichungen vom 10.09.2010, 21.10.2019 und 20.12.2019.
Ein weiterer Verbesserungsauftrag sowie das Parteiengehör ergingen sowohl mit dem Schreiben vom 20.01.2020 als auch vom 28.02.2020.
In diesem Zusammenhang erfolgte die Nachreichung von 27.01.2020.
In der Eingabe vom 11.03.2020 führt der Beschwerdeführer unter anderem wie aus:
„…
6.) Aus den vorgelegten Unterlagen und Ergänzungen geht eindeutig hervor, dass es bei den Nachbarn zu keinen Änderungen kommt. Daher stelle ich den Antrag, den Austausch des Ventilators, im Falle als „emissionsneutrale Änderung“, positiv zu bescheiden.
…“
In der Folge wurde der nunmehr angefochtene Bescheid vom 20.05.2020 erlassen. Damit wird festgestellt, die Anzeige den gesetzlichen Voraussetzungen nach gemäß § 81 Abs 2 Z 7 GewO 1994 nicht entspricht und die beschriebene angezeigte Maßnahme (Änderung der Lüftungsanlage) untersagt wird.
Gegen diesen Bescheid hat der Beschwerdeführer zulässig und rechtzeitig Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol ausgeführt und darin wie folgt vorgebracht:
„BESCHWERDE
Ich erhebe fristgerecht gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Z, Zahl ***, vom 26.05.2020, zugestellt am 09.06.2020, Beschwerde an das Landesverwaltungsgericht Tirol.
1. Mit meiner Eingabe vom 11.03.2020 habe ich das von Ihnen eingeräumte Parteiengehör gern. § 45 AVG wahrgenommen und in den Punkten 1. bis 6. Klarstellungen getroffen, ergänzende Angaben gemacht und die Ausführungen/Schlussfolgerungen des gewerbetechnischen Sachverständigen entkräftet. Der unter Punkt 6. gestellte Eventualantrag (der Austausch sei im Falle als emissionsneutrale Anzeige positiv zu bescheiden) wurde seitens der Behörde fälschlicher Weise als „Umstellung des Verfahrens“ behandelt.
2. Die Untersagung der in eventu angezeigten Änderung ohne vorheriger bescheidmäßiger Absprache über den Hauptantrag ist jedenfalls unzulässig.
3. Die im angefochtenen Bescheid angeführte Beschreibung der Änderungen ist ebenfalls falsch, da von mir niemals angegeben wurde, dass der bereits genehmigte Luluftventilator geändert werden soll.
Antragsgegenständlich ist lediglich der Austausch des Abluftventilators am Dach.
4. Zum Montageort des Abluftventilators wird festgehalten, dass sich die tatsächliche Lage NICHT verändert hat und auch der Abluftkanal, welcher von der Lüftungsfirma CC Ges. mbH & Co KG bereits im Jahr 1997 (!) eingebaut wurde weiterverwendet wird. Nachdem es keinen anderen Abluftkanal im Haus und auch keinen anderen Abluftkanal an der Fassade des Gebäudes gibt, dürfte wohl klar sein, dass lediglich die Darstellung der Ausblasöffnung (in der Gebäudeansicht der Erstgenehmigung) falsch eingezeichnet war. Es wird ausdrücklich darauf hingewiesen, dass dieser Umstand Herrn DD zu jedem Zeitpunkt bereits bekannt war, da dieser schon am Dach der Liegenschaft (zwecks Lärmmessung) war. Bei Durchsicht der mit Bescheid Zahl ***, vom 13.10.2010, genehmigten Plansätze ist eindeutig ersichtlich, dass der Abluftkanal nur in einem Schacht innerhalb des Gebäudes, über alle Stockwerke hindurch, bis über Dach geführt werden kann (der Abluftkanal selbst wurde wie der Behörde bereits nachgewiesen, bereits im Jahr 1997, durch die Firma CC eingebaut).
