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32/02 Steuern vom Einkommen und Ertrag;Norm
EStG 1988 §16 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Weiss und die Hofräte Dr. Karger, Dr. Graf, Mag. Heinzl und Dr. Zorn als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Hajicek, über die Beschwerde der G in L, vertreten durch Dr. Thomas Gratzl, Rechtsanwalt in Wels, Ringstraße 35/1, gegen den Bescheid der Finanzlandesdirektion für Oberösterreich vom 8. April 1993, Zl 45/3-5/Ae-1993, betreffend Jahresausgleich für 1990, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Beschwerdeführerin, eine Volksschullehrerin, machte im Rahmen des Jahresausgleiches für 1990 unter anderem Aufwendungen für ein im Wohnungsverband gelegenes Arbeitszimmer in Höhe von rund S 29.000,-- geltend.
In einer Berufung gegen den Jahresausgleichsbescheid, in welchem diese Aufwendungen mangels Notwendigkeit nicht als Werbungskosten anerkannt worden waren, führte die Beschwerdeführerin im wesentlichen aus, das Arbeitszimmer werde ausschließlich zur Vorbereitung auf den Unterricht bzw. zur Korrektur von Schularbeiten verwendet. Dies beinhalte in der Hauptsache das Erarbeiten und Vervollkommen neuer Lehrmethoden (zB "freies Lernen"). Da solche Lehrmethoden in den Lehrplänen kaum vorgesehen seien, gelte es, die Lehrbehelfe selbst zu gestalten und Arbeitsunterlagen zu produzieren. Das Arbeitszimmer sei von der Einrichtung her (Schreibtisch, Sessel, Kommode und Kasten) ganz auf die beruflichen Bedürfnisse der Beschwerdeführerin abgestellt und diene ausschließlich der Erwerbung, Sicherung und Erhaltung der Einnahmen im Sinne des § 16 Abs 1 EStG 1988. Für die Notwendigkeit des Arbeitszimmer spreche die Tatsache, daß Dienstort und Wohnort nicht ident seien und es somit nicht möglich sei, die Lehrbehelfe und Produktionsmittel, die in erheblichem Umfang anfielen, täglich zu transportieren. Auch das Konferenzzimmer sei dafür gänzlich ungeeignet, weil dort ein konzentriertes und kreatives Arbeiten nicht möglich sei. Es fehle an der nötigen Ruhe, da sich dort mehrere Kollegen gleichzeitig aufhielten. Dies wirke sich negativ auf die Tätigkeit der Beschwerdeführerin aus. Es sei daher für die Tätigkeit der Beschwerdeführerin ein eigenes Arbeitszimmer notwendig und diene dieser Raum ausschließlich dem genannten Berufszweck.
Nach Erlassung einer Berufungsvorentscheidung und einem rechtzeitigen Antrag auf Entscheidung über die Berufung durch die Abgabenbehörde zweiter Instanz ergänzte die Beschwerdeführerin ihr Berufungsvorbringen unter anderem dahin, daß sie ihrem Beruf mit vollstem Engagement gegenübertrete und deshalb auch viel mehr Zeit aufwende als in landläufiger und klischeehafter Vorstellung von einer Volksschullehrerin erwartet werde. Dies äußere sich in einer sehr intensiven Benützung des Arbeitszimmers am Morgen in der Zeit zwischen 5.30 Uhr und 7.00 Uhr vor Schulbeginn und am Abend in der Zeit zwischen 18.00 Uhr und 22.00 Uhr. Der Nachmittag sei meist der administrativen Tätigkeit vorbehalten. Es wäre also kaum möglich, für die Vorbereitung auf den täglichen Unterricht das Konferenzzimmer zu benützen, da auch die Wegstrecke zwischen Dienstort und Wohnort einzurechnen sei.
Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die Berufung ab. Dies im wesentlichen mit der Begründung, daß bei einer Volksschullehrerin eine berufliche Notwendigkeit für ein häusliches Arbeitszimmer nicht gegeben sei. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seinem Erkenntnis vom 19. Februar 1969, 205/68, ausgesprochen, daß ein Mittelschullehrer seine berufliche Tätigkeit hauptsächlich in den Räumen der Schule zu erbringen habe, wobei freilich auch eine Vorbereitungs- und Korrekturtätigkeit erforderlich sei, für die er mehrere Stunden des Tages auch einen Raum seiner Wohnung in Anspruch nehmen könne. Dies reiche jedoch nicht aus, um die anteiligen Kosten für diesen Raum als ausschließlich durch die berufliche Tätigkeit bedingt ansehen zu können. Diese rechtlichen Ausführungen müßten nach Ansicht der belangten Behörde auch für eine Volksschullehrerin gelten. Wenn die Beschwerdeführerin vorbringe, daß das Konferenzzimmer der Volksschule "normalerweise" ungeeignet sei, schulische Vorbereitungs- und Korrekturarbeiten zu erledigen, so sei dem entgegenzuhalten, daß dort täglich mehrere Arbeitsstunden für schulische Arbeiten verbracht würden. Außerdem stünden nach Unterrichtsschluß den Lehrkräften auch die einzelnen Klassenräume für schulische Vorbereitungen zur Verfügung. Daran könne auch der Hinweis der Beschwerdeführerin nichts ändern, daß täglich Reinigungsarbeiten in den Klassenzimmern einer solchen Tätigkeit entgegenstünden, weil dieser Arbeitsprozeß nicht andauernd, sondern zeitlich beschränkt sei. Gerade Volksschulklassen, wo kein regelmäßiger Nachmittagsunterricht stattfinde, erlaubten eine weitgehende Benützung der Klassenzimmer nach Unterrichtsschluß für allfällige Korrekturarbeiten. Die von der Beschwerdeführerin ins Treffen geführte intensive Benützung des Arbeitsraumes in den frühen Morgenstunden, sowie in den späten Abend- und Nachtstunden (somit ein tägliches Zeitausmaß von fünfeinhalb Stunden) erscheine nicht glaubhaft. Da die volle Lehrverpflichtung einer Volksschullehrerin durchschnittlich 20 Wochenstunden umfasse und laut Angaben der Schulleitung eine Volksschullehrerin in der Regel für schulische Vorbereitungsarbeiten ein ebensolches Zeitausmaß aufzuwenden habe, könne auch im vorliegenden Fall die wöchentliche Vorbereitungszeit mit 20 Stunden angenommen werden.
Die Beschwerdeführerin erachtet sich durch den angefochtenen Bescheid in ihrem Recht, nur jene Steuerleistung erbringen zu müssen, die gesetzlich als Verpflichtung statuiert sei, verletzt und beantragt die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Aufwendungen, die in gleicher Weise mit der Einkunftserzielung wie mit der privaten Lebensführung zusammenhängen können, bei denen die Behörde aber nicht in der Lage ist zu prüfen, ob die Aufwendungen durch die Einkunftserzielung oder durch die private Lebensführung veranlaßt worden sind, darf die Behörde nicht schon deshalb als Betriebsausgaben bzw Werbungskosten anerkennen, weil die im konkreten Fall gegebene Veranlassung nicht feststellbar ist. In Fällen von Aufwendungen, die ihrer Art nach eine private Veranlassung nahelegen, darf die Veranlassung durch die Einkunftserzielung vielmehr nur dann angenommen werden, wenn sich die Aufwendungen als für die betriebliche bzw berufliche Tätigkeit notwendig erweisen. Die Notwendigkeit bietet in derartigen Fällen das verlässliche Indiz der betrieblichen bzw beruflichen im Gegensatz zur privaten Veranlassung (vgl das hg Erkenntnis vom 29. Mai 1996, 93/13/0013).
Im Beschwerdefall ist unbestritten, daß auch der Beschwerdeführerin am Arbeitsort ein Arbeitsplatz, ja sogar zwei Arbeitsplätze, nämlich das Konferenzzimmer einerseits und das Klassenzimmer andererseits, zur Verfügung stehen. In ihrer Beschwerde wiederholt die Beschwerdeführerin allerdings ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren, daß das Konferenzzimmer "normalerweise" für schulische Korrektur- und Vorbereitungsarbeiten - welche von einer Volksschullehrerin neben der Lehrverpflichtung von 20 bis 24 Stunden zu verrichten seien - nicht geeignet sei, weil dieses Zimmer wegen seiner verschiedenen Funktionen (schulischer Treff- und Stützpunkt, Aufstellungsort eines Kopiergerätes und eines Küchenblocks etc) ein konzentriertes Arbeiten nicht ermögliche, sondern gegebenenfalls nur einfache, administrative Tätigkeit zulasse. Im Klassenzimmer seien die Korrektur- und Vorbereitungsarbeiten nicht möglich, weil dort unmittelbar nach Unterrichtsschluß - ebenso wie anzunehmenderweise auch im Konferenzzimmer - Reinigungsarbeiten einsetzten. Die Beschwerdeführerin räumt zwar ein, es sei richtig, daß dieser Arbeitsprozeß nicht andauernd, sondern nur zeitlich beschränkt sei. Es könne jedoch weder dem Lehrer zugemutet werden, so lange mit seinen Arbeiten zuzuwarten, bis die Reinigungen abgeschlossen seien, noch könne dem Reinigungspersonal zugemutet werden, mit der Reinigung des Klassenzimmers so lange zuzuwarten, bis der jeweilige Lehrer seine Vorbereitungsarbeiten abgeschlossen habe.
