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L70704 Theater Veranstaltung Oberösterreich;Norm
AVG §68 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Degischer und die Hofräte Dr. Giendl, Dr. Kail, Dr. Pallitsch und Dr. Bernegger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Oberkommissärin Dr. Gritsch, über die Beschwerde des Rudolf Schmitzberger in Pettenbach, vertreten durch Dr. Ferdinand Rankl, Rechtsanwalt in Micheldorf, Hauptstraße 12, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom 12. Juni 1997, Zl. BauR-011947/2-1997 UM/Lg, betreffend Einwendungen gegen ein Bauvorhaben (mitbeteiligte Parteien: 1. Margit Kahr in Lungendorf 56, Pettenbach, 2. Marktgemeinde Pettenbach, vertreten durch den Bürgermeister), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von S 4.565,-- binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 5. März 1991 war der Erstmitbeteiligten die Baubewilligung für die Wohnhaussanierung und den Zubau einer Garage auf dem Grundstück Nr. 1223, EZ 110, KG Lungendorf, erteilt worden. An diese Bewilligung waren "Bedingungen und Auflagen" geknüpft, darunter unter Punkt 6.: "Einfriedungen sind als Holzzäune herzustellen oder es sind Hecken aus heimischen Sträuchern zu pflanzen." Der Baubeschreibung und dem einen Bestandteil dieses Bescheides bildenden Plan zufolge wurde die Baubewilligung für eine Einfriedung nicht beantragt. Dieser Bescheid erwuchs in Rechtskraft.
Mit Eingabe vom 21. Oktober 1996 beantragte der Beschwerdeführer die Erteilung des Abtragungsauftrages an die Erstmitbeteiligte betreffend eine bewilligungslos errichtete Einfriedung sowie die Einleitung eines Verwaltungsstrafverfahrens. In der Folge wurde der Erstmitbeteiligten mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 9. November 1994 gemäß § 61 der Oberösterreichischen Bauordnung 1976 der Auftrag erteilt, die konsenslos errichtete Einfriedungsmauer in Schüttbetonbauweise bis zum 31. Dezember 1994 zu entfernen oder um eine nachträgliche Baubewilligung bis zum 15. Dezember 1994 anzusuchen. Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid des Gemeinderates vom 13. Dezember 1996 mangels Parteistellung als unzulässig zurückgewiesen. Die dagegen erhobene Vorstellung des Beschwerdeführers wurde mit Bescheid der belangten Behörde vom 30. Jänner 1997 abgewiesen.
Mit Ansuchen vom 3. Dezember 1994, eingelangt bei der Behörde am 7. Dezember 1994, beantragte die Erstmitbeteiligte die Erteilung der (nachträglichen) Baubewilligung für eine auf dem genannten Grundstück errichtete Einfriedungsmauer. Das Grundstück grenzt im nordöstlichen bzw. nördlichen Bereich an das Grundstück des Beschwerdeführers. Die Einfriedungsmauer sollte an der nordöstlichen Grundgrenze in einer Länge von 10,10 m und anschließend an der nördlichen Grundgrenze in einer Länge von 10,64 m in Betonbauweise ausgeführt werden. Der geringste Abstand von der Straßengrundgrenze beträgt 61 cm, wobei die Mauer infolge der in der mündlichen Verhandlung vom 17. Oktober 1996 von der Mitbeteiligten vorgeschlagenen Reduzierung im Bereich eines 2 m-Abstandes von der Straßengrundgrenze eine Höhe von maximal 60 cm über dem niedrigsten Geländepunkt aufweisen soll. Die Mauerhöhe des östlichen Schenkels ist im Projekt mit 1,49 m am südlichen Mauerende und mit 1,68 m an der Grundstücksgrenze angegeben. Die Mauerhöhe des nördlichen Schenkels beträgt am östlichen Ende der Mauerabsenkung 1,30 m (bezogen auf das Grundstück der Erstmitbeteiligten). In der Verhandlung sprach sich der Beschwerdeführer gegen die Erteilung der Baubewilligung aus, da dies dem Auflagepunkt 6. aus dem Bescheid vom 5. März 1991 widerspreche. Überdies widerspreche diese Einfriedung dem § 43 Abs. 3 der Oberösterreichischen Bauverordnung 1985.
Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 23. Jänner 1997 wurde der Erstmitbeteiligten die beantragte Baubewilligung erteilt. Die gegen diesen Bescheid eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers hat der Gemeinderat der mitbeteiligten Marktgemeinde mit Bescheid vom 25. März 1997 abgewiesen. Der gegen diesen Bescheid erhobenen Vorstellung des Beschwerdeführers hat die belangte Behörde mit Bescheid vom 12. Juni 1997 mit der Feststellung keine Folge gegeben, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt werde. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, der oberösterreichische Landesgesetzgeber habe den Begriff des Vorgartens in baurechtlicher Hinsicht nicht ausdrücklich definiert. Nach der diesbezüglichen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes sei der Vorgarten ein Grundstücksstreifen, der zwischen der Baulinie, Straßenfluchtlinie oder Verkehrsfluchtlinie und der vorderen Baufluchtlinie liege und grundsätzlich von einer Bebauung frei bleibe. Derartige Baufluchtlinien könnten an sich nur in einem Bebauungsplan festgelegt sein. Sei hingegen kein Bebauungsplan rechtswirksam (wie im gegenständlichen Fall), so müsse auf die tatsächliche Bauflucht des bestehenden Hauptgebäudes abgestellt werden. Im Beschwerdefall verlaufe keine Gebäudeseite des Hauptgebäudes parallel zur maßgeblichen Straßenfluchtlinie. Bei diesem Sachverhalt sei jene Gebäudeseite heranzuziehen, die einem parallelen Verlauf zur Straßenfluchtlinie näher komme. Das sei im konkreten Fall die südwestliche Gebäudeseite, diese, durch die südwestliche Gebäudeseite des Hauptgebäudes gebildete Baufluchtlinie fließe durch die Straßenfluchtliniengrenze im Vorgartenbereich im Sinne des § 43 Abs. 3 der Oberösterreichischen Bauverordnung 1985 ein. Die geplante Einfriedungsmauer liege, wie auch die Berufungsbehörde zutreffend festgestellt habe, gänzlich außerhalb dieses Bereiches. Es könne daher ein Widerspruch zu § 43 Abs. 3 Oö. Bauverordnung 1985 nicht vorliegen. Aus der Auflage Pkt. 6. des Baubewilligungsbescheides vom 5. März 1991 könne der Beschwerdeführer nicht die Verletzung seiner Rechte ableiten, weil öffentlich-rechtliche Einwendungen von Nachbarn im Baubewilligungsverfahren nur dann zu berücksichtigen seien, wenn sie sich auf solche Bestimmungen des Baurechtes oder eines Flächenwidmungs- oder Bebauungsplanes stützten, die nicht nur dem öffentlichen Interesse, sondern auch dem Interesse der Nachbarschaft dienten. Es könne nun dahingestellt bleiben, ob die zitierte Auflage Pkt. 6. auch dem Interesse der Nachbarschaft diene, sie stütze sich jedenfalls nicht auf baurechtliche Bestimmungen. Der Verwaltungsgerichtshof habe festgestellt, daß Nachbarrechte nur aus generellen Normen, nicht aber aus individuellen Verwaltungsakten abgeleitet werden könnten.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten mit einer Gegenschrift vorgelegt und die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Auch die mitbeteiligte Marktgemeinde hat in einer Gegenschrift die Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Der Beschwerdeführer trägt vor, er habe seine Zustimmung zu dem mit Bescheid vom 5. März 1991 bewilligten Bauvorhaben, mit dem entgegen den Abstandsbestimmungen der Oö. Bauordnung ein Abstand der Garage von der Grundgrenze des Beschwerdeführers von lediglich 1,5 m festgelegt worden sei, nur unter der Bedingung erteilt, daß das Bauvorhaben befundgemäß ausgeführt werde. Unter der Voraussetzung der Einhaltung der unter Punkt 6. angeführten Vorschreibung habe der Beschwerdeführer keine Einwendungen dagegen erhoben, daß die Bauwerberin ihr Bauvorhaben unter Außerachtlassung der Abstandsvorschriften verwirkliche. Dies bedeute, daß dem Punkt 6. der Baubewilligung vom 5. März 1991 subjektive Nachbarrechte des Beschwerdeführers zugrundelägen. Die belangte Behörde habe überdies nicht überprüft, ob es sich bei dieser Vorschreibung um eine Auflage oder eine Bedingung handle; sollte es sich dabei um eine Bedingung handeln, wäre - bei Nichteinhaltung - die Baubewilligung zur Gänze anfechtbar, während im Falle einer Auflage lediglich eine erzwingbare Nebenbestimmung gegeben sei.