5. Die amtsärztliche Stellungnahme, welche im Zuge des Beschwerdeverfahrens ZI. ***, verfasst wurde, wird seitens der Behörde und des Gewerbetechnikers vollkommen falsch ausgelegt und auch falsch wiedergegeben. Die Amtsärztin stellte lediglich Lärm- und Geruchsbelästigungen innerhalb des Gebäudes fest. Eine Zuordnung wahrgenommener Gerüche zu meiner Betriebsanlage auf der Dachterrasse war der Amtsärztin nicht möglich (siehe diesbezügliche amtsärztliche Stellungnahme auf Seite 2/4). Auf diesen Umstand habe ich schon mehrmals hingewiesen, umso unverständlicher ist es, dass die Behörde keine diesbezügliche Klarstellung bzw. Ergänzung seitens der Amtsärztin eingeholt hat. Fest steht, dass es von Seiten des zuständigen Technikers (Herrn DD) keine rechnerische (nachvollziehbare) Beurteilung/Prognose einer möglichen Geruchsimmission auf der besagten Dachterrasse gibt.
6. Die Schlussfolgerungen von Herrn DD, dass es bei einer Austrittsgeschwindigkeit von 4,2 m/s zu "noch stärkeren" Geruchsimmissionen kommt ist falsch und wird noch einmal darauf hingewiesen, dass es Seitens der Behörde keine klassifizierte Beurteilung möglicher Geruchsimmissionen bei den Nachbarn erstellt wurde. Abweichungen von generellen Normen (wie auch bei der ÖNORM EN 16282, etc.), ohne entsprechende Einzelfallbeurteilung, sind nicht dafür geeignet Rückschlüsse auf zumutbare oder unzumutbare Geruchsimmissionen zu treffen. Seitens des Gewerbetechnikers gibt es keine Prognose über die zu erwartenden Gerüche, weder nach Art, Intensität und/oder Dauer, sohin die Zumutbarkeit möglicher Belästigungen unmöglich ist. Auch hat es die Behörde verabsäumt, den Amtsarzt für eine abschließende Beurteilung (Auswirkung prognostizierter Geruchsimmissionen auf den menschlichen Organismus) zu befragen. Daher ist das gesamte Ermittlungsverfahren mangelhaft und unzulässig. Hätte die Erstbehörde die notwendigen Erhebungen und Ergänzungen durchgeführt, wäre sie zum Schluss gekommen, dass meinem Antrag Folge zu geben gewesen wäre.
7. Weiters verweise ich auf alle meine Anträge, Angaben und Ergänzungen in diesem Genehmigungsverfahren, welche vollinhaltlich aufrecht bleiben.
8. Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung vor dem Landesverwaltungsgericht wird ausdrücklich beantragt. Meines Erachtens müsste das Landesverwaltungsgericht einen Sachverständigen beiziehen müssen, der die Betriebsanlage unvoreingenommen begutachten muss, was ich hiermit auch beantrage. Ebenso wird beantragt, meiner Beschwerde Folge zu geben und entsprechend meiner Anträge die Änderung der Betriebsanlage zu bewilligen.
Mit freundlichen Grüßen
AA“
II. Beweiswürdigung:
Der obige Verfahrensgang und Sachverhalt ergeben sich unzweifelhaft aufgrund der dem behördlichen Akt einliegenden Schriftstücke.
Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 24 Abs 2 Z 1 VwGVG entfallen.
III. Rechtslage:
Gewerbeordnung 1994 -GewO 1994:
„§ 81
(1) Wenn es zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist, bedarf auch die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der vorstehenden Bestimmungen. Diese Genehmigung hat auch die bereits genehmigte Anlage so weit zu umfassen, als es wegen der Änderung zur Wahrung der im § 74 Abs. 2 umschriebenen Interessen gegenüber der bereits genehmigten Anlage erforderlich ist.
(2) Eine Genehmigungspflicht nach Abs. 1 ist jedenfalls in folgenden Fällen nicht gegeben:
1.
bescheidmäßig zugelassene Änderungen gemäß § 79c Abs. 2,
2.
Änderungen zur Einhaltung von anderen oder zusätzlichen Auflagen gemäß § 79 Abs. 1 oder § 79b,
3.
Änderungen zur Anpassung an Verordnungen auf Grund des § 82 Abs. 1,
4.
Bescheiden gemäß § 82 Abs. 3 oder 4 entsprechende Änderungen,
5.
Ersatz von Maschinen, Geräten oder Ausstattungen durch gleichartige Maschinen, Geräte oder Ausstattungen; Maschinen, Geräte oder Ausstattungen sind gleichartig, wenn ihr Verwendungszweck dem der in der Anlage befindlichen Maschinen, Geräte oder Ausstattungen entspricht und die von ihnen zu erwartenden Auswirkungen von den Auswirkungen der in der Anlage befindlichen Maschinen, Geräte oder Ausstattungen nicht so abweichen, daß der Ersatz als genehmigungspflichtige Änderung gemäß Abs. 1 zu behandeln ist.
