TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/13 W114 2232840-1

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 13.07.2020
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Entscheidungsdatum

13.07.2020

Norm

B-VG Art133 Abs4
Direktzahlungs-Verordnung §12
MOG 2007 §6
VwGVG §24 Abs4
VwGVG §28 Abs1
VwGVG §28 Abs2

Spruch

W114 2232840-1/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. Bernhard DITZ über die Beschwerde von XXXX , XXXX , XXXX , XXXX , vom 05.02.2020 gegen den Bescheid des Vorstandes für den GB II der Agrarmarkt Austria, Dresdner Straße 70, 1200 Wien (AMA) vom 10.01.2020, AZ II/4-DZ/19-14243344010, betreffend die Gewährung von Direktzahlungen für das Antragsjahr 2019 zu Recht:

A)

Die Beschwerde wird abgewiesen.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.


Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang

1. Mit Formular „Bewirtschafterwechsel“ zeigten im Wege der Bezirkslandwirtschaftskammer Innsbruck am 12.01.2018 XXXX , XXXX , XXXX , als bisherige Bewirtschafterin und XXXX , XXXX , XXXX , (im Weiteren: Beschwerdeführerin oder BF) als Neue Bewirtschafterin mit Wirksamkeitsbeginn vom 01.01.2018 die Übernahme des Betriebes mit der Betriebsnummer XXXX an.

2. Am 26.03.2019 stellte die Beschwerdeführerin für ihren Betrieb für das Antragsjahr 2019 einen Mehrfachantrag-Flächen (MFA) und beantragte die Gewährung von Direktzahlungen. Mit diesem Antrag wurde von der Beschwerdeführerin kein erforderlicher Ausbildungsnachweis vorgelegt.

Am 12.11.2019 wurde von der Beschwerdeführerin elektronisch im System der AMA eine Bestätigung der Lehrlings- und Fachausbildungsstelle in der Landwirtschaftskammer Tirol vom 11.11.2019 hochgeladen, worin bescheinigt wird, dass die Beschwerdeführerin am zu diesem Zeitpunkt stattgefundenen Vorbereitungslehrgang Facharbeiterin Landwirtschaft mit ca. 220 UE teilnehme. Die Beschwerdeführerin schließe diesen Lehrgang mit der FacharbeiterInnenprüfung im September 2020 ab.

3. Mit Bescheid der AMA vom 10.01.2020, AZ II/4-DZ/19-14243344010, wurde der Antrag der Beschwerdeführerin auf Gewährung der Top-up-Bonuszahlung für Junglandwirte für das Antragsjahr 2019 abgewiesen und Direktzahlungen in Höhe von EUR XXXX gewährt.

In der Begründung dieses Bescheides wurde unter Bezugnahme auf Art. 50 (EU) VO 1307/2013 und § 12 DIZA-VO hingewiesen, dass der erforderliche Ausbildungsnachweis nicht erbracht worden sei.

Diese Entscheidung wurde den BF am 10.01.2020 zugestellt.

4. Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin am 05.02.2020 Beschwerde. Begründend führte die BF in dieser Beschwerde aus, dass sie bereits im November 2019 eine entsprechende Bestätigung über die Teilnahme an einem Vorbereitungslehrgang zur Erlangung des Facharbeiterbriefes Landwirtschaft hochgeladen habe. Die Abweisung des Antrages sei daher nicht nachvollziehbar.

5. Am 02.04.2020 lud die Beschwerdeführerin im System der AMA eine „Nachricht“ hoch, in welcher sie nach Ablauf der Zweijahresfrist für die Erbringung eines Ausbildungsnachweises die Verlängerung dieser Zweijahresfrist beantragte.

6. Die AMA legte dem Bundesverwaltungsgericht (BVwG) am 09.07.2020 die gegenständliche Beschwerde und die verfahrensrelevanten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens zur Entscheidung vor.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen: 

1. Feststellungen (Sachverhalt):

1.1. Am 01.01.2018 begann die Beschwerdeführerin mit der Bewirtschaftung ihres Betriebes mit der Betriebsnummer XXXX .

1.2. Am 01.01.2020, und damit exakt mehr als zwei Jahre später, nachdem die Beschwerdeführerin mit der Bewirtschaftung ihres Betriebes begonnen hatte, verfügte sie immer noch nicht über eine abgeschlossene Ausbildung zur landwirtschaftlichen Facharbeiterin oder einen Abschluss zu einer gleichwertigen Ausbildung.

