TE Bvwg Erkenntnis 2020/7/24 W279 2232123-2

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Veröffentlicht am 24.07.2020
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Entscheidungsdatum

24.07.2020

Norm

BFA-VG §22a Abs4
B-VG Art133 Abs4
FPG §76
FPG §77
FPG §80

Spruch

W279 2232123-2/2E

IM NAMEN DER REPUBLIK!

Das Bundesverwaltungsgericht erkennt durch den Richter Mag. KOREN als Einzelrichter über die Beschwerde von Herrn XXXX alias XXXX , geb. XXXX .1991, StA. NIGERIA, im amtswegig eingeleiteten Verfahren zur Prüfung der Verhältnismäßigkeit der weiteren Anhaltung in Schubhaft zu Recht:

A)

Gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG wird festgestellt, dass zum Zeitpunkt der Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und, dass die Aufrechterhaltung der Schubhaft im Zeitpunkt der Entscheidung verhältnismäßig ist.

B)

Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig.



Text


ENTSCHEIDUNGSGRÜNDE:

I. Verfahrensgang:

1. Der Beschwerdeführer (in der Folge: „BF“) trat erstmals am 13.08.2010 in Österreich nach seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet in Erscheinung und stellte an diesem Tage erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Dieser Antrag wurde vom Bundesasylamt mit Bescheid vom 14.12.2010, Zahl: 10 07.253 – BAI, gemäß § 3 AsylG 2005 abgewiesen, gemäß § 8 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 der Status des subsidiär Schutzberechtigten in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria nicht zuerkannt und der Beschwerdeführer gemäß § 10 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 aus dem österreichischem Bundesgebiet nach Nigeria ausgewiesen. Dieser Bescheid erwuchs mit 01.01.2011 in Rechtskraft.

2. Der Beschwerdeführer stellte einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung einer Frist und erhob gleichzeitig gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.12.2010 Beschwerde an den Asylgerichtshof. Mit Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.01.2011 wurde dieser Antrag auf Wiedereinsetzung als unbegründet abgewiesen. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer das Rechtsmittel der Beschwerde an den Asylgerichtshof. Mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichtes vom 06.05.2014 zu den Zahlen W168 1417448-1/6E und W168 1417448-2/15E wurde die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 22.01.2011 als unbegründet abgewiesen und die Beschwerde gegen den Bescheid des Bundesasylamtes vom 14.12.2010 als verspätet zurückgewiesen.

3. Am 17.06.2015 stellte der Beschwerdeführer neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz. Hierbei gab er an, dass er nunmehr homosexuell sei und deswegen nicht nach Nigeria zurückkehren könne. Mit Bescheid vom 30.06.2017, Zl. 532597300-150689915 wies das Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl diesen Antrag als unbegründet ab. Gegen den Beschwerdeführer wurde zudem eine Rückkehrentscheidung erlassen sowie festgestellt, dass seine Abschiebung nach Nigeria zulässig sei. Darüber hinaus wurde gegen den Beschwerdeführer ein auf die Dauer von zehn Jahren befristetes Einreiseverbot erlassen. Die dagegen erhobene Beschwerde des BF wurde mit Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom 26.08.2017, Zl. I409 1417448-3/4E als unbegründet abgewiesen. Dieses Erkenntnis erwuchs am 29.08.2017 in Rechtskraft.

4. Am 06.12.2018 wurde der BF von der nigerianischen Botschaft in Wien als nigerianischer Staatsbürger identifiziert und ein bis 24.03.2019 gültig ausgewiesenes Heimreisezertifikat ausgestellt.

5. Gegen den BF wurde am 06.02.2019 seitens des BFA ein Festnahmeauftrag gem. § 34 Abs. 3 Z 2 BFA-VG erlassen, weil er seiner Ausreiseverpflichtung nicht nachgekommen war. Er wollte am 01.11.2019 als Reisender in einem Bus auf der A 9 nach Österreich einreisen. Dabei wurde ihm die Einreise in das österreichische Bundesgebiet verwehrt.

Er stellte am 15.11.2019 in Slowenien einen Asylantrag. Am 19.02.2020 stimmten die österreichischen Behörden Ihrer Übernahme nach der Dublin III VO zu.

Am 26.02.2020 wurde er von der PI FGP West am Grenzübergang Karawankentunnel von den slowenischen Sicherheitsorganen auf Grund eines Rückübernahmeabkommens gem. der Dublin III VO übernommen und zur PI Fremdenpolizei Klagenfurt verbracht. Ihm wurden seitens der PI FGP West im Auftrag des BFA Fragen zu einer möglichen Schubhaftverhängung gestellt. Dabei gab er an, dass er in Österreich bleiben wolle, nicht viel Geld bei sich habe, keine Probleme mit der Gesundheit habe und auch keine Medikamente einnehme.

6. Am 26.02.2020 brachte der Beschwerdeführer einen neuerlichen – den dritten - Antrag auf internationalen Schutz ein. Als Grund für seine neuerliche Antragstellung gab er im Rahmen seiner Erstbefragung am selben Tag vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes an, dass es immer noch religiöse Gründe wären und er zudem als Angehöriger der Volksgruppe Biafra in Nigeria verfolgt würde.

7. Im Anschluss an die Erstbefragung wurde dem BF mittels mündlich verkündetem Bescheid der faktische Abschiebeschutz aufgehoben, die Aufhebung wurde vom BVwG mit Erkenntnis vom 19.03.2020, GZ. I417 1417448-4/3E, bestätigt.

8. Am 27.02.2020 wurde die Schubhaft über den BF verhängt.

9. Am 27.05.2020 wurde erneut ein HRZ ausgestellt. Eine avisierte Abschiebung auf dem Luftweg für Ende Juni 2020 konnte aufgrund der COVID-19 Pandemie nicht durchgeführt werden.

10. Auf Rückfrage beim zuständigen Amtsarzt bestätigte dieser am 26.06.2020, dass die Haftfähigkeit des BF nach wie vor gegeben ist.