6.
Änderungen durch den Einsatz von Maschinen, Geräten oder Ausstattungen, die unter Verordnungen gemäß § 76 Abs. 1 fallen oder in Bescheiden gemäß § 76 Abs. 2 angeführt sind, sofern § 76 Abs. 3 nicht entgegensteht,
7.
Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage zu den Nachbarn nicht nachteilig beeinflussen und die auf Grund der besonderen Situation des Einzelfalles erwarten lassen, dass überhaupt oder bei Einhaltung der erforderlichenfalls vorzuschreibenden Auflagen Gefährdungen des Lebens oder der Gesundheit von Personen vermieden und Beeinträchtigungen oder nachteilige Einwirkungen im Sinne des § 74 Abs. 2 Z 3 bis 5 auf ein zumutbares Maß beschränkt werden,
8.
Sanierung gemäß § 12 des Luftreinhaltegesetzes für Kesselanlagen, BGBl. Nr. 380/1988,
9.
Änderungen, die das Emissionsverhalten der Anlage nicht nachteilig beeinflussen,
10.
Fortschreibung des Abfallwirtschaftskonzeptes (§ 353 Z 1 lit. c),
11.
Änderungen von vorübergehender, vier Wochen nicht überschreitender Dauer, die keine Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit von Personen bewirken und aus Anlass von Ereignissen oder Veranstaltungen, die in kulturellem oder sportlichem Interesse überregional breiter Kreise der Bevölkerung stattfinden, vorgenommen werden.
(3) Änderungen gemäß Abs. 2 Z 7 sind der zur Genehmigung der Anlage zuständigen Behörde vorher anzuzeigen.
(4) Im Fall einer genehmigungspflichtigen Änderung nach Abs. 1, jedoch mindestens alle sieben Jahre, ist das Abfallwirtschaftskonzept fortzuschreiben. Die Fortschreibung einer gültigen Umwelterklärung gemäß der Verordnung (EG) Nr. 1221/2009 über die freiwillige Teilnahme von Organisationen an einem Gemeinschaftssystem für Umweltmanagement und Umweltbetriebsprüfung (EMAS), ABl. Nr. L 342 vom 22. 12. 2009, S. 1, gilt als Fortschreibung im Sinne dieses Bundesgesetzes.“
Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz - VwGVG:
„§ 27Soweit das Verwaltungsgericht nicht Rechtswidrigkeit wegen Unzuständigkeit der Behörde gegeben findet, hat es den angefochtenen Bescheid und die angefochtene Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt auf Grund der Beschwerde (§ 9 Abs. 1 Z 3 und 4) oder auf Grund der Erklärung über den Umfang der Anfechtung (§ 9 Abs. 3) zu überprüfen.“
IV. Erwägungen:
Der nunmehrige Beschwerdeführer hat ursprünglich mit seiner Eingabe vom 02.08.2018 die Änderung der Betriebsanlage beantragt.
Weiters hat der mit der Eingabe vom 11.03.2020 den unter Punkt 6 formulierten Antrag gestellt.
Zunächst ist anzumerken, dass 81 Abs 2 GewO 1994 mehrere Ausnahmetatbestände von der Genehmigungspflicht nach § 81 Abs 1 GewO 1994 kennt. Insbesondere sind hierbei die Z 5 (Ersatz von gleichartigen Maschinen, Geräte und Ausstattungen), die Z 7 („nachbarneutrale Änderungen“) und die Z 9 („emissionsneutrale Änderungen“) zu nennen.
Eine Anzeigepflicht ist lediglich im Zusammenhang mit nachbarneutralen Änderungen im Sinn der Z 7 gegeben (vgl § 81 Abs 3 GewO 1994).
Zwar nimmt der nunmehrige Beschwerdeführer in der Eingabe vom 11.03.2020 auf eine „emissionsneutrale Änderung“ Bezug, doch er führt einleitet aus, dass es seiner Ansicht nach bei den Nachbarn zu keinen Änderungen kommt und er einen Bescheid wünscht. Insofern ist sein Anbringen dahingehend zu qualifizieren, wonach er nachbarneutrale Änderungen im Sinn des § 81 Abs 2 Z 7 GewO 1994 anzeigt.