1.3. Die Beschwerdeführerin hat auch nicht innerhalb von zwei Jahren ab Aufnahme der Bewirtschaftung ihres Betriebes einen Antrag auf Verlängerung der Zweijahresfrist, innerhalb derer ein entsprechender Ausbildungsnachweis erworben werden muss, gestellt. Sie stellte einen entsprechenden Antrag erst am 12.04.2020. Dieser Antrag wurde verspätet eingebracht.

1.4. Am 26.03.2019 stellte die Beschwerdeführerin für ihren Betrieb einen MFA für das Antragsjahr 2019 und beantragte auch die Top-up-Bonus-Zahlung für Junglandwirte.

1.5. Die Beschwerdeführerin hat weder einen Fall höherer Gewalt oder einen außergewöhnlichen Umstand geltend gemacht noch rechtzeitig einen Fall höherer Gewalt oder einen außergewöhnlichen Umstand an die AMA gemeldet.

1.6. Im Merkblatt der AMA „Direktzahlungen 2019 (Zuweisung von Zahlungsansprüchen aus der nationalen Reserve; Zahlung für Junglandwirte, höhere Gewalt und außergewöhnliche Umstände)“ wird auf Seite 3 auf Folgendes hingewiesen:

„Junglandwirte sind Betriebsinhaber,

?        die im Jahr der Antragstellung (oder während der fünf Jahre vor der erstmaligen Beantragung der Basisprämie) erstmalig die Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs auf eigenen Namen und Rechnung übernommen haben (wird die Basisprämie 2019 das erste Mal beantragt, ist der früheste Bewirtschaftungsbeginn das Jahr 2014),

?        die im Jahr der erstmaligen Beantragung der Basisprämie nicht älter als 40 Jahre alt sind (z.B. für das Antragsjahr 2019: Geburtsjahr 1979 oder jünger; ein Überschreiten dieses Alterslimits in den Folgejahren ist nach erfolgter Antragstellung unschädlich),

?        die zum Zeitpunkt der erstmaligen Beantragung der Zahlung für Junglandwirte oder Beantragung von ZA aus der nat. Reserve bzw. binnen zwei Jahren nach Betriebsgründung eine landwirtschaftliche Ausbildung abgeschlossen haben.

Diese Frist kann in begründeten Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände auf Antrag um ein Jahr verlängert werden (der Antrag ist vor Ablauf der Zweijahresfrist zu stellen). …“

Das Merkblatt „Direktzahlungen 2019“ kann von der Homepage der AMA www.ama.at heruntergeladen werden.

2. Beweiswürdigung:

Die angeführten Feststellungen ergeben sich aus den von der AMA vorgelegten Unterlagen des Verwaltungsverfahrens und wurden von keiner Partei bestritten.

Das Merkblatt „Direktzahlungen 2019“ kann von der Homepage der AMA www.ama.at heruntergeladen werden.

3. Rechtliche Beurteilung:

3.1. Zur Zuständigkeit:

Gemäß Art. 131 Abs. 2 B-VG erkennt das Verwaltungsgericht des Bundes über Beschwerden in Rechtssachen in Angelegenheiten der Vollziehung des Bundes, die unmittelbar von Bundesbehörden besorgt werden. Gemäß § 1 AMA-Gesetz 1992, BGBl. 376/1992 idgF, iVm
§ 6 Marktordnungsgesetz 2007 (MOG 2007), BGBl. I Nr. 55/2007 idgF, erfolgt die Abwicklung der landwirtschaftlichen Direktzahlungen durch die AMA im Rahmen der unmittelbaren Bundesverwaltung.

