Entscheidungsdatum
24.06.2020Norm
AsylG 2005 §35Spruch
W235 2204788-1/7E
W235 2204794-1/7E
IM NAMEN DER REPUBLIK
Das Bundesverwaltungsgericht hat durch die Richterin Maga. Sabine MEHLGARTEN-LINTNER als Einzelrichterin über die Beschwerde von 1. mj. XXXX , geb. XXXX und 2. mj. XXXX , geb. XXXX , beide gesetzlich vertreten durch: XXXX , beide StA. Somalia, gegen den Bescheid der Österreichischen Botschaft Addis Abeba vom 20.06.2018, Zl. ET-ADD-OB-SP01_000128_2017 (ad 1.) und Zl. ET-ADD-OB-SP01_000129_2017 (ad 2.), zu Recht erkannt:
A)
Die Beschwerde wird mit der Maßgabe abgewiesen, dass der Spruch des Bescheides zu lauten hat:
„Die Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels sind mangels Berechtigung zur Antragstellung zurückzuweisen.“
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang:
1.1. Der minderjährige Erstbeschwerdeführer und der minderjährige Zweitbeschwerdeführer sind Brüder und Staatsangehörige von Somalia. Am XXXX .08.2017 stellte für sie und für fünf weitere Geschwister Frau XXXX unter Verwendung der vorgesehenen Befragungsformulare bei der Österreichischen Botschaft Addis Abeba Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 AsylG. Als Bezugsperson wurde Herr XXXX , geb. XXXX , genannt, bei dem es sich um den Vater der Beschwerdeführer (und ihrer Geschwister) sowie um den Ehegatten von Frau XXXX handeln soll. Der Bezugsperson wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX 2017, Zl. XXXX , der Status eines Asylberechtigten zuerkannt.
Den Einreiseanträgen war unter anderem ein als „Declaration of Responsibiliy and Adoption“ vom XXXX .08.2017 bezeichnetes Schreiben in englischer Sprache beigelegt, dem im Wesentlichen zu entnehmen ist, dass Frau XXXX , geb. XXXX , als Mutter der beiden Beschwerdeführer (und vier ihrer Geschwister) in Anwesenheit von zwei Zeugen vor dem XXXX in Mogadischu am XXXX .08.2017 erklärt hat, dem Vater der Beschwerdeführer (und vier ihrer Geschwister), Herrn XXXX , der in Österreich lebt, „full Responsibility and Adoption“ für die beiden Beschwerdeführer (und vier ihrer Geschwister) zu übertragen.
Mit Schreiben der Österreichischen Botschaft Addis Abeba vom 05.09.2017 wurden die Einreiseanträge samt Unterlagen an das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl übermittelt.
1.2. Am 09.11.2017 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit Mitteilung gemäß § 35 Abs. 4 AsylG bekannt, dass in den gegenständlichen Fällen eine Gewährung des Status der Asyl- oder subsidiär Schutzberechtigten nicht wahrscheinlich ist.
Begründend wurde verfahrenswesentlich sowohl in der Mitteilung als auch in der beiliegenden Stellungnahme vom 08.11.2017 ausgeführt, dass die Antragstellung der minderjährigen Kinder nicht durch die gesetzliche bzw. gewillkürte Vertreterin erfolgt sei bzw. dass eine Vertretungsvollmacht an Frau XXXX für die Einbringung der Einreiseanträge nicht vorliege bzw. diese von der Bezugsperson in Österreich nicht erteilt worden sei.
Dies teilte die Österreichische Botschaft Addis Abeba den Beschwerdeführern mit Schreiben vom 10.11.2017 mit und forderte sie zur Abgabe einer Stellungnahme binnen einer Woche auf. Die Schreiben wurden am 13.11.2017 von XXXX übernommen.
