Entscheidungsdatum
30.06.2020Norm
B-VG Art133 Abs4Spruch
W114 2232370-1/2E
IM NAMEN DER REPUBLIK!
Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , vom 15.01.2020 gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 10.01.2020, II/4-DZ/19-14240843010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2019 zu Recht:
A)
Der Beschwerde wird stattgegeben.
Der angefochtene Bescheid wird insoweit abgeändert, als dem Antrag von XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , auf Gewährung einer top-up-Bonuszahlungen für Junglandwirte für das Antragsjahr 2019 stattgegeben wird.
Die AMA hat die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , bescheidmäßig mitzuteilen.
B)
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) nicht zulässig.
Text
ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:
I. Verfahrensgang
1. XXXX , XXXX , XXXX , BNr. XXXX , (im Weiteren: Beschwerdeführer oder BF) war von 04.05.2010 bis 31.12.2014 Obmann der Weidegemeinschaft XXXX . Als deren Obmann hat er in diesem Zeitraum für diese Weidegemeinschaft alle damit einhergehenden Aufgaben wahrgenommen.
2. Am 25.04.2019 stellte der Beschwerdeführer einen Mehrfachantrag-Flächen (MFA) für das Antragsjahr 2019 für im Rahmen des Antrags näher spezifizierte Flächen und beantragte damit u.a. auch die top-up Bonuszahlung für Junglandwirte.
3. Mit Bescheid der AMA vom 10.01.2020, II/4-DZ/19-14240843010, wurden dem BF für das Antragsjahr 2019 Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX , davon EUR XXXX als Basisprämie, EUR XXXX als Greeningprämie sowie EUR XXXX als gekoppelte Stützung gewährt. Der Antrag auf Gewährung einer top-up-Bonuszahlung für Junglandwirte wurde abgewiesen.
Begründend wird dazu unter Bezugnahme auf Art. 50 der Verordnung (EU) 1307/2013 in dieser Entscheidung hingewiesen, dass der Antrag auf Gewährung einer top-up-Bonuszahlung für Junglandwirte abzuweisen gewesen wäre, da der Beschwerdeführer bereits vor mehr als fünf Jahren vor dem im Rahmen der Basisprämie erstmalig gestellten Prämienantrag die Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs auf eigenen Namen und auf eigene Rechnung übernommen habe.
Dieser Bescheid wurde dem BF am 14.01.2020 zugestellt.
4. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer am 15.01.2020 Beschwerde.
Seine Beschwerde begründet der BF damit, dass er grundsätzlich gegen seinen Willen am 04.05.2010 zum Obmann der Weidegemeinschaft XXXX bestimmt worden sei. Gemäß den Bestimmungen des „Tiroler Landesgesetzes über die Verwaltung von Agrargemeinschaften“ müsse man die Wahl zum Obmann durch die eigenen Mitglieder annehmen. Er habe die Funktion als Obmann lediglich während der gesetzlich vorgesehenen Mindestdauer bis zum 31.12.2014 innegehabt. Bis zum MFA 2016 für seinen eigenen Betrieb mit der BNr. XXXX habe er keinen landwirtschaftlichen Betrieb auf eigenen Namen und eigene Rechnung bewirtschaftet. Vielmehr habe er den elterlichen Betrieb erst am 02.12.2015, also erst nach seiner Obmannschaft übernommen. Erst seit diesem Zeitpunkt bewirtschafte er einen landwirtschaftlichen Betrieb auf eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Daher habe er im Frühjahr 2016 mit dem MFA 2016 auch den Antrag auf Gewährung der Junglandwirteförderung erstmals gestellt.
Es sei erstaunlich, dass ihm mit Schreiben der AMA vom 05.01.2017 zur AZ II/4/17-5253878010, bei identem Sachverhalt mitgeteilt worden sei, dass er die sogenannte "Erste Niederlassungsprämie" in Höhe von € 7.000.-- erhalte. Es sei nicht nachvollziehbar, dass ihm bei identem Sachverhalt nunmehr von der AMA die Junglandwirteförderung verweigert werde. Zudem habe er als Obmann der Weidegemeinschaft XXXX diesen Betrieb niemals auf eigene Rechnung und Gefahr bewirtschaftet. Ein Obmann einer Weidegemeinschaft sei den Mitgliedern verpflichtet und trete gegenüber der Aufsichtsbehörde nicht als eigenverantwortlicher Bewirtschafter, sondern als Vertretungsbefugter der Gemeinschaft auf. Ein Obmann könne selbst keine eigenständigen Überlegungen und Verantwortung hinsichtlich Führung und Gebarung der Weidgemeinschaft anstrengen.