Dem ist folgendes zu entgegnen: Die Auffassung der belangten Behörde, wonach ein Anrainer Nachbarrechte nur aus generellen Normen, nicht aber auch aus individuellen Verwaltungsakten (Bescheiden) ableiten könne, trifft zwar generell zu, es sind aber Ausnahmen von diesem Grundsatz möglich. So hat der Nachbar als Partei des Verfahrens auch das Recht, daß eine zu seinen Gunsten entschiedene Bausache nicht neuerlich aufgerollt wird. Ansuchen, die offenbar die Aufrollung einer bereits rechtskräftig entschiedenen Sache bezwecken, sind wegen entschiedener Sache zurückzuweisen, dieses Recht kann auch der Nachbar geltend machen (vgl. die bei Hauer, Der Nachbar im Baurecht, vierte Auflage, auf den Seiten 279 ff dargestellte Judikatur). Allerdings ist dabei maßgeblich, daß es sich um eine Angelegenheit handelt, die zugunsten des Anrainers entschieden wurde. Dies könnte unter Umständen auch durch eine Auflage in einem Bewilligungsbescheid geschehen sein. Im Baubewilligungsbescheid vom 5. März 1991 war jedoch die Auflage zu Punkt 6. weder Ausfluß eines Rechtes, das der Beschwerdeführer im damaligen Verfahren geltend gemacht hatte (er hat der im Akt einliegenden Niederschrift zufolge weder Einwendungen hinsichtlich des Garagenabstandes noch einer allfälligen Ausgestaltung von Zäunen gemacht), noch war eine Einfriedung bzw. ein Zaun Gegenstand des Bewilligungsansuchens.
In bezug auf die Einfriedung liegt auch keine bereits rechtskräftig entschiedene Sache vor, da erstmals mit dem dem nunmehrigen Verfahren zugrundeliegenden Ansuchen vom 7. Dezember 1994 die Erteilung einer Baubewilligung für die Einfriedung beantragt wurde.
Das zur Stützung seiner gegenteiligen Auffassung zitierte hg. Erkenntnis vom 23. Dezember 1993, Zl. 92/17/0056, bezog sich auf Auflagen im Zusammenhang mit dem Preisgesetz; zur Frage, ob in einem Mehrparteienverfahren Nebenbestimmungen des Bescheides hinsichtlich einer weiteren Partei des Verfahrens Rechtswirkungen entfalten können, enthält dieses Erkenntnis keine Aussage. Das weitere, vom Beschwerdeführer zitierte hg. Erkenntnis vom 10. September 1981, Zl. 06/2041/79, bezog sich auf die Frage der Vereinbarkeit eines Bauvorhabens mit einer Widmungsänderungsbewilligung (einschließlich der in dieser enthaltenen Auflagen) nach der steiermärkischen Bauordnung 1968. Da ein Widmungsbewilligungs- bzw. Widmungsänderungsbewilligungsverfahren nach der dort gegebenen Rechtslage die Voraussetzung für die Erteilung der Baubewilligung ist, ist die Beurteilung, ob Auflagen in einem Widmungsbewilligungsbescheid Rechtswirkungen auf das Baubewilligungsverfahren entfalten, anders zu beurteilen, als im Beschwerdefall, in dem die Frage zu klären ist, ob eine in einem anderen Baubewilligungsverfahren erteilte Auflage Rechtswirkungen in Bezug auf ein von diesem unabhängiges Bauvorhaben entfalten kann.
Somit zeigt sich, daß der Beschwerdeführer durch den angefochtenen Bescheid in seinen Rechten nicht verletzt wurde, weshalb die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. Nr. 416/1994.
Schlagworte
Rechtsgrundsätze Auflagen und Bedingungen VwRallg6/4European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:1997:1997050210.X00Im RIS seit
11.07.2001Zuletzt aktualisiert am
08.08.2009