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41/02 Staatsbürgerschaft, Pass- und Melderecht, Fremdenrecht, AsylrechtNorm
BVG-Rassendiskriminierung ArtI Abs1Leitsatz
Verletzung im Recht auf Gleichbehandlung von Fremden untereinander durch Feststellung der Zulässigkeit der Abschiebung in den Herkunftsstaat Afghanistan mangels Berücksichtigung von aktuelleren Länderberichten des EASORechtssatz
Bei der Beurteilung der Zulässigkeit der Abschiebung des Beschwerdeführers in seinen Herkunftsstaat Afghanistan beruft sich das Bundesverwaltungsgericht (BVwG) einzig auf die die Abweisung des Antrags auf internationalen Schutz tragenden Gründe. Weder im abweisenden Bescheid des BFA vom 23.06.2017 noch im - den Antrag auf internationalen Schutz ebenfalls abweisenden - Erkenntnis des BVwG vom 01.04.2019 findet die "Country Guidance: Afghanistan - Guidance note and common analysis" des EASO auf dem Stand Juni 2018, welche eine spezifische Beurteilung für jene Gruppe von Rückkehrern enthält, die entweder außerhalb Afghanistans geboren wurden oder lange Zeit außerhalb Afghanistans gelebt haben, Berücksichtigung.
Wenn das BVwG daher auf die die Abweisung des Antrages auf internationalen Schutz tragenden Gründe verweist, dann übersieht es dabei, dass im Zeitpunkt seiner Entscheidung eine aktuelle und spezifische Information betreffend Fälle wie jenen des Beschwerdeführers, der im Iran aufgewachsen ist, vorlag:
Aus dem genannten Bericht des EASO geht hervor, dass für die genannte Personengruppe eine innerstaatliche Fluchtalternative dann nicht in Betracht komme, wenn am Zielort der aufenthaltsbeendenden Maßnahme kein Unterstützungsnetzwerk für die konkrete Person vorhanden sei, das sie bei der Befriedigung grundlegender existenzieller Bedürfnisse unterstützen könne, und dass es einer Beurteilung im Einzelfall unter Heranziehung der folgenden Kriterien bedürfe: Unterstützungsnetzwerk, Ortskenntnisse der betroffenen Person bzw Verbindungen zu Afghanistan, sozialer und wirtschaftlicher Hintergrund.
Damit hat sich das BVwG aber in Bezug auf den diesem Personenkreis angehörenden Beschwerdeführer, der nach den Feststellungen des angefochtenen Erkenntnisses ab seinem fünften Lebensjahr in Pakistan gelebt hat und keine Familienangehörigen in Afghanistan hat, in keiner Weise auseinandergesetzt. Indem das BVwG diese - zum Entscheidungszeitpunkt bereits veröffentlichte - aktuelle und spezifische Information nicht berücksichtigt hat, hat es seine Entscheidung unter Außerachtlassung des konkreten Sachverhaltes getroffen und die Ermittlungstätigkeit in einem entscheidenden Punkt unterlassen.
Im Übrigen: Ablehnung der Beschwerdebehandlung betreffend die erlassene Rückkehrentscheidung.
Schlagworte
Asylrecht, Entscheidungsbegründung, ErmittlungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VFGH:2020:E660.2020Zuletzt aktualisiert am
13.10.2020