Ein so genannter Eventualantrag ist im Verwaltungsverfahren durchaus zulässig. Das Wesen eines solchen Antrages liegt darin, dass er unter der aufschiebenden Bedingung gestellt wird, dass der Primärantrag erfolglos bleibt. Wird bereits dem Primärantrag stattgegeben, so wird der Eventualantrag gegenstandslos (vgl VwGH 27.02.2007, 2005/21/0041 uva).
Die belangte Behörde ist davon ausgegangen, dass mit der Eingabe vom 11.03.2020 anstelle des Antrages um die Erteilung der Betriebsanlagenänderungsgenehmigung der Beschwerdeführer nunmehr seinen Antrag so verstanden haben will, dass er damit nachbarneutrale Änderungen der Betriebsanlage im Sinn des § 81 Abs 2 Z 7 GewO 1994 anzeigt. Dies hätte zur Folge, dass der ursprüngliche Antrag um die Erteilung der Betriebsanlagenänderungsgenehmigung durch diese schlüssige Handlung als zurückgezogen gilt.
Entgegen dem Vorbringen in der Beschwerde kann der Eingabe vom 11.03.2020 nicht ohne Weiters entnommen werden, dass es sich dabei um einen Eventualantrag handelt.
Der Beschwerdeführer führt nämlich aus, dass, sofern es sich um eine emissionsneutrale Änderung handelt, er um die Ausstellung eines Bescheides ersucht. Damit wird aber nicht zum Ausdruck gebracht, dass dies nur für den Fall beantragt wird, dass der Antrag auf Erteilung der Betriebsanlagenänderungsgenehmigung erfolglos bleibt. Vielmehr ist formuliert, dass im Falle einer „emissionsneutralen Änderung“ dies zu bescheiden wäre. Damit könnte die Eingabe auch so verstanden werden, dass – neben dem Antrag auf Erteilung einer Betriebsanlagenänderungsgenehmigung - eine nachbarneutrale Anzeige eingebracht wird. Auch steht im Raum, dass der Beschwerdeführer damit – wohl nicht rechtsrichtig– einen Eventualantrag gestellt hat.
Eine konkludente (stillschweigende, schlüssige) Willenserklärung iSd § 863 ABGB liegt nur dann vor, wenn eine Handlung oder Unterlassung nach der Verkehrssitte und nach den üblichen Gewohnheiten und Gebräuchen eindeutig in einer Richtung zu verstehen ist. Es darf kein vernünftiger Grund bestehen, daran zu zweifeln, dass ein Rechtsfolgewille in einer bestimmten Richtung vorliegt (vgl VwGH 06.11.2019, Ro 2019/12/0001).
Aufgrund der vorgenannten Ausführungen geht das Verwaltungsgericht davon aus, dass mit der Eingabe des Beschwerdeführers eine konkludente Zurückziehung seines Antrages um die Erteilung der Betriebsanlagenänderungsgenehmigung nicht erfolgt ist.
Eine wie in der Rechtsprechung geforderte Eindeutigkeit dahingehend, dass der Antragsteller seinen ursprünglichen Antrag um die Erteilung der Betriebsanlagenänderungsgenehmigung in der Folge als Anzeige einer nachbarneutralen Änderung verstanden haben will, erschließt sich nämlich aus seiner Eingabe vom 11.03.2020 nicht, zumal – wie ausgeführt – die Eingabe vom 11.03.2020 mehrere Deutungen zulässt.
Der Beschwerdeführer führt in der Beschwerde aus, dass er diese Anzeige als „Eventualantrag“ gestellt hat. Insofern ist es naheliegend, dass eine Klärung durch die belangte Behörde zu eben dieser Antragslage (Hauptantrag: Änderung der Betriebsanlagengenehmigung; Eventualantrag: Anzeige einer nachbarneutralen Änderung) geführt hätte.
Gegenständlich liegt somit eine Ermittlungslücke vor, da - wie nunmehr in der Beschwerde klargestellt wurde - eine Änderungsgenehmigung beantragt ist und nur hilfsweise nachbarneutrale Änderungen angezeigt sind. Die Behörde hat unter diesem Aspekt letztlich ein Verfahren durchgeführt, für welches sie nicht zuständig war, weil sie von einem Anbringen ausgegangen ist, welches mit dem Willen des Antragstellers nicht übereinstimmt.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden, zumal
Angemerkt wird wie folgt:
Vorweg wird darauf hingewiesen, dass bei den nachfolgenden laienhaften Ausführungen die Begriffe Zuluftanlage bzw Abluftanlage auch für Frischluftanlage bzw Fortluftanlage verwendet werden.