In einer Mitteilung vom 19.10.2016 sei ihm die Genehmigung der Existenzgründungsbeihilfe übermittelt worden, welche auch am 20.12.2016 ausbezahlt worden wäre.
5. Der Sachverhalt betreffend die Nichtgewährung der top-up-Bonuszahlung für Junglandwirte wurde bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes (BVwG) W114 2171345-1/4E für das Antragsjahr 2016 und mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes W114 2206431-1/4E für das Antragsjahr 2017 jeweils vom 24.02.2020, entschieden und den Beschwerden des BF stattgegeben. Gegen diese Entscheidungen wurde von der AMA weder eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) noch eine ordentliche bzw. außerordentliche Revision beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) erhoben.
Die in diesen Verfahren vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Facharbeiterbrief als Landwirtschaftlicher Facharbeiter der Landwirtschaftskammer Tirol vom 13.10.2007, werden diesem Verfahren zu Grunde gelegt.
6. Die AMA übermittelte dem Bundesverwaltungsgericht am 25.06.2020 die Beschwerde, die angefochtene Entscheidung und Unterlagen des bei der AMA geführten Verwaltungsverfahrens zur Entscheidung.
In einer den Unterlagen beigefügten „Aufbereitung für das BVwG“ verwies die AMA auf das Erkenntnis W114 2171345-1/4E vom 24.02.2020 und teilte mit, dass die Umsetzung im Zuge der nächsten Berechnung der Direktzahlungen 2016 und der Folgejahre im August 2020 erfolgen werde. Die AMA gelangte zur Ansicht, dass auch der gegenständliche Sachverhalt betreffend das Antragsjahr 2019 ebenfalls positiv zu berücksichtigen wäre.
II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:
1. Feststellungen (Sachverhalt):
1.1. Der Beschwerdeführer war von 04.05.2010 bis 31.12.2014 Obmann der Weidegemeinschaft XXXX . Als Obmann war er vertretungsbefugt alle für die Weidegemeinschaft XXXX erforderlichen Aufgaben zu erledigen und auch alle erforderlichen Anträge zu stellen, dies jedoch nicht in eigenem Namen und auf eigene Rechnung, sondern im Namen auf Rechnung der Weidegemeinschaft XXXX .
Gemäß § 35 Abs. 9 des Tiroler Flurverfassungslandesgesetzes 1996 - TFLG 1996, Tiroler LGBl. Nr. 74/1996 idF. Tiroler LGBl. Nr. 138/2019, vertritt der Obmann die Agrargemeinschaft/Weidegemeinschaft nach außen. Gemäß § 35 Abs. 6 TFLG 1996 ist jedes Mitglied der Agrargemeinschaft/Weidegemeinschaft verpflichtet, die Wahl (zum Obmann) anzunehmen.
1.2. Am 02.12.2015 begann der Beschwerdeführer mit der Bewirtschaftung seines Betriebes mit der BNr. XXXX . Erst ab diesem Zeitpunkt verfügte der Beschwerdeführer über die erforderlichen Flächen, um auf diesen eine Bewirtschaftung auf eigenen Namen und eigene Rechnung ausüben zu können.
1.3. Am 25.04.2019 stellte der Beschwerdeführer einen MFA für das Antragsjahr 2019 und beantragte damit u.a. die Zahlung für Junglandwirte (Top-up).
1.4. Am 13.10.2007 absolvierte der Beschwerdeführer erfolgreich die Prüfung zum Landwirtschaftlichen Facharbeiter. Der Beschwerdeführer wurde am XXXX geboren und war im verfahrensgegenständlichen Antragsjahr 2019 somit jünger als 40 Jahre.