11. Mit Erkenntnis W150 2232123-1/7E vom 26.06.2020 wurde durch das BVwG die Verhältnismäßigkeit der Weiterführung der Schubhaft festgestellt.

11.Am 19.07.2020 legte das Bundesamt den gegenständlichen Akt gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht vor. Aus der Vorlage ergab sich, dass der BF (nach wie vor) nicht bereit ist, freiwillig auszureisen. Ein HRZ sei erlangt worden. Ein Charterflug sei für den BF bereits terminisiert gewesen. Die Schubhaft sei nach wie vor notwendig, um die Abschiebung durchzuführen. Ein Untertauchen des BF wäre sonst zu befürchten.

II. Das Bundesverwaltungsgericht hat erwogen:

1. Feststellungen:

Die unter Punkt I getroffenen Ausführungen werden als Sachverhalt festgestellt. Darüber hinaus werden folgende Feststellungen getroffen:

1.1. Zur Person des Beschwerdeführers:

Der (spätestens) am 13.08.2010 in das Bundesgebiet eingereiste BF ist volljährig, ledig, Staatsangehöriger von Nigeria und bekennt sich zum christlichen Glauben. Die Identität des Beschwerdeführers steht fest.

Die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt der BF nicht. Er ist weder Asylberechtigter noch subsidiär Schutzberechtigter.

Es liegt eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme in Bezug auf den Herkunftsstaat Nigeria vor. Der Beschwerdeführer wurde bereits einer nigerianischen Delegation vorgeführt; seine Staatsangehörigkeit wurde bestätigt.

Der Beschwerdeführer wird seit 27.02.2020 in Schubhaft angehalten.

Der Beschwerdeführer ist haftfähig. Es liegen keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vor. Der Beschwerdeführer hat in der Schubhaft Zugang zu allenfalls benötigter medizinischer Versorgung. Überdies wird er laufend psychologisch und medizinisch betreut. Eine signifikant erhöhte Gefahr einer Infektion mit COVID-19 besteht im Polizeianhaltezentrum, wo der Beschwerdeführer in Schubhaft angehalten wird, nicht.

Der Beschwerdeführer leidet nicht an schweren körperlichen oder psychischen Beeinträchtigungen, die einer Rückführung in seinen Herkunftsstaat entgegenstünden.

In Österreich verfügt er über keine maßgeblichen privaten und über keine familiären Anknüpfungspunkte. Seine Familie hält sich in Nigeria auf.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 8. Juni 2011 wurde der Beschwerdeführer wegen des versuchten gewerbsmäßigen Verkaufes von Suchtmitteln nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall und Abs. 3 SMG zu einer teilbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 12. August 2011 wurde der Beschwerdeführer wegen des gewerbsmäßigen Verkaufes von Suchtmitteln nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall und Abs. 3 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von sieben Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18. Juli 2013 wurde der Beschwerdeführer wegen des gewerbsmäßigen Verkaufes von Suchtmitteln nach § 27 Abs. 1 Z 1 achter Fall sowie Abs. 3 und 5 SMG zu einer unbedingten Freiheitsstrafe in der Dauer von zehn Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 13. März 2014 wurde der Beschwerdeführer wegen der Vorbereitung von Suchthandel und wegen Suchthandels als Beitragstäter nach § 28 Abs. 1 zweiter und dritter Fall sowie § 28a Abs. 1 zweiter und dritter Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitstrafe in der Dauer von 14 Monaten verurteilt.

Mit Urteil des Landesgerichtes für Strafsachen Wien vom 18. Jänner 2016 wurde der Beschwerdeführer wegen Körperverletzung nach § 83 Abs. 1 StGB, wegen des Besitzes und des Verkaufs von Suchtmitteln nach § 27 Abs. 1 Z 1 erster, zweiter und achter Fall SMG und wegen versuchten Suchtgifthandels als Bestimmungstäter nach § 28a Abs. 1 zweiter und dritter Fall SMG zu einer unbedingten Freiheitstrafe in der Dauer von 28 Monaten verurteilt.

Der BF gefährdet somit die öffentliche Ordnung und Sicherheit in Österreich und stellt eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr dar.

1.2. Zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Der BF stellte am 13.08.2010 in Österreich nach seiner illegalen Einreise in das Bundesgebiet erstmals einen Antrag auf internationalen Schutz. Am 17.06.2015 stellte der BF neuerlich einen Antrag auf internationalen Schutz. Beide Anträge wurden letztinstanzlich rechtskräftig abgewiesen.

Der BF versuchte am 01.11.2019 als Reisender in einem Bus auf der A 9 illegal nach Österreich einreisen und wurde in weiterer Folge im Dublin-III-Verfahren von Slowenien nach Österreich überstellt.

Der BF hielt sich auch unerlaubt in Italien auf.

Nach Stellung eines dritten Antrages (ursprünglich in Slowenien gestellt) auf internationalen Schutz am 26.02.2020 wurde dem BF mittels mündlich verkündetem Bescheid der faktische Abschiebeschutz aufgehoben.

Am 27.02.2020 wurde die Schubhaft über den BF verhängt.

Die Aufhebung des faktischen Abschiebeschutzes wurde vom BVwG mit Erkenntnis vom 19.03.2020, GZ. I417 1417448-4/3E, bestätigt.

Es besteht somit eine rechtskräftige und durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen den Beschwerdeführer.

In der Folge reiste der Beschwerdeführer trotz Verpflichtung nicht freiwillig aus dem Bundesgebiet aus.

Der Beschwerdeführer ist nicht gewillt, mit den Behörden zu kooperieren. Er ist im Hinblick auf sein bisheriges Verhalten nicht vertrauenswürdig, es bestehen aktuell Fluchtgefahr und Sicherungsbedarf. Der BF verfügt seit dem 12.12.2018 über keinen aufrechten Wohnsitz im Bundesgebiet und ist in Österreich seit 25.05.2020 nicht mehr gemeldet. Der BF reiste trotz rechtskräftiger Rückkehrentscheidung zumindest einmal illegal nach Slowenien ein, wo er versuchte, einen Antrag auf internationalen Schutz zu stellen.