3.2. Maßgebliche Rechtsgrundlagen in der für das betroffene Antragsjahr maßgeblichen Fassung:

Art. 50 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit Vorschriften über Direktzahlungen an Inhaber landwirtschaftlicher Betriebe im Rahmen von Stützungsregelungen der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 637/2008 des Rates und der Verordnung (EG) Nr. 73/2009 des Rates, ABl. L 347 vom 20.12.2013, S. 608, im Folgenden VO (EU) 1307/2013, lautet auszugsweise:

„Zahlung für Junglandwirte

Artikel 50

Allgemeine Vorschriften

(1) Die Mitgliedstaaten gewähren eine jährliche Zahlung an Junglandwirte, die Anrecht auf eine Zahlung im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Kapitel 1 haben (im Folgenden "Zahlung für Junglandwirte").

(2) Im Sinne des vorliegenden Kapitels gelten als "Junglandwirte" natürliche Personen, die

a)       sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niederlassen oder die sich während der fünf Jahre vor dem im Rahmen der Basisprämienregelung oder der Regelung für die einheitliche Flächenzahlung gemäß Artikel 72 Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 erstmalig gestellten Beihilfeantrag bereits in einem solchen Betrieb niedergelassen haben und

b)       im Jahr der Antragstellung gemäß Buchstabe a nicht älter als 40 Jahre sind.

(3) Die Mitgliedstaaten können in Bezug auf die einschlägigen Qualifikationen und/oder Ausbildungsanforderungen weitere objektive und nichtdiskriminierende Förderkriterien für Junglandwirte definieren, die einen Antrag auf die Zahlung für Junglandwirte stellen.

(4) Unbeschadet der Anwendung von Haushaltsdisziplin, Kürzung von Zahlungen gemäß Artikel 11 und linearen Kürzungen gemäß Artikel 7 der vorliegenden Verordnung sowie der Anwendung von Artikel 63 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 wird die Zahlung für Junglandwirte jährlich gewährt und setzt die Aktivierung von Zahlungsansprüchen durch den Betriebsinhaber oder, im Falle von Mitgliedstaaten, die Artikel 36 der vorliegenden Verordnung anwenden, die Anmeldung der beihilfefähigen Hektarflächen durch den Betriebsinhaber voraus.

[…].“

Artikel 2 Absatz 2 der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des europäischen Parlamentes und des Rates über die Finanzierung, die Verwaltung und das Kontrollsystem der Gemeinsamen Agrarpolitik und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr. 352/78, (EG) Nr. 165/94, (EG) Nr. 2799/98, (EG) Nr. 814/2000, (EG) Nr. 1290/2005 und (EG) Nr. 485/2008 vom 17.12.2013, im Folgenden VO (EU) 1306/2013 lautet:

„Artikel 2

In dieser Verordnung verwendete Begriffe

[...]

(2) Für die Zwecke der Finanzierung, der Verwaltung und Überwachung der GAP, werden als Fälle "höherer Gewalt" und "außergewöhnliche Umstände" insbesondere folgende Fälle bzw. Umstände anerkannt:

a)       Tod des Begünstigten;

b)       länger andauernde Berufsunfähigkeit des Begünstigten;

c)       eine schwere Naturkatastrophe, die den Betrieb erheblich in Mitleidenschaft zieht;

d)       unfallbedingte Zerstörung von Stallgebäuden des Betriebs;

e)       eine Seuche oder Pflanzenkrankheit, die den ganzen Tier- bzw. Pflanzenbestand des Begünstigten oder einen Teil davon befällt;

f)       Enteignung des gesamten Betriebes oder eines wesentlichen Teils davon, soweit diese Enteignung am Tag des Eingangs der Verpflichtung nicht vorherzusehen war."

Die Delegierte Verordnung (EU) Nr. 640/2014 der Kommission vom 11.03.2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU) Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- und Kontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwaltungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum und der Cross-Compliance, ABl. L 181 vom 20.06.2014, S. 48, im Folgenden VO (EU) 640/2014, lautet auszugsweise:

"Artikel 4

Höhere Gewalt und außergewöhnliche Umstände

[...]