1.3. Am 20.11.2017 langte eine Stellungnahme der Beschwerdeführer (sowie fünf ihrer Geschwister und Frau XXXX ), eingebracht durch die ausgewiesene Vertretung ihres gesetzlichen Vertreters (= Vater bzw. Bezugsperson) ein, in welcher verfahrenswesentlich ausgeführt wurde, dass die antragstellenden Kinder die Kinder der Bezugsperson aus erster Ehe seien und die erste Ehefrau der Bezugsperson Frau XXXX sei. Die Ehe sei am XXXX .02.2011 nach islamischem Ritus geschieden worden, was am XXXX .02.2011 durch ein Gericht bestätigt worden sei. Am XXXX .04.2011 habe die Bezugsperson Frau XXXX geheiratet und kümmere sich diese im Einverständnis mit der leiblichen Mutter um die Beschwerdeführer und ihre Geschwister. Den Beschwerdeführern, ihren Geschwistern und Frau XXXX sei offenbar nicht auf verständliche Art vermittelt worden, dass eine Vertretungsvollmacht an Frau XXXX für die Einbringung der Einreiseanträge der Kinder notwendig sei. Die Antragstellung durch Frau XXXX sei jedoch selbstverständlich im Einverständnis der Bezugsperson geschehen. Eine entsprechende Vollmacht werde der Stellungnahme beigelegt.
Der der Stellungnahme angeschlossenen (in somalisch und deutsch gefassten) „Erlaubnis“ vom 17.11.2017 ist unter Anführung der Namen und der (behaupteten) Geburtsdaten der Beschwerdeführer sowie vier ihrer Geschwister folgender Text zu entnehmen:
„Erlaubnis Ich XXXX geboren am XXXX , derzeit wohnhaft in XXXX , Elternteil von […] erteile hiermit Vollmacht oben genannter minderjähriger Kinder an XXXX , geb. XXXX , Reisepassnr. XXXX Ich erlaube meinen minderjährigen Kindern einen Antrag auf Familienzusammenführung gemäß § 35 AsylG einzubringen und nach Österreich einzureisen. Ich ermächtige oben genannte Person die Einreiseanträge meiner minderjährige Kinder zu ermöglichen, den involvierten Behörden alle benötigten Dokumente bereitzustellen und an den Verfahrensschritten für die Familienzusammenführung teilzunehmen. Die oben genannte Person hat die Zustimmung in meinem Namen und im Interesse meiner minderjährigen Kinder zu handeln. Unterschrift“
1.4. Mit erneuter Stellungnahme vom 19.06.2018 gab das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl mit näherer Begründung bekannt, dass die negative Wahrscheinlichkeitsprognose aufrecht bleibt.
2. Mit Bescheid der Österreichischen Botschaft Addis Abeba vom 20.06.2018 wurden die Anträge der Beschwerdeführer, ihrer Geschwister und Frau XXXX auf Erteilung eines Einreisetitels gemäß § 26 FPG iVm § 35 Abs. 4 AsylG abgewiesen.
3. Gegen diesen Bescheid erhoben die Beschwerdeführer und ihre Geschwister im Wege der ausgewiesenen Vertretung ihres gesetzlichen Vertreters fristgerecht Beschwerde wegen inhaltlicher Rechtswidrigkeit und infolge von Verfahrensfehlern. Begründend wurde verfahrenswesentlich ausgeführt, dass Frau XXXX am XXXX .08.2017 die gegenständlichen Einreiseanträge gemäß § 35 AsylG für sich und ihre minderjährigen Stiefkinder eingebracht habe. Mit Stellungnahme vom 20.11.2017 sei unter anderem eine Vollmacht an Frau XXXX zur Einbringung der Einreiseanträge der minderjährigen Beschwerdeführer vorgelegt worden. Im April 2018 sei die Ehegemeinschaft zwischen Frau XXXX und der Bezugsperson einvernehmlich aufgelöst worden und sei Frau XXXX zu ihrer Familie nach Somalia zurückgekehrt. Es bestehe ihrerseits kein Wille mehr, der Bezugsperson nach Österreich nachzuziehen.