Der BF wurde in Österreich bereits fünfmal strafgerichtlich wegen verschiedenster Delikte nach dem Suchtmittelgesetz und auch wegen Körperverletzung zu zum Teil längeren unbedingten Haftstrafen rechtskräftig verurteilt.

Bei einer Entlassung aus der Schubhaft wird er aller Voraussicht nach untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten, um sich einer Abschiebung zu entziehen. Der Beschwerdeführer will weiterhin nicht freiwillig in seinen Herkunftsstaat zurückkehren. Er ist nicht ausreisewillig. Mit der Anordnung eines gelinderen Mittels kann wegen der gänzlichen Vertrauensunwürdigkeit des Beschwerdeführers nicht das Auslangen gefunden werden.

Der Beschwerdeführer hat bis dato keine familiären Kontakte in Österreich glaubhaft machen können. Zudem verfügt der Beschwerdeführer über keine substanziellen sozialen Beziehungen im Bundesgebiet. Er ging in Österreich keiner legalen Beschäftigung nach. Der Beschwerdeführer ist mittellos und verfügt über keine gesicherte Unterkunft. Über nennenswerte Deutschkenntnisse verfügt er ebenso wenig.

Das Bundesamt ist seiner Verpflichtung, auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken, nachgekommen; es hat rechtzeitig und zielführend ein Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer eingeleitet. Der Beschwerdeführer wurde von der nigerianischen Botschaft bereits als nigerianischer Staatsbürger identifiziert und wurde die Ausstellung eines Heimreisezertifikates zugesagt. Das Verfahren wird vom Bundesamt fortwährend mit geeigneten Maßnahmen und der gebotenen Sorgfalt verfolgt. Die Erlangung eines Heimreisezertifikates und die Abschiebung innerhalb der Schubhafthöchstdauer ist nach wie vor möglich. Da der Beschwerdeführer nicht in den Herkunftsstaat zurückkehren will und am Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates nicht ausreichend mitwirkt, dauert das Verfahren zur Ausstellung eines Heimreisezertifikates weiterhin an. Im Hinblick auf sein Verhalten ist der Beschwerdeführer selbst ursächlich für die Dauer der Schubhaft verantwortlich.

Es ist auch damit zu rechnen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 zumindest innerhalb der Schubhafthöchstdauer soweit gelockert sind, dass Abschiebungen innerhalb dieses Zeitraumes durchführbar sind. Festgehalten wird zudem, dass eine Abschiebung nicht die Reaktivierung des geregelten, touristischen Flugbetriebes voraussetzt.

2. Beweiswürdigung:

Beweis wurde erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Bundesamtes, den gegenständlichen Akt des Bundesverwaltungsgerichtes, in die Akte des Bundesverwaltungsgerichtes die vorangegangenen Asyl- und fremdenpolizeiliche Verfahren des Beschwerdeführers betreffend (insb. die Akten des Bundesverwaltungsgerichtes betreffend die bisherigen Schubhaftverfahren des Beschwerdeführers), in das Zentrale Fremdenregister, in das Strafregister, in das Zentrale Melderegister, in das Grundversorgungs-Informationssystem und in die Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

2.1. Zum Verfahrensgang:

Der oben unter Punkt I. angeführte Verfahrensgang ergibt sich aus den unbedenklichen und unzweifelhaften Akteninhalten der vorgelegten Verwaltungsakte und der vorliegenden Gerichtsakte des Bundesverwaltungsgerichtes.

2.2. Zur Person des Beschwerdeführers:

Aus den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes die Asylverfahren des Beschwerdeführers betreffend ergeben sich die Feststellungen zu seiner Person. Aufgrund der diesbezüglich im Wesentlichen gleichbleibenden und übereinstimmenden Angaben in seinen Asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren steht unzweifelhaft die Volljährigkeit des Beschwerdeführers fest. Gegenteiliges wurde von ihm auch nicht behauptet und ist in den bisherigen Verfahren auch nicht hervorgekommen.

Anhaltspunkte dafür, dass der Beschwerdeführer die österreichische Staatsbürgerschaft besitzt oder in Österreich Asylberechtigter oder subsidiär Schutzberechtigter ist, finden sich weder im Akt des Bundesamtes noch in den Akten des Bundesverwaltungsgerichtes.

Der Aufenthalt des Beschwerdeführers in Österreich im Jahr 2010, seine illegale Einreise in Slowenien, sein versuchter illegaler Grenzübertritt nach Österreich und seine Überstellung nach Österreich am 26.02.2020, und sein seither ununterbrochener Aufenthalt in Österreich, ergeben sich aus der Einsichtnahme in das Zentrale Fremdenregister, dem vorgelegten Verwaltungsakt des Bundesamtes, den Gerichtsakten des Bundesverwaltungsgerichtes sowie den eigenen Angaben des Beschwerdeführers in den bisherigen Verfahren.

Die erhebliche strafrechtliche Delinquenz des BF ergibt sich aus der Einsichtnahme in das Strafregister.

Der BF hat bis dato keine familiären Kontakte in Österreich glaubhaft machen können, er lediglich in seinem rezenten letzten Folgeantrag das Vorhandensein solcher behauptet, ohne näher auszuführen, um welche Personen es sich dabei handle.

Dass der Beschwerdeführer seit 27.02.2020 in Schubhaft angehalten wird, ergibt sich aus dem Akt des Bundesamtes sowie der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres.

