TE Bvwg Beschluss 2020/5/4 W170 2229324-2

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Veröffentlicht am 04.05.2020
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Entscheidungsdatum

04.05.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
DMSG §1
DMSG §2a
DMSG §3
VwGVG §13 Abs1
VwGVG §22 Abs2

Spruch

W170 2229324-2/2Z

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag. Thomas MARTH im Verfahren über die Beschwerde von XXXX vertreten durch Rechtsanwalt Dr. Gerhard KOCHWALTER, vom 17.12.2019 gegen den Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 17.10.2019, Zl. BDA-62337.obj/0041-RECHT/2019, (weitere beteiligte Parteien: Landeshauptmann von Kärnten, Bürgermeister der Stadtgemeinde Friesach und Stadtgemeinde Friesach) beschlossen:

A) Die aufschiebende Wirkung der Beschwerde von XXXX als Rechtsnachfolgerin der XXXX vom 17.12.2019 wird gemäß § 22 Abs. 2 Verwaltungsgerichts-verfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018, ausgeschlossen.

B) Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2020, nicht zulässig.


Text


BEGRÜNDUNG:

Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Mit Bescheid des Bundesdenkmalamtes vom 17.10.2019, Zl. BDA-62337.obj/0041-RECHT/2019, wurde festgestellt, dass unter anderem die Erhaltung des straßenseitigen Bauteils sowie des rückwärtigen Wirtschaftsgebäudes in seiner Gesamtheit unter Ausnahme des aus der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts stammenden Verbindungstraktes des Objektes in in Friesach, XXXX , GB 74302 Friesach als Teil des Ensembles „Altsatdt Friesach“ im öffentlichen Interesse gelegen ist.

Eigentümer zum Entscheidungszeitpunkt des Bundesdenkmalamtes am 23.11.2019 war und ist auch nunmehr XXXX (in Folge: Beschwerdeführerin).

Der Bescheid wurde der Beschwerdeführerin am 23.11.2019 zugestellt, gegen den Bescheid wurde mit Schriftsatz des Rechtsanwalts der Beschwerdeführerin vom 17.12.2019, am gleichen Tag zur Post gegeben, das Rechtsmittel der Beschwerde erhoben.

In der Beschwerde wird unter anderem ausgeführt:

„… Laut Herrn XXXX ist eine wirtschaftliche Sanierung aufgrund der vorgefundenen baulichen Substanz nicht zumutbar. Darüber hinaus besteht aufgrund des mangelhaften statischen Zustandes die Gefahr eines Einsturzes. Dies insbesondere bei starker Schneelast oder Starkregen.

Meine Klientin beabsichtigt daher dieses Wirtschaftsgebäude wegen des Vorliegens eines wirtschaftlichen Totalschadens abzureißen und wird im neuen Jahr einen entsprechenden Antrag auf Erteilung der Abbruchbewilligung bei der Gemeinde Friesach einbringen.

Im Hinblick auf den dringend notwendigen und kurz bevorstehenden Abbruch dieses Nebengebäudes erscheint daher die Unterschutzstellungen als bauliches Denkmal nicht mehr erforderlich zu sein.“

2. Beweiswürdigung:

Die Feststellungen ergeben sich aus dem Akt.

3. Rechtliche Beurteilung:

Zu A)

1. Der gegenständliche Bescheid des Bundesdenkmalamtes wurde am 23.11.2019 durch Zustellung erlassen; die Beschwerde der Beschwerdeführerin wurde am 17.12.2019 zur Post gegeben eingebracht und ist somit rechtzeitig und auch aus anderen Gründen nicht offensichtlich unzulässig.

2. Gemäß § 13 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013 in der Fassung BGBl. I Nr. 57/2018 (in Folge: VwGVG), hat eine rechtzeitig eingebrachte und zulässige Beschwerde gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 Bundes-Verfassungsgesetz, BGBl. Nr. 1/1930 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2020 (in Folge: B-VG), aufschiebende Wirkung.

Gemäß § 22 Abs. 2 VwGVG kann das zuständige Verwaltungsgericht – hier: das Bundesverwaltungsgericht – in einem Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG (Bescheidbeschwerden) die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde durch Beschluss ausschließen, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Aus der Systematik des VwGVG und aus den Erläuternden Bemerkungen zu den §§ 13 und 22 VwGVG ergibt sich, dass bis zur Vorlage der Beschwerde (also im Vorverfahren der Verwaltungsbehörden nach den §§ 11 bis 16 VwGVG) der Ausschluss der aufschiebenden Wirkung derselben durch die Behörde nach § 13 VwGVG, nach Vorlage der Beschwerde und der Verwaltungsakte an das Verwaltungsgericht durch dieses gemäß § 22 VwGVG zu erfolgen hat. Da die Behörde die Akte jedenfalls zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt hat und dieses – wie oben ausgeführt – auch zur Führung des Verfahrens zuständig ist, hat dieses bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen von Amts wegen (siehe diesbezüglich Eder/Martschin/Schmid, Das Verfahrensrecht der Verwaltungsgerichte, § 22, K7) die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde auszuschließen.

3. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde ist dann auszuschließen, wenn der Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist. Hier unterscheidet sich § 22 Abs. 2 VwGVG vom ehemaligen § 64 Abs. 1 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 in der Fassung BGBl. I Nr. 161/2013 (in Folge: AVG); nach dieser Bestimmung konnte die Behörde die aufschiebende Wirkung ausschließen, wenn die vorzeitige Vollstreckung im Interesse einer Partei oder des öffentlichen Wohles wegen Gefahr im Verzug dringend geboten war.

Beim dem dem gegenständlichen Verfahren zu Grunde liegenden Bescheid handelt es sich um einen Feststellungsbescheid gemäß §§ 1 und 3 Denkmalschutzgesetz, BGBl. Nr. 533/1923 in der Fassung BGBl. I Nr. 92/2013 (in Folge: DMSG). Es stellt sich daher die Frage, ob dieser Bescheid einem Vollzug – die Diktion entspricht dem § 30 Abs. 2 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985, BGBl. Nr. 10/1985 in der Fassung BGBl. I Nr. 24/2020 (in Folge: VwGG) und nicht, wie schon dargestellt, dem bisherigen § 64 Abs. 1 AVG – zugänglich ist. Nach der Rechtsprechung des VwGH kann auch ein Feststellungsbescheid einem Vollzug zugänglich sein(vgl. VwGH 9.5.2011, AW 2011/07/0017 und AW 2011/07/0018), dies etwa auch dann, wenn eine Eigenschaft der betroffenen Liegenschaften rechtsverbindlich aufgezeigt wird und diese Eigenschaft in den öffentlichen Büchern zu bezeichnen ist, wodurch die bescheidmäßige Feststellung mit allen vorgesehenen rechtlichen Konsequenzen in die Wirklichkeit umgesetzt wird. Dies ist bei einem Feststellungbescheid gemäß §§ 1 und 3 DMSG im Lichte der Bestimmungen des § 3 Abs. 3 DMSG, der normiert, dass die Tatsache der Unterschutzstellung unbeweglicher Denkmale (einschließlich Ensembles sowie Park- und Gartenanlagen) durch Bescheid gemäß § 3 Abs. 1 DMSG über Mitteilung des Bundesdenkmalamtes im Grundbuch (allenfalls Eisenbahnbuch) von Amts wegen ersichtlich zu machen ist, der Fall. Daher ist der Bescheid einem Vollzug zugänglich und kann das Bundesverwaltungsgericht bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen die aufschiebende Wirkung der Beschwerde ausschließen.

4. Die aufschiebende Wirkung einer Beschwerde kann ausgeschlossen werden, wenn nach Abwägung der berührten öffentlichen Interessen und Interessen anderer Parteien der vorzeitige Vollzug des angefochtenen Bescheides oder die Ausübung der durch den angefochtenen Bescheid eingeräumten Berechtigung wegen Gefahr im Verzug dringend geboten ist.

Es ist daher einleitend zu klären, ob öffentliche Interessen – von den Interessen der Beschwerdeführerin abgesehen sind relevante Interessen anderer Parteien nicht zu erkennen – gegeben sind und ob diese schwerer wiegen als die betroffenen privaten Interessen der Beschwerdeführerin.

Dass die Erhaltung von Denkmalen ein öffentliches Interesse ist, ergibt sich insbesondere aus § 1 Abs. 2 DMSG, der normiert, dass die Erhaltung eines Denkmals dann im öffentlichen Interesse liegt, wenn es sich bei dem Denkmal aus überregionaler oder vorerst auch nur regionaler (lokaler) Sicht um Kulturgut handelt, dessen Verlust eine Beeinträchtigung des österreichischen Kulturgutbestandes in seiner Gesamtsicht hinsichtlich Qualität sowie ausreichender Vielzahl, Vielfalt und Verteilung bedeuten würde. Wesentlich ist auch, ob und in welchem Umfang durch die Erhaltung des Denkmals eine geschichtliche Dokumentation erreicht werden kann. Dies hat das Bundesdenkmalamt im dem nunmehr zu führenden Beschwerdeverfahren zu Grunde liegenden Administrativverfahren in denkmöglicher Weise – das Verfahren über den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde kann nicht das Beschwerdeverfahren vorwegnehmen – dargetan.

