TE Bvwg Beschluss 2020/7/10 W131 2230989-3

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 10.07.2020
beobachten
merken

Entscheidungsdatum

10.07.2020

Norm

ABGB §7
BVergG 2018 §327
BVergG 2018 §328 Abs1
BVergG 2018 §333
BVergG 2018 §340
BVergG 2018 §341
BVergG 2018 §346
BVergG 2018 §351 Abs1
B-VG Art133 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §31 Abs1

Spruch

W131 2230989-3/6E

BESCHLUSS

Das Bundesverwaltungsgericht hat durch den Richter Mag Reinhard GRASBÖCK als Einzelrichter betreffend die Pauschalgebührenersatzbegehren der anwaltlich vertretenen XXXX iZm einem Nachprüfungs- und Sicherungsantrag betreffend eine gesondert anfechtbaren Entscheidung im Vergabeverfahren der Bundesbeschaffung GmbH samt weiteren Auftraggebern mit der Bezeichnung „Winterdienstleistungen“, BBG-GZ 2704.03605, beschlossen:

A)

Die Bundesbeschaffung GmbH ist schuldig, der XXXX binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution insgesamt 14.580,00 Euro an Pauschalgebührenersatz zu bezahlen.

B)

Die Revision ist gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig.


Text


BEGRÜNDUNG:

I. Verfahrensgang:

1. Die Antragstellerin (= ASt) begehrte iZm dem im Entscheidungskopf ersichtlichen Vergabeverfahren neben der Nichtigerklärung einer gesondert anfechtbaren Entscheidung, nämlich der Entscheidung, die Antragstellerin nicht zur Teilnahme am weiteren Vergabeverfahren hinsichtlich Los 3 „Nord Oberösterreich Salzburg“ zuzulassen, auch die Erlassung einer einstweiligen Verfügung (= eV) iZm dem Vergabelos 3 zur Absicherung ihres Nichtigerklärungsantrags; und weiters Pauschalgebührenersatz.

2. Auftraggeberseitig trat die Finanzprokuratur als Rechtsvertreter aller Auftraggeber auf, das sind 1. die Republik Österreich (Bund), 2. die Bundesbeschaffung GmbH (= BBG) und 3. alle weiteren Auftraggeber gemäß einer den Ausschreibungsunterlagen beiliegenden Kundenliste der BBG. Vergebende Stelle war die BBG, die gegenständlich eine zentrale Beschaffungsstelle nach § 2 Z 47 BVergG war und ist.

3. Der Sicherungsantrag (= eV - Antrag) wurde mit einem am 05.06.2020 protokollierten Schriftsatz zurückgezogen, nachdem die Auftraggeberseite die ASt durch Versendung einer Widerrufsentscheidung vorerst im Sicherungspunkt klaglos gestellt hatte.

4. Nach der letztlich unangefochten gebliebenen Widerrufsentscheidung erklärte die Auftraggeberseite den Widerruf des Vergabeverfahrens und reagierte die ASt mit der Zurückziehung des Nachprüfungsantrags wegen eingetretener Klaglosstellung auch im Nachprüfungspunkt.

5. Pauschalgebührenrechtlich verlangte das BVwG von der ASt insgesamt 19.440 Euro an Pauschalgebühren, wie aus dem nachstehend ersichtlich Text eines Gebührenverbesserungsauftrags (= OZ 13 des Verfahrensakts W131 2230989-2) ersichtlich:

[...]

3. Hingewiesen wird darauf, dass die Auftraggeberseite heute eine Stellungnahme

eingebracht hat, wonach der geschätzte Auftragswert des strittigen Loses rund 3,24 Mio Euro

beträgt. Die Bundesbeschaffung GmbH (= BBG) - ist gegenständlich selbst einer der

streitverfangenen Auftraggeber, wobei die BBG des gemäß Anhang 3 zum BVergG 2018 und

dort Z 14 ein zentraler öffentlicher Auftraggeber ist.