(2) Fälle höherer Gewalt und außergewöhnliche Umstände sind der zuständigen Behörde mit den von ihr anerkannten Nachweisen innerhalb von fünfzehn Arbeitstagen ab dem Zeitpunkt, ab dem der Begünstigte oder der Anspruchsberechtigte hierzu in der Lage ist, schriftlich mitzuteilen."

§ 12 der Verordnung des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft über Direktzahlungen im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik (Direktzahlungs-Verordnung 2015 – DIZA-VO), BGBl. II Nr. 368/2014, lautet:

„Zahlung für Junglandwirte

§ 12. Junglandwirte, die die Zahlung gemäß Art. 50 der Verordnung (EU) Nr. 1307/2013 beantragen, müssen spätestens zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit eine für die Bewirtschaftung des Betriebs geeignete Facharbeiterprüfung oder eine einschlägige höhere Ausbildung nachweisen. Diese Frist kann in begründeten Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände auf Antrag des Junglandwirts, der vor Ablauf der zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit zu stellen ist, um ein Jahr verlängert werden.“

3.3. rechtliche Würdigung:

Mit dem Antragsjahr 2015 kam es zu einer Reform der Direktzahlungen im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP). Die Einheitliche Betriebsprämie wurde von der Basisprämie und mehreren ergänzenden Zahlungen, darunter die Zahlung für Junglandwirte, abgelöst, die in der gegenständlichen Angelegenheit strittig ist.

Grundlegende Voraussetzung für die Gewährung der Zahlung für Junglandwirte ist im Wesentlichen zum einen der Zuspruch der Basisprämie - Art. 50 Abs. 1 VO (EU) 1307/2013 - sowie zum anderen, dass der Betriebsinhaber sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsleiter niedergelassen hat und nicht älter als 40 Jahre ist (Art. 50 Abs. 2 VO [EU] 1307/2013). Zusätzlich wurde mit § 12 DIZA-VO 2015 bestimmt, dass Junglandwirte spätestens zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit eine für die Bewirtschaftung des Betriebs geeignete Facharbeiterprüfung oder eine einschlägige höhere Ausbildung nachweisen müssen.

Die Förderung von Junglandwirten erfolgte in der Vergangenheit ausschließlich im Rahmen der Maßnahmen zur Entwicklung des ländlichen Raums ("Niederlassungsprämie"). Gemäß Art. 22 VO (EG) 1698/2005 konnte Landwirten eine Niederlassungsprämie gewährt werden, die weniger als 40 Jahre alt waren und sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Betriebsinhaber niederließen, über eine ausreichende berufliche Qualifikation verfügten und einen Betriebsverbesserungsplan für die Entwicklung ihrer landwirtschaftlichen Tätigkeit vorlegten.

Aktuell sieht Art. 19 VO (EU) 1305/2013 eine Existenzgründungsbeihilfe für Junglandwirte vor. Art. 2 Abs. 1 lit n) definiert den "Junglandwirt" als eine Person, die zum Zeitpunkt der Antragstellung höchstens 40 Jahre alt ist, über eine ausreichende berufliche Qualifikation verfügt und sich erstmals in einem landwirtschaftlichen Betrieb als Landwirt niederlässt.

Gemäß Art. 2 Abs. 3 VO (EU) 807/2014 müssen zum Zeitpunkt der Beantragung der Existenzgründungsbeihilfe alle Elemente der Definition des Begriffs "Junglandwirt" in Art. 2 Abs. 1 lit. n) der genannten Verordnung erfüllt sein. Für die Erfüllung der im jeweiligen Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum genannten Bedingung der beruflichen Qualifikation kann dem Begünstigten jedoch eine Frist von höchstens 36 Monaten ab dem Zeitpunkt des Einzelbeschlusses über die Gewährung der Förderung eingeräumt werden.