Bei dem Verfahren zur Genehmigung (Änderungsgenehmigung) einer Betriebsanlage handelt es sich um ein Projektsverfahren, in dem der Beurteilung die im § 353 GewO 1994 genannten Einreichunterlagen zu Grunde zu legen sind (vgl VwGH 21.12.2004, 2002/04/0169).
Projektsverfahren bedeutet vereinfacht ausgedrückt, dass nur das genehmigt werden kann und darf, was zuvor vom Antragsteller eingereicht wurde. Welche Unterlagen hierfür beizubringen sind, ist grundsätzlich gesetzlich normiert (vgl § 353 (iVm §345 Abs 6) GewO 1994).
Langen die Unterlagen für Beurteilung nicht aus bzw entsprechen sie nicht diesen gesetzlichen Vorgaben, ist der Antragsteller aufzufordern, die Unterlagen zu verbessern (Verbesserungsauftrag).
Sind die Unterlagen ausreichend, zeichnet sich aber eine negative Entscheidung ab, so ist dem Antragsteller Gelegenheit zu geben, seinen Antrag zu modifizieren, indem er geänderte Einreichunterlagen vorlegt (Parteiengehör). Dies kann dazu führen, dass die geänderten Einreichunterlagen wiederum einen Verbesserungsauftrag nach sich ziehen.
Letztlich jedoch sind die Unterlagen vom Antragsteller so zu gestalten, dass kein Zweifel darüber besteht, was er beantragt, weshalb Widersprüche in den Einreichunterlagen von ihm zu beseitigen sind.
Auch wird auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vom 24.06.1998, 98/04/0095, hingewiesen.
Zuluftanlage:
Ein laienhafter Blick in den gewerbebehördlichen Erstbescheid vom 13.10.2010, ***, zeigt, dass in der Beschreibung unter Rubrik Lüftungstechnische Einrichtungen eine Zuluftanlage beschrieben ist, die eine Ansaugung über Dach vorsieht.
In dem genehmigten Plan mit Einlaufdatum am 07.10.2009 (Ansicht) ist erdgeschossig an der Fassade ein Ansauggitter schematisch angedeutet, wobei ein Schalldämpfer und eine Schallleistung von 45 dB vermerkt sind. Insofern ist eine gewisse Diskrepanz zwischen der Beschreibung der Zuluftanlage im Bescheid und der planlichen Darstellung erkennbar, wobei - wie aus dem Spruch des Bescheides zu erkennen ist - dieser Beschreibung keine normative Wirkung zukommt (Projektsverfahren). Es sind die im Zusammenhang mit der Erstgenehmigung eingereichte Lüftungsbeschreibung sowie die Pläne maßgebend.
Es wird in der Folge seitens der belangten Behörde erforderlich sein, in Beurteilung der Vorfrage im Sinn des § 38 AVG klarzustellen bzw den Bescheid vom 13.10.2010 auszulegen, welche Zuluftanlage als genehmigt anzusehen ist. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, wonach im der eingereichten Grundrissplan vom 20.12.2019 - wie ein laienhafter Blick zeigt - die Zuluftanlage anders dargestellt ist, als im genehmigten Grundrissplan (Einlaufdatum 07.10.2009). Vorbehaltlich der Beurteilung durch die belangte Behörde lässt dieser Plan wohl darauf schließen, dass eine mechanische Zuluftanlage genehmigt ist, wobei die Luft erdgeschossig im Bereich der Fassade angesaugt wird. Allenfalls kann hier die Verhandlungsschrift zur Aufklärung beitragen oder existiert gar eine mit der planlichen Darstellung übereinstimmende, vom damaligen Genehmigungswerber eingebrachte Lüftungsbeschreibung.
Sofern sich ergeben sollte, dass die Zuluftanlage in der Form genehmigt ist, wie sie sich in natura darstellt, ist deren Einbeziehung in das Genehmigungsverfahren nur insoweit zulässig bzw notwendig, als dies nach § 81 Abs 1 zweiter Satz GewO 1994 normiert ist.