Die Feststellung, wonach der Beschwerdeführer haftfähig ist und keine die Haftfähigkeit ausschließende gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen vorliegen, ergibt sich zum einen aus den Angaben des BF selbst anlässlich seiner Antragstellung betreffend seines dritten Antrages auf internationalen Schutz in Österreich, der Anhaltedatei des Bundesministeriums für Inneres, wo sich keine Einträge finden, die auf maßgebliche gesundheitliche Beeinträchtigungen oder Erkrankungen hindeuten und dem Gutachten des zuständigen Amtsarztes. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass auch weiterhin keine Haftunfähigkeit des Beschwerdeführers vorliegt. Hinweise, dass der Beschwerdeführer einer signifikant erhöhten Gefahr einer Infektion mit COVID-19 im Polizeianhaltezentrum, wo er in Schubhaft angehalten wird, ausgesetzt ist, haben sich im gegenständlichen Verfahren nicht ergeben. Es gibt auch keine Hinweise, dass der BF Teil einer COVID-19 Risikogruppe wäre.

2.3. Zur Verhältnismäßigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft:

Das Bestehen einer rechtskräftigen und durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme gegen den Beschwerdeführer ergibt sich unzweifelhaft aus den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten.

Dass der Beschwerdeführer nicht gewillt ist, mit den Behörden zu kooperieren und nicht vertrauenswürdig ist, ergibt sich aus dem festgestellten bisherigen Verhalten des Beschwerdeführers, insbesondere aus seinem zeitweiligen Untertauchen in Slowenien vor allem aber aus der Vielzahl der von ihm in Österreich begangenen Straftaten.

Dass der Beschwerdeführer nicht bereit ist, freiwillig in den Herkunftsstaat zurückzukehren oder am Verfahren zu seiner Außerlandesbringung ausreichend mitzuwirken, geht unzweifelhaft aus den vorliegenden Verwaltungs- und Gerichtsakten hervor. So hat der Beschwerdeführer wiederholt angegeben, nicht freiwillig nach Nigeria zurückkehren zu wollen.

Es haben sich im Verfahren keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass der Beschwerdeführer sein bisher gezeigtes Verhalten ändern wird. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher zusammenfassend weiterhin davon aus, dass der Beschwerdeführer bei einer Entlassung aus der Schubhaft untertauchen und sich vor den Behörden verborgen halten wird. In einer Gesamtschau ergibt sich daher, dass der Beschwerdeführer nach wie vor nicht vertrauenswürdig ist und aktuell Fluchtgefahr sowie Sicherungsbedarf bestehen. Im Hinblick auf die getroffenen Feststellungen liegen auch die Voraussetzungen für die Anordnung eines gelinderen Mittels aktuell nicht vor.

Dass der Beschwerdeführer über keine familiären Anknüpfungspunkte in Österreich verfügt, ergibt sich aus dem vorliegenden Akteninhalt. Selbst bei Unterstellung des Vorhandenseins solcher ist darauf zu verweisen, dass solche vom BF erst vor ein paar Monaten in seinem letzten Folgeantrag erstmals behauptet wurden, nachdem er längere Zeit im Ausland (Italien und Slowenien) untergetaucht war, solche somit keinesfalls von längerer Dauer und Intensität sein können. Das Fehlen substanzieller sozialer und beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet ergibt sich aus der Aktenlage. Ebenso fehlen Hinweise für substanzielle Deutschkenntnisse oder sonstige vom Beschwerdeführer gesetzte Integrationsschritte.

Aus der Aktenlage ergibt sich weiters, dass das Bundesamt um die rasche Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bemüht ist. Hinweise, dass die Ausstellung eines Heimreisezertifikates für Nigeria aussichtslos erscheinen würde, liegen nicht vor. Solche Zertifikate werden regelmäßig ausgestellt und die Zusammenarbeit mit der nigerianischen Vertretungsbehörde funktioniert. Insbesondere ist aus dem vorgelegten Verwaltungsakt ersichtlich, dass das Bundesamt regelmäßig im Verfahren zur Erlangung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer bei der Vertretungsbehörde Nigerias urgiert und es auch bereits zur Ausstellung von Heimreisezertifikaten gekommen ist. Im Verfahren sind keinerlei Hinweise dafür aufgetreten, dass es im vorliegenden Fall zu einer durch das Bundesamt zu vertretenden Verzögerung bei der Ausstellung eines Heimreisezertifikates für den Beschwerdeführer gekommen ist bzw. kommen könnte. Da auch keine Umstände hervorgekommen sind, wonach die Ausstellung eines Heimreisezertifikates innerhalb des gesetzlichen Rahmens nicht möglich ist, konnte die entsprechende Feststellung getroffen werden. Dem Akt liegt ein bis zum 27.07.2020 gültiges HRZ vom 27.05.2020 bei. Da in casu bereits mehrfach ein HRZ ausgestellt wurde, ist auch von der Ausstellung eines neuen HRZ zu einem späteren Zeitpunkt auszugehen.

Dass es aufgrund der zum Entscheidungszeitpunkt aktuell vorherrschenden COVID-19 Pandemie zu Verzögerungen hinsichtlich der Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat wegen der vorherrschenden Mobilitätsbeschränkungen kommt, steht für das Bundesverwaltungsgericht außer Streit. Es ist aber davon auszugehen, dass die gegenwärtigen Restriktionen im Zusammenhang mit COVID-19 in absehbarer Zeit - jedenfalls innerhalb der Schubhafthöchstdauer - wieder substantiell gelockert werden und eine Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat spätestens dann erfolgen kann. Eine bereits jetzt bestehende faktische Unmöglichkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers ist aufgrund des vorliegenden Akteninhaltes nicht ersichtlich.

Eine Änderung der Umstände für die Aufrechterhaltung der Schubhaft seit 27.02.2020 ist dem Verwaltungsakt nicht zu entnehmen. Gegenteiliges ist auch im durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen. Die Haftfähigkeit des Beschwerdeführers ist weiterhin gegeben. Das Bundesverwaltungsgericht geht daher davon aus, dass die angeordnete Schubhaft auch weiterhin das Kriterium der Verhältnismäßigkeit erfüllt. Dies auch unter Berücksichtigung der Verpflichtung der Behörde auf eine möglichst kurze Dauer der Schubhaft hinzuwirken.