4. Mit am 03.09.2018 beim Bundesverwaltungsgericht eingelangtem Schreiben des Bundesministeriums für Inneres vom 28.08.2018 wurden die Beschwerden samt Verwaltungsakten dem Bundesverwaltungsgericht vorgelegt und darauf hingewiesen, dass von der Erlassung einer Beschwerdevorentscheidung abgesehen werde. Die Beschwerdevorlage wurde betreffend die beiden minderjährigen Beschwerdeführer der Gerichtsabteilung W235 zugewiesen.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen:
Die beiden minderjährigen Beschwerdeführer sind Brüder und Staatsangehörige von Somalia. Am XXXX .08.2017 stellte Frau XXXX für die beiden Beschwerdeführer unter Verwendung der vorgesehenen Befragungsformulare bei der Österreichischen Botschaft Addis Abeba Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln nach § 35 AsylG. Als Bezugsperson wurde Herr XXXX , der der Vater der beiden minderjährigen Beschwerdeführer und in Österreich asylberechtigt ist, genannt.
Im Zeitpunkt der Antragstellung lag eine Übertragung der Elternrechte von der leiblichen Mutter an den Vater der beiden minderjährigen Beschwerdeführer vor. Eine Vertretungsvollmacht des Vaters als gesetzlicher Vertreter der minderjährigen Beschwerdeführer an Frau XXXX lag im Antragszeitpunkt nicht vor. Am 20.11.2017 wurde eine mit 17.11.2017 datierte, als „Erlaubnis“ bezeichnete Vollmacht des Vaters und gesetzlichen Vertreters der beiden minderjährigen Beschwerdeführer an Frau XXXX vorgelegt. Mit diesem Schriftstück wurde jedoch ein im Zeitpunkt der Einbringung der Einreiseanträge gemäß § 35 AsylG vorgelegen habendes Bevollmächtigungsverhältnis nicht nachgewiesen.
2. Beweiswürdigung:
Die festgestellten Tatsachen ergeben sich zweifelsfrei aus den Akten der Österreichischen Botschaft Addis Abeba und wurden auch von den Beschwerdeführern bzw. der Vertretung ihres gesetzlichen Vertreters nicht bestritten. Hieraus ergibt sich auch insbesondere die Feststellung, dass im Zeitpunkt der Antragstellung keine Vertretungsvollmacht des Vaters als gesetzlicher Vertreter an Frau XXXX vorlag. Eine derartige Bevollmächtigung im Zeitpunkt der Antragstellung wurde im gesamten Verfahren auch nicht behauptet. Den Ausführungen der Beschwerdeführer ist vielmehr zu entnehmen, dass ihnen nicht bewusst gewesen sei, dass eine solche Vollmacht zur Antragstellung erforderlich sei. Die Feststellung zur Übertragung der Elternrechte von der leiblichen Mutter an den Vater der beiden minderjährigen Beschwerdeführer gründet auf der im Zuge der Antragstellung vorgelegten „Declaration of Responsibiliy and Adoption“ vom XXXX .08.2017.
Dass die Vollmacht des Vaters an Frau XXXX am 17.11.2017 nachträglich vorgelegt wurde, basiert auf dem diesbezüglichen, der Stellungnahme vom 20.11.2017 beigelegten, als „Erlaubnis“ bezeichneten Schriftstück. Letztlich ergibt sich die Feststellung zur Asylberechtigung der Bezugspersonen aus dem Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom XXXX 2017, Zl. XXXX .