1.5. Der Sachverhalt betreffend die Nichtgewährung der top-up-Bonuszahlung für Junglandwirte wurde bereits mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes W114 2171345-1/4E für das Antragsjahr 2016 und mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes W114 2206431-1/4E für das Antragsjahr 2017 jeweils vom 24.02.2020, entschieden und den Beschwerden des BF stattgegeben.
2. Beweiswürdigung:
Der wiedergegebene Verfahrensgang und die angeführten Feststellungen ergeben sich aus den von der AMA vorgelegten Verfahrensunterlagen sowie aus den Verfahrensunterlagen des BVwG.
Den nachvollziehbaren und glaubhaften Ausführungen des Beschwerdeführers in der Beschwerde wurde von der AMA nicht entgegengetreten.
Für das verfahrensgegenständliche Antragsjahr 2019 gelangte die AMA nachträglich ebenfalls zur Ansicht, dass der Antrag des Beschwerdeführers auf Gewährung der top-up-Bonuszahlung für Junglandwirte stattzugeben sei.
Dass der Beschwerdeführer im Antragsjahr 2019 jünger als 40 Jahre alt war und über einen erforderlichen Facharbeiterbrief verfügt, ist unbestreitbar.
3. Rechtliche Beurteilung:
Gemäß Art. 130 Abs. 1 Z 1 B-VG erkennen die Verwaltungsgerichte über Beschwerden gegen den Bescheid einer Verwaltungsbehörde wegen Rechtswidrigkeit.
Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden.
Gemäß § 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007, ist die AMA zuständige Marktordnungs-, Interventions- und Zahlstelle im Sinne dieses Bundesgesetzes, soweit sich nicht der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft im Interesse der Wahrung des Gesamtzusammenhangs und der Wirtschaftlichkeit der Verwaltung durch Verordnung Angelegenheiten der Vollziehung des gemeinschaftlichen Marktordnungsrechts vorbehält.
Gemäß § 1 AMA-Gesetz, BGBl. 376/1992, können Angelegenheiten, soweit diese durch Bundesgesetz oder durch Verordnungen, die auf Grund von Bundesgesetzen erlassen werden, an die AMA übertragen werden, von der AMA unmittelbar als Bundesbehörde besorgt werden.
Gemäß § 6 Bundesverwaltungsgerichtsgesetz (BVwGG), BGBl. I Nr. 10/2013 idF BGBl. Nr. 122/2013, entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist.
Gemäß § 17 Verwaltungsgerichtsverfahrensgesetz (VwGVG), BGBl. 33/2013 idF BGBl. Nr. 122/2013, sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes (AVG) mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, und jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem, dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.
Gemäß § 28 Abs. 1 VwGVG hat das Verwaltungsgericht die Rechtssache durch Erkenntnis zu erledigen, sofern die Beschwerde nicht zurückzuweisen oder das Verfahren einzustellen ist. Gemäß § 28 Abs. 2 VwGVG hat das Verwaltungsgericht über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG dann in der Sache selbst zu entscheiden, wenn
1. der maßgebliche Sachverhalt feststeht oder
2. die Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts durch das Verwaltungsgericht selbst im Interesse der Raschheit gelegen oder mit einer erheblichen Kostenersparnis verbunden ist.