Weitere Beweise waren wegen Entscheidungsreife nicht aufzunehmen.

3. Rechtliche Beurteilung:

Gemäß § 6 BVwGG entscheidet das Bundesverwaltungsgericht durch Einzelrichter, sofern nicht in Bundes- oder Landesgesetzen die Entscheidung durch Senate vorgesehen ist. Gegenständlich liegt somit Einzelrichterzuständigkeit vor.

Das Verfahren der Verwaltungsgerichte mit Ausnahme des Bundesfinanzgerichtes ist durch das VwGVG, BGBl. I Nr. 33/2013, geregelt (§ 1 leg.cit.). Gemäß § 58 Abs. 2 VwGVG bleiben entgegenstehende Bestimmungen, die zum Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Bundesgesetzes bereits kundgemacht wurden, in Kraft.

Gemäß § 17 VwGVG sind, soweit in diesem Bundesgesetz nicht anderes bestimmt ist, auf das Verfahren über Beschwerden gemäß Art. 130 Abs. 1 B-VG die Bestimmungen des AVG mit Ausnahme der §§ 1 bis 5 sowie des IV. Teiles, die Bestimmungen der Bundesabgabenordnung – BAO, BGBl. Nr. 194/1961, des Agrarverfahrensgesetzes – AgrVG, BGBl. Nr. 173/1950, und des Dienstrechtsverfahrensgesetzes 1984 – DVG, BGBl. Nr. 29/1984, und im Übrigen jene verfahrensrechtlichen Bestimmungen in Bundes- oder Landesgesetzen sinngemäß anzuwenden, die die Behörde in dem dem Verfahren vor dem Verwaltungsgericht vorangegangenen Verfahren angewendet hat oder anzuwenden gehabt hätte.

Zu Spruchpunkt A. (Fortsetzung der Schubhaft):

Der mit "Schubhaft" betitelte § 76 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) lautet:

"§ 76. (1) Fremde können festgenommen und angehalten werden (Schubhaft), sofern der Zweck der Schubhaft nicht durch ein gelinderes Mittel (§ 77) erreicht werden kann. Unmündige Minderjährige dürfen nicht in Schubhaft angehalten werden.

(2) Die Schubhaft darf nur angeordnet werden, wenn

1. dies zur Sicherung des Verfahrens über einen Antrag auf internationalen Schutz im Hinblick auf die Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme notwendig ist, sofern der Aufenthalt des Fremden die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gemäß § 67 gefährdet, Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist,

2. dies zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme nach dem 8. Hauptstück oder der Abschiebung notwendig ist, sofern jeweils Fluchtgefahr vorliegt und die Schubhaft verhältnismäßig ist, oder

3. die Voraussetzungen des Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung vorliegen.

Bedarf es der Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme deshalb nicht, weil bereits eine aufrechte rechtskräftige Rückkehrentscheidung vorliegt (§ 59 Abs. 5), so steht dies der Anwendung der Z 1 nicht entgegen. In den Fällen des § 40 Abs. 5 BFA-VG gilt Z 1 mit der Maßgabe, dass die Anordnung der Schubhaft eine vom Aufenthalt des Fremden ausgehende Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit nicht voraussetzt.

(2a) Im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) ist auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

(3) Eine Fluchtgefahr im Sinne des Abs. 2 Z 1 oder 2 oder im Sinne des Art. 2 lit n Dublin-Verordnung liegt vor, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen wird oder dass der Fremde die Abschiebung wesentlich erschweren wird. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen,

1. ob der Fremde an dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme mitwirkt oder die Rückkehr oder Abschiebung umgeht oder behindert;

1a. ob der Fremde eine Verpflichtung gemäß § 46 Abs. 2 oder 2a verletzt hat, insbesondere, wenn ihm diese Verpflichtung mit Bescheid gemäß § 46 Abs. 2b auferlegt worden ist, er diesem Bescheid nicht Folge geleistet hat und deshalb gegen ihn Zwangsstrafen (§ 3 Abs. 3 BFA-VG) angeordnet worden sind;

2. ob der Fremde entgegen einem aufrechten Einreiseverbot, einem aufrechten Aufenthaltsverbot oder während einer aufrechten Anordnung zur Außerlandesbringung neuerlich in das Bundesgebiet eingereist ist;

3. ob eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme besteht oder der Fremde sich dem Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme oder über einen Antrag auf internationalen Schutz bereits entzogen hat;

4. ob der faktische Abschiebeschutz bei einem Folgeantrag (§ 2 Abs. 1 Z 23 AsylG 2005) aufgehoben wurde oder dieser dem Fremden nicht zukommt;

5. ob gegen den Fremden zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrages auf internationalen Schutz eine durchsetzbare aufenthaltsbeendende Maßnahme bestand, insbesondere, wenn er sich zu diesem Zeitpunkt bereits in Schubhaft befand oder aufgrund § 34 Abs. 3 Z 1 bis 3 BFA-VG angehalten wurde;

6. ob aufgrund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung oder der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass ein anderer Mitgliedstaat nach der Dublin-Verordnung zuständig ist, insbesondere sofern

a. der Fremde bereits mehrere Anträge auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten gestellt hat oder der Fremde falsche Angaben hierüber gemacht hat,

b. der Fremde versucht hat, in einen dritten Mitgliedstaat weiterzureisen, oder

c. es aufgrund der Ergebnisse der Befragung, der Durchsuchung, der erkennungsdienstlichen Behandlung oder des bisherigen Verhaltens des Fremden wahrscheinlich ist, dass der Fremde die Weiterreise in einen dritten Mitgliedstaat beabsichtigt;

7. ob der Fremde seiner Verpflichtung aus dem gelinderen Mittel nicht nachkommt;

8. ob Auflagen, Mitwirkungspflichten, Gebietsbeschränkungen, Meldeverpflichtungen oder Anordnungen der Unterkunftnahme gemäß §§ 52a, 56, 57 oder 71 FPG, § 38b SPG, § 13 Abs. 2 BFA-VG oder §§ 15a oder 15b AsylG 2005 verletzt wurden, insbesondere bei Vorliegen einer aktuell oder zum Zeitpunkt der Stellung eines Antrags auf internationalen Schutzes durchsetzbaren aufenthaltsbeendenden Maßnahme;

9. der Grad der sozialen Verankerung in Österreich, insbesondere das Bestehen familiärer Beziehungen, das Ausüben einer legalen Erwerbstätigkeit beziehungsweise das Vorhandensein ausreichender Existenzmittel sowie die Existenz eines gesicherten Wohnsitzes.