Grundsätzlich werden die öffentlichen Interessen während eines laufenden Beschwerdeverfahrens im Denkmalschutz die Interessen (hier:) der Eigentümerin überwiegen, soweit diese nicht auf Grund besonderer Umstände – wie etwa dringend notwendiger Erhaltungsarbeiten oder erhebliche Minderung des Denkmalwertes durch nach Bescheiderlassung eingetretener Veränderungen – dartun kann, dass nunmehr ihre Interessen schwerer wiegen. Dies begründet sich insbesondere auch damit, dass ein einmal zerstörtes oder verändertes Denkmal nicht gleichwertig wieder errichtet werden kann, während ein Beschwerdeverfahren für (hier:) die Beschwerdeführerin selbst bei Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde „nur“ (im Sinne eines Vergleichs mit der endgültigen Zerstörung oder Veränderung des Denkmals) eine zeitliche Verzögerung bedeutet, wenn es sich bei dem unter Schutz gestellten Objekt doch um kein (erhaltenswertes) Denkmal handelt.

Jedenfalls hat die Beschwerdeführerin ein Interesse an der ungehinderten Ausübung ihres Eigentums vor Erlassung einer rechtskräftigen Entscheidung über den Denkmalschutz. Auf Grund der Ausführungen in der Beschwerde, man plan das Objekt abzureisen, wurde auf eine Befassung der Parteien verzichtet, da diesen die Möglichkeit gemäß § 22 Abs. 3 VwGVG (Antrag auf Aufhebung des gegenständlichen Beschlusses) offen steht, in dem die Parteien ihre Interessen darlegen können.

Es wiegen daher zum nunmehrigen Entscheidungszeitpunkt nach der Aktenlage die öffentlichen Interessen schwerer als die dem Verwaltungsgericht bekannten privaten Interessen der Beschwerdeführerin; Interessen der anderen Verfahrensparteien sind laut Aktenlage nicht zu erkennen.

5. Allerdings verlangt das Gesetz nicht nur ein Überwiegen der betroffenen öffentlichen Interessen sondern auch das Vorliegen von Gefahr im Verzug. In diesem Zusammenhang ist zu bedenken, dass das DMSG in seiner Systematik grundsätzlich nicht von der Regel des § 13 Abs. 1 VwGVG abgeht, nach dem jeder Bescheidbeschwerde vorerst die aufschiebende Wirkung zukommt; das bedeutet, dass der Gesetzgeber davon ausgeht, dass auch im Regime des DMSG einer Beschwerde grundsätzlich die aufschiebende Wirkung zukommen soll. Daraus folgt, dass es besonderer, über die „normale“ Gefährdung eines Denkmals hinausgehender Gefahren bedarf, die den Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Beschwerde wegen Gefahr im Verzug rechtfertigen. Aus der Beschwerde ergibt sich, dass die Betreibung des Abrisses unmittelbar bevorsteht, die Kärntner Bauordnung kennt keine obligatorische Befassung des Bundesdenkmalamtes vor der Erteilung einer Abbruchgenehmigung; daher könnte der nach den Angaben der Beschwerdeführerin unmittelbar geplante Abbruch ohne Einbindung und Kenntnisnahme durch das Bundesdenkmalamt und ohne die Möglichkeit eines rechtzeitigen Einschreitens des Verwaltungsgerichts erfolgen. Es liegt daher Gefahr im Verzug vor.

6. Daher überwiegen die öffentlichen Interessen an der Erhaltung des Denkmals die ansonsten berührten, dem Bundesverwaltungsgericht bekannten Interessen der Beschwerdeführerin und der anderen Parteien und liegt Gefahr im Verzug vor, sodass spruchgemäß zu entscheiden ist.

Zu B) Zulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Weder weicht die gegenständliche Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, noch fehlt es an einer Rechtsprechung; weiters ist die vorliegende Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht als uneinheitlich zu beurteilen. Auch liegen keine sonstigen Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vor.

Eine solche Rechtsfrage war im Lichte der unter A) zitierten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht zu erkennen.

Schlagworte

aufschiebende Wirkung - Entfall Denkmalschutz Ensembleschutz Gefahr im Verzug Interessenabwägung öffentliche Interessen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W170.2229324.2.00

Im RIS seit

14.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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