3. Rechtliche Beurteilung:
Zu A)
3.1. Die maßgeblichen Bestimmungen des FPG lauten:
§ 11 Verfahren vor den österreichischen Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
(1) In Verfahren vor österreichischen Vertretungsbehörden haben Antragsteller unter Anleitung der Behörde die für die Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes erforderlichen Urkunden und Beweismittel selbst vorzulegen; in Verfahren zur Erteilung eines Visums D ist Art. 19 Visakodex sinngemäß anzuwenden. Der Antragsteller hat über Verlangen der Vertretungsbehörde vor dieser persönlich zu erscheinen, erforderlichenfalls in Begleitung eines Dolmetschers (§ 39a AVG). § 10 Abs. 1 letzter Satz AVG gilt nur für in Österreich zur berufsmäßigen Parteienvertretung befugte Personen. Die Vertretungsbehörde hat nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Eine Entscheidung, die dem Standpunkt des Antragstellers nicht vollinhaltlich Rechnung trägt, darf erst ergehen, wenn die Partei Gelegenheit zur Behebung von Formgebrechen und zu einer abschließenden Stellungnahme hatte.
(2) Partei in Verfahren vor der Vertretungsbehörde ist ausschließlich der Antragsteller.
(3) Die Ausfertigung bedarf der Bezeichnung der Behörde, des Datums der Entscheidung und der Unterschrift des Genehmigenden; an die Stelle der Unterschrift kann das Siegel der Republik Österreich gesetzt werden, sofern die Identität des Genehmigenden im Akt nachvollziehbar ist. Die Zustellung hat durch Übergabe in der Vertretungsbehörde oder, soweit die internationale Übung dies zulässt, auf postalischem oder elektronischem Wege zu erfolgen; ist dies nicht möglich, so ist die Zustellung durch Kundmachung an der Amtstafel der Vertretungsbehörde vorzunehmen.
(4) Vollinhaltlich ablehnende Entscheidungen gemäß Abs. 1 betreffend Visa D sind schriftlich in einer Weise auszufertigen, dass der Betroffene deren Inhalt und Wirkung nachvollziehen kann. Dem Betroffenen sind die Gründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oder Gesundheit, die der ihn betreffenden Entscheidung zugrunde liegen, genau und umfassend mitzuteilen, es sei denn, dass Gründe der Sicherheit der Republik Österreich dieser Mitteilung entgegenstehen. In der schriftlichen Ausfertigung der Begründung ist auch die Rechtsmittelinstanz anzugeben.
(5) Für die Berechnung von Beginn, Lauf und Ende von Fristen (§ 33 AVG) gelten die Wochenend- und Feiertagsregelungen im Empfangsstaat.
(6) Kann dem Antrag auf Erteilung eines Visums D auf Grund zwingender außenpolitischer Rücksichten oder aus Gründen der nationalen Sicherheit nicht stattgegeben werden, so ist die Vertretungsbehörde ermächtigt, sich auf den Hinweis des Vorliegens zwingender Versagungsgründe zu beschränken. Der maßgebliche Sachverhalt muss auch in diesen Fällen im Akt nachvollziehbar sein.
(7) Der Fremde hat im Antrag auf Erteilung eines Visums D den jeweiligen Zweck und die beabsichtigte Dauer der Reise und des Aufenthaltes bekannt zu geben. Der Antrag ist zurückzuweisen, sofern der Antragsteller, ausgenommen die Fälle des § 22 Abs. 3 FPG, trotz Aufforderung und Setzung einer Nachfrist kein gültiges Reisedokument oder gegebenenfalls kein Gesundheitszeugnis vorlegt oder wenn der Antragsteller trotz entsprechenden Verlangens nicht persönlich vor der Behörde erschienen ist, obwohl in der Ladung auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
(8) Minderjährige Fremde, die das 14. Lebensjahr vollendet haben, können bei Zustimmung des gesetzlichen Vertreters die Erteilung eines Visums selbst beantragen.
§ 11a Beschwerden gegen Bescheide österreichischer Vertretungsbehörden in Visaangelegenheiten
(1) Der Beschwerdeführer hat der Beschwerde gegen einen Bescheid einer österreichischen Vertretungsbehörde sämtliche von ihm im Verfahren vor der belangten Vertretungsbehörde vorgelegten Unterlagen samt Übersetzung in die deutsche Sprache anzuschließen.