(4) Die Schubhaft ist schriftlich mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Schubhaftbescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

(5) Wird eine aufenthaltsbeendende Maßnahme (Z 1 oder 2) durchsetzbar und erscheint die Überwachung der Ausreise des Fremden notwendig, so gilt die zur Sicherung des Verfahrens angeordnete Schubhaft ab diesem Zeitpunkt als zur Sicherung der Abschiebung verhängt.

(6) Stellt ein Fremder während einer Anhaltung in Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz, so kann diese aufrechterhalten werden, wenn Gründe zur Annahme bestehen, dass der Antrag zur Verzögerung der Vollstreckung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme gestellt wurde. Das Vorliegen der Voraussetzungen ist mit Aktenvermerk festzuhalten; dieser ist dem Fremden zur Kenntnis zu bringen. § 11 Abs. 8 und § 12 Abs. 1 BFA-VG gelten sinngemäß."

§ 77 FPG - Gelinderes Mittel

"Gemäß § 77 Abs. 1 FPG hat das Bundesamt bei Vorliegen der in § 76 genannten Gründe gelindere Mittel anzuordnen, wenn es Grund zur Annahme hat, dass der Zweck der Schubhaft durch Anwendung des gelinderen Mittels erreicht werden kann. Gegen mündige Minderjährige hat das Bundesamt gelindere Mittel anzuwenden, es sei denn bestimmte Tatsachen rechtfertigen die Annahme, dass der Zweck der Schubhaft damit nicht erreicht werden kann; diesfalls gilt § 80 Abs. 2 Z 1 FPG.

Gemäß § 77 Abs. 2 FPG ist Voraussetzung für die Anordnung gelinderer Mittel, dass der Fremde seiner erkennungsdienstlichen Behandlung zustimmt, es sei denn, diese wäre bereits aus dem Grunde des § 24 Abs. 1 Z 4 BFA-VG von Amts wegen erfolgt.

Gemäß § 77 Abs. 3 FPG sind gelindere Mittel insbesondere die Anordnung, (Z 1) in vom Bundesamt bestimmten Räumen Unterkunft zu nehmen, (Z 2) sich in periodischen Abständen bei einer Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden oder (Z 3) eine angemessene finanzielle Sicherheit beim Bundesamt zu hinterlegen.

Kommt der Fremde gemäß § 77 Abs. 4 FPG seinen Verpflichtungen nach Abs. 3 nicht nach oder leistet er ohne ausreichende Entschuldigung einer ihm zugegangenen Ladung zum Bundesamt, in der auf diese Konsequenz hingewiesen wurde, nicht Folge, ist die Schubhaft anzuordnen. Für die in der Unterkunft verbrachte Zeit gilt § 80 mit der Maßgabe, dass die Dauer der Zulässigkeit verdoppelt wird.

Gemäß § 77 Abs. 5 FPG steht die Anwendung eines gelinderen Mittels der für die Durchsetzung der Abschiebung erforderlichen Ausübung von Befehls- und Zwangsgewalt nicht entgegen. Soweit dies zur Abwicklung dieser Maßnahmen erforderlich ist, kann den Betroffenen aufgetragen werden, sich für insgesamt 72 Stunden nicht übersteigende Zeiträume an bestimmten Orten aufzuhalten.

Gemäß § 77 Abs. 6 FPG hat sich zur Erfüllung der Meldeverpflichtung gemäß Abs. 3 Z 2 der Fremde in periodischen, 24 Stunden nicht unterschreitenden Abständen bei einer zu bestimmenden Dienststelle einer Landespolizeidirektion zu melden. Die dafür notwendigen Angaben, wie insbesondere die zuständige Dienststelle einer Landespolizeidirektion sowie Zeitraum und Zeitpunkt der Meldung, sind dem Fremden vom Bundesamt mit Verfahrensanordnung (§ 7 Abs. 1 VwGVG) mitzuteilen. Eine Verletzung der Meldeverpflichtung liegt nicht vor, wenn deren Erfüllung für den Fremden nachweislich nicht möglich oder nicht zumutbar war.

Gemäß § 77 Abs. 7 FPG können die näheren Bestimmungen, welche die Hinterlegung einer finanziellen Sicherheit gemäß Abs. 3 Z 3 regeln, der Bundesminister für Inneres durch Verordnung festlegen.

Gemäß § 77 Abs. 8 FPG ist das gelindere Mittel mit Bescheid anzuordnen; dieser ist gemäß § 57 AVG zu erlassen, es sei denn, der Fremde befände sich bei Einleitung des Verfahrens zu seiner Erlassung aus anderem Grund nicht bloß kurzfristig in Haft. Nicht vollstreckte Bescheide gemäß § 57 AVG gelten 14 Tage nach ihrer Erlassung als widerrufen.

Gemäß § 77 Abs. 9 FPG können die Landespolizeidirektionen betreffend die Räumlichkeiten zur Unterkunftnahme gemäß Abs. 3 Z 1 Vorsorge treffen.