Zu A)
a) Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:
Die Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17.12.2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013, lautet auszugsweise:
„Artikel 4
Begriffsbestimmungen und damit zusammenhängende Bestimmungen
(1) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Begriff
a) "Betriebsinhaber" eine natürliche oder juristische Person oder eine Vereinigung natürlicher oder juristischer Personen, unabhängig davon, welchen rechtlichen Status diese Vereinigung und ihre Mitglieder aufgrund nationalen Rechts haben, deren Betrieb sich im räumlichen Geltungsbereich der Verträge im Sinne des Artikels 52 EUV in Verbindung mit den Artikeln 349 und 355 AEUV befindet und die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübt;
b) "Betrieb" die Gesamtheit der für landwirtschaftliche Tätigkeiten genutzten und vom Betriebsinhaber verwalteten Einheiten, die sich im Gebiet desselben Mitgliedstaats befinden;
c) "landwirtschaftliche Tätigkeit"
i) die Erzeugung, die Zucht oder den Anbau landwirtschaftlicher Erzeugnisse, einschließlich Ernten, Melken, Zucht von Tieren sowie Haltung von Tieren für landwirtschaftliche Zwecke,
ii) die Erhaltung einer landwirtschaftlichen Fläche in einem Zustand, der sie ohne über die in der Landwirtschaft üblichen Methoden und Maschinen hinausgehende Vorbereitungsmaßnahmen für die Beweidung oder den Anbau geeignet macht, auf der Grundlage von Kriterien, die von den Mitgliedstaaten anhand eines von der Kommission vorgegebenen Rahmens festgelegt werden, oder
iii) die Ausübung einer von den Mitgliedstaaten festgelegten Mindesttätigkeit auf landwirtschaftlichen Flächen, die auf natürliche Weise in einem für die Beweidung oder den Anbau geeigneten Zustand erhalten werden;
[…]
e) "landwirtschaftliche Fläche" jede Fläche, die als Ackerland, Dauergrünland und Dauerweideland oder mit Dauerkulturen genutzt wird;
[…].“
"Artikel 30
Einrichtung und Verwendung der nationalen Reserve oder der regionalen Reserven
[...]
(6) Die Mitgliedstaaten verwenden ihre nationalen oder regionalen Reserven vorrangig dazu, Junglandwirten und Betriebsinhabern, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen, Zahlungsansprüche zuzuweisen.
[...]
(11) Für die Zwecke dieses Artikels gelten folgende Begriffsbestimmungen:
a) "Junglandwirte" sind Betriebsinhaber, die die Bedingungen des Artikels 50 Absatz 2 und gegebenenfalls die Bedingungen des Artikels 50 Absätze 3 und 11 erfüllen;
b) "Betriebsinhaber, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen" sind natürliche oder juristische Personen, die in den fünf Jahren vor Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit weder in eigenem Namen und auf eigene Rechnung eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt haben noch die Kontrolle einer juristischen Person innehatten, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübte. Bei juristischen Personen darf/dürfen die natürliche(n) Person(en), die die Kontrolle der juristischen Person innehat/innehaben, in den fünf Jahren vor Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit durch die juristische Person weder in eigenem Namen und auf eigene Rechnung eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt noch die Kontrolle einer eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausübenden juristischen Person innegehabt haben. Die Mitgliedstaaten können eigene zusätzliche objektive und nichtdiskriminierende Förderkriterien für diese Kategorie von Betriebsinhabern im Hinblick auf einschlägige Qualifikationen, Erfahrung oder Ausbildung festlegen."
„Zahlung für Junglandwirte
Artikel 50
Allgemeine Vorschriften
(1) Die Mitgliedstaaten gewähren eine jährliche Zahlung an Junglandwirte, die Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Kapitel 1 haben (im Folgenden "Zahlung für Junglandwirte").
(2) Im Sinne des vorliegenden Kapitels gelten als "Junglandwirte" natürliche Personen, die
a) sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niederlassen oder die sich während der fünf Jahre vor dem im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 erstmalig gestellten Beihilfeantrag bereits in einem solchen Betrieb niedergelassen haben und
b) im Jahr der Antragstellung gemäß Buchstabe a nicht älter als 40 Jahre sind.
(3) Die Mitgliedstaaten können in Bezug auf die einschlägigen Qualifikationen und/oder Ausbildungsanforderungen weitere objektive und nichtdiskriminierende Förderkriterien für Junglandwirte definieren, die einen Antrag auf die Zahlung für Junglandwirte stellen.
[…]
(8) In Abweichung von den Absätzen 6 und 7 können die Mitgliedstaaten jährlich den Betrag der Zahlung für Junglandwirte berechnen, indem ein Zahlenfaktor, der 25 % der nationalen Durchschnittszahlung je Hektar entspricht, mit der Zahl der Zahlungsansprüche, die der Betriebsinhaber gemäß Artikel 32 Absatz 1 aktiviert hat, oder mit der Zahl der beihilfefähigen Hektarflächen, die der Betriebsinhaber gemäß Artikel 36 Absatz 2 angemeldet hat, multipliziert wird.