(2) Beschwerdeverfahren sind ohne mündliche Verhandlung durchzuführen. Es dürfen dabei keine neuen Tatsachen oder Beweise vorgebracht werden.
(3) Sämtliche Auslagen der belangten Vertretungsbehörde und des Bundesverwaltungsgerichtes für Dolmetscher und Übersetzer sowie für die Überprüfung von Verdolmetschungen und Übersetzungen sind Barauslagen im Sinne des § 76 AVG.
(4) Die Zustellung der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes hat über die Vertretungsbehörde zu erfolgen. § 11 Abs. 3 gilt.
3.2. Wie festgestellt stellte Frau XXXX am XXXX .08.2017 die gegenständlichen Einreiseanträge für die beiden minderjährigen Beschwerdeführer ohne Nachweis einer schriftlichen Vollmacht durch den gesetzlichen Vertreter. Die schriftliche Bevollmächtigung wurde erst ca. zweieinhalb Monate später, nämlich am 20.11.2017, durch Vorlage einer mit 17.11.2017 datierten „Erlaubnis“ des Vaters der Beschwerdeführer an XXXX beigebracht.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass bereits dem Schreiben der Botschaft an das Bundesamt vom 05.09.2017, mit welchem die Einreiseanträge übermittelt wurden, kein Hinweis zu entnehmen ist, dass die zwecks Einbringung der Anträge persönlich bei der Botschaft vorsprechende XXXX auch nur ansatzweise erwähnt hätte, dass sie von der Bezugsperson hiermit betraut worden wäre.
Grundsätzlich stellt nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes die Nichtvorlage einer schriftlichen Vollmacht gemäß § 10 Abs. 2 AVG in im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG behebbares Formgebrechen dar (vgl. z.B. VwGH vom 13.10.2011, Zl. 2010/22/0093). Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass das Fehlen einer Vollmacht kein verbesserungsfähiges Formgebrechen im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG darstellt, da nur der Mangel des Nachweises, nicht aber der Mangel der Bevollmächtigung selbst behebbar ist (vgl. VwGH vom 19.02.2014, Zl. 2011/10/0014; vom 09.09.2009, Zl. 2004/10/0116; vom 08.07.2004, Zl. 2004/07/0101, vom 26.03.2003, Zl. 2003/17/0096 und vom 26.06.2002, Zl. 2001/04/0209).
Dies ist jedoch gegenständlich der Fall. Bei der nachträglich in Vorlage gebrachten „Erlaubnis“ des Vaters der Beschwerdeführer an Frau XXXX handelt es sich um eine erst nach Antragstellung erfolgte Bevollmächtigung und demnach nicht um den bloßen Nachweis eines bereits im Zeitpunkt der Einbringung der Einreiseanträge bestehenden Vollmachtverhältnisses. Eine anderslautende Deutung kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil die Beschwerdeführer sinngemäß selbst einräumten, dass ihnen das Erfordernis einer bestehenden Vollmacht zur Antragstellung nicht bewusst gewesen und demnach eine solche damals auch nicht begründet worden sei. Der auch in sprachlicher Hinsicht in die Zukunft weisenden „Erlaubnis“ sind auch weder erläuternde Bemerkungen angeschlossen noch finden sich solche in der Stellungnahme vom 20.11.2017, wonach diese „Erlaubnis“ – entgegen ihrer sprachlichen Abfassung - rückbezogen zum Zeitpunkt der Antragstellung zu lesen sein sollte. Der Vorhalt der Botschaft in ihrer Aufforderung zur Stellungnahme war unmissverständlich darauf gerichtet, dass das Problem der fehlenden Vertretungsvollmacht von XXXX vorliege und wurde dies von der Vertretung von Frau XXXX , dem XXXX , unzweifelhaft auch so verstanden. Es ist davon auszugehen, dass das XXXX diesbezüglich mit der in Österreich