Die Grundlage zur Überprüfung der Verhältnismäßigkeit einer Fortsetzung der Schubhaft über die Viermonatsfrist im BFA-VG iVm § 80 FPG lautet:

Soll ein Fremder länger als vier Monate durchgehend in Schubhaft angehalten werden, so ist gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG die Verhältnismäßigkeit der Anhaltung nach dem Tag, an dem das vierte Monat überschritten wurde, und danach alle vier Wochen vom Bundesverwaltungsgericht zu überprüfen. Das Bundesamt hat die Verwaltungsakten so rechtzeitig vorzulegen, dass dem Bundesverwaltungsgericht eine Woche zur Entscheidung vor den gegenständlichen Terminen bleibt. Mit Vorlage der Verwaltungsakten gilt die Beschwerde als für den in Schubhaft befindlichen Fremden eingebracht. Das Bundesamt hat darzulegen, warum die Aufrechterhaltung der Schubhaft notwendig und verhältnismäßig ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat jedenfalls festzustellen, ob zum Zeitpunkt seiner Entscheidung die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen und ob die Aufrechterhaltung der Schubhaft verhältnismäßig ist. Diese Überprüfung hat zu entfallen, soweit eine Beschwerde gemäß Abs. 1 bereits eingebracht wurde.

Die Anhaltung in Schubhaft ist nach Maßgabe der grundrechtlichen Garantien des Art. 2 Abs. 1 Z 7 PersFrBVG und des Art. 5 Abs. 1 lit. f EMRK nur dann zulässig, wenn der Anordnung der Schubhaft ein konkreter Sicherungsbedarf zugrunde liegt und die Schubhaft unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls verhältnismäßig ist. Dabei sind das öffentliche Interesse an der Sicherung der Aufenthaltsbeendigung und das Interesse des Betroffenen an der Schonung seiner persönlichen Freiheit abzuwägen. Kann der Sicherungszweck auf eine andere, die Rechte des Betroffenen schonendere Weise, wie etwa durch die Anordnung eines gelinderen Mittels nach § 77 FPG, erreicht werden (§ 76 Abs. 1 FPG), ist die Anordnung der Schubhaft nicht zulässig (VfGH 03.10.2012, VfSlg. 19.675/2012; VwGH 22.01.2009, Zl. 2008/21/0647; 30.08.2007, Zl. 2007/21/0043).

Ein Sicherungsbedarf ist in der Regel dann gegeben, wenn bestimmte Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass sich der Fremde dem Verfahren oder der Abschiebung entziehen oder diese zumindest wesentlich erschweren werde (§ 76 Abs. 3 FPG). Es ist allerdings nicht erforderlich, dass ein Verfahren zur Erlassung einer aufenthaltsbeendenden Maßnahme bereits eingeleitet worden ist (VwGH 28.06.2002, Zl. 2002/02/0138).

Die fehlende Ausreisewilligkeit des Fremden, d.h. das bloße Unterbleiben der Ausreise, obwohl keine Berechtigung zum Aufenthalt besteht, vermag für sich genommen die Verhängung der Schubhaft nicht zu rechtfertigen. Vielmehr muss der - aktuelle - Sicherungsbedarf in weiteren Umständen begründet sein, etwa in mangelnder sozialer Verankerung in Österreich. Dafür kommt insbesondere das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer oder beruflicher Anknüpfungspunkte im Bundesgebiet in Betracht, was die Befürchtung, es bestehe das Risiko des Untertauchens eines Fremden, rechtfertigen kann. Abgesehen von der damit angesprochenen Integration des Fremden in Österreich ist bei der Prüfung des Sicherungsbedarfes auch sein bisheriges Verhalten in Betracht zu ziehen, wobei frühere Delinquenz das Gewicht des öffentlichen Interesses an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung maßgeblich vergrößern kann (VwGH 21.12.2010, Zl. 2007/21/0498; weiters VwGH 08.09.2005, Zl. 2005/21/0301; 23.09.2010, Zl. 2009/21/0280).

Abgesehen von der fehlenden Ausreisewilligkeit des BF liegen, wie oben dargestellt, weitere Umstände vor, nämlich das Fehlen ausreichender familiärer, sozialer und beruflicher Anknüpfungspunkte. Dass der BF während seines Untertauchens einige Zeit unerlaubt auf einem Schrottplatz gearbeitet hat, vermag solche Anknüpfungspunkte nicht darzustellen. Die Delinquenz des BF jedoch war hoch und er hat durch seine strafbaren Handlungen (hauptsächlich, aber nicht nur, nach dem SMG) die Gesundheit anderer Menschen gefährdet.

Die Weitergabe von Suchtgift an Dritte ist daher gegen dasselbe Rechtsgut gerichtet wie alle strafbaren Handlungen gegen Leib und Leben – namentlich gegen die körperliche Integrität anderer (vgl. OGH RS0091972) – und hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt zum Ausdruck gebracht, dass die Verhinderung von vorsätzlichen und fahrlässigen Eingriffen in die körperliche Unversehrtheit von Personen ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt (vgl. VwGH 29.11.2006, 2006/18/0339; VwGH 09.11.2009, 2006/18/0318).