Sofern sich herausstellen sollte, dass die Zuluftanlage - auf Basis des Bescheides vom 13.10.2009 – genehmigungspflichtig, allenfalls anzeigepflichtig geändert wurde, werden vom Antragsteller entsprechende Schritte (zB Ausweitung des gegenständlichen Antrages) zu setzen sein, um allfällige behördliche Folgeverfahren (zB Verfahren nach § 360 GewO 1994, Verwaltungsstrafverfahren) abzuwenden.
Abluftanlage:
Ein laienhafter Blick in den vorgelegten behördlichen Akt zeigt, dass die nunmehr antragsgegenständliche Lage des Abluftventilators sowie die Lage des Abluftstranges der Lüftungsanlage nicht mit der mit dem Bescheid vom 13.10.2009 genehmigten Abluftanlage übereinstimmen (Projektsverfahren). Es ist somit festzustellen, dass es im gegenständlichen Fall – wie anfangs angedacht - wohl keinen Sinn macht, lediglich den Austausch des Abluftventilators (samt 3 weiterer Komponenten) zu beantragen bzw anzuzeigen, da – in Ansehung der genehmigten Pläne – zu diesem Ventilator infolge der jetzt beantragten Lageänderung kein genehmigter Abluftstrang führen würde. Wie der am 20.12.2019 eingereichte Grundrissplan zeigt, ist der Abluftstrang gegenüber der Genehmigung aus dem Jahr 2009 horizontal verzogen und wird dieser an anderer Stelle als genehmigt über Dach geführt. Die Abluftführung ist mit dem Bescheid vom 13.10.2009 genehmigt und zwar auch dann, wenn sich herausstellen sollte, dass die Abluftführung in der genehmigten Form kaum oder nur äußerst schwierig zu realisieren wäre (Projektsverfahren).
Insofern ist seitens des Beschwerdeführers auch für diese geänderte Abluftführung ein gewerberechtlicher Konsens herbeizuführen, um allfällige Folgeverfahren (zB Verfahren nach § 360 GewO, Verwaltungsstrafverfahren) zu vermeiden. Dies könnte im Rahmen des gegenständlich anhängigen Verfahrens erfolgen und wären allenfalls auch Klarstellungen (Bereinigung von widersprüchlichen Angaben in den – über einen längeren Zeitraum - eingebrachten Unterlagen (Pläne, vom Antragsteller verfasste Beschreibungen, antragsgegenständliche Privatgutachten) betreffend die antragsgegenständliche Luftmenge und die beantragten Fortluftgeschwindigkeiten sinnvoll, um spätere Missverständnisse hinsichtlich des Genehmigungsumfanges zu vermeiden.
Es wird nochmals auf das Projektverfahren hingewiesen, wonach es dem Antragsteller obliegt, Unterlagen vorzulegen (§ 353 (iVm § 345 Abs 6) GewO 1994), die die Behörde in die Lage versetzen, eine Beurteilung vorzunehmen, ob die gesetzlichen Voraussetzungen für eine Genehmigung bzw Zurkenntnisnahme einer Anzeige vorliegen. In diesem Zusammenhang obliegt es dem Antragsteller auch, allfällige Widersprüchlichkeiten in den Einreichunterlagen, insbesondere zwischen Beschreibungen und Plänen zu beseitigen, sodass unzweifelhaft feststeht, was beantragt bzw angezeigt ist.
V. Unzulässigkeit der ordentlichen Revision:
Die ordentliche Revision ist unzulässig, da keine Rechtsfrage iSd Art 133 Abs 4 B-VG zu beurteilen war, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes. Weiters ist die dazu vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Ebenfalls liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.
R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g
Gegen diese Entscheidung kann binnen sechs Wochen ab der Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, Freyung 8, 1010 Wien, oder außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden. Die Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof ist direkt bei diesem, die außerordentliche Revision an den Verwaltungsgerichtshof ist beim Landesverwaltungsgericht Tirol einzubringen.
Die genannten Rechtsmittel sind von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt bzw einer bevollmächtigten Rechtsanwältin abzufassen und einzubringen und es ist eine Eingabegebühr von Euro 240,00 zu entrichten.
Es besteht die Möglichkeit, auf die Revision beim Verwaltungsgerichtshof und die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof zu verzichten. Ein solcher Verzicht hat zur Folge, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof und eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof nicht mehr erhoben werden können.
Landesverwaltungsgericht Tirol
Ing. Mag. Peinstingl
(Richter)
Schlagworte
Änderungsgenehmigung;European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:LVWGTI:2020:LVwG.2020.32.1758.1Zuletzt aktualisiert am
14.10.2020