Die Umsetzung der angeführten Bestimmungen erfolgte mit dem Österreichischen Programm für die Entwicklung des ländlichen Raums 2014 - 2020, das entsprechend den unionsrechtlichen Vorgaben von der Europäischen Kommission genehmigt wurde und unter https://www.bmlfuw.gv.at/land/laendl_entwicklung.html abgerufen werden kann. Das Programm lautet diesbezüglich auszugsweise:

"Die Ablegung einer für die Bewirtschaftung des Betriebs geeigneten Facharbeiterprüfung oder einer einschlägigen höheren Ausbildung oder eines einschlägigen Hochschulabschlusses ist Voraussetzung für die Gewährung der Existenzgründungsbeihilfe.

Liegt der Nachweis der Mindestqualifikation zum Zeitpunkt der ersten Niederlassung nicht vor, kann er bis spätestens zwei Jahre nach erfolgter erster Niederlassung erbracht werden. Diese Frist kann in begründeten Ausnahmefällen auf Antrag des Förderungswerbers um ein Jahr verlängert werden."

Die Europäische Kommission hat im Hinblick auf die Ziele der GAP 2014 - 2020 bewusst die Förderung von Junglandwirten in den Vordergrund gestellt. Allerdings umfasst die GAP mittlerweile eine Vielzahl von Vorschriften (insb. Cross Compliance und Greening), zu deren Erfüllung einschlägiges Fachwissen erforderlich ist. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund scheint es durchaus mit den Zielen der VO (EU) 1307/2013 vereinbar, wenn die Förderung für Junglandwirte nur solchen Landwirten zugutekommt, die auch über eine entsprechende Ausbildung verfügen, um den Anforderungen der Verordnung gerecht werden zu können. Daher wurde auch im Rahmen der Maßnahmen zur ländlichen Entwicklung in Art. 2 Abs. 3 VO (EU) 807/2014 das grundsätzliche Gebot festgeschrieben, dass die erforderliche Ausbildung bereits zum Zeitpunkt der Betriebsaufnahme vorliegen muss. Die Einräumung einer zusätzlichen Frist stellt bereits die Ausnahme dar. Wenn dieses Prinzip nunmehr in § 12 Direktzahlungs-Verordnung 2015 übernommen wurde, erscheint dies sowohl sachlich gerechtfertigt als auch den Zielen der VO (EU) 1307/2013 entsprechend.

Unbestreitbar ist, dass die Beschwerdeführerin auch bis zum Zeitpunkt der gegenständlichen Entscheidung über keinen erforderlichen Ausbildungsnachweis verfügt. Eine Kursbesuchsbestätigung, worin bescheinigt wird, dass nach Ende des Kurses eine Beschwerdeführerin berechtigt sein wird, eine Prüfung abzulegen, infolgedessen ihr – bei Bestehen dieser Prüfung – der erforderliche Ausbildungsnachweis überreicht werden könnte, stellt nicht den erforderlichen Ausbildungsnachweis dar. Das bedeutet, dass – sofern nur eine Kursbesuchsbestätigung und kein entsprechender Ausbildungsnachweis vorgelegt wird, ein entsprechender Antrag auf Gewährung einer Top-up Bonuszahlung für Junglandwirte, allenfalls nach negativem Ergebnis einer Aufforderung zur Vorlage eines anerkennungsfähigen Ausbildungsnachweises, immer abzuweisen ist. Gleichwohl kann jedoch durch eine spätere Vorlage eines Ausbildungsnachweises (nach bestandener Prüfung in der Zweijahresfrist oder nach rechtzeitigem Verlängerungsantrag dieser Frist und Bestehen der Prüfung nach spätestens drei Jahren) der bereits abgewiesene Antrag neuerlich von der AMA zu beurteilen und im besten Fall positiv zu entscheiden sein.

In der gegenständlichen Angelegenheit kann auch ein nachträglich vorgelegter Ausbildungsnachweis jedoch nicht dazu führen, dass nachträglich die Top-up Bonuszahlung für Junglandwirte für das Antragsjahr 2019 an die Beschwerdeführerin positiv zu beurteilen wäre.

§ 12 der DIZA-VO sieht vor, dass die Zweijahresfrist in begründeten Fällen höherer Gewalt oder außergewöhnlicher Umstände auf Antrag des Junglandwirts, der vor Ablauf der zwei Jahre nach Aufnahme der landwirtschaftlichen Tätigkeit zu stellen ist, um ein Jahr verlängert werden kann.