Die nationale Durchschnittszahlung je Hektar wird berechnet, indem die nationale Obergrenze für das Kalenderjahr 2019 gemäß Anhang II durch die gemäß Artikel 33 Absatz 1 oder Artikel 36 Absatz 2 angemeldete beihilfefähige Hektarfläche geteilt wird.
[…].“
Die Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlungs-Verordnung 2015 – DIZA-VO), BGBl. II Nr. 368/2014, lautet auszugsweise:
„Vorschriften zu sonstigen Zahlungen
Zahlung für Junglandwirte
§ 12. Junglandwirte, die die Zahlung gemäß Art. 50 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 beantragen, müssen spätestens zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit eine für die Bewirtschaftung des Betriebs geeignete Facharbeiterprüfung oder eine einschlägige höhere Ausbildung nachweisen. Diese Frist kann in begründeten Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände auf Antrag des Junglandwirts, der vor Ablauf der zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit zu stellen ist, um ein Jahr verlängert werden.“
§ 19 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Durchführung der gemeinsamen Marktorganisationen (Marktordnungsgesetz 2007 – MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idF. BGBl. I Nr.104/2019 lautet:
„§ 19. […] (3) Das Bundesverwaltungsgericht kann der AMA auftragen, gemäß den Vorgaben im Erkenntnis die entsprechenden Berechnungen durchzuführen und das Ergebnis bescheidmäßig mitzuteilen.“
b) Daraus folgt rechtlich:
1. Mit dem Antragsjahr 2015 kam es zu einer Reform der Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Die Einheitliche Betriebsprämie wurde von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, darunter die Zahlung für Junglandwirte, abgelöst, die im vorliegenden Fall strittig ist.
Die grundsätzlichen Voraussetzungen für die Gewährung der Junglandwirteförderung enthält Art. 50 VO 1307/2013. Dabei ist zunächst fraglich, ob Art. 50 Abs. 2 lit. a VO 1307/2013 gleiche Fördervoraussetzungen für Gegenwart und Vergangenheit normiert, ob die Bestimmung also regelt, dass jemand, der sich nicht erstmals im Antragsjahr in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niedergelassen hat, sich während der letzten fünf Jahre in einem solchen Betrieb niedergelassen oder ebenfalls „als Betriebsleiter“ niedergelassen haben muss. Sinn und Zweck der Regelung legen nahe, dass der Verordnungsgeber dieselben Voraussetzungen für das aktuelle Antragsjahr wie für die vergangenen fünf Jahre festlegen wollte. Dabei ist auf Erwägungsgrund 47 der VO 1307/2013 zu verweisen; dieser lautet:
„Die Gründung und der Aufbau neuer Wirtschaftsunternehmen im Agrarsektor durch Junglandwirte stellt für diese eine finanzielle Herausforderung dar, die bei der gezielten Gewährung von Direktzahlungen zu berücksichtigen ist. Solche unternehmerische Initiative ist von entscheidender Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit des Agrarsektors in der Europäischen Union, weshalb eine Einkommensstützung für Junglandwirte am Beginn ihrer landwirtschaftlichen Unternehmertätigkeit bereitgestellt werden sollte, um die Erstniederlassung von Junglandwirten und die anschließende strukturelle Anpassung ihrer Betriebe zu erleichtern. Zu diesem Zweck sollten die Mitgliedstaaten einen Teil der Mittel im Rahmen ihrer nationalen Obergrenzen für Direktzahlungen dazu verwenden, dass an Junglandwirte zusätzlich zur Basisprämie eine jährliche Zahlung gewährt wird. Die Mitgliedstaaten sollten die Möglichkeit haben, über eine Methode zur Berechnung dieser Zahlung zu entscheiden und – falls diese eine Verpflichtung zur Begrenzung der an jeden Betriebsinhaber zu leistenden Zahlung beinhaltet – ist der entsprechende Grenzwert unter Einhaltung der allgemeinen Prinzipien des Unionsrechts festzusetzen. Da sie nur die Aufbauphase eines Unternehmens unterstützen und nicht zu einer laufenden Betriebsbeihilfe werden sollte, sollte diese Zahlung für einen Höchstzeitraum von fünf Jahren gewährt werden. Sie sollte Junglandwirten zur Verfügung stehen, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnehmen und im Jahr der ersten Einreichung eines Antrags im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung nicht älter als 40 Jahre sind.