Nun mag es zutreffen, daß sich das Konferenzzimmer nur sehr eingeschränkt für die von der Beschwerdeführerin insbesondere in der Berufung erwähnten Arbeiten eignet. Nicht geteilt werden kann allerdings die Ansicht der Beschwerdeführerin, daß es allein wegen der erfolgenden Reinigungsarbeiten nicht möglich sei, das nach Unterrichtsschluß leerstehende Klassenzimmer für die entsprechenden Arbeiten zu nützen. Zu Recht und von der Beschwerdeführerin im wesentlichen unwidersprochen hat die belangte Behörde in diesem Zusammenhang die Ansicht vertreten, daß es sich dabei um keine andauernde, sondern nur um eine zeitlich beschränkte Beeinträchtigung handle. Warum es insbesondere für den Lehrer nicht zumutbar sein sollte, für den Zeitraum der Reinigung des Klassenzimmers, allenfalls die Tätigkeit kurz zu unterbrechen oder, sollte es zutreffen, daß gerade das Zimmer, in welchem die Beschwerdeführerin ihre Klasse unterrichtet, unmittelbar nach dem Unterricht gereinigt wird, eine kurze (Erholungs-)Pause einzulegen, wird von der Beschwerdeführerin nicht dargetan. Allenfalls wäre es auch möglich, während dieser Zeitspanne in das Konferenzzimmer auszuweichen und dort die regelmäßig anfallenden administrativen Arbeiten, die nach dem Vorbringen der Beschwerdeführerin auch im Konferenzzimmer ausgeübt werden können, zu erledigen. Für und nicht gegen die Verwendung des Klassenzimmers spricht im übrigen das Berufungsvorbringen, es sei "nicht möglich", die erheblich anfallenden Lehrbehelfe und "Produktionsmittel" - was immer die Beschwerdeführerin unter letzterem versteht - täglich zwischen Wohnort und dem örtlich davon entfernten Dienstort zu transportieren. Da die Lehrbehelfe und Produktionsmittel wohl in erster Linie in der Schule Verwendung finden, bedarf es bei entsprechender Verwendung des Klassenzimmers keines täglichen Transportes zwischen Wohnort und Dienstort.
Die Beschwerdeführerin rügt in ihrer Beschwerde überdies, daß die belangte Behörde die Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers in der Zeit zwischen 18.00 Uhr bis 22.00 Uhr sowie zwischen 5.30 Uhr und 7.00 Uhr als nicht glaubhaft beurteilt hat. Hiezu ist zu sagen, daß die Beurteilung, die Beschwerdeführerin hätte neben der Unterrichtszeit und ihrer laut Schriftsatz vom 30. September 1992 meist am Nachmittag erbrachten administrativen Arbeit sich nicht auch noch in dieser Zeit beruflich betätigt, schon deshalb nicht unschlüssig ist, weil die Beschwerdeführerin über das Ausmaß der neben der Lehrverpflichtung erbrachten Tätigkeiten insofern widersprüchliche Angaben machte, als sie laut einer in den Verwaltungsakten erliegenden Niederschrift angegeben hatte, für administrative Tätigkeiten fünf Stunden wöchentlich und drei bis vier Stunden täglich (im Arbeitszimmer) aufzuwenden.
Wenn die belangte Behörde daher als erwiesen angenommen hat, daß die Beschwerdeführerin neben ihrer Lehrverpflichtung in etwa die gleiche Zeit für Korrektur- und Vorbereitungsarbeiten sowie administrative Arbeiten aufwendete und für diese Tätigkeiten ein häusliches Arbeitszimmer nicht unbedingt notwendig war, so ist dies nicht rechtswidrig.
Bei dieser Beurteilung kommt der Frage, ob eine private Nutzung des Arbeitszimmers praktisch ausgeschlossen ist, keine entscheidende Bedeutung mehr zu. Verwendete die Beschwerdeführerin nämlich ohne unbedingte Notwendigkeit statt des ihr am Dienstort zur Verfügung stehenden Arbeitsplatzes ihr häusliches Arbeitszimmer, so sind hiefür private und daher steuerrechtlich unbeachtliche Gründe maßgebend. Daran ändert auch der allgemein bekannte Umstand nichts, daß im Lehrberuf tätige Personen, weitaus überwiegend Korrektur- und Vorbereitungsarbeiten zu Hause erledigen.
Es erübrigt sich daher ein Eingehen auf das weitere Beschwerdevorbringen zur ausschließlich beruflichen Nutzung des häuslichen Arbeitszimmers.
Soweit die Beschwerdeführerin rügt, die belangte Behörde habe sich auf allgemeine Begründungen, wie "in der Regel", "meist", "bei einem Lehrer" usw gestützt, anstatt den Fall individuell zu beurteilen, ist darauf hinzuweisen, daß es auch bei im Lehrberuf tätigen Personen Sachverhaltskonstellationen geben mag, bei denen die unbedingte Notwendigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers als gegeben anzunehmen sein wird. Daß im Beschwerdefall eine solche von den allgemeinen Verhältnissen abweichende Konstellation gegeben sei, hat die Beschwerdeführerin aber nicht aufgezeigt.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl Nr 416/1994.
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1993140088.X00Im RIS seit
20.11.2000