Diese Bestimmung wurde zwar nur als „Kann-Bestimmung“ normiert; aus gleichheitsrechtlichen Überlegungen ist jedoch davon auszugehen, dass die Frist von der AMA in allen Fällen, in denen ein Antragsteller alle entsprechenden Anforderungen erfüllt, verlängert werden muss.

Da die Zweijahresfrist, innerhalb derer einerseits der entsprechende Ausbildungsnachweis von der Beschwerdeführerin hätte erbracht werden müssen und innerhalb derer auch ein allfälliger Verlängerungsantrag der Frist für die Erbringung des Ausbildungsnachweises hätte gestellt werden müssen, mit Ablauf des 01.01.2020 abgelaufen ist, kann bereits aus diesem Grund einerseits dem Antrag auf Gewährung der Top-up Bonuszahlung für Junglandwirte für das Antragsjahr 2019 nicht stattgegeben werden und auch die Zweijahresfrist, innerhalb derer der Ausbildungsnachweis zu erbringen ist, nicht verlängert werden.

Der von der Beschwerdeführerin am 02.04.2020 gestellte Antrag auf Verlängerung der Zweijahresfrist ist verspätet und führt daher dazu, dass auch von der AMA nicht mehr geprüft werden durfte, ob alle Voraussetzungen für die Verlängerung der Zweijahresfrist überhaupt vorliegen.

Im Ergebnis gelangt das erkennende Gericht bereits an dieser Stelle zum Ergebnis, dass der Antrag der BF auf Gewährung der Top-up Bonuszahlung für Junglandwirte für das Antragsjahr 2019 rechtskonform abgewiesen wurde und daher auch das Beschwerdebegehren der Beschwerdeführerin abzuweisen ist. Daher waren vom erkennenden Gericht auch nicht weitere Überlegungen anzustellen, ob eine Schwangerschaft und die Geburt eines oder mehrerer Kinder einen „Fall höherer Gewalt oder einen außergewöhnlichen Umstand“ darstellt, der der AMA gemäß Art. 4 Abs. 2 VO (EU) 640/2014 rechtzeitig zu melden gewesen wäre.

Die Durchführung einer mündlichen Verhandlung konnte entfallen, da eine weitere Klärung der Rechtssache nicht zu erwarten war und Art. 47 GRC dem nicht entgegenstand. Letztlich handelte es sich um die Beurteilung reiner Rechtsfragen, die auch nach der Rechtsprechung des EGMR keiner Erörterung im Rahmen einer mündlichen Verhandlung bedürfen; vgl. dazu mwN Senft, Verhandlungspflicht der Verwaltungsgerichte aus grundrechtlicher Perspektive, ZVG 2014/6, 523 (534).

3.4. Zur Nichtzulassung der ordentlichen Revision (Spruchpunkt B):

Gemäß § 25a Abs. 1 Verwaltungsgerichtshofgesetz 1985 (VwGG), BGBl. Nr. 10/1985 idgF, hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist. Der Ausspruch ist kurz zu begründen.

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig, weil die Entscheidung nicht von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt. Zwar liegt für den vorliegenden Fall noch keine Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes vor. Die Rechtslage ist jedoch so eindeutig, dass von einer Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung nicht gesprochen werden kann; vgl. VwGH 28.02.2014, Ro 2014/16/0010 sowie VwGH 28.05.2014, Ro 2014/07/0053.

Schlagworte

Ausbildung außergewöhnliche Umstände beihilfefähige Fläche Beihilfefähigkeit Betriebsübernahme Bewirtschaftung Direktzahlung Förderungswürdigkeit Frist Fristablauf Fristüberschreitung Fristversäumung höhere Gewalt INVEKOS Junglandwirt landwirtschaftliche Tätigkeit landwirtschaftlicher Betrieb Mehrfachantrag-Flächen Nachweismangel Prämienfähigkeit Prämiengewährung Rechtzeitigkeit Schwangerschaft Verspätung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W114.2232840.1.00

Im RIS seit

14.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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