Ausgehend von dem diesbezüglich in § 12 Abs 1 Z 1 genannten Mindestauftragswert von

144.000 Euro beträgt das 20-fache des gerade genannten gesetzlichen Mindestauftragswerts

2,880.000 Euro.

Sohin waren gegenständlich für den Nachprüfungsantrag und den eV-Antrag gemäß der

Verordnung BGBl II 2018/212 Pauschalgebühren in der Höhe von (2.160 x 6) Euro, das sind

12.960 Euro und zusätzliche 50 % der Nachprüfungsgebühr für den eV-Antrag zu entrichten.

Da die Antragstellerin nach dem eigenen Vorbringen bislang nur 3.240 Euro an

Pauschalgebühren bezahlt hat, wird sie hiermit im Wege einer gebührenrechtlichen

Antragsverbesserung im Sinne der §§ 344 Abs 2 Z 3 und 350 Abs 7 BVergG 2018 aufgefordert,

unverzüglich, jedoch spätestens bis zum 26.05.2020 den Differenzbetrag von (19.440 - 3.240 =) 16.200 Euro an das Bundesverwaltungsgericht in gesetzlicher Weise gemäß § 340 Abs 1

Z 3 BVergG 2018 zu entrichten. Bei nicht fristgerechter Entrichtung wird der

Nachprüfungsantrag und der eV-Antrag mangels gebührenrechtlicher Verbesserung

zurückgewiesen werden.

[...]

...

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen (samt Beweiswürdigung)

Die obige Verfahrensgangschilderung mit den darin festgehaltenen Vergabeverfahrenstatsachen wird als spruchrelevanter Sachverhalt festgestellt und ergibt sich aus den Gerichtsakten.

Zudem wird festgestellt, dass die ASt insgesamt 19.440 Euro als Pauschalgebühren an das BVwG entrichtet hat, wie im Verbesserungsauftrag letztlich verlangt.

2.

Zu A) Zur Gebührenauferlegung im 75% - Ausmaß

2.1. Das BVwG hatte gegenständlich gemäß § 328 Abs 1 BVergG, BGBl I 2018/65 in Einzelrichterbesetzung zu entscheiden und dabei gemäß § 333 BVergG subsidiär das VwGVG und die in § 333 BVergG verwiesenen Bestimmungen des AVG anzuwenden.

§ 341 BVergG lautet in den hier interessierenden Teilen:

(1) Der vor dem Bundesverwaltungsgericht auch nur teilweise obsiegende Antragsteller hat Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 340 entrichteten Gebühren durch den Auftraggeber. Der Antragsteller hat ferner Anspruch auf Ersatz seiner gemäß § 340 entrichteten Gebühren, wenn er während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird.

(2) Ein Anspruch auf Ersatz der Gebühren für einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung besteht nur dann, wenn
1.         dem Nachprüfungsantrag (Hauptantrag) stattgegeben wird oder wenn der Antragsteller während des anhängigen Verfahrens klaglos gestellt wird und
2.         dem Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung stattgegeben wurde bzw. im Falle der Klaglosstellung stattzugeben gewesen wäre oder der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung nur wegen einer Interessenabwägung abgewiesen wurde oder im Falle der Klaglosstellung abzuweisen gewesen wäre.

(3) Über den Gebührenersatz hat das Bundesverwaltungsgericht spätestens drei Wochen ab jenem Zeitpunkt zu entscheiden, ab dem feststeht, dass ein Anspruch auf Gebührenersatz besteht.

2.2. Die Auftraggeberseite hat der mit Nachprüfungsantrag bekämpften Entscheidung, die ASt nicht zur zweiten Vergabeverfahrensstufe zuzulassen, durch die nachmalige Widerrufsentscheidung derogiert, womit die ASt zutreffend ihren Sicherungsantrag wegen nachträglicher Klaglosstellung im Sicherungspunkt zurückgezogen hat.

Spätestens durch die Widerrufserklärung hat die Auftraggeberseite die ASt auch im Nachprüfungspunkt klaglos gestellt.