Zweck der Regelung ist es somit, Junglandwirte am Beginn und in der Aufbauphase ihrer landwirtschaftlichen unternehmerischen Tätigkeit zu unterstützen, nicht in einer Zeit, in der sie ohne Unternehmer zu sein in einem landwirtschaftlichen Betrieb mitarbeiten. Der Junglandwirt muss sich somit also während der letzten fünf Jahre als Betriebsleiter in einem Betrieb niedergelassen haben; die bloße landwirtschaftliche Tätigkeit in einem Betrieb wird in diese Zeit nicht eingerechnet.“
Damit war vorweg zu prüfen, was unter einem Junglandwirt überhaupt zu verstehen ist.
Art. 30 Abs. 11 lit. a VO (EU) 1307/2013 verweist darauf, dass es sich bei einem Junglandwirt um einen Betriebsinhaber handelt, der eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnimmt. Der Verordnungsgeber hat dabei in Art. 30 Abs. 11 lit. b VO (EU) 1307/2013 erklärend ausgeführt, was unter einem Betriebsinhaber, der eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnimmt, zu verstehen ist. Damit gelangt man bei der Frage nach der Definition des Junglandwirtes über den Zwischenschritt des Betriebsinhabers, der eine landwirtschaftliche Tätigkeit aufnimmt, (in der gegenständlichen Angelegenheit) zum Ergebnis, dass ein Junglandwirt eine natürliche Person ist, die in den Jahren vor Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit weder im eigenen Namen noch auf eigene Rechnung eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt habt oder die Kontrolle über eine juristische Person gehabt hat, die eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat.
Das trifft auf den Beschwerdeführer zu, da er als Obmann der Weidegemeinschaft XXXX weder selbst in eigenem Namen (sondern im Namen der Weidegemeinschaft XXXX ) noch auf eigene Rechnung (im Innenverhältnis der Mitglieder der Weidegemeinschaft XXXX ist zu regeln, wie mit allfälligen Gewinnen umzugehen ist bzw. wie allfällige Aufwendungen von den Mitgliedernder Weidegemeinschaft zu begleichen sind) und auch nicht einen anderen Bewirtschafter kontrollierend (er selbst unterlag als Obmann der Kontrolle durch Gremien der Weidegemeinschaft XXXX ) eine landwirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat (vgl. BVwG W118 2143428-1 vom 23.01.2017). Damit kommt man zum Ergebnis, dass der Beschwerdeführer im verfahrensgegenständlichen Antragsjahr 2019 Junglandwirt im Sinne der anzuwendenden oben wiedergegebenen verfahrensgegenständlichen Bestimmungen war.
Da er darüber hinaus auch im verfahrensgegenständlichen Antragsjahr 2019 jünger als 40 Jahre alt war und auch über einen erforderlichen Ausbildungsnachweis verfügt, erfüllt er alle Voraussetzungen für die Zuerkennung der beantragten top-up-Bonuszahlung für Junglandwirte im Antragsjahr 2019.
Die Berechnung der ihm konkret zustehenden Zahlungsansprüche hat unter Anwendung des § 8a Abs. 2 i.V.m. § 19 Abs. 3 MOG 2007 zu erfolgen. Darauf aufbauend sind von der AMA die dem Beschwerdeführer zustehenden Direktzahlungen zu berechnen.
Zu B)
Zur Nichtzulassung der ordentlichen Revision:
Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Die Rechtslage ist eindeutig.
Schlagworte
Altersgrenze Anspruchsvoraussetzungen Ausbildung beihilfefähige Fläche Beihilfefähigkeit Berechnung Bescheidabänderung Bewirtschaftung Direktzahlung INVEKOS Junglandwirt landwirtschaftliche Tätigkeit landwirtschaftlicher Betrieb Mehrfachantrag-Flächen Mitteilung Prämienfähigkeit Prämiengewährung VoraussetzungenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:BVWG:2020:W114.2232370.1.00Im RIS seit
14.10.2020Zuletzt aktualisiert am
14.10.2020