"Die Entscheidung über die Anwendung gelinderer Mittel iSd § 77 Abs. 1 FrPolG 2005 ist eine Ermessensentscheidung. Auch die Anwendung gelinderer Mittel setzt das Vorliegen eines Sicherungsbedürfnisses voraus. Fehlt ein Sicherungsbedarf, dann darf weder Schubhaft noch ein gelinderes Mittel verhängt werden. Insoweit besteht kein Ermessensspielraum. Der Behörde kommt aber auch dann kein Ermessen zu, wenn der Sicherungsbedarf im Verhältnis zum Eingriff in die persönliche Freiheit nicht groß genug ist, um die Verhängung von Schubhaft zu rechtfertigen. Das ergibt sich schon daraus, dass Schubhaft immer ultima ratio sein muss (Hinweis E 17.03.2009, 2007/21/0542; E 30.08.2007, 2007/21/0043). Mit anderen Worten: Kann das zu sichernde Ziel auch durch die Anwendung gelinderer Mittel erreicht werden, dann wäre es rechtswidrig, Schubhaft zu verhängen; in diesem Fall hat die Behörde lediglich die Anordnung des gelinderen Mittels vorzunehmen (Hinweis E 28.05.2008, 2007/21/0246). Der Ermessenspielraum besteht also für die Behörde nur insoweit, als trotz eines die Schubhaft rechtfertigenden Sicherungsbedarfs davon Abstand genommen und bloß ein gelinderes Mittel angeordnet werden kann. Diesbezüglich liegt eine Rechtswidrigkeit nur dann vor, wenn die eingeräumten Grenzen des Ermessens überschritten wurden, also nicht vom Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht wurde" (VwGH 11.06.2013, 2012/21/0114; 02.08.2013, 2013/21/0008).

"Je mehr das Erfordernis, die Effektivität der Abschiebung zu sichern, auf der Hand liegt, umso weniger bedarf es einer Begründung für die Nichtanwendung gelinderer Mittel. Das diesbezügliche Begründungserfordernis wird dagegen größer sein, wenn die Anordnung gelinderer Mittel naheliegt. Das wurde in der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes insbesondere beim Vorliegen von gegen ein Untertauchen sprechenden Umständen, wie familiäre Bindungen oder Krankheit, angenommen (vgl. etwa das Erkenntnis vom 22.05.2007, Zl. 006/21/0052, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom 29.04.2008, Zl. 2008/21/0085; siehe auch die Erkenntnisse vom 28.02.2008, Zl. 2007/21/0512, und Zl. 2007/21/0391) und wird weiters auch regelmäßig bei Bestehen eines festen Wohnsitzes oder ausreichender beruflicher Bindungen zu unterstellen sein. Mit bestimmten gelinderen Mitteln wird man sich insbesondere dann auseinander zu setzen haben, wenn deren Anordnung vom Fremden konkret ins Treffen geführt wird" (VwGH 02.08.2013, Zl. 2013/21/0008).

Wie oben dargestellt hat der BF durch sein Untertauchen in Österreich nach Erlangung eines Heimreisezertifikates, seine illegale Ausreise nach Italien und Slowenien klar aufgezeigt, dass er nicht gewillt ist, sich an die gerichtlichen Entscheidungen zu halten und in den Herkunftsstaat auszureisen, sondern im Gegenteil alles Erdenkliche unternimmt, um dies zu verhindern. Daher kommt die Anwendung gelinderer Mittel nicht in Betracht.

Aufgrund der oben zitierten gesetzlichen Bestimmungen hat das Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl gemäß § 22a Abs. 4 BFA-VG dem Bundesverwaltungsgericht die Verwaltungsakten zur amtswegigen Überprüfung der Verhältnismäßigkeit und Notwendigkeit der weiteren Anhaltung vorzulegen. Es ist Aufgabe des Bundesverwaltungsgerichtes hierüber im Verfahren eine Prüfung der Verhältnismäßigkeit durchzuführen und hat sich im Rahmen dieser Überprüfung auch im Hinblick auf die vorzunehmende Zukunftsprognose für das Gericht ergeben, dass die weitere Anhaltung des Beschwerdeführers als verhältnismäßig angesehen werden kann.

Gemäß § 76 Abs. 2a FPG ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung (Abs. 2 und Art. 28 Abs. 1 und 2 Dublin-Verordnung) auch ein allfälliges strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des Fremden in Betracht zu ziehen, insbesondere ob unter Berücksichtigung der Schwere der Straftaten das öffentliche Interesse an einer baldigen Durchsetzung einer Abschiebung den Schutz der persönlichen Freiheit des Fremden überwiegt.

Nochmals ist auf die immer noch bestehende Möglichkeit der Rückführung des Beschwerdeführers in den Herkunftsstaat - siehe Ausführungen im Rahmen der Beweiswürdigung, hinzuweisen.

Im Hinblick auf die gesetzlich mögliche Maximaldauer erweist sich die bisherige Anhaltung gerade im Hinblick auf die völlig fehlende Mitwirkungspflicht und das kriminelle Vorleben des Beschwerdeführers jedenfalls auch als verhältnismäßig - gerade auch gemessen an §76 Abs. 2a FPG.

Es war daher die Fortsetzung der Schubhaft auszusprechen.

Zu Spruchteil B) – Unzulässigkeit der Revision:

Gemäß § 25a Abs. 1 VwGG hat das Verwaltungsgericht im Spruch seines Erkenntnisses oder Beschlusses auszusprechen, ob die Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig ist.

Der Ausspruch ist kurz zu begründen. Die Revision ist gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage abhängt, der grundsätzliche Bedeutung zukommt, wenn die Entscheidung von der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes abweicht, wenn es an einer Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes fehlt oder wenn die Frage in der bisherigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht einheitlich beantwortet wird bzw. sonstige Hinweise auf eine grundsätzliche Bedeutung der zu lösenden Rechtsfrage vorliegen.

Da keine Auslegungsfragen hinsichtlich der anzuwendenden Normen hervorgekommen sind und auch keine Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung zu lösen waren, war die Revision nicht zuzulassen.

Schlagworte

Abschiebung Fluchtgefahr Folgeantrag Fortsetzung der Schubhaft gelinderes Mittel Haftfähigkeit Kooperation Mitwirkungspflicht öffentliche Interessen Pandemie Rückkehrentscheidung Schubhaft Sicherungsbedarf Straffälligkeit strafgerichtliche Verurteilung Untertauchen Verhältnismäßigkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:BVWG:2020:W279.2232123.2.00

Im RIS seit

14.10.2020

Zuletzt aktualisiert am

14.10.2020
Quelle: Bundesverwaltungsgericht BVwg, https://www.bvwg.gv.at
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