2.3. Die ASt hat wegen jeweiliger Klaglosstellung ihren eV - Antrag und ihren Nachprüfungsantrag unverzüglich zurückgezogen, bevor darüber verhandelt oder entschieden wurde, womit rückwirkend gemäß § 340 Abs 1 Z 7 BVergG nur 75% der Pauschalgebühren (im ursprünglich geschuldeten Betrag von 19.440 Euro) zu entrichten waren, das sind 14.580 Euro.

Die ASt hat - in hier ausdrücklich erfolgender verweisender Übernahme der Gebührenauffassung, wie im oben wiedergegebenen Verbesserungsauftrag ersichtlich - ursprünglich ingesamt 19.440 Euro an Pauschalgebühren gesetzmäßig geschuldet bezahlt.

2.4. Insoweit war die Auftraggeberseite unter Berücksichtigung des § 340 Abs 1 Z 7 BVergG nur zur Bezahlung des im Spruch ersichtlichen Betrags zu verpflichten, während die restlichen 25% der bezahlten Gebühr nach hier vertretener Auffassung nunmehr Gegenstand einer Rückzahlung durch das BVwG/den Bund an die ASt sind.

2.5. Gegenständlich traten neben der BBG noch weitere Rechtsträger als Auftraggeber auf. Die BBG wurde dadurch als zentrale Beschaffungsstelle und vergebende Stelle alleinige auftraggeberseitge (Haupt-) Verfahrenspartei im Nachprüfungsverfahren und im eV - Verfahren - §§ 346 Abs 1 und 351 Abs 1 BVergG.

Da der Gesetzgeber diesen Parteieintritt für andere Auftraggeber im Gebührenersatzverfahren nach § 341 BVergG nicht vorgesehen hat, war die Frage zu klären, welcher bzw welche Auftraggeber zum Pauschalgebührenersatz zu verpflichten sind.

Nachdem der Pauschalgebührenersatz nach § 341 BVergG nach dem Konzept des BVergG letztlich auf auftraggeberseitg rechtswidrige Vergabeverfahrenshandlungen zurückgeht, ist nach hier vertretener Auffassung mangels besonderer Regelungen im BVergG analog gemäß § 7 ABGB auf die schadenersatzrechtliche Regelung des § 1302 Satz 2 2. Fall ABGB zurückzugreifen, nach welcher mangels Klarheit über die Schädigungs- bzw Verursachungsanteile der einzelnen Haftungsverantwortlichen jeder [hier:] Auftraggeber auf das Ganze in Anspruch genommen werden kann und sich danach im Innenverhältnis allenfalls (teil-) regressieren kann.

Insoweit war es iZm der vorliegenden Auftraggebermehrheit sachgerecht iSd Art 7 B-VG und Art 2 StGG, der BBG (als auch zentraler Beschaffungsstelle und vergebender Stelle) den gesamten Pauschlgebührenersatz in dem gegenüber der Antragstellerin aktuell geschuldeten Ausmaß gemäß § 341 BVergG aufzuerlegen.

B) Zulässigkeit der Revision

Gemäß § 25a Abs 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art 133 Abs 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision war gemäß Art 133 Abs 4 B-VG gegenständlich zuzulassen, weil noch keine gefestigte Rsp des VwGH insb auch zur grundsätzlichen Rechtsfrage vorliegt, wie der Spruch über die Pauschalgebührenauferlegung bei mehreren ersatzpflichtigen Auftraggebern und einer für diese Auftraggeber insgesamt tätigen vergebenden Stelle und gleichzeitig zentralen Beschaffungsstelle zu formulieren ist.

Schlagworte

einstweilige Verfügung Klaglosstellung Nachprüfungsantrag Nachprüfungsverfahren Nicht-Zulassung zur 2. Stufe des Verhandlungsverfahrens Obsiegen Pauschalgebührenersatz Vergabeverfahren Widerrufsentscheidung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W131.2230989.3.00

Im RIS seit

14.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
Zurück Haftungsausschluss Vernetzungsmöglichkeiten

Sofortabfrage ohne Anmeldung!

Jetzt Abfrage starten