lebenden Bezugsperson in Kontakt getreten ist. Offenbar hat jedoch auch die Bezugsperson dem XXXX nicht die Auskunft erteilt, dass sie seinerzeit Frau XXXX (mündlich) mit der Einbringung von Einreiseanträgen für ihre Kinder beauftragt hätte. So ist es auch zu erklären, dass mit der Stellungnahme des Roten Kreuzes vom 20.11.2017 keine auf den Antragszeitpunkt bezogene, sondern lediglich eine in die Zukunft gerichtete Vollmacht vorgelegt wurde. Auf Vorhalt, dass die Antragstellungen der minderjährigen Beschwerdeführer (und ihrer Geschwister) nicht durch die gesetzliche bzw. gewillkürte Vertreterin erfolgt sei, wird in der Stellungnahme lediglich vage und ohne weiteren Kommentar bemerkt, dass Frau XXXX im Einverständnis mit der Bezugsperson vorgegangen sei. Davon, dass – sich nach Antragstellung von der Bezugsperson getrennt habende und nun freiwillig in ihrem Herkunftsstaat (intendiert ohne die Kinder der Bezugsperson) verbleibende – Frau XXXX seinerzeit von der Bezugsperson mit der Einbringung von Einreiseanträgen für deren Kinder betraut worden wäre, ist nicht die Rede. Ist ein Vollmachtverhältnis vor Stellung der Einreiseanträge nicht begründet worden, können die Antragstellungen den Beschwerdeführern auch bei nachträglicher Bevollmächtigung nicht zugerechnet werden.
Da sohin im Antragszeitpunkt keine Bevollmächtigung des gesetzlichen Vertreters der minderjährigen Beschwerdeführer an Frau XXXX vorlag, hätte die Österreichische Botschaft Addis Abeba die beiden Anträge auf Erteilung eines Einreisetitels mangels Berechtigung von Frau XXXX zur Antragstellung nicht in Behandlung zu nehmen, sondern zurückzuweisen gehabt. Aus diesem Grund war der Spruch des Bescheides vom 20.06.2018 entsprechend zu korrigieren und die Beschwerde abzuweisen.
Allerdings ist anzumerken, dass es den beiden minderjährigen Beschwerdeführern jederzeit freisteht, neuerliche Anträge auf Erteilung von Einreisetiteln bei der zuständigen Behörde einzubringen.
3.3. Gemäß § 11a Abs. 2 FPG war dieses Erkenntnis ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung zu treffen.
4. Zu B) Unzulässigkeit der Revision:
Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Aus-spruch ist kurz zu begründen. Nach Art. 133 Abs. 4 erster Satz B-VG idF BGBl. I Nr. 51/2012 ist gegen ein Erkenntnis des Verwaltungsgerichtes die Revision zulässig, wenn sie von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, insbesondere weil das Erkenntnis von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, eine solche Rechtsprechung fehlt oder die zu lösende Rechtsfrage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird.
In den vorliegenden Fällen ist die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Fallgegenständlich erfolgte die Abweisung der Beschwerde wegen des Nichterfüllens des formalen Erfordernisses der Bevollmächtigung im Zeitpunkt der Antragstellungen. Da eine Bevollmächtigung von Frau XXXX vor Stellung der gegenständlichen Einreiseanträge nicht vorlag, war die Beschwerde mit der Maßgabe der Spruchkorrektur abzuweisen, was in Einklang mit der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes steht. Die maßgebliche Rechtsprechung wurde bei den Erwägungen wiedergegeben.
Schlagworte
Einreisetitel Familienangehöriger österreichische Botschaft ZurückweisungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W235.2204794.1.00Im RIS seit
14.10.2020Zuletzt aktualisiert am
14.10.2020